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Das Märchen vom besoffenen Amor

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Es war einmal, vor langer Zeit, ein kleiner Ort, in dem die besten Schützen, zu Zeiten eines jährlichen Festes, einander maßen, um den König unter sich zu krönen. Nicht nur einen Ehrengast luden sie ein – den Liebesgott Amor, bekannt für seine Treffsicherheit – sie ließen auch das ganze Dorf an den Feierlichkeiten, Belustigungen und Darbietung der Gaukler, teilnehmen.

Bereits am ersten Tag der Feiern, wurde gezecht und gelacht. Kein Auge, erst recht keine Kehle blieb im Festsaal trocken. Und schon bald ergab es sich, dass der Ehrengast, mit dem ein jeder Schütze das Glas erheben wollte, trunken ward.

Zur gleichen Zeit trug es sich zu, dass zwei junge Menschen, ein Jüngling und ein Mädchen, gerade fünfzehn Sommer zählend und voneinander unwissend, die Darbietungen um das Fest besuchten. Fasziniert standen sie und schauten zu, nicht ahnend, welch schicksalhafte Wende sich ihnen noch an diesem Tag ankündigte. Jene bahnte sich im Ehrengast der Schützen an. Amor, volltrunken, suchte den Ausgang der Festhalle, voller Hoffnung, frische Luft könnte seine Sinne wieder erwecken, die unter dem Zechen so litten.

Schleppenden Schrittes und torkelnd, bahnte sich der Liebesgott den Weg durch die Menschenmassen, verhielt des öfteren in Rast, um sich orientieren zu können und schließlich fand er Halt vor einer Schießbude, an der sich gerade einige Jünglinge aus dem Dorf zu messen suchten. Sie sahen Amor und da sie seinen trunkenen Zustand erkannten, witterten sie ihre Gelegenheit. Er solle sich unter Beweis stellen, johlten sie im zu, und dass sie ihm nicht glaubten, nach all den Jahrtausenden, um seinen Mythos, besäße er noch die gleiche Treffsicherheit.

Dies konnte der Liebesgott kaum auf sich sitzen lassen. Trotz seines Rausches, kam er schwankend der Schießbude näher, zückte seinen Bogen und einen Pfeil, setzte an, spannte die Sehen und versuchte verbissen das Ziel, das ihm vor Augen immer wieder verschwamm, an zu visieren.

Mag es der Anstrengung oder Trunkenheit geschuldet gewesen sein, es kann heute niemand mehr sagen. Bekannt war denen, die diese Geschichte kund taten nur, dass Amor plötzlich die Augen verdrehte und in einer leichten Pirouette zu Boden sank, während er den Pfeil los ließ und dieser surrend seinen Weg, in die der Schießbude entgegen gesetzte Richtung nahm. Auf den Jüngling und das ihm ein Stück entfernt, gegenüber stehende Mädchen zu. Der Pfeil streifte den Jüngling und ohne seine Bahn zu verändern, schoss er weiter, um sich durch das Mädchen zu bohren und irgendwo, weit hinter ihm, in der Verkleidung einer Bude, stecken zu bleiben.

Während nun auf dem Festplatz Hektik aufkam, man sich besorgt des ohnmächtigen Amor annahm, standen sich Junge und Mädchen, angeschossen von Amors Pfeil, gegenüber, nahmen einander wahr und wurden von heftigem Verlangen nacheinander gepackt. Sie liefen aufeinander zu, nahmen sich in die Arme und obwohl sie sich die plötzliche Zuneigung nicht erklären konnten, waren sie in dem Moment ein Paar.

Amor brachte man ins Wirtshaus, da auf seine Kammer, in der er seinen Rausch ausschlief und in der Frühe des nächsten Tages, reiste er überstürzt und beschämt ab, ohne sich daran zu erinnern, am Tag zuvor zwei junge Menschen angeschossen und sich selbst überlassen zu haben.

Doch wenn Amors Pfeil nicht richtig trifft, birgt dies Gefahren, denn nur ein gut gesetzter Schuss, lässt die Herzen der Menschen, auf alle Zeit, miteinander verschmelzen. Da dies dem Jüngling und dem Mädchen nicht widerfahren ward, brannte auch die Flamme ihrer Liebe unbeständig und ängstlich, ließ zweifeln und besonders das Mädchen litt heftige Qualen der Furcht und des Zweifels, den Jüngling so sehr zu lieben und von ihm sicher bald wieder verlassen zu werden. Um dieser Pein zu entgehen, trennte das Mädchen sich am dritten Tag vom Jüngling und suchte ihn zu vergessen, was ihm nicht gelang. Ohne sich bewusst zu sein, wie sehr sein Herz sich nach dem Jüngling verzehrte, litt es Woche für Woche, Monat für Monat, vor sich hin und verstand nicht, was es so schmerzlich vermisste.

