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BEGRIFFSVERWIRRUNGEN

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Networking ist ein Trend, der überall sichtbar ist, ob in der Wirtschaft oder in der Politik. Angela Merkel hat das Networking auch unter Damen salonfähig gemacht. Kanzlerin Angela Merkel, Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, die Verlegerinnen Friede Springer und Liz Mohn, die Bunte-Journalistin Patricia Riekel, die Schriftstellerin Freya Klier, die Rechtsanwältin Gräfin Pilati und die Filmproduzentin Regina Ziegler – diese Frauen eint vor allem ihr informelles Netzwerk zur gegenseitigen (Unter-) Stützung.

Informelles Netzwerk

Auch ohne wöchentliche Stammtischtreffen fördern diese Frauen einander, promoten den jeweils anderen. Das informelle Netzwerk zwischen Merkel, ihrer Büroleiterin Baumann und der Pressesprecherin Eva Christiansen nennen die Medien allerdings despektierlich »Girls Camp«. Was bei Männern in Politik und Gesellschaft immer erlaubt war, die Seilschaft als manchmal sogar negative Ausprägung eines zu engen Netzwerks nämlich, ist bei Frauen unheimlich. Und ist es nicht bezeichnend, dass Männer nicht befürchten müssen, als »Boys Camp« in der Zeitung zu landen?

Merkel & Co. liefern ein klares Beispiel: Nichts ist wirksamer als ein informelles Netzwerk, in dem sich alle kennen und bewusst fördern. Es ist die Voraussetzung für Erfolg und berufliches Fortkommen. Ein solches Netzwerk benötigt keinen äußeren Rahmen, kein Dach als Verein und erst recht keine Satzung. So bieten formelle Netzwerke, ob Clubs oder Verbände, oft nur den Boden, auf dem informelle Netze entstehen. Informelle Netzwerke bilden sich aber auch überall sonst: in der Nachbarschaft, im Kindergarten, der Schule, auf einer Abendveranstaltung oder im Fitness-Club. Diese informellen Netzwerke brauchen oft keine oder nur sehr lockere Absprachen. Man ist einander verbunden – dieses Gefühl reicht aus und wirkt sehr viel stärker als der Mitgliedsvertrag in einem Verein.

Netzwerke in der Wissenschaft

Erlauben wir uns einen kurzen Blick auf die wissenschaftliche Betrachtung: »Netzwerke sind in der Regel informelle Sozialformen, in denen sich die unterschiedlichsten Gruppen, Einrichtungen und Personen zueinander in Beziehung setzen können, ohne ihre jeweilige Eigenständigkeit aufgeben zu müssen. Sie sind deshalb besonders geeignet für Formen der Zusammenarbeit, die über traditionelle bürokratische, politische oder kulturelle Grenzen hinausgehen. Sie beruhen auf der Bereitschaft ihrer Mitglieder, sich bei Bedarf die jeweiligen Fähigkeiten und Kenntnisse gegenseitig zur Verfügung zu stellen.« (Birkhölzer, Karl: Lokale Ökonomie. In: Flieger, B.; Nicholaisen, B.; Schwendter, R.: Gemeinsam mehr erreichen. Kooperation und Vernetzung alternativ-ökonomischer Betriebe und Projekte. AG SPAK / Stiftung Mitarbeit, Bonn 1995).

Komischerweise tragen die viel wirksameren informellen Netzwerke oft den Ruch der verpönten Seilschaft mit sich, während formelle Netzwerke – meist weniger wirksam – heute weitgehend akzeptiert werden, im Kern das Gleiche sind und oft sogar von den Medien regelrecht »gehypt« werden. Den Seilschaften wirft man vor, dass sie ihre Mitglieder unabhängig von deren Leistungen fördern. So spielt in Seilschaften automatisch der gleichfalls negativ belegte Begriff »Vitamin B« eine Rolle. Spricht man von formellen Netzwerken, ist genau dieser Aspekt so positiv. Da sagt man dann, jemand schaffe es durch Networking, dass seine Leistungen überhaupt erst gesehen werden. Und seine Beziehungen würden Türen öffnen. Das ist paradox.

Unterschiedliche Blickwinkel

Letztendlich sind Seilschaften und formelle Netzwerke dasselbe aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Trotzdem spiegeln die beiden Begriffe eine immer noch ambivalente Haltung zum Thema. Solange etwas der Kontaktpflege dient, ist es als Netzwerk akzeptiert. Wenn jedoch der Verdacht entsteht, dass Kontakte zum Vorteil der Mitglieder sind, ist der Stempel »Seilschaft« sofort griffbereit. So habe ich selbst die Erfahrung gemacht, dass Netzwerke sogar schaden können. Eine Bekannte in der Redaktion einer Frauenzeitschrift wollte eben nicht auf eines meiner Bücher hinweisen, weil wir miteinander bekannt sind. Dabei war das so »verschmähte« Buch für die angesprochene Zielgruppe absolut passend und sehr aktuell.

