Читать книгу Der Dresche, die Krieg und der Pest - Thomas Häring - Страница 6
Schulpflicht als Strafe für die Lehrenden
ОглавлениеIm Kindergarten spielten die Kinder manchmal auch Karten, aber nie mit Chantal, denn die war einfach nicht ihr Fall. Dann doch lieber eine Hochzeit mit Gift, also eine mit Mitgift natürlich! Egal, die armen Milliardäre griffen tief in die psychologische Trickkiste und in den Geldsack, so daß es halt ein Kindermädchen für die kleine Schreckschraube gab. Zehn total fertige Kindermädchen später war endlich die Zeit der Einschulung gekommen und in der Grundschule fiel Chantal gar nicht so unangenehm auf wie von ihren Eltern befürchtet. "Woran liegt das eigentlich?" begehrte ihr Vater eines Abends beim Elternsprechtag von ihrem Klaßlehrer zu wissen. "Ach, das ist eigentlich ganz einfach: Chantal und ich haben einen Pakt geschlossen. Ich lasse sie in Ruhe und sie läßt dafür mich und ihre Mitschüler in Ruhe", lautete die Antwort eines gelassen grinsenden Pädagogen. "Aber das kann es ja wohl auch nicht sein. Ich meine, schließlich gibt es hier ja so eine Schulpflicht, die uns dazu zwingt, unsere kleine Königin in diese Lehranstalt zu schicken, worüber wir, ganz unter uns gesagt, unheimlich froh sind. Aber wenn das hier nur eine Verwahranstalt für die Durchgeknallte sein soll, dann können wir uns den Mist ja auch gleich sparen." "Herr Krieg, ich will ganz offen mit Ihnen reden: Wir haben keine Chance gegen diese Ausgeburt der Hölle, denn die ist mit allen Schmutzwassern gewaschen. Die hat uns alle gegeneinander ausgespielt und für die sind wir nur wertlose Schachfiguren, mit denen sie machen kann was sie will." "Ja, das kommt mir durchaus bekannt vor, aber es gibt da noch eine andere Sache, über die ich mit Ihnen reden will: Chantal hat ja, wie Sie sicherlich wissen, immer nur schlechte Noten mit nach Hause gebracht und als ich sie mal gefragt habe, warum die anderen Kinder besser als sie abschneiden, da hat sie nur gemeint, die würden genauso blöd sein wie sie selbst, aber halt in den Prüfungen andauernd spicken." Nun wurde dem Lehrer doch ein wenig mulmig zumute. "Besprechen Sie das lieber mit dem Herrn Direktor", erwähnte er lediglich.
Wenig später saß Herr Krieg beim Direx und präsentierte dem Videoaufnahmen, auf denen eindeutig zu sehen war, wie Chantals Klaßkameraden ihr ganzes vermeintliches Wissen von ihren Spickern abschrieben. "Was sagen Sie denn dazu?" forschte der reiche Vater. "Äh, also na ja, früh übt sich, würde ich da wohl sagen. Ziemlich peinlich, die ganze Angelegenheit, aber diese kleinen Frecker wissen scheinbar schon mit jungen Jahren, wie sie überall ohne großen Aufwand durchkommen", lobte der Schulboß. "Also das ist doch wirklich die Höhe! Und diese Kleinkriminellen werden dann später wohl mal die Elite unseres Landes!" empörte sich der Milliardär. "Alles halb so wild, wir sind ja hier schließlich nicht im Krieg, Herr Krieg. Nur, mal unter uns: Ein beschissenes System will beschissen werden." "Das sagen Sie als Rektor?" "Als Rektor und Lektor!" "Ach lecken Sie mich doch!" entfuhr es Chantals Papa und er verzog sich sowohl wütend als auch enttäuscht. "Das bedeutet Krieg!" machte er daheim angekommen entschlossen deutlich. "Krieg Dich wieder ein! Dann schicken wir die dumme Nuß halt auf eine Privatschule!" schlug seine Frau vor. "Was das wieder kostet!" jammerte er. "Und wenn schon? Hauptsache, sie ist nicht allzu oft hier." "Auch wieder wahr. Das sollte es uns wirklich wert sein", murmelte er verdrossen und hoffte darauf, daß sein Leben wieder angenehmer wurde.