Die Jahreszeiten wechselten und eines Tages trafen der Jüngling und das Mädchen wieder aufeinander. Wieder schlugen ihre Herzen laut, doch diesmal nicht dem Instinkt ihrer Gefühle nachgeben wollend, unterhielten sie sich nur lange, fühlten eine tiefe Vertrautheit und trösteten sich mit dem Gedanken, ineinander gute Freunde gefunden zu haben. So blieben sie in Freundschaft verbunden, die Jahre überdauerte, einander zur Seite stehen ließ, ging es dem Anderen nicht gut, aber in ihnen blieb die Unruhe, eine unerklärliche Suche, deren Ziel sie nicht erkannten.

Beide fanden Trost in anderen Armen, auch Kinder wurden geboren, doch die durch Amors Pfeil Verletzten, konnten einander nie vergessen. Immer wieder trafen sich ihre Wege und in diesen Momenten ward alles um sie herum gut.

Zwei Jahrzehnte später, längst ein stolzer Mann und eine Frau, die erkannt hatte, an der Seite Anderer keine Rast zu finden, trug es sich zu, dass sie, als Freunde, erneut zum Feste gehen wollten, das die Schützen gaben, um ihren neuen König zu wählen. Und auch dieses Mal sollte Amor der Ehrengast sein.

Wohlweislich hatte der Liebesgott, seit jenem verhängnisvollen Tag, den kleinen Ort gemieden. Sein Zusammenbruch, mit der Folge, sich an nichts mehr zu erinnern, samt der Erkenntnis, nicht zum ersten Mal dem Trinkbecher mehr zugesprochen zu haben, als ihm gut tat, ließ ihn lange zurückgezogen bleiben. Aber auch das half nicht gegen sein Verlangen nach dem Rausch, bis er sich einen weisen Mann und Heiler suchte, der, abgeschieden im dunklen und tiefen Wald lebend, Amor seine Hilfe anbot. Lange dauerte es, bis das Verlangen zur Trunkenheit im Liebesgott erloschen war, doch dann hatte er es überwunden und kehrte in die Zivilisation zurück, um dort neu zu beginnen, aber auch, sich der Vergangenheit zu stellen. Dazu gehörte auch, an den Ort zurück zu kehren an dem er seinen letzten Rausch hatte. So schlenderte er just in dem Jahr über das Spektakel, zu dem auch der Mann und die Frau, als Freunde, die sich voneinander nicht lösen konnten, gegangen waren.

Lange beobachtete der Liebesgott die Menschen, als ihm plötzlich etwas auffiel: Da trugen zwei Menschen Narben seines Pfeils! Streifschüsse, deutliche Spuren, nicht angezielt gesetzt worden zu sein und mit einem Mal kamen die Erinnerungen in Amor zurück, wie er einst, an fast der gleichen Stelle, zwanzig Jahre zuvor, den Pfeil losgelassen hatte, während er bewusstlos vom Suff wurde.

Hatte dieser Pfeil etwa?

Es konnte gar nicht anders sein, denn dies waren deutlich die Narben seines eigenen Pfeils und er wusste nicht, wie sie sonst zu den einstigen Wunden hätten gekommen sein können.

Was hatte er nur angerichtet?

Voller Scham und sich bewusst, dass der Streifschuss diese beiden Menschen auf eine Odyssee ihre Gefühle allein gelassen hatte, einem Weg, auf dem sie kein Ziel hätten finden können, da verloren zwischen unschuldiger Freundschaft und grenzenloser Liebe, regte sich in Amor das unstillbare Bedürfnis, den Schaden, den er einst anrichtete, wieder gut zu machen. So griff er in seinen Köcher, zog den goldenen Pfeil heraus, spannte die Sehne seines Bogens und zielte genau, wie noch nie zuvor. Er ließ die Sehne los und kaum einen Wimpernschlag später, waren die Herzen des Mannes und der Frau getroffen. Diesmal richtig und mit allen Konsequenzen.

Als wären sie all die Jahre mit Blindheit füreinander geschlagen gewesen, sahen sie sich tief in die Augen, fielen sich in die Arme und Amor sah, dass es endlich gut war. Er hatte einen großen Fehler rückgängig gemacht und zwei Herzen, die zueinander gehörten, den Weg gewiesen.

Und wie er ihn gewiesen hatte!

Fünf Sommer später, wieder einmal war Amor Ehrengast der Schützen, diesmal trank er aber immer noch nicht wieder und hatte es auch nicht mehr vor, ging er seine Runde über den Festplatz und durch die Menschenmengen. Es kribbelte ihm im Nacken, als spüre er, etwas erwarte ihn und dann sah er es: Den Mann und die Frau, ihre beiden Kinder und den runden Leib der Frau, in dem sie ein weiteres Kind trug.

Zufrieden lächelte er. Ja, diese Familie hatte er geschaffen und darauf war er stolz. Auch wenn er, ohne den Rausch von damals, vielleicht nie beabsichtigt dieses Paar zueinander geführt hätte. Doch nun war alles gut.

Die Moral von der Geschicht?

Ohne versoffenen Amor gäb's die Chaosbande nicht!

Und wenn diese nicht gestorben ist, dann lebt sie auch noch heute.

Moppelchens Chaosbande ...Ehe, man!

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