Читать книгу Das große Geheimnis - Thomas Pfanner - Страница 12
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Drinnen lehnte Schmickler an der Wand und rieb sich das Gesicht. Er kannte seine Gefühle für Katja und war sich seiner Zwänge bewusst. Dennoch hatte er noch nie so stark die Angst gespürt. Die Angst, dass sie eines Tages nicht mehr neben ihm sitzen würde. Nur um die dunklen Gedanken abzuschütteln, beschäftigte er sich mit den Dingen, von denen er etwas verstand, seinen Rechnern. Nachdem er eine halbe Stunde so verbracht hatte, fühlte er sich stark genug, um die nächste Aufgabe zu bewältigen. Er machte den Anruf mit flauem Gefühl im Bauch, und bereits eine halbe Stunde später stand der Angerufene vor der Tür. Schmickler erzählte ihm knapp, wie das Gespräch mit Preuß verlaufen war, und vermied es, von den Fakten abzuweichen. Sein Gast hörte sich alles schweigend an und ergriff schließlich das Wort: »Nun Jacques, dann zeigt mir doch, was diese Frau aufgeschrieben hat.«
Nachdem er gelesen hatte, meinte er mit einem Unterton in der Stimme, die Schmickler erschauern ließ: »Ihr kennt den Namen nicht? Nun, es entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Der Auftraggeber hat seinen Platz in unmittelbarer Nähe seines Zieles. Wir sollten drei Kreuze schlagen, da offenbar das Unvermögen dieses Menschen seine Triebe noch übertrifft. Was für ein Glück für uns. Wie konnten wir nur so blind sein? Nun denn. Durch Eure Hilfe haben wir erstmals seit langem einen Hebel in die Hand bekommen, uns des Feindes für eine Weile zu entledigen. Dies wird Euch Eurem Ansinnen ein gutes Stück näher bringen. Aber warum seid Ihr so leichenblass?«
Voller forschender Anteilnahme ruhte der Blick des Gastes auf Schmickler. Der wand sich und erwiderte kleinlaut: »Mich hat beinahe der Mut verlassen. Gut, dass sie nicht gefragt hat, wie ich eigentlich diese Informationen beschaffen konnte. Sie fragt sonst schon mal. Ich hätte keine Antwort gewusst.«
»Ihr hegt Sympathien für diese Frau, das ist deutlich zu sehen.«
Wie ein ertappter Lügner saß er da, seine Gesichtsfarbe wechselte ins Rötliche.
»Nun, Herr, ich lüge nicht gerne. Außerdem würde ich mich schuldig fühlen, wenn ich sie in etwas hineinzöge, was für sie tödlich wäre.«
»Jacques, ich sagte es Euch bereits: Sie befindet sich aus freien Stücken in Gefahr. Ihr könnt nichts dazu beitragen.«
»Aber Herr! Sie kann doch gar nicht wissen, in welcher Gefahr sie schwebt. Niemand weiß es, nur wir.«
»Vielleicht mögt Ihr Recht haben. Doch sagt, worauf wollt Ihr hinaus? Ihr sprecht dies doch nicht um Eurer selbst willen an.«
»Nein Herr. Ich glaube, dass wir verpflichtet sind, sie zu schützen.«
Der erstaunte Blick brannte auf seinem Gesicht.
»Ihr wollt sie schützen? Auch, wenn es uns selbst in Gefahr bringt?«
»Für uns existiert keine Gefahr. Wir sind allem gewachsen.«
»Ihr wollt sie schützen? Auch, wenn es Euch selbst den Kopf kostet?«
»Ja, auch dann. Das Ende ist uns vorgezeichnet.«
»Ihr wollt sie schützen? Auch wenn es unseren Auftrag zunichtemacht?«
»Ohne sie würde unser Auftrag auch zunichte gemacht. Sie bringt uns auf die richtige Spur. Wir schützen sie, dafür nutzen wir ihr Wissen und ihr Können. Das ist ein Handel.«
Er erntete ein nachsichtiges Lächeln.
»Jacques, Ihr müsst noch sehr viel lernen. Unseren Auftrag, unsere Mission, wir können und werden dies niemals zum Gegenstand eines Handels machen. Wie er auch immer geartet sein mag. Aber Ihr braucht Euch nicht zu echauffieren, ich verstehe Euren Wunsch und Eure Argumentation. Ihr meint, dass wir es denjenigen, die uns behilflich sind, aus prinzipiellen Erwägungen heraus moralisch schuldig sind, unsererseits Hilfe zu gewähren, nicht wahr?«
Dankbar nickte Schmickler. So meinte er es zwar nicht, aber nach all den Jahren wusste er mit seinem Vorgesetzten umzugehen, ergo ging er auf das Spiel ein. »Ja, Herr, ich denke, da wir unser Handeln nach moralischen Gesichtspunkten beschließen, können wir nicht von dem Weg abweichen, wenn es gerade nicht passt. Diese Frau steht auf unserer Seite, mithin verdient sie unseren Schutz.«
So leicht wurde er nicht aus dem Schwitzkasten entlassen. Sein Gast lächelte milde und beinahe launig. »Eure Argumentation ist so fehlerhaft wie der menschliche Charakter. Diese Frau steht auf unserer Seite, aber ohne jedes Wissen darüber. Außerdem steht die Moral per se auf unserer Seite, da unser Auftrag in höchstem Maße moralisch ist. Daraus folgert, dass wir durchaus auch Unmoralisches tun dürfen, manchmal tun müssen, um den Auftrag zu bewahren und damit die darin innewohnende Moral. Zudem vergesst Ihr den alles überstrahlenden Wesenszug unseres Handeln: Gerechtigkeit. Damit allein hättet Ihr Euer Ansinnen begründen können. Also erledige ich das für Euch. Eurer Freundin sei der Schutz gewährt.«
Aufatmend dankte Schmickler dem Mann, der sich daraufhin erhob und ihn verließ. Noch lange saß Schmickler auf seinem Platz und versuchte herauszufinden, warum er ein schlechtes Gefühl zurück behielt. Irgendetwas hatte sein Gast gemeint, aber nicht gesagt. Etwas Bedrohliches.