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Das Elend auf vier Rädern

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Ein anderes Reizthema: sehr große Autos mit hohem Verbrauch. In Innenstädten stehen sie überdies vorwiegend recht nutzlos in der Gegend und vergeuden Platz. Wenn man das als Gesellschaft nicht möchte, muss man dafür sorgen, dass die Nutzung eines solchen Autos besonders unpraktisch und teuer wird. Hubraum, CO2-Ausstoß, aber auch Abmessungen und Gewicht des Fahrzeugs müssten in die Steuer einfließen, die exponentiell steigt. Quasi »Verteuern durch Versteuern« und dann ein Gesetz einführen, das ermöglicht, Steuergelder für bestimmte Zwecke zu binden, etwa für den Ausbau des ÖPNV. Auch eine City-Maut zu erheben und gleichzeitig kostenlosen ÖPNV vom Park and Ride bis in die Innenstadt anzubieten, führt zu einer Lenkung. Außerdem müssen nicht die Parkplätze an riesige Autos angepasst werden, sondern die Autos an den verfügbaren Platz. Wer also ein Riesenauto will, darf gerne viel Zeit und Nerven bei der Parkplatzsuche verlieren. Vielleicht motiviert das dann zum Umstieg auf Bus und Bahn. Das wäre genau solch ein kleiner Beitrag jedes Einzelnen zu dem, was wir in Summe wollen: eine Umwelt, die uns nicht unter den Fingern zerrinnt.

Erfreulich ist da übrigens, dass jüngere Leute längst nicht mehr so aufs Auto »abfahren« wie die heutige Generation über 40. Das lässt in der Zukunft sicher ganz von selbst etwas mehr Verkehrsberuhigung erwarten. Genauer kommen wir darauf im Kapitel »Um die Welt – um jeden Preis?« zur Mobilität zurück. Wichtig aber: Wir neigen dazu, viele Dinge aus Sicht großer Städte zu beurteilen. Doch gibt es im ländlichen Raum Gegenden, wo das Auto fast die einzige Möglichkeit von Mobilität ist, zumal wenn es schnell gehen soll oder schwere Lasten zu transportieren sind. Für Pendler vom Land in die Stadt müssen Park-and-ride-Plätze und ein guter ÖPNV angeboten werden, damit sie überhaupt umsteigen können. Würde man hier nichts unternehmen, in der Stadt aber gleichzeitig schon Parkraum reduzieren und Fahrspuren anderweitig freigeben, ginge natürlich etwas schief. Dann entstünden nur noch mehr Stau und Verschmutzung, was man ja eigentlich vermeiden wollte. Kurz: Alternativen müssen verfügbar sein und die Reihenfolge ihrer Implementierung bei der Verkehrswende ist unbedingt zu beachten.

Es lohnt ein Blick nach Holland oder Dänemark, wo man uns oft weit voraus ist. Venlo oder Kopenhagen sind echte Radfahrstädte, wie ich es selbst bezeugen kann! Man kommt schneller voran als jedes Auto und praktische Lastenfahrräder sind reichlich zu sehen. Und in beiden Ländern ist man nicht deshalb so radelfreudig, weil da immer so gutes Wetter herrscht, sondern man hatte den Mut, Infrastruktur und Ampelschaltungen an Radlern und Fußgängern auszurichten. Der Autofahrer hat dort hingegen viel Wartezeit. An großen Kreuzungen in Deutschland ist das leider umgekehrt. Als Fußgänger muss ich oft in mehreren Etappen zeitaufwendig breite Straßen überqueren und darf zwischendrin mehrmals eine ganze Blechlawine beobachten, die endlos an mir vorbeizieht. Warum?

Und noch ein schnelles »Warum?«: Deutschland hat immer noch kein generelles Tempolimit auf Autobahnen – 70 Prozent unseres Netzes sind ohne Begrenzung. Einfacher als mit Tempo 130, vielleicht nachts stellenweise auch 150, sind etwas Klimaschutz und mehr Verkehrssicherheit nicht zu haben. Und wenn 71 Prozent der Menschen sich Sorgen wegen des Klimas machen und sich eine Mehrheit sogar für diese Begrenzung ausspricht, dann ist es wahrlich absurd, hier stoisch jedes Handeln zu verweigern. Am 14. Februar 2020 ist das Tempolimit ein weiteres Mal im Parlament gescheitert. Wer es unter 250 Kilometer pro Stunde nicht aushält, soll gerne alternativ die Möglichkeit bekommen, mal über eine Rennstrecke zu brausen und sich auszutoben … am besten mit einem E-Auto.

Zieht euch warm an, es wird heiß!

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