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Jesus in seiner Passion nahe sein

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Die Wächter trieben ihren Spott mit Jesus. Sie schlugen ihn, verhüllten ihm das Gesicht und fragten ihn: Wer hat dich so geschlagen?

LUKAS 22,63 - 64

Heute beginnt die Karwoche. Ich mag es immer gern, wenn einzelne Gegenstände ein Geschehen oder ein Thema, um das es gerade geht, greifbar machen. Deshalb bin ich heute weit vor dem Gottesdienstbeginn da und suche für den Altarraum einen purpurroten Samtstoff hervor, eine Dornenkrone und Palmenzweige. Bewaffnet mit diesen Utensilien, betrete ich den Gottesdienstraum. Unterwegs umarme ich zur Begrüßung herzlich eine Frau aus der Gemeinde, die ebenfalls schon sehr zeitig gekommen ist. Leider habe ich bei dieser innigen Umarmung vergessen, dass ich eine Dornenkrone in der Hand halte, und ramme sie ihr mit voller Wucht in den Rücken. Peinlich, peinlich …

Nun stehe ich vorne, drapiere den Samtstoff und die Palmenzweige und möchte die Dornenkrone am Kreuz anbringen. Bei uns haben wir schon alle möglichen Dinge am Kreuz angebracht. Das ist ohne Weiteres möglich, denn unser Kreuz ist ziemlich hässlich und vom Material her wertlos. Zusammengehauen aus zwei klobigen, rissigen Holzbalken, die an manchen Stellen rostige Male von alten Nägeln tragen, ist es nicht gerade ein Schmuckstück. Aber wir wollen es so. Denn was damals passierte an diesem Kreuz, war ja auch nicht gerade ein Glanzstück menschlichen Erfindungsreichtums. So hässlich wie unser Kreuz, so hässlich war das Ereignis, zu dessen Symbol das Kreuz später wurde.

Ich halte Hammer und Nagel in der Hand und will diesen Nagel in das Kreuz schlagen, um die Dornenkrone zu befestigen. Aber ich kann nicht. Keine zehn Pferde werden mich dazu kriegen, diesen Nagel jetzt in das Kreuz zu schlagen. Ich will an dieser miesen Aktion nicht beteiligt sein. Niemals, niemals würde ich einem Menschen so etwas antun. Ich kann Menschen nicht verstehen, die andere quälen und zu Tode foltern. Ich kann das nicht verstehen und will das nicht verstehen. Ich lasse Hammer und Nagel sinken und schau mich um. Neben mir sehe ich Maria, die Mutter von Jesus, und noch einige andere Frauen, die ihn immer begleitet haben. Auch sie stehen fassungslos vor diesem Geschehen. Können die Brutalität und Gemeinheit dieses Ereignisses nicht begreifen. Sie haben Jesus genährt, haben ihn umsorgt, ihm Geborgenheit und – soweit es bei seiner Lebensweise möglich war – ein Zuhause geboten. Sie haben mit ihm gelacht, ihn bewundert, mit ihm geweint und waren für ihn da, wenn er sich nach stundenlangen Fußmärschen und noch längeren Predigten ermattet auf den Boden plumpsen ließ. Und jetzt sind sie auch bei ihm. Können nicht helfen, aber wenigstens da sein. Halten diese letzten Stunden mit ihm aus, sind ihm nah. Laufen nicht weg, wenden sich nicht ab. Welch eine Freude für Jesus!

In dieser Woche will ich einfach nur bei Jesus bleiben. Ich werde dabei sein, wenn er in Jerusalem einzieht, werde sein Königsein proklamieren und ihm mein schönstes Gewand zu Füßen legen. Ich will mit ihm ein letztes Mal essen und mir von ihm die Füße waschen lassen. Vielleicht gelingt es mir, im Garten Gethsemane nicht einzuschlafen, sondern bei Jesus auszuharren. Beobachtend, wartend. Dann werde ich mit ihm den Weg nach Golgatha gehen. Ich werde nicht weglaufen, sondern bleiben – so wie die anderen Frauen. In dieser Woche will ich einfach nur bei ihm sein.

Zum Thema Jesus in seiner Passion nahe sein finde ich in der Bibel folgende Texte: Psalm 63,1 - 9; Hohelied 1,4; Hohelied 8,6 - 7; Jesaja 53; Lukas 10,38 - 42; Johannes 12,1 - 8; Johannes 18 - 19.

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