NETZWERKE UND SEINE VERWANDTEN
Begriff Interpretation Nutzwert für persönlichen Erfolg
Bruderschaft oder Schwesternschaft meist religiös motivierte Verbindungen zwischen Frauen oder Männern, als Gilde auch im handwerklichen und genossenschaftlichen Bereich bekannt hoch
Interessenvertretung vertritt – formell – die Interessen einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, zum Beispiel einer Berufsgruppe nur sehr indirekt
Geheimbund Geheimbünde agieren unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es gibt meist Aufnahmeriten. Zu den Geheimbünden zählen auch diskrete Gesellschaften wie die Freimaurer oder Opus Dei, die der Öffentlichkeit bekannt sind. Sie haben Initiierungs- und Ordensgrade. Bestimmtes Wissen ist nur bestimmten Graden vorbehalten. sehr hoch
Klüngel Kölscher Begriff für informelle Netzwerke, historisch im Mittelstand entstanden und geprägt von Adenauer: »Mer kennt sisch, mehr hilft sisch.« Viel Klüngel findet auch in den (formellen) Karnevalsgesellschaften statt. sehr hoch
formelles Netzwerk Verbindung in einem Club, Verein, Verband und so weiter abhängig vom Engagement
informelles Netzwerk loser Zusammenschluss von verschiedenen Personen, die sich gegenseitig unterstützen abhängig vom Engagement
Seilschaft informelle Verbindung unter Gleichgesinnten extrem hoch
Vitamin B Wer Beziehungen nutzt, nutzt Vitamin B – wie der Begriff Seilschaften ist auch dieses Wort negativ besetzt. Vitamin B zu haben ist nichtsdestotrotz extrem hilfreich. extrem hoch

Klüngeln & Frauen

Anni Hausladen hat schon seit Jahren erkannt, dass Frauen lernen müssen, beruflich Kontakte aufzubauen, zu nutzen und zu pflegen, um erfolgreich zu sein. In ihrem Unternehmen »Klüngeln & Co« (www.frauen-kluengeln.de) coacht sie nicht nur Frauen, sondern sie hat sich mit vielen Vorträgen und Workshops im gesamten deutschsprachigen Raum einen Namen gemacht. Anni Hausladen kommt aus Köln, jener Stadt am Rhein, in der das Wort »Klüngel« – also »Networking« – zur Alltagssprache gehört.

Männer klüngeln zu ihrem gegenseitigen Vorteil und haben sich dafür seit jeher Zünfte, Vereine und sonstige Institutionen geschaffen. Aber Frauen und Klüngeln? Bis zum Jahr 2000 war das ein Tabu. Frauen setzten diese Erfolgsstrategien beruflich nicht ein, sondern wollten ihren Erfolg ausschließlich über ihre Leistung erreichen. Und genau das hat Anni Hausladen zu ihrem Thema gemacht. »Die Kunst des Klüngelns. Erfolgsstrategien für Frauen« wurde zum Standardwerk für Frauen.

Anni Hausladen hat ein Tabu gebrochen, lange bevor Angela Merkel mit ihrem berüchtigten »Girls Camp« das politische Berlin mit der ersten weiblichen Seilschaft überzog. »Es kann doch nicht sein, dass wir Männern den Erfolg überlassen«, sagt sie. Während Frauen brav jegliches Vitamin B vermeiden, stricken Männer an ihren Bünden. Männer sprechen ohne Dünkel Empfehlungen aus, verteilen die Karrierebeute und fördern andere Männer. Sie achten auf ein Gleichgewicht aus Nehmen und Geben.

Frauen hingegen wollen alles alleine schaffen und warten darauf, entdeckt zu werden. Hausladen: »Viele Frauen glauben, dass sie allein durch gute Arbeit überzeugen können.« Doch gute Arbeit wird zwar gern angenommen – der Karriere nutzt sie wenig. Auch Trainerinnen und Beraterinnen sind da nicht anders. Sie investieren viel Zeit und Geld in Fortbildungen, um mit Zertifikaten ihre Kompetenz zu beweisen. Erfolg aber basiert auf Wissen und Beziehungen. Doch ins eigene Beziehungsmanagement wird wenig investiert. »Frauen müssen aufmerksam gemacht werden auf die männlichen Spielregeln und Erfolgsstrategien, und da spielt das Klüngeln eine enorm große Rolle«, erklärt Anni Hausladen.

Frauen verkaufen sich schlechter, sind bescheidenere Selbstvermarkter – das ist der eine Punkt. Frauen haben aber auch nicht gelernt, andere Frauen und Männer zu fördern und zu unterstützen. »Dummerweise werden andere Frauen oft als Konkurrenz betrachtet«, so Anni Hausladen. Das gelte für Frauen in Führungspositionen genauso wie für Selbstständige. Dabei sei es doch viel sinnvoller, Synergien zu nutzen und sich mit Wissen und Kontakten gegenseitig zu unterstützen. »Frauen, die klüngeln, sind immer erfolgreicher«, weiß Anni Hausladen.

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