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»Beim Himmel, Madame, mir schwirrt der Kopf! Wie ist das nur möglich, eine solche Ähnlichkeit! Im ersten Augenblick glaubte ich, die Toten stünden aus ihren Gräbern auf.« Gilberte lehnte sich mit dem Rücken gegen die eisenbeschlagene Tür, die Madame Margot soeben von draußen hinter sich geschlossen hatte. »Aber Ihr wart auch ganz fassungslos.«

»Wahrhaftig, das war ich«, sagte die Herzogin. »Ich habe noch nie solch ein Spiel der Natur erlebt. Dieses Mädchen gleicht Beatrice de Marville wie ein Ei dem anderen. Nur die Stimme klingt ein wenig tiefer.«

»Wenn Seine Gnaden der Herzog sie gesehen hätte . . . Ich glaube, ihr Anblick hätte ihn mit einem Schlage von seiner Trauer geheilt. Wißt Ihr was, Madame Johanna? Wir sollten das Mädchen mitnehmen und ihm präsentieren.«

»Meinst du, Gilberte? Wäre ein solcher Anblick nicht vielmehr schmerzlich für ihn?«

»Aber nein, Madame, warum? Wie lange ist Gräfin Beatrice jetzt tot? Drei Jahre und noch etwas darüber. Und in all den Jahren hat Euer Sohn keine Frau mehr angeschaut. Es wird Zeit, daß sich das ändert. Er ist Euer einziger Sohn, und wenn er nicht bald daran denkt, sich zu vermählen, werdet Ihr niemals Enkelkinder haben und keinen Erben für die Herzogskrone.«

»Mein Sohn ist dreißig Jahre alt. Er kann auch noch in zwei oder drei Jahren heiraten.«

»Wer sagt Euch, daß er bis dahin anderen Sinnes ist als heute? Er scheint entschlossen, seiner toten Braut die Treue zu halten! Und je mehr er sich in diesen Gedanken verrennt, desto schwerer wird es für ihn, sich eines Tages davon zu lösen.«

Johanna von Valance seufzte. Gilberte sprach nur das aus, was sie selbst in vielen bangen Tagen und Nächten gedacht hatte. Seit Beatrice de Marville drei Wochen vor der Hochzeit einem Lungenfieber erlegen war, lebte Roger nur noch in der Erinnerung. Anfangs hatte die Herzogin seine Trauer um das schöne und liebenswürdige Mädchen voll verstanden, ja, sogar geteilt. Aber nachdem nun so viel Zeit dahingegangen war, fand sie sie unnatürlich und beängstigend. In Paris gab es ein Mädchen, das die Herzogin sehr gern als Gattin ihres Sohnes gesehen hätte. Gwendoline hieß es, die einzige Tochter des Grafen von Morgan. Sie war Hofdame bei der Königin und schien Johanna von Valance durchaus geeignet, die Erinnerung an eine Tote aus Rogers Herzen zu verdrängen. Wie kam Gilberte nur auf den Gedanken, dies könne eine Küchenmagd viel besser und viel gründlicher erreichen?

»Du übertreibst«, sagte Madame Johanna unwirsch. »Gesetzt den Fall, der Herzog bekommt dieses Mädchen zu Gesicht. Gesetzt, die Ähnlichkeit mit Beatrice fällt ihm auf – wie, denkst du, soll es weitergehen? Soll sich mein Sohn in sie verlieben? Soll eine Küchenmagd am Ende die Herzogskrone von Valance erhalten? Oder sollen Rogers Söhne den Querbalken des Bastards in ihrem Wappen führen?«

»Weder – noch, Madame! Verzeiht, doch denkt Ihr nicht ein wenig weit voraus? Ich meinte nur . . .« Gilberte brach ab und lächelte halb schlau, halb zaghaft. »Es dauert mich, wie Euer Sohn in dieser ungesunden Trauer sich vergräbt, und mehr noch, wie Ihr Euch darüber sorgt. Ist es nicht so, daß Euer Sohn die Tote höher stellt als alle Lebenden? Für ihn ist sie die Schönste, Edelste, ein überirdisches Geschöpf, das keinen Fehler hatte. Er vergißt dabei, daß Beatrice, als sie noch lebte, ein Mensch war wie wir anderen auch. Ein Mensch mit Schwächen, Launen! Liebenswert durchaus, doch keineswegs das makellose Denkmal, das er von ihr in seinem Herzen errichtet hat. Wir müssen dieses Denkmal stürzen, Euer Gnaden! Und dafür scheint mir jenes Mädchen gut.«

»Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Du hoffst, der Herzog würde sich in sie verlieben als in das Abbild seiner Beatrice – und dann erkennen, daß sie nur ein Mädchen ist wie tausend andere auch.«

»Genau so ist es, Euer Gnaden! Das Gegengift für Beatrice ist sie selbst. In unserem Falle also Isabelle. Kein totes Denkmal, sondern ein Geschöpf aus Fleisch und Blut, doch schön genug, um jedem Manne Appetit zu machen. Ist aber dieser Appetit erst einmal da, will man nicht jeden Tag dasselbe essen. In dem Punkt sind alle Männer gleich! Hat Isabelle erst Eurem Sohn gefallen, wird er entdecken, daß es auch noch andere hübsche Mädchen gibt, und sich gewiß nicht länger sträuben, eines von ihnen zu seiner Herzogin zu machen und zur Mutter seiner Kinder.«

Die Herzogin runzelte grübelnd die Stirn. »Dein Plan hat vieles für sich. Du vergißt nur eins: Isabelle! Ob sie so einfach mit uns kommen wird?«

»Fragt sie doch, Madame! Ich bin sicher, wenn sie nur einen Funken Verstand hat, schnürt sie noch heute ihr Bündel. Erzählt ihr nur die traurige Geschichte von der toten Beatrice. Sie wird gerührt sein und sich ungemein geschmeichelt fühlen, daß Ihr sie ausersehen habt, Euren Sohn zu trösten.« Gilberte lachte. In ihren schweren Kirschenaugen tanzten kleine vergnügte Lichter.

Doch die Herzogin war immer noch nicht ganz bekehrt. »Ich weiß nicht, Kind. Die Rolle, die du ihr da zuteilst . . . Diese Isabelle macht einen guten Eindruck. Gewiß ist sie ein braves Mädchen, erzogen von den frommen Karmeliterinnen . . .«

»Wer hindert sie daran, so brav zu bleiben? Ihr sagt es selbst, Madame: Sie spielt nur eine Rolle. Wie weit sie dabei geht, das liegt allein bei ihr. Denn Herzog Roger würde nie . . .« Gilberte verstummte, weil es klopfte.

»Das Bad ist fertig, Euer Gnaden«, rief Isabelle auf dem Flur. Gilberte und die Herzogin wechselten einen raschen Blick.

Dann ging Johanna von Valance die Tür öffnen. »Komm einen Augenblick herein, mein Kind.«

Zögernd folgte Isabelle der Aufforderung.

Die Herzogin blieb an der Tür stehen, ohne den Blick von ihr zu wenden. Sie versuchte, sich Isabelle in anderen Kleidern vorzustellen, die Haare schön frisiert – wahrhaftig, dann mußte die Ähnlichkeit mit Beatrice vollkommen sein. Gilberte hatte recht. Die Sache war zumindest des Versuches wert.

Johanna von Valance deutete auf einen Stuhl. »Setz dich, mein Kind. Ich möchte etwas mit dir besprechen.«

Zauberhafte Isabelle

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