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Marsmissionen

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Wäre der Mars der Erde so nahe wie der Mond hätten wir längst nicht so gezögert, dorthin zu fliegen. Und ein marsgroßer "Mond" hätte auch gar nicht so unwahrscheinlich sein müssen, denn wäre der etwa marsgroße Protoplanet Theia vor ca. 4 Gigajahren nicht auf der Erde eingeschlagen, wodurch der Mond entstanden ist, sondern von ihr nur eingefangen worden - wer weiß...

Die Erfahrungen der Mondbesiedlung könnten sehr nützlich werden für eine nachfolgende Marsbesiedlung; vielleicht wird es aber auch anders herum kommen - erst der Mars, dann der Mond, denn der Mars bietet potenziellen Siedlern nach der Erde die angenehmsten Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Atmosphäre, Rohstoffen, Monde, usw. Die Oberfläche des roten Planeten ist etwa so groß wie die Gesamtfläche aller irdischen Kontinente. Der frühe Mars war noch erdähnlicher, seine Atmosphäre war dichter und seine Hydrosphäre noch flüssig. Doch wegen seiner geringeren Schwerkraft und der größeren Sonnenentfernung ging der Großteil der Atmosphäre verloren und infolge des geringeren atmosphärischen Drucks, der dem der Erde in 30 km Höhe entspricht, verdunstete das Wasser oder blieb als Permafrost zurück.

Da Erde und Mars ihre Stellung - auch in der Ekliptik - zueinander verändern, öffnet sich nur etwa alle 2 Jahre für wenige Wochen ein Startfenster zum Mars. Man kann ihn auf einer 500-Tage-Hohmannbahn oder auf einer 1000-Tage-Hohmannbahn erreichen; die 1000-Tage-Mission setzt sich aus 200 bis 300 Tagen für den Hin- und Rückflug sowie 350 bis 550 Tage Wartezeit auf dem Mars zusammen, da beim Rückflug auf ein energiegünstiges Startfenster zur Erde gewartet werden muss, der mit relativ wenig Treibstoff auskommt. Weiterhin sind Hin- und Rückflug der 1000-Tage-Mission auf den Raum zwischen Erd- und Marsumlaufbahn begrenzt.

Dagegen sind die Missionsprofile der 500-Tage-Missionen Flugbahnen mit teilweise sehr hohem Energiebedarf und führen bei Rückkehr zur Erde über die Venus und damit in große Sonnennähe, was einen entsprechenden Schutz gegen Wärme, Strahlung usw. notwendig macht.

Finden die Expeditionen auf Hohmannbahnen statt, ist man an ein Startfenster gebunden, das sich nur alle 2 Jahre öffnet; eine Möglichkeit wäre, 1 Jahr für den Hin- und Rückflug und 1 Jahr Verweildauer auf dem Mars einzuplanen oder man führt eine schnellere Reise bei längerer Wartezeit durch. Zwar sind Flüge auf Hohmannbahnen energetisch am günstigsten, aber sie beanspruchen die längste Dauer. Da die solare und kosmische Strahlenbelastung die ganze Zeit über einwirkt, ist die Krebsgefahr entsprechend hoch.

Bei Verwendung eines thermonuklearen Antriebs verringert sich die Hinflugzeit auf 150 - 180 Tage und das Krebsrisiko ist nur noch halb so hoch, daran schließen sich 619 Tage Wartezeit an, bis Erde und Mars in günstiger Konstellation für den Rückflug stehen und 110 Tage braucht man für den Rückflug. Die Besatzung befindet sich außerdem währenddessen im freien Fall, also in Schwerelosigkeit beziehungsweise in Mikrogravitation. Für Langzeitflüge könnte es notwendig werden, künstliche Schwerkraft durch Rotation oder Dauerbeschleunigung zu erzeugen.

