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Männer und Frauen oder der Sex

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Mein Mann kam, obwohl dieser Tag nicht mehr so war wie alle anderen Tage, am Abend nach Hause. Julian war wie immer temperamentvoll und quirlig, quatschte ununterbrochen und kam nach dem Abendbrot ins Bett, um mit mir zu kuscheln. Der Kleine lag in meinen Armen, ließ sich kraulen und schnurrte wie ein Kater. Wenigstens das war wie immer, bis jetzt. Ich war heute nicht aus dem Haus gegangen, hatte meine Wohnung geputzt und keine Pause gemacht (wie stets, wenn ich nichts mit mir anfangen konnte oder mich unangenehme Gefühle überkamen, die ich nicht brauchte). An den Spiegeln lief ich vorüber, ohne auch nur einen noch so kurzen Blick hineinzuwerfen. Meine zutiefst verletzte Frauenseele litt still. Ich lenkte mich mit der Normalität der abendlichen Rituale ab und beruhigte mich damit ein wenig.

Doch dann legte Julian plötzlich die Arme in einem Moment des Gefühlsschwalls um mich und sagte mit lieblicher Stimme: »Oh, Mama …«. Ich dachte, jetzt kommt »Ich habe dich so lieb« oder »Du bist die beste Mama auf der ganzen Welt«. Doch da lag ich vollkommen falsch. Mein Kind sagte im vollsten Brustton der Überzeugung: »Du bist sooooooo schön (…) weich!« Was? Mir stockte der Atem. Das hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Ich war auch stolz darauf, nicht weich zu sein, sondern schlank (meistens war ich zu dünn, früher, ganz früher, viel, viel früher). In meinem Kopf hallten Julians Worte nach: »Du bist so schön …« (Nein, bis hierher ist der Satz perfekt, geradezu so, wie ich ihn gern hören wollte) »… weich«. Weich, dick, fett, unförmig, grottenfett, schwabbelnd, die beste Besetzung für die Hauptrolle in einer Monstershow für Übergewichtige und ich dachte an eine dieser überflüssigen Verdummungsserien »The Biggest Looser«. Jawohl, da kann ich mich anmelden! Eine Keule landete auf meinem Kopf. »Süßer …«, fragte ich den Kleinen mit lauerndem Blick, »wie meinst du denn das?« (Das arme Kind, gefangen im Klimakteriumswahn seiner Mutter!) Julian sah mich an, stutzte kurz und meinte ganz unbefangen (ja, warum auch nicht, ist doch auch nichts weiter dabei, oder?): »Na, dass du eben schön weich bist. Dein Bauch ist schön weich und ich kann bei dir so schön kuscheln, alles ist warm und weich.« Und um seine Worte zu unterstreichen, klammerte er sich wie ein Äffchen an mich und schien in mir und meinen Leibesmassen verschwinden zu wollen. Mein Körper spannte sich an, alle Muskeln strafften sich. In mir kochte die Erkenntnis, die erst einige Stunden alt war, von neuem auf und schien mich überrollen zu wollen. Das Glück dieses Abends? Ich war viel zu sehr Mutter, um das Julian zu zeigen (und dazu noch eine beinahe begnadete Schauspielerin) und so herzte und küsste ich ihn und schloss meine Gefühle weg. Ich trug es mit der Fassung einer erwachsenen Frau (ach ja?). Leider war es für Putzen schon zu spät.

Die Seifenopern füllten meinen Kopf mit neuen unbrauchbaren Informationen und ich begann, mich das erste Mal an diesem Tag, richtig zu entspannen. In der Werbepause gingen Harry und ich in die Küche, um unserem Laster nachzugehen. Ich atmete den Rauch tief ein und stöhnte. Mein Mann sah mich an (warum kannte er mich nach diesen gemeinsamen Jahren schon so gut?) und sagte: »Schatz, was ist los mit dir?« »Nichts«, meinte ich, mit einem Gesichtsausdruck, der verriet, es war alles andere als nichts, es war alles. Doch ich befand mich im Tunnel meiner Ausweglosigkeit. Als wir wieder im Bett lagen, wollte er mich streicheln. »Nicht!«, brummte ich. Es war nicht gerade so, dass ich dieses Wort sonst nie aussprach. Aber diesmal hatte es einen besonderen Ton, der keinen Widerspruch duldete. Es war ein Verbot, kein einfaches »Nicht«. »Was ist, sag doch mal bitte«, bohrte Harry. »Nur wenn ich mal nicht angefasst werden will, heißt das noch lange nicht, dass irgendetwas sein muss!«, entgegnete ich aggressiv. Na, was denn? War ich vielleicht eine Puppe, an der man so herumstreichelte, wie man wollte? Nein, war ich nicht. Punkt. Mein Mann verzog das Gesicht, sagte: »Ist ja gut« und drehte sich von mir weg.

