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Kapitel 1

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Normalerweise sah Nele am Morgen keine Flugobjekte der anderen Art, sondern nur ihre Müslischale. Beim Betreten der Küche jedoch flatterte ihr etwas entgegen, das wie eine Mischung aus überfahrenem Hut und platt gedrücktem Kuchen aussah.

»Murksiges Makra! Duck dich!«, rief Romy aus.

Doch Nele hatte nicht mal den vor Staunen aufgerissenen Mund wieder zubekommen, da landete das Etwas mit einem Schmatzen mitten auf ihrem Kopf.

»Uaaaaa!« Sie schüttelte sich. »Wie eklig! Was zur magischen Prinzessin ist das?«

Romy eilte mit einem Teller in der Hand zu ihr. »Na, ein … ähm, ein Pfannkuchen.«

Nele verzog das Gesicht, als sie das Glibberding von ihrem Kopf nahm und auf den Teller warf. »Fliegende Pfannkuchen sind aber nicht normal.«

»Ich wollte doch nur … das war keine Absicht«, stammelte Romy.

Nele hatte so viele Fragen. Was Romy so früh hier machte und wie der Pfannkuchen sich verselbstständigt hatte, aber da glitt ihr Blick an Romy vorbei und sie sah das krasse Chaos in der Küche. O nein …

Auf der Arbeitsplatte stand allerhand Zeug durcheinander: lauter Schüsseln, Küchenutensilien und Zutaten. Über den Boden zog sich eine pudrige Spur aus Mehl. Der Tisch war überladen mit Tellern voll verkohltem Toast und Tassen, in denen wer weiß was schwamm. Wie hatte Nele das nicht gleich sehen können?

Ach ja, sie war von einem fliegenden Pfannkuchen angegriffen worden!

»Das ist ein Schlachtfeld, Romy!«, sagte Nele entgeistert.

»Ich wollte nur Frühstück machen«, sagte Romy kleinlaut.

Ein unangenehmer Geruch begann sich im Raum zu verteilen.

Neles Augen schnellten zum Herd. »Die Pfanne! Da brennt was an!«

Romy wollte nach der Pfanne greifen, aber Nele hatte dieselbe Idee. Die beiden stießen zusammen, als sie zeitgleich vortraten, und Romy ließ den Teller fallen, den sie noch festgehalten hatte. Das Porzellan zerbrach, Nele fluchte und plötzlich sprühten silberne Funken durch die Luft, die ihr sehr vertraut waren.

»O nein, nein, nein«, sagte Romy. »Das ist alles meine Schuld.«

Hastig stellte Nele den Herd nun ab und schob die Pfanne auf eine der anderen Platten. Sie blickte zu Romy, die weiter von silbernen Funken umgeben war. Manche der Küchensachen in ihrer Nähe begannen zu klappern. Oje, gleich verselbstständigte sich Romys magische Fähigkeit! Nele hatte schon miterlebt, was passierte, wenn Romy in einem Gefühlswirrwarr steckte: Irgendwas bewegte sich dann stets wie von Zauberhand. Und Nele konnte echt darauf verzichten, dass gleich der Toaster oder etwas anderes abhob und Chaos anrichtete, so wie der Pfannkuchen eben.

Nele fasste Romy am Arm. »Stoooopp! Hör auf.«

Das schien zu wirken, denn auf einen Schlag erstarben die Magiefunken.

Puh, das war knapp! Nele atmete erleichtert auf. So viel Aufregung am Morgen war sie nicht gewohnt. Nicht mal seitdem Romy bei ihrem Papa und ihr lebte.

»Das nennst du also Frühstück machen, ja?«, neckte Nele sie.

»Ich wusste doch nicht, dass normales Essen zuzubereiten so schwer ist.« Romy zog eine Schnute. »In dem Buch stand, das wäre ›kinderleicht‹.«

Vorwurfsvoll deutete sie auf ein Kinderkochbuch, das auf der Arbeitsplatte lag. Nele hatte es vor Jahren von ihrem Papa geschenkt bekommen, aber sich nie so fürs Backen und Kochen begeistern können wie er. Wo hatte Romy das nur ausgekramt?

»Bitte, bitte, sei nicht böse«, schob Romy hinterher.

Bei ihrem bittenden Blick konnte Nele ihr wirklich nicht lange böse sein. Romy hatte bestimmt noch nie in ihrem Leben selbst Frühstück gemacht und ihr Bestes gegeben.

»Du hast dir Mühe gegeben, das zählt«, sagte Nele aufmunternd. »Und jetzt geben wir uns zusammen Mühe beim Aufräumen, ehe Papa von seiner Joggingrunde zurückkommt. Also ran an den Putzschwamm, Prinzessin.«

»Im Putzen bin ich bestimmt noch schlechter als im Kochen«, sagte Romy. »Vielleicht solltest du das lieber allein machen und ich schaue zum Lernen zu.«

»Haha«, machte Nele. »Netter Versuch.«

Sie holte das Putzzeug unter der Spüle raus und drückte Romy einen Schwamm in die Hand. Zusammen ging das Aufräumen und Saubermachen echt schnell.

