Читать книгу Argenta - Thomas Kühlkamp - Страница 10

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Kapitel 3

Peter kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Paolo hatte sich schnell verabschiedet, nachdem Peter seine Zusage verkündet hatte und keine halbe Stunde später hatte eine elegante Frau ihn und Verstappen freundlich begrüßt, und sie in das Flugzeug begleitet. Nun saß Peter in 10.000 Metern Höhe in einem breiten Sessel und nippte genüsslich an einer Limonade. Entspannt schaute Peter sich den neusten Kinofilm auf einem der Monitore an. Dann schlief er ein. Als er wieder aufwachte, waren sie schon gelandet und er saß in einem fahrenden Auto. Peter runzelte die Stirn und schaute verwirrt um sich.

»Wir haben dir eine Schlaftablette gegeben, damit du ausgeruht in deinem neuen Zuhause ankommst«, erklärte Verstappen, der nun den Wagen selber steuerte. Peter war sich nicht sicher, ob er damit einverstanden sein sollte, dass jemand ihm ohne sein Einverständnis irgendeine Tablette gab. Doch nach kurzer Überlegung entschied er sich, es dabei zu belassen. Vielleicht würde er später noch einmal darauf zurückkommen.

Es war heller Tag und gerade überquerten sie eine Brücke über einen tiefen Fluss. Hohe Berge umgaben sie. Die Straße führte durch ein Tal mit großen Laub- und Nadelbäumen. Langsam schlängelte sie sich auf einen Pass, der eine herrliche Aussicht offenbarte. Im Hintergrund schimmerten hohe Berge auf dessen Gipfeln teilweise Schnee zu sehen war. Peter drehte sich um und konnte in der Ferne blaues Wasser erkennen, dass sich in einem großen Bogen um eine Landspitze legte. Peter konnte einen bewundernden Seufzer nicht unterdrücken.

»Willkommen in deiner neuen Heimat!«, sagte Verstappen und es klang fast ein wenig feierlich.

»Das ist ja unglaublich hier!«, flüsterte Peter.

»Ja, das ist es!«, erwiderte Verstappen und der Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar. »Die ersten Urkunden besagen, dass diese Insel mitten im Atlantik durch Zufall schon vor 2500 Jahren von griechischen Seefahrern entdeckt worden ist. Sie benannten das Eiland nach dem Schiff, mit dem sie unterwegs waren: Argenta.«

»Ich habe noch nie von ihr gehört«, überlegte Peter laut.

Verstappen schaute Peter einen Augenblick lang an.

»Das ist nicht verwunderlich«, erklärte er schließlich. »Ab dem 3. Jahrhundert vor Christus tauchte Argenta zwar vereinzelt auf einigen antiken Landkarten auf, dann, plötzlich, schien sie jedoch wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Wiederentdeckt wurde sie erst im 16. Jahrhundert von einem britischen Kaufmann. Er nahm sie für das britische Empire in Besitz und schenkte sie Königin Elisabeth. Die freute sich sehr, hatte jedoch noch mehr Interesse an dem jungen Mann selbst, der dann in der Folge einer ihrer bevorzugten Liebhaber wurde. Ihre Dankbarkeit und Zuneigung zeigte sie ihm unter anderem darin, dass sie ihm das Stück Land in einer beglaubigten Urkunde wieder zurück schenkte. Und so gelangte die Insel letztendlich in den privaten Besitz ihres Entdeckers. Leider hatte der Kaufmann keine Gelegenheit mehr, sich an seiner Insel zu erfreuen, da er den Intrigen des Hofes nicht gewachsen war. Und nachdem das Interesse der Königin an ihm zu erlahmen begann, verbrachte er den Rest seines Lebens im Londoner Tower. Die Insel blieb aber im Besitz der Familie, bis wir sie dann vor 40 Jahren erworben haben.«

Peter runzelte die Stirn.

»Wie haben Sie davon erfahren?«

»Du konntest dich doch schon davon überzeugen, dass unsere Organisation über bedeutende Mittel und Wege verfügt, ihre Interessen durchzusetzen«, sagte Verstappen und konnte dabei eine leichte Selbstgefälligkeit nicht verbergen. »Betrachte dies einfach als weiteres Beispiel dafür.«

Die Straße führte nun in engen Serpentinen wieder bergab in ein großes und breites Tal.