Das gefiel mir auch wieder nicht. Er musste sich schon etwas intensiver um mich bemühen und nicht gleich aufgeben. Wo gab es das denn? (Na, bei Männern, wo sonst?) Es vergingen wenige Minuten. In mir kochte es immer noch oder schon wieder. »Ich bin fett geworden!«, platzte ich heraus. Harry drehte sich wieder zu mir um und lächelte. (Was gibt es denn dabei zu lachen? Ich finde das gar nicht lustig!) »Ach Schatz …!« (Sag jetzt bloß nicht: »Wie kommst du denn darauf?« Das sagen nämlich Männer, die von ihren Frauen beim Fremdgehen ertappt werden!) »Du bist nicht fett!« (Aufatmen.) »Sondern?«, fragte ich. »Du bist wunderschön, weiblich …!« (Genau, weiblich … Das Weib ist rund. Wie konnte er, mein eigener Mann, so etwas Schreckliches sagen?) »Weiblich, aha«, jetzt bockte ich.

Huch! Da rutschte plötzlich seine Hand auf meinem Bauch hin und her. Ich spannte mich wieder an, versuchte den Bauch einzuziehen. Nach der Schwangerschaft und Geburt konnte sich meine Muskulatur leider nicht dazu durchringen, die Oberhand zu gewinnen und so schwabbelte meine ausgedehnte Bauchdecke mit den vielen tiefen Schwangerschaftsnarben vor sich hin. »Ich liebe einfach deinen Bauch! Er ist für mich das Zeichen deiner Weiblichkeit. Und ich mag es, diese Schwangerschaftsnarben zu streicheln. Ich weiß nicht, warum, aber es ist so«. Keinen Trost bitte, ich will und muss mich quälen … nicht! Aufhören! »Ich liebe es auch sehr, wie wunderschön das hier geschwungen ist, wenn du auf der Seite liegst.« Er strich mit seiner Hand von meiner Taille hinab zu meiner Hüfte. Auch das noch! Mein Mann, der Hobbypsychologe (oder der Verliebte?). Geschwungen nannte man das also? Eine psychologisch hochwertige Umschreibung für mein pferdeähnliches Gesäß, Respekt! »Ich bin nicht schön! Ich war mal schön, sogar noch vor einigen Jahren!« Harry lachte und meinte: »Du meinst, bis wir geheiratet haben?« Ich fand das alles gar nicht witzig und sagte bockig: »Ja, bis dahin«. Mein Mann hatte eine Begabung, nicht auf meine Allüren einzugehen und sagte, immer noch geduldig wie ein Schaf (und dann auch noch mit einer Engelsstimme!): »Für mich bist du jedenfalls die Schönste!« »Hm«, knurrte ich und zog mich wieder in meinen Tunnel zurück. Das sagen sie alle und dann? Dann fanden sie eine, die noch schöner (oder wirklich schön) war. Und was nützte es mir, wenn er mich so liebte, wie ich war, wenn ich mich selbst nicht liebe? Harry verstand mich eben nicht.

»Das erzählt er mir! Heimlich sieht er sich Pornos an!«, schnaubte ich, gerade im Bad verschwunden, um meine Fleischmassen unter die Dusche zu schwingen. Sex, was für ein Thema. Ich hatte Sex immer geliebt. Als ich schlank und vollkommen war, sah ich im dünnen Seidenhemdchen nicht aus, als wäre ein Nilpferd im Gardinengeschäft eingebrochen. Da schritt ich noch grazil mit langen, schlanken Beinen am Opfer meiner Begierde vorbei, um mich an seinen sabbernden Blicken zu laben. Ich spielte noch mit meinen Reizen, als hätte ich im Leben niemals etwas anderes getan. Und nun? Nun bekam ich keine hübsche Reizwäsche mehr. Wenn ich welche sah, glaubte ich, Abdeckplanen für Carports mit fehlerhaftem Material vor mir zu haben. Doch dauerhaft wollte und konnte ich mich dem Sex nicht entziehen. Licht aus. Nur nicht diese Berge sehen: Ich hatte Arme wie andere Beine hatten. Wenn Harry mich von hinten vögeln wollte, schwabbelte mein Bauch lose an mir herum wie der Pudding, den mein Sohn so gerne aß. Ich nannte mich selbst »Hängebauchschwein«. Deshalb wusch ich auch nie nackt meine Haare über der Wanne. Der Blick nach unten und die Berührung meines Hängebauches mit dem Wannenrand hätten mich sicher zum Suizid getrieben.