Schon 1947/48 plante Wernher v. Braun eine Marsflotte aus 10 Raumschiffen, die innerhalb von 8 Monaten in einer Erdumlaufbahn zusammengebaut werden sollten. Dazu sollten 46 wiederverwendbare Raumfähren die Bauteile in 950 Flügen in den Orbit bringen. Eine 70köpfige Besatzung wäre dann 8 Monate unterwegs, von denen 50 Astronauten in einem Raumschiff auf Kufen auf einem der Pole landen würden. Sie würden sich von dort aus zum Äquator begeben, um dort Landebahnen für 2 weitere Raumschiffe zu bauen, die gleich nach der Landung für den Notfall aufgerichtet werden sollen. Die restlichen Astronauten sollten auf einer Umlaufbahn in den Raumschiffen verbleiben. Nach 400 Tagen seiner Erforschung, Erkundung usw. wäre der Rückflug erfolgt.

5 Jahre vor Gagarins Flug am 12. April 1961, verringerte v. Braun seine Mission auf 12 Astronauten in 2 Raumschiffen. Auch in diesem Plan wären die Schiffe vorrangig für den Notstart vorbereitet worden, erst danach hätten sie den Planeten erforscht.

Anfang der 1960er befand sich die Raumfahrt mit ähnlichen Projekten in Aufbruchsstimmung, da mit der Freisetzung der Kernenergie, Computern und der Überwindung der Erdanziehungskraft alles möglich schien.

In einem 1962er Szenario sollten 5 Astronauten 1971 am Mars vorbeifliegen, 4 Jahre später sollten wieder 5 Astronauten in seine Umlaufbahn eintreten, um ihn zu erkunden. 1977 sollten sich 8 Astronauten 30 Tage auf seiner Oberfläche aufhalten; für künstliche Schwerkraft und zur Lagestabilisierung sollten alle diese Raumschiffe über kreisförmige, rotierende Unterkünfte verfügen. Ebenfalls in den 1960ern gab es Pläne, die Apollo-Maschinerie für Marsflüge auszubauen, die aber wegen des Vietnamkrieges nicht realisiert werden konnten, da dieser 100 Milliarden Dollar pro Jahr verschlang, während die Raumfahrt damals gut 5 Milliarden brauchte, um innerhalb von 6 Jahren Nutzlasten für Saturn V-Raketen zu entwickeln.

Eine weitere Studie sah als Startdatum den 3. Mai 1971 vor, die Rückkehr war für den 24. Januar 1974 geplant. Bei diesem Projekt war der Marsgleiter mit sehr großen Deltaflügeln ausgestattet, da die Marsatmosphäre nur 8% des irdischen Drucks hat.

Kurz nach Apollo 11 schlug v. Braun eine aus der Apollo-Technik weiterentwickelte Marsmission vor: in 6 bis 7 Flügen mit umgebauten Saturn V-Raketen sollte das Marsschiff für ein kleines Team im LEO montiert werden. Für interplanetare Missionen sollte ihre 3. Stufe mit Atomkraft verstärkt werden. 1982 sollten die Astronauten auf dem 4. Planeten landen.

1971 wurde eine Studie angefertigt, nach der eine wiederverwendbare Raumfähre die einzelnen Module des Marsraumschiffs in den Orbit bringen sollte, wo es dann zusammengebaut würde. Da der Laderaum der Raumfähre nur 5 m Durchmesser hatte, wäre es nötig gewesen, das Raumschiff in 30 Module aufzuteilen. Stattdessen sollte nur das Antriebsaggregat der Raumfähre dazu verwendet werden, um Module mit 8 m Durchmesser mit einer Saturn-Oberstufe halb in den Orbit zu transportieren, von wo aus die Fracht mithilfe einer weiteren Oberstufe in die vorgesehene Umlaufbahn weiterfliegt, während das Raumfährenaggregat zum Startplatz zurückkehrt. Dadurch wären nur 6 Flüge für den Transport der Einzelteile nötig, während die Oberstufen zum Antrieb des Marsraumschiffs verwendet worden wären. Dessen Betankung mit 1,5 Kilotonnen Treibstoff sollte in 65 Flügen stattfinden.

