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Wo beginne ich? Mit dem Aufgehen der Sonne an einem Dienstagmorgen, wo die Welt sich aus den Träumen hebt? Ein wenig simpel, keine Frage. Ein nettes Bild, aber doch zu einfach.

Vielleicht aber mit etwas schwierigerem. Dem Mord an der kleinen Angie? Schwere Kost so früh am Tag. Vielleicht, nein, ziemlich sicher nicht jedermanns Geschmack. Mord ist möglicherweise ihr Hobby, aber nicht meines. Ganz und gar nicht. Wo hört die Kunst auf und wo beginnt das Abstoßende, das Gefährliche? Der schmale Grat zwischen Kunst und Perversion, der dünne Streifen am Horizont wenn sich der Abend und der Tag die Hand schütteln und auf der anderen Seite weitermachen mit ihren Bahnen, Licht und Schatten, Leben und Schlafen.

Ich habe nicht viel Zeit. Sie haben sie vielleicht, aber ich nicht. Zeit ist ein kostbares Gut. Ein Sprichwort besagt, was man heute erledigen kann sollte man nicht auf morgen verschieben. Nicht wörtlich, aber das ist Ihnen bestimmt schon aufgefallen. Darauf kommt es auch gar nicht an. Aber worauf dann?

Wenn ich alle Hintergründe der Geschichte schon früher verstanden hätte, würde mir das nicht schwer fallen. Aber es war zu verzwickt. Sagt man das so? Verzwickt?

Man muss den Anfang kennen um das Ende zu verstehen, aber dabei sollte man auch Zwischendrin nicht zu viel übersehen. Oft sind es die Kleinigkeiten, die einen großen Unterschied machen.

Hätte Terrence Hillshaw seine Frau in den letzten Tagen mehr beobachtet, so wäre ihm bestimmt aufgefallen, dass etwas mit ihr nicht in Ordnung war. Keine große Sache, vielleicht auch einfach nur Stimmungsschwankungen, die es bei Frauen nun wirklich oft genug gab. Terrence hatte nicht viele Frauen gehabt, drei um genau zu sein. Und eigentlich zählten die ersten beiden auch nicht wirklich. Das waren nicht mehr als aufgeplusterte Hühner gewesen, ohne Charakter oder dem, was gemeinhin als Intelligenz zu betrachten war. Keine Frage, sie würden es zu was gebracht haben. Frauen von diesem Schlag konnten vielleicht nicht den aktuellen Präsidenten bestimmen oder beantworten, was es mit diesem verflixten Krieg in Afghanistan auf sich hatte, aber sie waren dennoch in der Lage, die Wochentage anhand der Soaps im Fernsehen zu bestimmen oder den Preis eines netten Paar Schuhe in fünf verschiedene Währungen zu errechnen.

Im Kopf.

Nein, nicht förderlich für eine große Karrierelaufbahn, aber das Leben hatte für solche Frauen schon immer etwas anderes geplant. Früher waren es die dümmsten Frauen, die, wenn sie hübsch waren, den stärksten Jäger in der Sippe ergattert hatten. Heute wird ein Mann nicht mehr an der Größe seines Fanges gemessen sondern an der Größe seines Geldbeutels. Das Prinzip ist das gleiche geblieben. Sorgen machen mussten sich solche Frauen niemals, nein.

Terrence war nicht wachsam gewesen. Ein dummer Fehler, aber was macht das schon. Wieso? Weil Fehler dazu gemacht sind, dass man aus ihnen lernt. Und sind es besonders schlimme Fehler, dann erinnert man sich noch Jahre daran. Er kommt einem plötzlich wieder in den Sinn wenn man abends im Bett liegt. Oft in der Phase wenn man kurz vorm Einschlafen ist. Dann erinnert man sich an das eigene Versagen oder das Versäumnis, schreckt aus dem Halbschlaf hoch und tut es entweder mit einem Lächeln ab oder denkt noch länger darüber nach. Zeitraubend, ärgerlich. Der nächst Tag kann kommen.

Aber zurück zum Thema. Ich habe beschlossen, weder mit dem Mord an der kleinen Angie anzufangen noch mit dem Fehler von Terrence. Beides hat große Relevanz wie das ganze hier weitergehen soll, aber ich finde nicht, dass der Anfang so sein sollte. Schließlich fängt man beim Bau eines Hauses auch mit einem soliden Fundament an. Vielleicht kommen später noch kleine Spalten und Risse zum Vorschein, aber das feste Grundgerüst muss stehen. Das Grundgerüst in dieser Geschichte ist ein kurzer Anruf. Ja, mit diesem Anruf hat alles begonnen.

Damals, am 25. September 2009, vier Tage vor dem Geburtstag von Herbert Morrison.


Der Mann im Mond

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