»Du hast so schöne große Titten«, hechelte Harry und grapschte lüstern an diesen hängenden, wackeligen Dingern herum, als würde er einen Teig zur Brotmasse verarbeiten wollen. Hm, ja, klar. Ich hatte früher Körbchengröße B, einen Umfang von 75. Jetzt packte ich diese Schwabbelbrüste in eine 95 Doppel-D. Ich musste sie sogar richten, damit jeder Zentimeter seinen Platz hatte und nichts drückte. Ich sah aus wie eine zu lange nicht gemolkene Milchkuh! Die Beine bekam ich auch nicht mehr richtig auseinander. Gut, dass mein Gatte ein äußerst schlankwüchsiger Mann war. So konnte er sich wenigstens in den, ihm zur Verfügung stehenden Spalt zwischen den Beinen hineinlegen. Ach, du Scheiße! Jetzt erinnerte ich mich an den vor wenigen Tagen stattgefundenen Versuch, an alte Zeiten anknüpfen zu wollen und in der Küche auf dem Küchenschrank zu vögeln. Übelkeit stieg in mir auf. Schon der Kraftakt, mich auf den Schrank zu hieven!

Vor einigen Jahren übernahm das Harry. Er hob mich auf wie ein kleines Vögelchen (wie passend) und setzte mich auf den Küchenschrank, riss mir den Stringtanga (den ich ja damals noch trug) zur Seite, um mich zu ficken. Sein Mund saugte sich an den zarten Knospen meiner niedlichen Brüste fest. Es war noch nicht so, dass er Mühe hatte, den Kopf aus meiner Milchkuhbasis herauszuziehen. Ich hatte also Probleme, mich auf diesem kleinen Stück Küchenplatte, welches mir früher durchaus reichte, zu halten. Die Beine konnte ich nicht mehr so geschmeidig in der Luft halten und dabei tun, als würde mich das nicht die geringste Anstrengung kosten. Meine Arme stützte ich hinter mir ab, um mich überhaupt noch halten zu können. Dabei vergaß ich natürlich nicht das Stöhnen, immer in der Hoffnung, mein Mann würde bald abspritzen und mich erlösen. »Ahhhh, ja, fick mich, komm, mach weiter, stoß mich, du geiler Bock!« Zumindest war mein Vokabular nicht eingerostet.

Endlich war es soweit. Mir schmerzten alle Gelenke. Dankbar und behäbig rutschte ich vom Küchentisch herunter und biss mir tapfer auf die Unterlippe. Meine Beine fühlten sich an, als würden sie mir jeden Moment abfallen. Durch meine Arme schienen tausende Ameisen zu krabbeln. Ich knutschte Harry herzhaft, der sich gut zu fühlen schien. »Du bist immer noch so gut wie früher, du geile Stute, du!«, hauchte er mir zu und klatschte auf meinen Hintern. Da fällt mir ein, dass ich diesen noch gar nicht erwähnt habe. Der war nicht so schlimm, wie alle anderen Regionen. Das lag sicherlich daran, dass ich ihn nie sah. Zumindest war er noch lange nicht so auffällig wie meine Hüften. Wahrscheinlich haben diese die gesamte Optik für sich in Anspruch genommen.

Während mir klebrig die Beine hinunterlief, was mir mein Mann hinterlassen hatte, legte ich meinen mondänen Stutenblick auf, warf mein langes Haar über seine Schulter und schnurrte: »Ich bin nur so gut, wie du gut bist und dein obergeiler, dicker Schwanz!« Das gefiel ihm offensichtlich. »Wenn du weiter so redest, machen wir gleich weiter!«, raunte er mir zu, küsste mich und fasste an meinen Hintern. Um Gottes willen!

Ab 40 wird's eng!

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