Vom Start aus der Erdumlaufbahn bis zur Rückkehr wären 570 Tage vergangen. Die Raumschiffe hätten unterwegs mit 1/6 g, also Mondschwerkraft, rotiert. Nachdem die Besatzung den Planeten erreicht hätte, wäre sie 15 Tage im Orbit verblieben, um ihn zu studieren und Landevorbereitungen zu treffen. 3 Astronauten hätten dann 45 Tage lang die Oberfläche erkundet und die anderen 2 wären im Orbit geblieben. 2 Rover hätten den Aktionsradius auf bis zu 240 km erweitert. Forschungsschwerpunkt wäre die Suche nach Marsleben. Schon während des Rückflugs sollten die Proben untersucht werden. Bei der Rückkehr wäre das Raumschiff an der Venus vorbeigeflogen, um durch deren Schwerkraft so abgebremst zu werden, damit das Delta-V relativ zur Erde nicht zu hoch ist, da die Treibstoffmengen für eine direkte Abbremsung zu groß gewesen wären.

Wählt man allgemein statt einer schnellen Hohmannbahn eine energieärmere, auf der die Raumschiffgeschwindigkeit geringer ist, ergibt sich zwar eine Verweilzeit von 360 bis 560 Tagen auf dem Mars, doch es lässt sich eine sehr komplexe Mission durchführen. Diese erfordert aber mehr Ausrüstung, deren Kosten wie auch deren Betreuung durch die Wissenschaftler von der Erde aus die Treibstoffersparnisse wohl überschreiten würde.

Ein Plan von 1987 bezog eine permanent besetzte Raumstation mit ein, die als Montagebasis und der Erforschung von Langzeitaufenthalten im All dienen sollte. Schnelle bemannte Missionen im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts sollten anschließend an unbemannte Sonden geeignete Orte für Marsstationen suchen und Erfahrungen mit interplanetaren Flügen sammeln. Schon ab 2010 sollte eine ständig bemannte Marsbasis aufgebaut werden. Allerdings ging dieser Plan nicht von internationaler Kooperation aus, sondern versprach ein großes nationales (ja genau, die USA) Abenteuer mit dem sie sich für ein nachhaltiges Ziel verpflichtete und das eine zugrunde liegende Wissenschaft, Technik und Infrastruktur erfordert hätte. Allerdings muss man berücksichtigen, dass sich die Welt 1987 noch im kalten Krieg befand und Europa keine ernsthafte Konkurrenz darstellte.

1988 sah ein anderes Konzept den Transport eines unbetankten Marsraumschiffs in einem Stück in die niedrige Erdumlaufbahn vor. Automatische Mondfabriken sollten chemischen Treibstoff, also Wasserstoff und Sauerstoff herstellen, der von der Mondoberfläche mit automatischen Frachtschiffen zu einem Depot zwischen Erde und Mond gebracht wird. Dieser Studie lag die Idee zugrunde, stückweise eine Struktur zu errichten, durch die die Erkundung des Sonnensystems und andere Weltraumaktivitäten möglich werden.

Eine bemannte Marsexpedition könnte entweder direkt von der Erde aus starten oder man würde auf der ISS umsteigen. Nahe der Raumstation, vielleicht sogar in einem extra "Raumhafen", würden die Raumschiffmodule zusammengesetzt. Bevor Menschen den Mars betreten, starten Versorgungsflüge von der Raumstation, um Materialien dorthin zu bringen. Mindestens 6 Flüge könnten pro Marsexpedition nötig sein: eine unbemannte Rakete bringt eine Rückkehrkapsel ("Earth Return Vehicle") in einen Marsorbit, die auch nur für den Rückflug nutzbar ist. Eine 2. Rakete landet eine unbetankte Startkapsel für den Flug von der Oberfläche zur Rückkehrkapsel, sowie eine Raketentreibstoff-Fertigungsanlage inklusive Wasserstoff und einen kleinen Reaktor für die Stromerzeugung und 40 t Ausrüstungsgegenstände. Der 3. Flug bringt Wohn- und Forschungseinrichtungen und einen 2. Reaktor. Die 4. und 5. Rakete bringen die gleiche Nutzlast wie die 1. und 2. Rakete aus Gründen der Redundanz. Zwei Jahre nach dem die ersten Raketen von der ISS zum Mars geflogen sind, bringt schließlich die 6. Rakete die Astronauten zum roten Planeten. Da sie schneller fliegt, könnte sie die 4. und 5. Rakete sogar überholen.