»Wir sind jetzt bald da«, sagte Verstappen. »Das Dorf, das hier links von uns liegt, heißt Midea. Es ist eines von drei Dörfern, die in diesem Tal und den umliegenden Hängen existieren. Das Dorf, in dem du leben wirst, liegt noch ein bisschen weiter am Talschluss und heißt Eleon. Dahinter gibt es nur noch weite Wälder, steile Schluchten und die höheren Berggipfel von Argenta. Der dritte Ort zwängt sich in den Ausläufern eines kleinen Seitentals. Siehst du, hier geht die Straße ab. Er heißt Pagai

»Interessante Namen!«, bemerkte Peter.

»Als die Menschen sich hier niederließen, haben wir auch ihnen die Geschichte der Insel und die Herkunft des Namens Argenta erzählt«, erklärte Verstappen. »Anschließend haben sie dann ihre Orte nach alten und mittlerweile untergegangenen griechischen Städten benannt. Vielleicht ein wenig extravagant, aber du wirst sehen: Man gewöhnt sich schnell daran.«

Als sie Eleon erreichten, blickte Peter nervös aus dem Fenster und versuchte, alle neuen Eindrücke aufzunehmen. Sie fuhren über eine große, mit glatten Steinen gepflasterte, breite Straße. Bisher war ihnen nur ein einziges Auto begegnet und das bewegte sich im Schritttempo. Dazwischen radelten oder rannten kleine Kinder und zwei Frauen spazierten mit ihren Kinderwagen mitten auf der Straße. Verstappen steuerte umsichtig und rücksichtsvoll durch dieses Chaos ohne sich weiter daran zu stören. An den Straßenseiten standen große, weiße Wohnhäuser mit flachen Dächern, die umrahmt waren von blumengeschmückten Vorgärten. Farbenfrohe Staudenbeete wechselten sich mit rosenbedeckten Flächen und mannshohen Ziergräsern ab. Jedes Haus besaß eine Auffahrt mit einer großen Garage. Die Schule schien gerade aus zu sein, denn Peter konnte eine ganze Traube von Kindern erkennen, die ihnen mit ihren Rädern entgegenkam und sich auf die verschiedenen Häuser hin auflöste. Die Räder wurden achtlos vor der Garage abgelegt und die Kinder rannten mit ihren Ranzen durch den Garten ins Haus. Nach wenigen Minuten Fahrt erreichte das Auto einen großen Dorfplatz. Er war eingerahmt von unterschiedlichen Geschäften. Peter erkannte einen Friseur und einen kleinen Lebensmittelladen. Hinter weiteren großen Schaufenstern konnte er Bücher, Schuhe oder Kleider ausmachen. Die Stühle und Tische eines Cafés standen im Schatten großer Bäume. Peter meinte sich daran erinnern zu können, dass es Platanen waren. Das Café war auch um diese Uhrzeit schon gut besucht. Männer und Frauen saßen in Paaren oder kleinen Gruppen zusammen und tranken aus derben weißen Tassen wahrscheinlich Kaffee oder Tee. Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes war ein großer Spielplatz angelegt. Das hölzerne Klettergerüst war das größte und schönste, das Peter je gesehen hatte. Aber auch die anderen Geräte sahen so aus, als wenn sie erst letzte Woche aufgebaut worden wären. Der Spielplatz war bevölkert von kleinen Kindern, die lachend herumtollten. Ein Kind rannte plötzlich weinend über den Platz zum Café und setzte sich auf den Schoß seiner jungen Mutter, um von ihr getröstet zu werden. Sie strich behutsam über den Kopf des Jungen und wiegte ihn in ihren Armen.

»Warum sind hier so viele Menschen? Müssen die nicht arbeiten, es ist doch mitten am Tag?« Peter schaute Verstappen neugierig an.

»Natürlich arbeiten die Menschen hier«, erwiderte Verstappen, »aber sie tun es nur dann, wenn es nötig ist. Es gibt keine festen Arbeitszeiten und auch niemanden, der das kontrolliert. Aber dennoch ist jeder dafür verantwortlich, seine zugewiesene Aufgabe zu erfüllen.«

»Es fahren auch kaum Autos auf den Straßen«, bemerkte Peter plötzlich.

»Nun ja. Die Wege hier auf der Insel sind nicht weit. Die wenigsten Bewohner benötigen ein eigenes Auto. Wenn sie mal in eines der anderen Dörfer müssen, nehmen sie sich einfach eines der Gemeinschaftsautos. Die stehen allen zur Verfügung.«

Peter schaute weiter interessiert aus dem Fenster. Ihm lagen noch eine Reihe weiterer Fragen auf der Zunge, doch nur eine Minute später hielten sie vor einem strahlend weiß getünchten Haus mit einer großen einladenden roten Eingangstür an.

