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1.4. SEX. ECHT JETZT, DICKE HABEN SEX?
JA, SO: UNSERE GEHEIMNISSE.

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Sex ist ein schwieriges Thema, wenn man dick ist. Es gibt Männer, die auf dicke Frauen stehen. Aber genau diese Sorte Männer fand ich unausstehlich. Wie soll ich damit umgehen, wenn der Mann exakt das an mir toll findet, was ich hasse?

Die Extremform der Fett-Liebe bilden sogenannte Feeder. Das sind Männer, die ihre Frauen füttern, bis sie unbeweglich und von ihnen abhängig sind. Ein paar dieser heftig übergewichtigen Frauen haben es im Inter­net zu einiger Berühmtheit gebracht. Ich bin mir sicher, dass es bei diesen Männern eher um eine Mischung aus Macht, Kontrolle und gestörtem Sexual­verhalten geht, als um geliebte Rundungen, weil Feeder Frauen mit 300 bis 400 Kilo begehren, nicht jemanden mit ein paar Pfunden mehr auf den Hüften. Dazu gibt es hier keine Bilder. Wen das interessiert, der darf es gerne googeln.

Zurück zu ganz normalem Übergewicht. Als „normal übergewichtig“ bezeichne ich in diesem Kapitel Menschen zwischen 100 und 200 Kilo. Sicher, deutlich schwerer als der Durchschnitt, aber ich will ja Insider­geschichten erzählen und die spannenden Geschichten passieren nicht bei 80 Kilo, sondern weiter oben auf der Gewichtsskala.

Der Klassiker sind natürlich Möbel, die kaputt gehen; das Bett, das zusammenbricht. Betten sind stabil. Oft halten sie es wochen- oder monatelang mit ihren dicken Paaren aus. Und dann krachts! Ganz kurz vor dem Orgasmus, mitten in den letzten schönen Be­wegungen – Knall! - der Lattenrost zerbirst in mehrere Stücke, das Fußteil vom Brett kracht auf den Boden, die Beine brechen seitlich weg. Drei, nicht vier Bett­pfosten knicken ab, so dass man auch noch schräg in dem Durcheinander aus Decken, Möbel- und Körper­teilen liegt. Gut, wenn es um „normalen Sex“ ging. Schlecht, wenn man sich dabei die Gelenke verknackst hat, mit Handschellen ans Kopfteil gefesselt war und einen Nachbarn braucht, der zur Befreiung herüber­kommt. Apropos Handschellen. Ich weiß nicht, ob meine Beobachtungen repräsentativ sind, aber ich kenne mittlerweile viele Paare, die ihren Sex mit S/M und Rollenspielen bereichern. Wenn der Fokus auf einem bestimmten Dresscode liegt, scheinen Pfunde weniger wichtig zu sein. Vielleicht ist das ja eine Lösung für dicke Singles? Anstatt sich deiner Speck­polster zu schämen und alleine zu bleiben, verpacke dich selbst in Latex oder Leder und avanciere zu großflächigen Erregungsgebieten.

Es gibt auch eine konservative Lösung: Such dir einen Katholiken – die lassen das Licht aus.

Wenn Sex bei Dicken passiert, passiert er meist nicht einfach so. Es bedarf gewisser Vorkehrungen. Deshalb sprechen Übergewichtige öfter und ausführlicher über Sex – nicht, weil sie freizügiger erzogen wurden, sondern weil es nötig ist.

Beispiel Spontan-Sex. Das geht einfach nicht mit Figur-formender Unterwäsche! Erstmal sieht sie schrecklich aus und damit sie formt, muss sie eng sein. Da kommst du nicht raus, indem du den Daumen ins Höschen einhakst und, auf einem Bein tanzend, dich aus dem Slip befreist. Du musst dich hinsetzen und rollst das Zeug Zentimeter für Zentimeter vom Körper runter. Dann atmest du erleichtert ganz tief ein, blickst auf Quetschstreifen, die die Wäsche auf deinem Körper hinterlassen hast und eventuell willst du noch schnell duschen, weil der Körper schon vor dem Sex schwitzt. Es gibt auch für Männer diese Form-Unterwäsche, zum Beispiel mit Bauch-Stütz-Garantie. Die ist ja nicht nur für die Optik wichtig. Ein Bauch, der leicht angehoben wird, bildet keine Haut­falten, die sich wund reiben können. Spontan-Sex geht dann so:

Mach schon mal die Gardinen zu, Liebling und lass uns in einer halben Stunde nackig im Wohnzimmer treffen. Grandios, wer jetzt zwei Badezimmer hat!

