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d) Maßnahmen gegen Dritte (Nichtstörer)

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Im Unterschied zu den bisher behandelten Handlungs- und Zustandsverantwortlichen hat der in § 10 SOG gemeinte Dritte, die abzuwehrende Gefahr oder die zu beseitigende Störung nicht verursacht. Deshalb können diese sogenannten Nichtstörer nur unter sehr strengen Voraussetzungen zu den in § 10 Abs. 2 SOG beispielhaft aufgezählten Unterstützungshandlungen verpflichtet werden. Ein Beispiel: Ein Fußballverein, in dessen Stadion ein Hochrisikospiel stattfindet, bei dem zu erwarten ist, dass rivalisierende Fangruppen gewalttätig werden, ist Nichtstörer. Dennoch hat es das OVG Hamburg aufgrund des § 10 SOG für zulässig gehalten, diesem Fußballverein aufzugeben, keine Eintrittskarten an den Gastverein abzugeben.342

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§ 10 Abs. 1 SOG formuliert drei ausdrückliche Bedingungen für die Heranziehung von Nichtstörern. Zunächst muss eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung bereits vorliegen oder eine Gefahr unmittelbar bevorstehen (zu diesen Begriffen s. B. I.2.b.). Sodann darf kein anderes Mittel zur Verfügung stehen, um der Gefahr bzw. Störung zu begegnen. Insbesondere muss der Erlass einer Verfügung gegen den Verantwortlichen ausscheiden, sei es, weil es keinen Verantwortlichen gibt, wie etwa bei wetterbedingten Gefahrenlagen, sei es, dass der Verantwortliche nicht oder nicht rechtzeitig greifbar ist, wie etwa bei einem entlaufenen wilden Tier.343 Die dritte geschriebene Bedingung des § 10 Abs. 1 SOG besteht darin, dass der Behörde ausreichende eigene Mittel und Kräfte zur Gefahrenabwehr fehlen müssen. Dies muss die Behörde belegen.344 So soll verhindert werden, dass die Verwaltung einen nicht verantwortlichen Bürger allein deshalb belastet, um Kosten zu sparen oder sich die Arbeit zu erleichtern.345 Die Behörde muss also alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen haben, z. B. auch andere Stellen um Amtshilfe gebeten haben, bevor sie auf den Nichtstörer zugreift.346

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Aus Verhältnismäßigkeitsgründen werden zwei weitere – im hamburgischen SOG nicht ausdrücklich niedergelegte – Anforderungen an die Heranziehung des Nichtstörers (auch: Notstandspflichtiger) gestellt. Zum einen darf die abzuwehrende Gefahr bzw. die zu beseitigende Störung keine Bagatelle darstellen, sie muss erheblich sein.347 Zum anderen muss man dem Nichtstörer persönlich zumuten können, tätig zu werden. Diese Bedingung ist nicht erfüllt, wenn die angesprochene Person physisch oder psychisch nicht in der Lage ist, zu helfen, sich durch die Unterstützung der Behörde in erhebliche Gefahr bringen oder anderweitige höherwertige Pflichten vernachlässigen würde.348 Ein konkretes Beispiel für den Einsatz des § 10 SOG wäre die Einweisung unfreiwillig Obdachloser in leerstehende Wohnungen Dritter, vorausgesetzt es gibt keinerlei Möglichkeit für die öffentliche Hand, anderweitig für Unterbringung zu sorgen.349

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Im Unterschied zu Handlungs- und Zustandsstörern hat der Nichtstörer einen Entschädigungsanspruch, der analog auch auf den Fall übertragen wird, dass ein Nichtstörer eine polizeiliche Verfügung befolgen muss, obwohl die strengen Voraussetzungen für seine Heranziehung nicht erfüllt waren.350 Auch dem Anscheinsstörer wird dieser Entschädigungsanspruch zugestanden, wenn er den Anschein einer Gefahr in nicht zurechenbarer Weise gesetzt hat.351

Handbuch Hamburger Polizei- und Ordnungsrecht für Studium und Praxis

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