»Wir sind da!«, sagte Verstappen und stieg elegant und zügig aus dem Auto. Peter fühlte sich nun, da sie ihr Ziel erreicht hatten, äußerst unwohl in seiner Haut. Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete und er war sich überhaupt nicht mehr sicher, ob das Leben im Heim wirklich so schlecht gewesen war, wie er es gestern noch geglaubt hatte. Aber Verstappen ließ ihm nicht lange Zeit, darüber nachzudenken. Er öffnete schwungvoll die Wagentür und schaute Peter freundlich in die Augen.

»Willkommen auf Argenta, Peter.«

Peter setzte ein tapferes Lächeln auf, stieg aus und ging mit Verstappen den Weg durch den mit bunten Sommerblumen bedeckten Vorgarten hin zur Tür. Schon nach dem ersten Klingeln öffnete sie sich und Peter blickte in das lächelnde Gesicht der wohl schönsten Frau, die er je gesehen hatte. Sie hatte strahlend blaue Augen und ihre gleichmäßigen Gesichtszüge verliehen ihr einen edlen Ausdruck. Peter fühlte sich ein wenig an die Frauen in den Hochglanzmagazinen erinnerte, die er häufig bei seinem Friseur durchgeblättert hatte. Ihre blonden Haare waren hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, ließen jedoch gut erahnen, wie sie erst offen aussehen würden. Peter fand, dass sie eine tolle Figur hatte, was trotz des bis zu den Knien reichenden lässigen und zwanglosen hellen Kleides gut zu erkennen war.

»Wie schön, dass du endlich da bist, Peter.« Sie sprach mit einer angenehm dunklen Stimme und machte eine einladende Handbewegung. »Wir sind erst gestern Abend informiert worden, dass du heute ankommst und ich muss gestehen, dass ich ein wenig nervös bin. Aber da wird es dir sicherlich nicht anders ergehen, oder?«

Sie betraten das Haus und standen in einem großen und hellen Flur. Rechts ging eine Treppe ins obere Stockwerk und über eine Galerie konnte man von unten die Türen zu einem Teil der dortigen Zimmer erkennen. Geradeaus kamen sie in das große Wohnzimmer, das direkt in die geräumige Küche überging. In dessen Mitte stand ein gewaltiger Küchenblock. Die Fenstertüren ließen den Blick über eine große Terrasse hinaus in den riesigen Garten frei. Auf dem Rasen standen verschiedene Obstbäume. Im hinteren Teil ragte ein hoher Kastanienbaum in den Himmel. An seinem Stamm lehnte eine lange Leiter aus Holz. Sie führte zu einem wunderschönen Baumhaus, das auf einem mächtigen Ast befestigt war und von einer kleinen Veranda umrundet wurde. Der ganze Garten war umgeben von üppigen, hohen Sträuchern und einer Reihe weitere großer Bäume.

»Gefällt es dir, Peter?« Die Frau stand nun hinter ihm und blickte über seinen Kopf ebenso aus dem Fenster heraus.

»Es ist der Hammer!«, antwortete Peter ehrlich beeindruckt.

»Der Hammer?« Die Frau klang plötzlich leicht irritiert, fing sich aber sofort wieder.

»Na, ist es toll, großartig, umwerfend!«, versuchte Peter schnell, sich verständlicher auszudrücken und tatsächlich lachte sie nun leise. Vorsichtig und nur ganz kurz fasste sie ihn an die Schulter und ging dann einen Schritt zur Seite.

»Mein Name ist Elisabeth«, stellte sie sich vor. »Ich kann mir vorstellen, dass du dich ziemlich komisch fühlst. Vielleicht möchtest du zuerst einmal auf dein Zimmer gehen, dich nach der langen Fahrt duschen und in saubere Kleidung schlüpfen. Wir haben nicht so viel oben, da wir deinen Geschmack noch nicht kennen, aber ich hoffe, dass etwas darunter ist, das du anziehen magst. Wenn du deine alten Sachen behalten möchtest, kannst du sie einfach in den Wäschekorb legen; wenn nicht, schmeiße sie direkt in den Mülleimer im Bad. Ich rufe dich dann in einer halben Stunde zum Essen. Ist das in Ordnung?«

