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Reifer und befreiter Glaube

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Du aber bleibe bei dem, was du gelernt und wovon du dich überzeugt hast.

2. TIMOTHEUS 3,14

Dieser Bibelvers macht mich richtig ärgerlich! Ich kann auch genau sagen, warum. Ich bin froh und dankbar, dass ich so manches Gelernte hinter mir lassen und abstreifen konnte. In meiner geistlichen Biografie gibt es einiges, was mir mehr Schaden zugefügt hat, als dass es mir geholfen hätte. Mir mehr Enge als Weite, mehr Angst als Freiheit, mehr Düsternis als Lebensfreude beschert hat. Aus diesen unguten Prägungen habe ich mich unter viel Tränen und Kämpfen, mit viel Hinfallen und wieder Aufstehen, mit ganz viel Zweifeln, Fragen und Schuldgefühlen hervorgekämpft – was da entstanden ist, ist überaus kostbar, fühlt sich jesusnah und grundrichtig an. Wenn mir Menschen begegnen, die mich mit frommen Sprüchen und biblischen Richtigkeiten wieder in das »Alte« zurückzwingen wollen, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Ich will nicht bei dem bleiben, was ich gelernt habe, will Entwicklung, Veränderung und neue, Leben spendende Impulse. Ich mache Paulus eine lange Nase und klappe meine Bibel erst einmal zu.

Nur um sie gleich wieder aufzuklappen, denn mir fällt ein, dass der Vers ja noch nicht zu Ende ist: » … und wovon du dich überzeugt hast«, steht da noch. Heißt doch: Ich kann, darf und muss mich von der Richtigkeit des Gelernten selbst überzeugen. Das Gelernte und die eigene Überzeugung müssen zusammenkommen und passen. Da darf nichts auseinanderklaffen. Wenn ich das Gelernte ohne diese Selbstüberzeugungsarbeit übernehme, es aber nie zu meinem Eigenen geworden ist, dann wird mein Glaube entweder eine leblose Hülle, eine Farce, oder es kommt zu einer Abspaltung in meiner Person. Ich lebe und vertrete dann etwas, was mir ganz tief drinnen im wahrsten Sinne des Wortes nicht passt, gegen das ich mich innerlich sogar sträube. Diese Abspaltung macht auf Dauer krank. Seelisch und geistlich. Lasse ich andererseits das Gelernte völlig außer Acht, stehe ich vielleicht in der Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten oder mir selbst großen Schmerz zuzufügen, weil ich mich gegen einen Teil von mir wende. Denn das Gelernte ist ja von mir verinnerlicht – reiße ich es plötzlich mit Gewalt heraus, tue ich mir selbst sehr weh und kann die Leere, die mich dann erfasst, wahrscheinlich gar nicht aushalten.

Nachdem meine erste Rebellion, mein erster Ärger verraucht ist, muss ich eingestehen: Auch in meiner geistlichen Biografie gibt es Dinge, die mein Leben positiv geprägt haben. Es gibt »Lehrsätze«, die man mir beigebracht hat und die ich dann nach mehrmaligem Drehen und Wenden zu meinen eigenen gemacht habe. Da, wo dieser Prozess durchlaufen ist, kann ich durchaus für vieles danken. Anderes hat mich dagegen nicht überzeugt, vielleicht wird es irgendwann einmal geschehen – im Moment lege ich es erst einmal als zu mir nicht passend beiseite. Das tue ich mutig und behutsam zugleich.

In dieser Woche will ich mir die Zeit nehmen, meinen »geistlichen Kleiderschrank« zu entrümpeln. Da liegt so manches Schätzchen in der hintersten Ecke – das wird von mir sowieso nicht mehr getragen und könnte eigentlich aussortiert werden. Es ist zu groß, zu klein oder einfach vom Stil her völlig unpassend geworden. Von diesen Teilen will ich mich mutig trennen, um Platz zu schaffen für Neues. Anderes hängt da, von dem ich mir einfach noch nicht sicher bin, ob ich es vielleicht doch noch tragen will – wenn ich diese Stücke einfach wegschmeiße, könnte ich es später bereuen. Solange ich nicht wirklich überzeugt bin, dass ich mich trennen will, sollen und dürfen sie bleiben. Und dann sind da noch die Lieblingsstücke von guter Qualität, immer wieder gern getragen und absolut passend zu mir. Ich weiß: Sie kleiden mich hervorragend, bringen meine Vorzüge zur vollen Geltung und sind das ultimative Aushängeschild für den Designer. An ihnen will ich mich besonders freuen und ihnen einen bevorzugten Platz einräumen. Es gibt allerdings auch Dinge, die finde ich nicht besonders schön, zu ihnen fühle ich mich auch nicht sonderlich hingezogen. Aber sie müssen einfach in meinem Schrank bleiben, weil sie nützlich, praktisch und, wenn es hart auf hart kommt, unverzichtbar sind. Es wäre dumm, den ganzen Kleiderschrank ausschließlich unter dem Wohlfühlaspekt zu bestücken.

Zum Thema Reifer und befreiter Glaube finde ich in der Bibel folgende Texte: Jesaja 48,17; 1. Korinther 13,9 - 12; 2. Korinther 3,17 - 18; Galater 5,1.13; Epheser 4,14 - 15; Philipper 1,6.9 - 11; Philipper 3,12 - 16.

Der Klang Deiner Stimme

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