Nach 5 bis 6 Monaten Reisezeit könnten Menschen einen anderen Planeten betreten. Dann wäre es vorrangig, die gelandeten Wohn- und Forschungsmodule zusammenzusetzen. Auch wenn die Marsatmosphäre, die so dünn ist wie die irdische in 30 km Höhe, den Großteil der Strahlung absorbiert, müssen die Kosmonauten, Taikonauten, Astronauten usw. zusätzlich "unterirdisch" leben oder ihre Stationen gut 1 m dick mit Marsboden bedecken. Die Suche nach Marsleben (Methanbildner) und Wasser für die Treibstoffherstellung, Pflanzenzucht usw. sowie nach Möglichkeiten für seine spätere Besiedlung würde folgen. Bei all ihren Forschungs- und anderen Aufgaben könnten sie durch "TROVs", durch Telerobotic Rovers unterstützt werden; Roboterlabore, die Experimente in bis zu einigen 100 km Entfernung von der Basis durchführen und den Astronauten viele Wege, Zeit und Gefahren ersparen.

Innerhalb der 2 Jahre werden die Astronauten z.T. in Großraumfahrzeugen mit einigen Kilometern Bewegungsradius (um wie bei den Apollo-Mondautos die Strecke auch zu Fuß zu schaffen, wenn es ausfällt) Proben sammeln, Experimente durchführen, Produktionsanlagen für Sauerstoff und Treibstoff errichten (die sehr viel länger automatisch weiterarbeiten) sowie Mineralabbaugebiete erschlossen haben.

Nachdem das Startfahrzeug mit Marstreibstoff betankt ist, fliegt die Mannschaft in den Orbit und steigt in die dort verbliebene Rückkehrkapsel um. Mit ihr tritt sie den 110 Tage dauernden Rückflug an und nutzt die Zeit, um sich wieder an die Erdschwere zu gewöhnen, etwa durch künstliche Rotation an einem Seil - dazu müsste die Kapsel zweiteilig sein. Etwa 880 Tage nach dem Start kehren die Pioniere der interplanetaren Raumfahrt wieder auf ihren Heimatplaneten zurück.

Vielleicht wird die erste Marsmission nur eine Umkreisung sein, vielleicht aber auch eine mit Landung und mit kurzer oder mit langer Wartezeit? Gut möglich, dass die Marsreisenden einen Ionenantrieb verwenden, zumindest für den Transfer vom Erdorbit zum Marsorbit; Starts und Landungen von und auf den Welten müssten weiterhin chemisch durchgeführt werden. Diese Übergangsbahnen wären dann keine Hohmannbahnen mehr, sondern eher Parabeln oder sogar Hyperbeln mit erheblich verkürzter Reisezeit.

Ein elektrisches Marsschiff hätte mindestens 200 t Masse, einen Schub von 150 kN und bräuchte eine Energiequelle von 5 Megawatt, wahrscheinlich einen speziellen Kernreaktor, der 1.000mal weniger Energie liefert als ein irdisches Atomkraftwerk. Noch immer muss die eigentliche Marsfähre in einer LEO zusammengebaut werden, von wo aus sie mit mindestens 130 t Masse in Richtung Mars aufbricht. Das Space Shuttle (was es aber seit 2011 nicht mehr gibt) oder die Ariane 5 können nur etwa 20 t Nutzlast transportieren und müssten für den kompletten Zusammenbau bis zu 50-mal eingesetzt werden.

Sollte der erste bemannte Marsflug vor 2030 stattfinden, wird er wahrscheinlich konventionell, also mit chemischem Antrieb durchgeführt werden. Wird später eine dauerhafte Station auf unserer Nachbarwelt errichtet oder diese sogar kolonisiert, wären nuklearelektrische Raumfähren billiger, die ständig im Pendelverkehr zwischen Erd- und Marsorbit unterwegs wären. Sie könnten an irdischen Raumstationen anlegen, dort Nachschubgüter und Marsreisende aufnehmen und Treibstoff nachtanken. In der Marsumlaufbahn beziehungsweise dem marsnahen Raum würden sie Landegeräte absetzen und Rückkehrer aus Aufstiegsraketen übernehmen.