Peter war Elisabeth dankbar, dass sie ihm die Möglichkeit gab, ein wenig allein zu sein und diese absurde Situation zu überdenken. Das Zimmer, das sie ihm im oberen Stock zeigte, hatte auf den ersten Blick die gleiche Qualität wie der Garten. Peter legte sich auf das Bett und blickte auf die vielen Regale, vollgestopft mit Büchern, Spielen und verschiedenen Baukästen. Sein Bett! Sein Zimmer! Gestern Morgen noch war das Einzige, was er für sich alleine in Anspruch nehmen konnte, das Kästchen in seinem Geheimversteck gewesen. Peter holte es nun hervor und betrachtete es. Es hatte nur zwanzig Sekunden gedauert, es hinter dem Schreibtisch hervorzuholen und in seinem Rucksack zu verstauen. Ihm wäre es nicht im Traum eingefallen, seine einzigen Besitztümer zurückzulassen. Peter hatte die Dinge im Verlauf mehrerer Monate gesammelt. Sie waren so etwas wie eine Versicherung für ihn, eine Möglichkeit zu flüchten, wenn er es gar nicht mehr im Heim ausgehalten hätte. Vielleicht würden sie ihm auch hier noch von Nutzen sein. Er schaute sich um und fand in einem kleinen Schrank hinter einer großen Kiste ein provisorisches Versteck. Hinter einer zweiten Tür, die aus seinem Zimmer führte, lag ein eigenes kleines Badezimmer mit einer Dusche und einer Toilette. Peter pfiff leise durch die Zähne. Dieses Haus bot mehr, als er sich jemals hatte vorstellen können. Weil er nicht zu spät zum Essen kommen wollte, duschte er sich schnell und suchte sich anschließend passende Kleidungsstücke aus dem Schrank. Irgendwie war er nicht überrascht, dass ihm die Sachen wie angegossen passten und sie ihm sogar sehr gefielen. Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm er seine alten Jeans und den fleckigen Pullover und warf alles zusammen in den Mülleimer.

Er wartete, bis Elisabeth ihn rief. Unten im Esszimmer saß mittlerweile ein weiterer Mann am Tisch und alle drei führten eine angeregte Unterhaltung. Als Peter den Raum betrat, unterbrachen sie ihr Gespräch und der Mann erhob sich.

»Guten Tag, Peter. Ich bin Mike, der Mann von Elisabeth. Ich bin sehr glücklich, dass du da bist. Setz dich doch bitte zu uns.« Peter dachte sofort, dass Elisabeth und Mike als Vorlage für die Ken und Barbie-Puppen gedient haben könnten. Auch Mike war schlank und hochgewachsen, hatte zudem einen durchtrainierten Körper und breite Schultern, soweit Peter das beurteilen konnte. Sein Gesicht war kantig und durch den kurzen Haarschnitt wirkte es auf Peter ein bisschen militärisch. Aber Mike schien sich wirklich zu freuen und strahlte über das ganze Gesicht, so dass es Peter plötzlich viel weicher erschien.

Peter setzte sich und Elisabeth trug das Essen auf. Als er sah, dass sie mehrere Schüsseln tragen und dadurch öfter gehen musste, sprang er schnell auf und half ihr. Es konnte bestimmt nicht schaden, einen möglichst guten ersten Eindruck auf die Erwachsenen zu machen. Elisabeth lächelte ihn an.

»Ich danke dir, Peter. Das ist sehr nett«, flüsterte sie ihm zu, als sich ihre Wege zur Küche kreuzten.

Das Essen schmeckte wirklich großartig. Peter konnte sich nicht daran erinnern, jemals so gut gegessen zu haben. Zu dem Braten gab es Rosmarin-Kartoffeln, Rosenkohl und grüne Bohnen im Speckmantel. Peter bemerkte erst jetzt, wie hungrig er war und nahm gerne eine zweite Portion. Als sich das Essen langsam dem Ende zuneigte, wandte sich Verstappen an Peter.

»Du hast bestimmt einige Fragen. Wir können wahrscheinlich nicht alle beantworten, aber die eine oder andere vielleicht doch.«

Peter überlegte.

»Herr Paolo erzählte, dass – na ja – dass bisher noch nie jemand von außen nach Argenta gekommen ist. Ich habe bei Ihnen jetzt aber das Gefühl, dass sie mich schon seit langem erwarten?«

Elisabeth und Mike lächelten Peter freundlich zu.

»Du hast völlig Recht, Peter«, erklärte Mike, »eigentlich warten wir auf deine Ankunft schon seit mehreren Monaten.«

Peter öffnete staunend den Mund, wusste dann jedoch nicht, was er sagen sollte.

