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Was immer gilt: Die vier Phasen der Krise
ОглавлениеEgal, ob Krise oder Veränderung, immer gelten die vier Phasen der Krisenkurve, mit gleichzeitigen Auswirkungen auf den Menschen und die Wirtschaftlichkeit. Diese vier Phasen erleben wir bei jeglichen Arten von Krisen, bei schleichenden Unternehmenskrisen ebenso wie bei Hauruckkrisen. Schleichende Krisen entwickeln sich über einen längeren Zeitraum, wobei sie am Anfang meist gar nicht wahrgenommen werden. Im Nachhinein stellt man dann aber fest, dass die Probleme schon länger existierten. Man hat sie nur anfänglich übersehen oder gar ignoriert. Schleichende Krisen entstehen beispielsweise durch Änderungen bei den Kundenbedürfnissen, das Aufkommen neuer Wettbewerber oder die Pensionierung eines wichtigen Mitarbeiters. Hauruckkrisen entwickeln sich im Gegensatz zu schleichenden Krisen ganz schnell. Sie sind auf einmal da, ohne dass es im Vorfeld wahrnehmbare Anzeichen gegeben hätte. Beispiele für Hauruckkrisen sind der Brand einer Produktionsstätte oder der Tod des Inhabers.
Hauruckkrisen können auch von außen kommen, so wie die Coronakrise, aber auch das Einsetzen einer Finanz- und Wirtschaftskrise (z.B. jener in den Jahren 2007/2008 oder der Dotcomkrise 2000/2001) gehört dazu. So eine schwer vorhersehbare Krise nennt der bekannte Autor und frühere Börsenmakler Nassim Nicholas Taleb einen „schwarzen Schwan“, da sie selten, aber dennoch von Zeit zu Zeit vorkommt. Profis erkennen vielleicht schon einige Wochen vor der übrigen Bevölkerung die Krisen und ihre möglichen Konsequenzen. Doch fehlt der breiten Gruppe der möglichen Betroffenen die Übersicht, was eine Hauruckkrise für sie selbst bedeuten kann.
Krise bei Franz
Schon länger klagte Franz gegenüber seinen Freunden, dass immer mehr Einwohner des Tegernseer Tals ihre Brötchen und Brote lieber bei Discountern kaufen als bei einem „richtigen“ Bäcker. Doch mit der Coronakrise verschlimmerte sich nun alles! Anfänglich hörte Franz in den Nachrichten von dem Coronavirus und seinen Auswirkungen in China. Doch dann geht alles ganz schnell: Kurzarbeit. Er selbst und seine acht Mitarbeiter sind von der Nachricht geschockt. Zuerst wollen sie es gar nicht wahrhaben. Lieferungen an Hotels bleiben genauso aus wie Touristen, es herrschen Ausgangsbeschränkungen. Die Hotels sind auch am schönen Tegernsee weitgehend geschlossen. Franz ist in dieser Zeit emotional aufgewühlt und hat schlaflose Nächte. Die Umsatzeinbußen wachsen und wachsen. Im Tal der Tränen mit all seiner Verzweiflung angekommen, fasst er einen Entschluss. Er sinniert darüber nach, wie er den Laden und seine Mannschaft stabilisieren und die Krise meistern und sich neu ausrichten kann. Ihm ist bewusst, dass seine Leute in dieser Zeit klare Entscheidungen, Zuversicht und Orientierung brauchen, damit sie diese Veränderungen mittragen können.
An der Geschichte von Franz lassen sich sehr einfach die verschiedenen Phasen bei Krisen und einschneidenden Veränderungen erläutern. Diese Kurve charakterisiert die unterschiedlichen Effekte in betriebswirtschaftlicher Hinsicht wie im Hinblick auf Mitarbeiter- und Unternehmensführung. Wir nennen sie die menschliche und wirtschaftliche Krisenkurve.
Die menschliche Krisenkurve beschreibt die Gefühle der Betroffenen und auch die dabei wahrgenommene Kompetenz und Produktivität im Handeln (siehe Abbildung der Krisenkurve weiter unten). Die Kurve wurde inspiriert von Elisabeth Kübler-Ross, einer schweizerisch-amerikanischen Psychiaterin, die ein Phasenmodell für den Umgang mit Tod und Trauer entwickelt hat. Kübler-Ross kam bei ihren Untersuchungen im Laufe der Zeit zu der Erkenntnis, dass alle Menschen die gleichen emotionalen Phasen durchlaufen. Dabei variiert aber die Ausprägung an Tiefe und Höhe von Emotion und Kompetenz, gemessen an der Zeit.
Die wirtschaftliche Krisenkurve ähnelt der menschlichen Kurve. Auch hier geht die Kurve zuerst einmal noch nach oben. Die Beteiligten ignorieren sich verändernde Markttrends und erfreuen sich weiter an zunächst noch steigenden oder zumindest stabilen Umsätzen. Die Gewinne können jedoch bereits in dieser Phase schleichend nach unten gehen. Verspätet kommt dann die Erkenntnis, dass auch die aktuellen Umsätze bzw. die Neuaufträge rückläufig sind. Jetzt startet die Phase der realen Gefahr aus einer Krise, bei der die Wirtschaftlichkeit und die Existenz eines Unternehmens auf dem Spiel stehen. Werden rechtzeitig jene Managementmaßnahmen initiiert, über die wir gleich ausführlich sprechen, so können Unternehmenskrisen überwunden werden. Dann kommt es zu einer Phase des Aufbruchs mit sich stabilisierenden Umsätzen und Gewinnen, gefolgt von der letzten, der vierten Phase: dem Erfolg.
Die Krisenkurve
Dieses Modell der menschlichen und betriebswirtschaftlichen Reaktionen bei Krisen im Spektrum von einerseits Kompetenz und andererseits Wirtschaftlichkeit und Zeit gibt Geschäftsführern, Führungskräften und Mitarbeitern eine Orientierung, mit welchen Verhaltensweisen und Konsequenzen zu rechnen ist.