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Ohne Verstand

Es war Sonntag. Blau strahlte der Himmel, nur vereinzelte Wolken zogen vorbei. Es versprach ein warmer, womöglich heißer Tag zu werden. Schon früh war Cathline aufgestanden, um ihre Arbeit im Stall zu erledigen. Die Hühner mussten gefüttert werden. Schnell sammelte sie die Eier ein und brachte den randvollen Korb in die Küche.

„Guten Morgen, Françoise! Oh, riecht das gut!“ Mit einem Seufzer sog sie den Duft von gebratenem Speck ein und sie musste heftig schlucken, um ihren aufkommenden Appetit zu zügeln.

„Ah, Cathline, stell die Eier doch gleich hier auf dem Tisch ab.“ Sie blickte nur kurz von ihrer Arbeit auf. Ein deutliches Anzeichen dafür, dass Françoise heute zu keinem Plausch bereit war.

Schnell verließ sie wieder die Küche und der frische Morgenduft verdrängte ihren aufgekommenen Heißhunger. Heute, am Sonntag, gab es frisches Brot, das gestern im Backhaus gebacken worden war. Welch ein Genuss! Mit jedem weiteren Tag würde das Brot härter werden, bis es schließlich nur noch zum Tunken in der Suppe taugte. Sonntags hatten sie tagsüber frei, nur die wichtigsten Arbeiten mussten erledigt werden. Im Stillen dankte sie Abbé Bernard. Wie man ihr erzählt hatte, war er es gewesen, der immer wieder auf Jean eingeredet hatte, bis dieser davon überzeugt war, ein Tag der Ruhe sei auch für die Knechte und Mägde ein Gewinn.

Und sie musste diesem Pater zugestehen, dass er damit Recht hatte. Denn alle freuten sich auf diesen einen Tag, der ihnen Kraft gab, die anderen Tage durchzuhalten.

Heftig blies ihr der Wind durch die Haare. Obwohl fast stürmisch, war es nicht kalt. Die frische Luft half ihr, richtig wach zu werden. Bald würde Marie aufwachen! So sog sie noch ein letztes Mal den Duft des neuen Tages ein und ging zurück in ihre kleine Hütte.

Später, als sie alle satt waren, saß sie zusammen mit Marie in der Sonne. Mit leuchtenden Augen beobachtete sie die Kleine. Was für ein aufgewecktes Kind sie doch geworden war! Zusammen hatten sie Holzstäbchen, Steine und Moos gesammelt. Stolz beobachtete sie Marie beim Spiel. Ihre Welt war lebendig und wirklich vor ihr. Ihre kleinen Augen leuchteten und zusammen bauten sie eifrig an Maries kleiner Welt.

Da wurde ihr auf einmal peinlich bewusst, dass sie nicht alleine waren. Als sie suchend aufschaute, blickte sie direkt in Jeans Augen, der sie vermutlich schon länger beobachtet hatte. Im selben Augenblick, da sich ihre Blicke trafen, wandte er sich schnell ab und ging weiter, als wäre es auch ihm unangenehm, das intime Spiel belauscht zu haben. Noch ehe Cathline sich von ihrer Überraschung erholt hatte, war er im Stall verschwunden.

Lange hatte sie gedankenverloren auf das offene Stalltor gestarrt. Nun war deutlich das unruhige Wiehern der Pferde zu hören. Aus dem Dunkel des Stalles versuchte Jean mit seinem ungestümen Hengst am Zügel nach draußen zu gelangen. Doch der riesenhafte Schwarze trippelte unruhig hin und her. Nicolas kam dazu, um von der anderen Seite nach den Zügeln zu greifen. Doch schnell wich Nicolas wieder zur Seite. Keinen Augenblick zu früh! Deutlich sah Cathline selbst aus dieser Entfernung die Angst des jungen Pferdes. Und schon schlug er mit seinen Hinterläufen aus. Beruhigend sprach Jean auf das Tier ein. Es erforderte Mut, Ruhe zu bewahren. Sachte strich er den Hals entlang, nahm die Zügel kürzer, und nur mit Schwung schaffte er es in den Sattel. In sicherer Entfernung hatten sich inzwischen einige Zuschauer eingefunden.

Cathline hatte in der Spannung das Herankommen von Molette nicht wahrgenommen.

„Noch nie ist ein anderer als der junge Herr auf dem Teufelsbraten geritten! Bei diesem Kauf muss er ohne Verstand gewesen sein. So ein Ungetüm von Pferd! Bis noch einer von uns zu Schaden kommt.“ Ängstlich wandte sie ihren Blick ab. Cathline hatte das Geschehen nicht aus den Augen gelassen, und da Molette offenbar keine Stellungnahme von ihr erwartete, behielt sie es lieber für sich, wie sehr sie der wilde Hengst faszinierte und keineswegs ängstigte.

Kopfschüttelnd ging Molette davon, während Cathline gebannt den wilden Ritt des jungen Herrn verfolgte. Eine tiefe Sehnsucht kam in ihr auf. Alte Bilder ihrer Kindheit stiegen in ihr auf. Sie sah ihren Vater vor sich. Standhaft stellte er sich jedem wild gewordenen Pferd entgegen. Ein jedes Mal war er als Sieger hervorgegangen. Umso weniger verstand sie, wie es zu ihrem Untergang gekommen war.

Das Bekenntnis

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