Vielleicht findet beim bemannten Marsflug eine Igenberssche Energiestufung statt: Während die erste Stufe der Marsrakete arbeitet beziehungsweise "brennt", setzt gleichzeitig die 2. Stufe ihre Energie frei, aber nicht als Antriebsenergie sondern etwa in Brennstoffzellen. Die Energie der 2. Stufe wird der 1. so zugeführt, dass deren Strahlgeschwindigkeit zunimmt: diese Zusatzenergie könnte in elektrischer Form einen Lichtbogen in der Brennkammer der 1. Stufe betreiben und damit deren Abgasstrahl nachheizen. Das Reaktionsprodukt der 2. Stufe - Wasser, eventuell dampfförmig - verbleibt auch dort und kann unterwegs zum Mars solarelektrisch oder nuklearelektrisch wieder zerlegt werden. Seine Bestandteile, also Wasserstoff und Sauerstoff, werden wieder verflüssigt, so dass die Treibstofftanks der 2. Stufe wieder gefüllt sind, als wären sie nie benutzt worden.

Um gesundheitliche Schäden durch Schwerelosigkeit auf Marsflügen zu verringern, ließe sich eine künstliche Schwerkraft durch marsähnliche Beschleunigung oder durch Rotation erzeugen, indem man etwa 2 rechteckige, durch ein Seil verbundene Habitate verwendet - was einfacher zu bauen wäre als ein radförmiges Raumschiff.

Übrigens können die Marsreisenden den Flug unterwegs nicht einfach abbrechen, selbst wenn sie nicht landen würden; das ist aus bahnmechanischen Gründen nicht möglich, weil sie sich auf einer Hohmannbahn befinden; mit mehr Energie, also besseren Antrieben, die ein höheres Delta-V erreichen, wäre das jedoch vorstellbar.

Marsschiffe mit chemischen und nuklearthermischen Antrieben und Gesamtmassen zwischen 300 t und 500 t brauchen beim Abflug im LEO wegen des geringen spezifischen Impulses einen etwa 500-tägigen Marsaufenthalt, bis ein Rückflug wieder möglich ist. Zusammen mit den Reisezeiten werden es 1000-Tage-Missionen.

Dagegen machen elektrische Antriebe jederzeit einen Abbruch beziehungsweise einen Rückflug zur Erde möglich und sind damit wesentlich flexibler und sicherer. Die Missionsgesamtdauer wird etwa halbiert und die elektrische Energieversorgung liegt im Megawatt-Bereich; eine anspruchsvolle, aber lösbare technologische Herausforderung.

GEVs sind nur ein erster Schritt bis zum Marslander, die nächsten technologischen Hürden bestehen in der Entwicklung und Erprobung eines ITV, eines interplanetaren Transferfahrzeugs mit dem ENA- und ENO-Missionen bis zu einem Jahr durchgeführt werden können; also Missionen eines Schwerlast-Transferfahrzeugs bis zur Marsbahn, eventuell nach Phobos und Deimos, um von dort den Marsabstieg und Wiederaufstieg und die Rückreise durchzuführen. Mit einem Helium-3-Deuterium-Antrieb ließe sich die Reisezeit für schnelle bemannte Flüge auf 2 Monate verringern; Frachtflüge würden in 8 Monaten dort sein und die Treibstoffmasse würde weniger als ein Fünftel der Frachtmasse betragen. Ein möglicher Kernfusionsantrieb könnte aus einer 100 m langen Magnetröhre bestehen, in der durch Mikrowellen auf 600 Megakelvin erhitztes Plasma fusioniert. Würde man Antimaterie verwenden, wären für den Flug zum Mars und zurück nur gut 0,1 Gramm Antiprotonen nötig.

Der Weg zum Mars über den Mond, wie oben skizziert, könnte sich als Umweg oder gar als Sackgasse herausstellen, denn im Gegensatz zum Erdtrabanten besitzt Mars 2 Monde, eine Atmosphäre, Staubstürme, Vulkane, Polareis, interessante Landschaftsformen und alte Flusstäler und Meere. Der rote Planet ist am besten dafür geeignet, zukünftig (höheres) Leben zu beherbergen - Menschen, die von der Erde heraufziehen.