Das schnelle „Schatz-lehn-dich-mal-über-den-Küchentisch“ gibt es natürlich auch. Aber mit zuneh­menden Kilos schwindet die Spontanität. Dafür wird investiert in Hilfsmittel und Hilfsmöbel. Ich kenne mehr Dicke mit diversen Vibratoren und Sex-Kissen als Schlanke mit diesem Spielzeug. Oder liegts daran, dass man sich in seiner Community ehrlicher aus­tauscht und mehr voneinander erfährt? Egal, das dürfen die Schlanken für sich herausfinden. Wenn es denn ihr Thema ist.

Wieso sind ausgerechnet Vibratoren so begehrt? Laut Auskunft von Frauen-Sexshops werden die meisten Vibratoren von dicken Frauen gekauft. Die Besitzerin eines Sexshops in Berlin hat mir das verraten. Aller­dings kannte sie den Grund für ihre Verkaufsschlager nicht. Hier kommt die Auflösung des Rätsels: Ein Vibrator (und ein Dildo natürlich genauso) verlängert den Arm. Wenn der Arm, da er rund ist, vorbei am Busen, der dick ist, über den Bauch, der riesig ist, hin­fassen soll, um ins gelobte Land zu kommen, fehlen oft wichtige Zentimeter. Die bietet das Sexspielzeug!

Erfreulich, dass es diese Spielzeuge endlich „in schön“ gibt. Heute findet man Dildi (das ist Plural und ja, man darf auch zwei haben!) als bunte Delfine, Märchenfeen oder in Gemüseform. Schön auch, dass Online-Sexshops existieren, wo die Hemmschwelle „da-geh-ich-nicht-rein“ wegfällt. Nein, ich bin nicht finanziell an einem Sex-Shop beteiligt. Ich gebe halt gerne gute Tipps weiter. Viel weniger Probleme gibt’s beim Sex, wenn einer von beiden schlank ist. Klar, so jemanden musst du finden, der dich trotz deiner Kilos liebt. Aber wenn das geschafft ist, wird das Leben leichter. Wie ist es, wenn der Mann dick ist und die Frau schlank? Das hat mir Dagmar erzählt. Dagmar liebt ihren Mann. Sie selbst hat 5 Kilo Übergewicht, er wiegt 70 Kilo zu viel. Sie findet, die Extra-Pfunde auf ihm sind optimal ver­teilt und sie selbst fühlt sich schlank und attraktiv. Ihr gefällt das Prinzessinnengefühl, sie als zartes Persön­chen, er der große starke Ritter. Beim Sex turnt Dagmar (nach eigenen Worten) auf ihrem großen Geliebten herum, bis der Eindring-Winkel passt. Begeistert erzählte sie, dass sie Spagat kann!

Von einem anderen Paar kam dieser Bericht:

Willy berichtete erstaunt, dass er erst im schlanken Körper entdeckt hat, mit welchen yoga-ähnlichen Bewegungen er vorher sein dickes Leben gemeistert hat. Von Hintern-Waschen bis zum Sex waren Ver­renkungen nötig, die heute völlig unnötig sind. Bei Willy und seiner Frau Karin hieß der Sex damals Origami: Bauch anheben, Schenkel auffalten, Ober­schenkel-Speckpolster nach außen drücken, nebenbei den Schniedel hochziehen – nie den Bauch loslassen! – und alles gemeinsam wieder einfalten.

Ist die Frau übergewichtig, kann sie sich einfach auf den Rücken legen und der schlanke Mann übernimmt die Aktivität. Ja, das kann sehr schön sein. Oder es kann am Selbstbewusstsein kratzen, wenn frau nur „machen lässt“. Leider ist es nämlich so, dass dicke Frauen sich nicht mehr viel bewegen oder umdrehen können, wenn sie in weichen Kissen versinken. Bleibt die Maikäfer-Stellung: Hinlegen und sich beglücken lassen.

Hast du Sex mit einem echten Wonneproppen, kann es sein, dass die Frau aufgeregt hechelt. Das ist nicht immer ein Zeichen von sexueller Erregung, sondern Atemnot. Es geht um den großen Busen. Wenn du dick bist, einen enormen Busen hast und dazu noch ein Doppelkinn, rutscht beim flach-auf-dem-Rücken-liegen das komplette Gewicht Richtung Hals und dein eigener Busen kann dich ersticken. Naja, nicht richtig ersticken, aber eben zum Japsen bringen. Daran erkennt man übrigens den echten Busen. Liegst du flach, liegt er auch. Große Busen, die in der Rücken­lage immer noch gen Himmel zeigen, sind silikon-g­estützt.