»Hach, ich vermisse Schaumbäder mit Pfefferminzrosenessenz«, sagte Romy, als sie die Schaumblasen auf dem Putzwasser betrachtete. »Meine Finger schrumpeln schon, weil meine empfindliche Haut dieses normale Wasser nicht gewohnt ist.«

»Klar«, sagte Nele. »Euer Wasser kommt sicher nur aus magischen Seen und wird in Mondlichtnächten abgeschöpft, nachdem glitzernde Einhörner darin gebadet haben.«

Romy rümpfte die Nase und pustete sich die Schaumbläschen von den Fingern und absichtlich in Neles Richtung.

»Na warte.« Nele warf ihren Schwamm nach Romy, die laut quiekte.

Die Prinzessin holte zum Gegenschlag aus und spritzte Nele Putzwasser entgegen. Nele griff sich die Spülbürste, während Romy blitzschnell ein Küchentuch vom Haken riss. Die beiden jagten einander damit um den Tisch, bis sie nicht mehr konnten, und begannen zu lachen.

»Na, ihr seid ja gut drauf«, ertönte die Stimme von Neles Papa. Er war an der Tür erschienen und zog gerade seine Sportjacke aus. »Seid ihr etwa am Putzen?«

Romy und Nele tauschten einen Blick.

»Jap. Putzen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen«, sagte Nele.

»Genau. Das machen normale Mädchen so«, sagte Romy eifrig.

Neles Papa trat vor und fischte einen Teigklumpen aus Neles Haar. »Soso. Und das ist irgendeine moderne Haarkur, nehme ich mal an?«, zog er sie auf.

»Ja, klar«, erwiderte Nele. »Fehlt noch die Marmeladenmaske im Gesicht.«

Er ließ den Blick durch die Küche schweifen. »Verstehe schon. Alles ganz normal.«

Nele packte Romys Hand. »Normaler als normal. Wir machen uns dann mal für die Schule fertig, sind spät dran. Kannst du uns bitte ein Brot schmieren?«

»Na klar«, antwortete er und zwinkerte. »Mit extra viel Liebe.«

Sie nickte nur. In Wahrheit hatte sie in letzter Zeit genug »extra Liebe« von ihrem Papa gekriegt. Seitdem Romy nämlich wegen des Erpresserbriefes der Finster-Geschwister einfach verschwunden war und Neles Papa fast M.A.G.I.K. auf den Plan hatte rufen müssen, benahm er sich wie eine Klette. Ständig hielt er sich da auf, wo Romy war, und da Nele im selben Haus lebte, litt auch sie darunter. Und dann war da noch die Sache mit der Schule – er fuhr sie hin und wollte sie am liebsten bis auf den Pausenhof begleiten, um sicherzugehen, dass Romy keinen Quatsch anstellte.

Was kam als Nächstes? Dass Nele ihm Bericht aus der Schule erstattete?

Prinzessin nähert sich dem Klo, over and out!

Prinzessin hat geniest, Agent Wolf, Sir!

Oben im Bad setzte Nele sich auf den Rand der Wanne, nachdem sie sich angezogen, gekämmt und die Zähne geputzt hatte. Bei ihr ging das Fertigmachen viel schneller als bei Romy. Die achtete immer auf jedes winzige Detail.

»Kannst du die Frisur heute nicht lassen?«, quengelte Nele.

»Ich geh doch nicht wie ein Strohkopf zur Schule«, erwiderte Romy. Seelenruhig flocht sie sich zwei aufwendige Zöpfe, die sie anschließend im Spiegel begutachtete.

»Wenn du bald fertig bist, kann ich dir noch unsere Überraschung zeigen«, verkündete Nele, in der Hoffnung, Romy würde endlich mal hinne machen.

»Eine Überraschung?«, fragte Romy neugierig.

»O ja! Die haben wir schon letzte Woche geplant. Es war echt viel Arbeit, Papa dazu zu überreden. Ich musste ’ne richtige Rede halten, um ihn zu überzeugen.«

»Oh«, machte Romy betreten.

»Nee, so war das nicht gemeint«, sagte Nele schnell. Sie wusste, dass Romy das schlechte Gewissen quälte, weil Neles Papa zum Helikopter mutiert war, der ständig um sie kreiste. »Ich hoffe einfach, du freust dich. Das mit Papa wird schon wieder.«

Romy lächelte. »Dann mal her mit der Überraschung!«

In Nele kribbelte es vor Vorfreude. Die Überraschung war nämlich nicht nur für Romy – na ja, schon, aber Nele hatte auch etwas davon, wenn alles gut ging. Etwas mehr Freiheit und weniger Papa-Überwachung. Zumindest draußen …

Aufgeregt lief sie die Treppe runter und raus in den Garten.

Ihr Papa wartete bereits dort mit der Überraschung.

»Sie koooommt«, sagte Nele, denn Romy war dicht hinter ihr.

Nele stellte sich neben ihren Papa. »Tadaaaa!«, rief sie und deutete auf ein nigelnagelneues Fahrrad. Es hatte einen hellen Blauton, einen Flechtkorb am Lenkrad und einen pinken Sattel mit Blümchen. Hoffentlich, hoffentlich gefiel es Romy!

Deren Augen wurden riesig und ihr klappte ganz unmanierlich der Mund auf.

»Na, was sagst du?«, fragte Nele aufgeregt.

Romys Augen füllten sich langsam mit Tränen. »Es tut mir so leid«, stieß sie hervor. »Ich … ich …«

Dann stürmte Romy ins Haus.

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