Читать книгу Der Dresche, die Krieg und der Pest - Thomas Häring - Страница 5
Im Kindergarten reden
Оглавление"Es ist wirklich nicht zu fassen. Alle Kinder, aber natürlich ganz besonders die Jungs, wollen ständig Krieg spielen, doch mit der Krieg will niemand spielen", wunderte sich eine Erzieherin. "Das kann ich durchaus nachvollziehen, denn die faßt den Jungs immer an die Eier", klärte eine Kinderpflegerin ihre Kollegin auf. "Na von wem sie das wohl hat?" Beide lachten. "Ja, so ein Milliardär wäre schon eine richtig gute Partie. Was der nur von seiner Frau will?" "Na ja, höchstwahrscheinlich das, was alle Männer von ihrer Gattin möchten." "Daß sie das Essen macht, die Wäsche wäscht und die Wohnung putzt?" "Das wohl weniger. Der hat doch so viel Kohle, der kann sich bestimmt ganz viele Angestellte leisten." "Sicherlich, aber das heißt noch lange nicht, daß er das auch macht. Denn diese reichen Leute sind ja oft nur deshalb so vermögend, weil sie total geizig sind." "Redet Ihr etwa schon wieder schlecht über meine Eltern?" wollte Chantal, die plötzlich bei ihnen aufgetaucht war, wissen. "Natürlich nicht. Aber was machst Du eigentlich hier? Solltest Du nicht mit unserem Praktikanten spielen?" forschte die Erzieherin. "Ach, der hat sich ins Männerklo eingesperrt und schaut dort nach, ob bei seinen Kronjuwelen noch alles in Ordnung ist", plapperte die Kleine munter drauflos. "Aber Chantal, das geht so nicht! Wie oft haben wir Dir schon gesagt, daß Du den Jungs und den Männern nicht in den Schritt fassen darfst?" hakte die Kinderpflegerin nach. "Bestimmt schon tausend Mal. Aber das interessiert mich nicht. Ihr Beide seid eh nur ganz billige Lohnsklaven und Ihr habt mir überhaupt nichts vorzuschreiben. Außerdem macht das Sacktatschen Spaß und ich weiß ja, daß das die Stelle ist, wo die blöden Typen am verwundbarsten sind", erläuterte die kleine Hexe und verschwand daraufhin wieder aus dem Blickfeld der Erwachsenen. "Du meine Güte! Dieses Kind scheint der Teufel höchstpersönlich auf die Erde geschickt zu haben. Ich glaube, wir müssen nun eine Grundsatzentscheidung treffen", bilanzierte die Erzieherin und Stunden später saßen Chantals Eltern im Büro der Leiterin des Kindergartens, welche ihnen schonend beibrachte, daß ihre Einrichtung mit der Betreuung von Chantal Krieg überfordert war. "Wir mögen den Krieg überhaupt nicht, aber die Krieg ist noch viel schlimmer", verkündete die Chefin. "Aber ich bitte Sie! Wie wäre es denn mit einer großzügigen Spende von meiner Seite?" versuchte Chantals Vater, die Bedrohung, die da schon wieder auf ihn zukam, im letzten Moment noch abzuwenden. "Tut mir leid, aber es geht hier um die psychische Gesundheit von 63 Kindern und acht Mitarbeiterinnen." Chantals Eltern waren verzweifelt. Wie sollte das alles nur weitergehen?