Den Marsflug vom Mond aus zu beginnen, könnte sehr teuer werden, denn zunächst müssen die Bauteile des Marsschiffs mit einer weichen Landung dorthin gebracht werden. Es sei denn, man nimmt eine lunare oder eine EML- Raumfahrtindustrie an.

Während man das Startgewicht der Marsraketen durch eine optimale Flugbahn und bessere Treibstoffe verringern kann, lässt sich noch mehr Treibstoff durch das "Aerobreaking" sparen, dazu werden die Marsraumschiffe durch die Reibungskräfte der Marsatmosphäre abgebremst.

Der Marsflug wäre entscheidend einfacher, ließe sich aus seiner Luft und seinem Boden Treibstoff für den Rückflug gewinnen; dazu würden die Marsforscher für sich und nachfolgende Missionen versuchen, Wasser, Sauerstoff und Wasserstoff aus Felsen, Permafrostboden und Luft zu extrahieren - um zu trinken, zu atmen, um ihre Maschinen anzutreiben und um Raketentreibstoff zu gewinnen. Später werden sie die Marsmaterie für den Bau von Basislagern und Siedlungen testen. Wenn es möglich und gewünscht ist, ihn erdähnlicher zu gestalten, so dass Sauerstoffmasken, Schutzanzüge und Kuppeln überflüssig werden, wird diese Welt viel attraktiver und ist auch leichter zu besiedeln, was selbstverständlich auch für jede andere Welt gilt, die ähnlich von Menschen besiedelt werden kann. Mit ISRU, der "In Situ Ressource Utilization", also der Nutzung der planetaren Ressourcen für Kolonialisierungszwecke, entfällt die Notwendigkeit, externe Ressourcen etwa von der Erde heran führen zu müssen.

Plant man die Nutzung von Weltraumressourcen ein, beeinflusst das wesentlich Missionsprofile und -kosten. ISRU und andere entsprechende Technologien sind entscheidend für dauerhaft bemannte Weltraumaktivitäten. Teilautarkie kann zukünftige Exploration sicherer und billiger machen und die Startmasse wird stark reduziert, wenn zum Beispiel der Treibstoff für den Rückflug nicht mitgenommen werden braucht, der bis zu 90% der Gesamtmasse ausmachen kann. Mit lunarer ISRU lassen sich 20% bis 40% der Kosten einsparen. Vielleicht wird der Mond eines Tages als Zwischenstation zur Treibstoffversorgung für weitergehende Explorationsmissionen oder für einen Export lunaren Treibstoffs in den Erdorbit oder zu EMLs oder SELs auch ökonomische Vorteile haben.

Die erheblichen Wasservorkommen auf Mars und den Planetoiden bieten jedoch im Gegensatz zum Mond bessere Aussichten auf hochwertige Lagerstätten mit großer Rohstoffdichte, da die Rohstoffanreicherung flüssiges Wasser und geologische Prozesse braucht. Rückkehrtreibstoff lässt sich zum Beispiel aus der Marsatmosphäre gewinnen; die ISRU-Technologie lässt sich einfacher auf dem Mars als auf dem Mond realisieren, da man das Wassereis im Boden und das Kohlendioxid aus der Luft nutzen kann. Damit spielt dieses Konzept eine wesentliche Rolle bei der Besiedlung und Autonomie anderer Welten.

Konkret werden deren Atmosphäre und Gestein etwa für die Herstellung von Sauerstoff und Rückkehrtreibstoff verwendet, wobei die nötige Energie zum Beispiel von Kernreaktoren kommt. Eine Mars-ISRU könnte etwa damit beginnen, dass eine unbemannte Mission gut ein Jahr lang aus dem Kohlendioxid der Marsatmosphäre und mitgebrachtem Wasserstoff Methan und Sauerstoff erzeugt und in Tanks speichert.

