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5 Im Vollersrodaer Schulhaus

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Als Matze eingezogen war unters große Dach des Vollersrodaer Schulhauses begann er damit, den riesigen Hausboden zu streichen. Seine Mutter half dabei, die Eltern selbst waren erst in diesem Jahr nach Weimar gezogen, nachdem der Vater seine Professur an der Musikhochschule angetreten hatte. Sie wunderte sich, dass ihr Sohn alles so gründlich und scheinbar auf Ewigkeit anzulegen gedachte.

Die alten dunklen Bretter im Dachgeschoss, die störten ihn wirklich. Matze musste das sofort ändern. Hier half nur Weiß, weiße Lackfarbe. Weiß für die gesamte Fläche des Hausbodens. Hell, licht, freundlich sollte es hier sein und der neue Raum unterm Dach war groß.

Man trat ins Dachgeschoss durch eine kleine Bodentür, eine schräg angeschnittene Tür, die schon in ihrer Form der Dachform folgte. Vom großen Hausbodens aus gab es Zugänge zu allen Zimmern und Kammern. Die eigentlich gute Wohnung lag eine Etage tiefer, die eigentliche Lehrerwohnung. Die war auch zu Matzes Zeit vermietet. Immer wohnten dort die Lehrer oder pädagogisches Personal, Erzieher. Genau über dem Klassenraum im Parterre, seit dieses Haus als Schulhaus einst seiner Bestimmung übergeben worden war. Matze Friedrich bekam als alleinstehender, junger Lehrer die Dachgeschosswohnung zugewiesen. Früher hatte man da oben nur ausrangierte Möbel, kaputte Tafeln, Schulbänke, präparierte Tiere und überzählige Lehrmaterialien gestapelt. Ihm gefiel aber dieses Quartier und dies konnte kaum damit zu tun haben, dass viele im Osten ganz zufrieden waren mit dem damals großangelegten sozialistischen Wohnungsbauprogramm.

Das Schlafzimmer richtete Matze hin zur Straßenseite ein. Im Zimmer gegenüber würde er wohnen und seine Schreibarbeiten erledigen. Dort ging der Blick aus dem Fenster hinunter in den ehemaligen Schulhof und darüber hinaus ins weite Thüringer Land. Diese beiden Räume hatten keine schrägen Wände, dafür im Winter zugige Fenster. Weniger zugig waren die Fenster des Schlafzimmers, also zur Straße hin, eben jene Fenster, die Feininger grün-silbrig leuchtend und doch kalt im Vollersroda-Bild 1936 verewigt hatte.

Die anderen Räume waren Kammern, schräge Kammern. Eine Kammer mit Bett, eine Art Gästequartier, zugleich Abstellraum. Eine Küche mit Propangasherd, hier konnte sich Matze über einem bescheidenen Waschbecken waschen. Küche und Gästezimmer waren nicht beheizbar. Aber das Wohnzimmer hatte einen alten blauen Kachelofen, im Schlafzimmer ein eiserner Rundofen. Dieser alte Kachelofen, so schlussfolgerte Matze, war ein klarer Beweis dafür, dass zu Feiningers Zeiten dieser Dachraum schon bewohnt worden war. Die Decken der schrägen Zimmer waren selbstverständlich zum Dach hin verputzt. Nur eine Kammer nicht, aber die gehörte dem unter ihm wohnenden Paar, sie trockneten oben ihre Wäsche. Also passierten sie ab und an Matzes Dachetage, Mieter Matze war im umgekehrten Fall auf das Klo auf der darunterliegenden Etage angewiesen.

Sonst aber hatte ihm das alles erst einmal gefallen, er konnte kommen und gehen, wann er wollte. Die erste eigene Wohnung, der Künstler-Himmel, der Lehrer- und Musikerhimmel. Bisher fehlte nur ein Klavier, das müsse noch irgendwie angeschafft werden. Es war wie beim alten Feininger, der immer, wenn er ein neues Atelier bezog ein paar gebrauchte Möbel auftrieb und stets Wert darauf legte, ein Klavier oder ein Harmonium aufzustellen.

Montag Nachmittag ging ich nach Vollersroda

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