Tagsüber ist allerdings so ein großer Busen ein echter Hingucker: Zieh einen Bügel-BH an, schnall alles nach oben und wow – was für ein Dekolleté! Fett in seiner schönsten Form.

Melanie hatte jahrelang einen Riesenbusen. Jetzt hat sie abgenommen, von BH-Größe 125 G auf 75 A. Sie hat bewiesen, dass ihr enormer Busen leider nur eine große Fettansammlung war. Erstaunlich findet sie, dass sie von Männern weniger „gesehen“ wird als vorher. Ihre schmale Figur ohne Busen ist einfach kein Hingucker mehr.

Andere Baustelle. Auch in den fortgeschrittenen 2020er Jahren ist es nicht unbedingt ein Zeichen von sexueller Freiheit, wenn eine Frau laut ausspricht, was sie sich wünscht. Es kann einfach die Notwendigkeit sein, einen sonst an schlanke Frauen gewohnten Lover über Anatomie aufzuklären: „Nimm mich normal von hinten, sonst ist dein Schwanz zu kurz, du bist frustriert und ich spüre dich gar nicht.“

Hilfreich ist hier Sex im Sessel statt Sex im Bett. Im Sessel kann sich die Frau ans Rückenpolster lehnen und auch mal von der Lehne abstoßen, wenn sie sich bewegen will.

Sind beide dick, gibt es oft das Problem mit dem zu kurzen Schniedel. Zu kurz, weil unter einem dicken Bauch angebracht; humorvoll Cliffhanger genannt. Eine Lösung ist die Hündchenstellung. Die Frau kniet vor dem Bett oder auf dem Teppich und der Mann dringt von hinten ein. Klarer Vorteil: Der dicke Bauch der Frau zeigt nach vorne und ist nicht im Weg, der dicke Bauch des Mannes kann auf dem unteren Rücken und Po der Frau abgelegt werden. So sind beide Genitalzonen nah aneinander und der Spaß kann beginnen. Martin und Petra sind seit Jahren zusammen und wollten oft gemeinsam abnehmen. Geklappt hat es noch nicht. Aber aus einer der Abnehm-Perioden haben sie eine Hantelbank, die heute ihr Sexmöbel ist; Rückenlehne variabel einstellbar und stabil. Wird nach dem Sex noch gekuschelt, ist die Löffelchen-Position einzunehmen. Die Frau sollte vorne liegen. Anders kann es gefährlich werden! Warum? Bei der Stellung Gesicht zu Gesicht breitet sich der große Busen auf der Matratze aus. Kommt es jetzt zu plötzlichen Dreh­bewegungen des Mannes, kreischt die Frau. Wer einmal miterlebt hat, wie weh es tut, wenn sich jemand auf deiner flach daliegenden Brustwarze mit dem Ellenbogen aufstützt, weiß, wovon ich spreche. Männliche Genital-Verletzungen sind eher selten – dank dem Cliffhanger.


Foto Nr. 6 - Katzen als Schmusepartner sind da ungefährlicher.

Viele Frauen und Männer haben mir gesagt, dass sie keinen Partner suchen, solange sie dick sind. Die Konkurrenz ist zu groß und das eigene Selbstwert­gefühl winzig. Du bist nicht attraktiv, wenn du dich nicht selbst magst. Es scheint leichter zu sein, wenn man gemeinsam alt wird. Der Ehemann übersieht die breiter werdenden Hüften seiner besseren Hälfte und die Frau stört sich nicht am Bierbauch und sprie­ßenden Haaren in größer werdenden Ohren.

Für die ganz neugierigen Leser: Alle Sex-Geschichten in diesem Kapitel sind wahr, aber nicht alle selbst erlebt. Da ich versprochen habe, alles nur mit Vornamen zu schildern, haben mir einige dicke Freunde das Einverständnis gegeben, ihre Er­lebnisse zu teilen. Meine eigenen dicken Anekdoten erlebte ich vor meiner Ehe, also mit anderen Menschen als meinem Mann. Er ist nicht der zitierte Katholik, der das Licht ausmacht.

Ein Problem habe ich noch nicht erwähnt. Es gibt auch Dicke ohne Sex. Die Konzentration der Sexualhormone im Blut kann so gering sein, dass die Lust auf Sex nicht mehr ans Gehirn gemeldet wird. Am Tiefpunkt ihres Lebens, gerade erst 29 Jahre alt, ging Regina deshalb zum Arzt. Der Mediziner wollte Viagra verschreiben. Geschockt verließ sie die Praxis. An Viagra hatte sie nicht im Entferntesten gedacht. Wo kommt also das so dringend benötigte Wohlgefühl her? Ja. Richtig geraten. Vom Essen. Ein Teufelskreis.

Gewicht HALBIERT!

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