Nach einem weiteren Jahr landen dann Menschen auf ihm; falls sie sich bei der Landung in einem Notfall befinden, macht es die Konstellation zwischen Mars, Venus und Erde möglich, den Rückflug nach nur einem Monat Aufenthalt anzutreten. Ansonsten bleiben sie gut 15 Monate dort, errichten eine einfache Station und kehren nach weiteren 230 Tagen auf die Erde zurück. Mit ihnen zusammen landet eine neue Produktionsanlage, die wie die erste mehr als ein Jahr Methan und Sauerstoff für die 2. Mannschaft herstellt, die 9 Monate nach der ersten an der Marsstation eintrifft. Alle 2 Jahre fliegt eine weitere Gruppe zum Mars und kehrt nach 2,5 Jahren wieder zurück; da jede ein neues Wohnmodul usw. mitbringt, wird die Marsstation sukzessive erweitert. Bei einer späteren Mission könnte eine aufblasbare Kuppel mitgebracht werden, die mit Sauerstoff-Befüllung zu einer fußballfeldgroßen Anlage wird und in der Pflanzen usw. als Nahrung, aber auch aus psychologischen Gründen angebaut werden.

ISRU bietet weiterhin Synergien zu irdischen Technologien der industriellen Rohstoffproduktion und -verarbeitung und zu nachhaltiger Versorgung, also der effizienten Nutzung begrenzter Ressourcen, dem Abfallmanagement, dem hochgradigen Recycling usw. Damit wird die Raumfahrt auch für Umwelttechnologien interessant und relevant.

Zunächst werden die Forscher nach Wasser und Leben suchen, das Klima beobachten und seine Geologie untersuchen, später dann Gebäude errichten, Landwirtschaft und Bergbau betreiben, Waren herstellen usw. Vom Marssystem aus wird auch der Planetoidengürtel erschlossen und besiedelt werden.

Für die interplanetare Raumfahrt könnten Swing-Stationen wichtig werden (nein, keine Swinger-Stationen): Raumflugkörper lassen sich auf "Pendelbahnen" schießen, auf denen sie fast ohne Treibstoff periodisch an 2 Himmelskörpern vorbeikommen, derartige Bahnen gibt es zwischen Erde und Mond, Erde und Mars, Erde und Venus usw. Jedoch kommen sie nicht bei jedem Umlauf an beiden Welten vorbei. Ein bemannter Marsflug könnte wie folgt geschehen: man fliegt zu einer gewissen Zeit in einer kleinen Raumkabine (einem Shuttle) von der Erde weg - vielleicht startet man auch von einem Himmelsaufzug - und bald darauf findet nach einem automatischem Rendezvous-und Andockmanöver das Umsteigen in die interorbitale Pendel- beziehungsweise Swing-Station statt.

In dieser riesigen und luxuriösen Station - oder Basis oder noch später einmal Weltraumstadt oder ähnliches - lässt sich die Marsnähe bequem erreichen; wahrscheinlich herrscht auf ihr teilweise Marsschwerkraft. In Marsnähe wird man von einer kleinen Zubringerrakete abgeholt oder hinaufgebracht. Damit Weltraummüll die Raumfahrt nicht gefährdet, wird dieser entweder nach außen entfernt, kontrolliert auf die Erde oder auf andere Planeten mit Atmosphäre zum Absturz gebracht, auf Weltraumschrottplätzen gesammelt oder im All wiederaufbereitet; präventiv wird die Anzahl der ins All gebrachten Objekte zum Beispiel durch Mehrzweckgeräte verringert werden. Vielleicht lassen sich auch ENAs als "Reisehotels" verwenden, die zwischen der Erd- und der Marsbahn pendeln.

Der Verkehr zwischen Erde und Mars wird zunehmend Routine; um diesen interplanetaren Verkehr noch zu optimieren, lassen sich mehrere Raumschiffe so in elliptischen Umlaufbahnen positionieren, dass sie beide Planeten immer wieder in geringen Abständen passieren. Dann wäre es bei geringen Kosten möglich, einen permanenten Strom von Fracht und Passagieren allein durch die Schwerkraft zwischen den Welten zu befördern; konkret sollen sich "Cycler" den Schleudereffekt durch Fly-by-Manöver, also gravitationsunterstützte Manöver, zunutze machen. Dann wäre ein Cycler für die Reisen zum Mars bestimmt und das andere für die Rückreisen zur Erde; kleinere Raumschiffe würden im Zubringerverkehr andocken.