»Vor einem Jahr«, fuhr Elisabeth nun weiter fort, »berichtete Herr Verstappen, dass ein neues Mitglied von außen unsere Gemeinschaft hier in Argenta bereichern sollte, und zwar ein Junge von ungefähr zwölf oder dreizehn Jahren. Du kannst dir vorstellen, dass das für uns alle eine aufregende Neuigkeit war. Für diesen Jungen suchte Herr Verstappen eine Familie. Mike und ich haben lange darüber geredet. Und schließlich hat er mich davon überzeugt, dass wir die Aufgabe übernehmen sollten. Also bereiten wir uns und das Haus und den Garten seit der Zeit auf deine Ankunft vor.«

»Und jetzt bist du da!«, strahlte ihn Mike an, »und das freut uns sehr.«

»Welche Aufgabe haben Sie hier auf Argenta?«, wandte sich Peter nun direkt an Verstappen.

»Ich habe dir während der Fahrt hierher doch von den drei Dörfern erzählt?«

Peter nickte und Verstappen fuhr weiter fort.

»Die Bewohner dieser Dörfer bilden zusammen eine besondere Gemeinschaft. Viele der Dinge, die sie zum Leben brauchen, werden von ihnen selbst hergestellt, anderes wird durch sogenannte Mittler besorgt. Vor allem Maschinen und Werkzeuge, aber auch Baumaterialien und Lebensmittel, die hier auf der Insel nicht zur Verfügung stehen, müssen von außerhalb hierher gebracht werden. Den Mittlern steht zur Bewältigung dieser Aufgabe ein großes Team von Leuten zur Verfügung. Sie alle sind Teil der Verwaltung. Doch nur den Mittlern und Herrn Paolo ist es erlaubt, sich sowohl in Argenta als auch in der Welt draußen bewegen zu dürfen. Sie sind dafür verantwortlich, dass es den Menschen hier an nichts mangelt.«

»Sind Sie ein Mittler?«, fragte Peter dazwischen.

»Ja, das bin ich, einer von insgesamt dreien«, antwortete Verstappen ohne zu zögern.

»Dann machen Sie ihren Job äußerst gut. Ich habe noch nie einen Ort gesehen, wo es den Leuten so gut geht.«

»Danke schön für das Kompliment!« Verstappen schien ehrlich erfreut. »Es ist nicht immer ganz einfach, aber wie du sicherlich gemerkt hast, stehen der Verwaltung recht umfangreiche Mittel zur Verfügung.«

Peter hätte gerne gewusst, über welche Mittel Verstappen genau redete, aber hielt es für keine gute Idee, genauer danach zu fragen.

»Wir alle wissen, welche wichtige Arbeit Herr Verstappen für uns hier macht und deshalb genießt er großes Ansehen bei allen Menschen im Dorf«, wandte nun Mike ein und nickte Verstappen ein wenig zu ehrerbietig zu, wie Peter fand.

»Es ist eine große Verantwortung, das stimmt«, redete Verstappen nun weiter, »aber jeder hat seine eigene wichtige Aufgabe, damit die Gemeinschaft so leben kann, wie sie es für richtig hält.«

»Was ist die Aufgabe von Paolo?«, fragte Peter und wandte sich dabei gleichermaßen an Elisabeth, Mike und Verstappen.

»Paolo ist der Principal, Peter«, flüsterte Elisabeth und es schien so als, ob sie ein leichter Schauer bei der Erwähnung des Namens durchziehen würde. »Er ist der oberste Chef der Verwaltung. Der Principal hat das Experiment von Anfang an geleitet. Meine Eltern haben ihn noch besser gekannt. Mike und ich sind ganz zu Beginn schon hier auf Argenta geboren worden und wir sehen ihn nur einmal im Jahr. Dann nimmt er an unserem jährlichen Kletterfest teil. Du wirst sehen, er ist sehr beeindruckend.«

»Ich finde ihn auch sehr nett«, unterbrach Peter seine neue Ziehmutter unbedarft, »auch wenn er mir ein bisschen unheimlich ist.«

Mike und Elisabeth schauten Peter mit großen Augen ungläubig an.

»Du kennst den Principal?« Unsicher blickten sie abwechselnd auf ihren Ziehsohn und dann auf Verstappen, der Peter aufmunternd zulächelte.

»Nun … ja«, antwortete Peter und hatte plötzlich das Gefühl, dass er in dieser neuen Welt noch viel lernen musste, »er hat mich schließlich ausgewählt.«

Argenta

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