Um die Fragen einer langfristigen Marsbesiedlung beantworten zu können, bedarf es jedoch weit mehr als vereinzelte Missionen; das Marsprogramm müsste weit über Apollo hinausführen und dessen Fehler nicht wiederholen. Es sollte das Ziel sein, dort zu bleiben, eine von der Erde unabhängige zweite Menschheit aufzubauen, also zu einer interplanetaren Zivilisation zu werden.

Damit aber der rote Planet zu einer zweiten Erde werden kann, könnte es notwendig sein, ihn umzuformen; Terraforming würde also nur den Urzustand, den frühen Mars wiederherstellen. Seine Besiedlung kann durch zwei sehr langfristige Methoden erfolgen; die erste ähnelt der Mondbesiedlung und ist eher technischer Art; eine Biosphäre ist hier in eine Technosphäre integriert. Die andere Lösung beinhaltet das Terraforming und würde ihn gewissermaßen wieder in einen frühen Zustand versetzen. Beide Möglichkeiten brauchen die gleichen Voraussetzungen: Energie und Wasser.

Steht genügend Energie zur Verfügung wird auch das Wasserproblem keines mehr sein, denn unter der Oberfläche gibt es riesige Mengen Wassereis; diese nutzbar zu machen ist mit die wichtigste Aufgabe. Aus Wasser und Kohlendioxid lassen sich Treibstoffe wie Wasserstoff, Sauerstoff, Methan und Atemluft usw. gewinnen. Die Besiedlung des Mars folgt etwa nach dem gleichen Schema wie die Mondbesiedlung: Zunächst werden größere Containerwohnanlagen zusammengebaut, Metalle und feste Baustoffe aus dem Planeten gewonnen, große Mengen Wasserstoff, Atemluft und Treibstoff hergestellt, Nutzpflanzen angebaut und Kleintiere gezüchtet, die unter Umständen transgen sind, um auch für Organtransplantationen geeignet zu sein. Die Lebensmittel werden vielleicht Functional Food sein und außerdem zum Beispiel Antioxidantien gegen karzinogene freie Radikale enthalten.

Da er nur 0,44mal so viel Sonnenlicht wie die Erde bekommt, reicht die Sonnenenergie nicht aus, auch wenn man große äquatoriale Kollektorfelder aufbaut. Außerdem gibt es auf dem Planeten z.T. globale periodische Staubstürme, die teilweise Monate dauern, den Himmel verdunkeln und die Solarzellen verstauben. Ein Ausweg könnte orbitale LST sein. Erste Expeditionen werden daher ihre Energie aus kleinen Kernkraftwerken beziehen. Später wird es größere Aggregate geben, die von der Erde geholt werden oder selbst auf dem Mars gebaut werden.

Überhaupt wird es bei der Marskolonisation viele Computer und Roboter und dadurch VR und Telepräsenz geben; diese Zivilisation wird Technik und Wissenschaft gegenüber viel konstruktiver und pragmatischer eingestellt sein, weil sie einfach darauf angewiesen sein werden. In einem derartigen Milieu könnte es viel früher trans- und posthumane Lebensformen, zum Beispiel Cyborgs, echte KL usw. geben.

Was die Menschheit davon hat, auf dem Mars zu landen, ihn zu erforschen und vielleicht zu kolonisieren?

Außer neuen Erkenntnisse und Erfahrungen haben die daran beteiligten Nationen über Jahre wissenschaftlich, wirtschaftlich und politisch zusammengearbeitet und sich nicht im Krieg befunden; es könnte der Beginn einer Kardaschow-Zivilisation vom Typ I sein, der Beginn einer planetaren Kultur...

Marsmissionen werden aus Kosten- und anderen Gründen nur international bewältigt werden können und das ist auch gut so, denn es erscheint unpassend, dass ein dermaßen bedeutender Schritt nur von einer einzigen Nation, nur von einem winzigen Teil der Menschheit getan wird. Bemannte Marsmissionen sind technologische Herausforderungen, und auch wissenschaftliche Forschung - ergänzend und als Erweiterung von Robotermissionen, aber vor allem sind sie die Kulturaufgabe der Menschheit.


Raumfahrt - wohin und wozu

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