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Kontrafaktenlos

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Ohne Parallelwelt gibt es keine kontrafaktische Beurteilung der Qualität von Entscheidungen. Das führt uns zur eigentlichen Natur der Entscheidung. Der austro-amerikanische Kybernetiker Heinz von Foerster beschreibt sie so: »Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden.« Wenn alle Informationen vorhanden sind und die Konsequenzen klar, treffen wir keine Entscheidungen. Wir handeln dann in einem Umfeld der Sicherheit und der Berechenbarkeit.

»Ent-scheiden« heißt, die Etymologie deutet es an, dass wir Alternativen oder mehrere Optionen voneinander trennen müssen, und zwar unter den Bedingungen von unvollständigen Informationen, von Unsicherheit und von Unberechenbarkeit. Hierin liegt der eigentliche Grund, warum es uns oft so schwerfällt, rational wie emotional, Entscheidungen zu treffen. Warum wir selbst bei kleinen, für unser Lebensglück vollkommen unerheblichen Entscheidungen wie dem Kauf einer neuen Handtasche oder einer Trinkflaschenhalterung für das Rennrad überraschend viel Zeit im Instagram-Feed von Fashion-Influencern oder mit Produktrezensionen bei Amazon verplempern. Und warum wir bei wichtigen Entscheidungen wie einem Jobwechsel (oder gar einem Partnerwechsel) nächtelang wachliegen, uns beim Abwägen der Optionen unter Einbeziehung aller verfügbaren Informationen – es sind immer zu viele oder zu wenige – oft die Analyse-Paralyse ereilt, wir uns ob der vielen Zielkonflikte im Leben einfach nicht entscheiden können und wir uns dabei so schlecht fühlen, als hätten wir Liebeskummer.

Entscheidungsfindung ist der mühsame Versuch, auf Basis der Informationen aus Vergangenheit und Gegenwart die Zukunft zu erahnen und zu überlegen, bei Wahl welcher Option sich unsere Wünsche oder Ziele voraussichtlich erfüllen. Diesen Prozess können wir besser strukturieren, als wir das in der Entscheidungspraxis heute meist machen. Wir können Entscheidungsprobleme genauer erfassen, unsere Werte, Wünsche und Ziele besser definieren, systematischer nach relevanten Informationen suchen und eine durchdachtere Bewertung der Optionen in Rückbindung an unsere Ziele durchführen. Dann werden wir im Wortsinn keine besseren Entscheidungen treffen, aber besser informierte. Systematisch informierte Entscheidungen erhöhen in den meisten Kontexten die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Rückblick subjektiv zufrieden mit der gewählten Option sind.

Die gute Nachricht in diesem Zusammenhang lautet: Künftig werden uns intelligente Maschinen dabei unterstützen, uns intelligent zu entscheiden. Eine solche Entscheidungsfindung ist eine Simulationsübung, Computer sind Simulationsmaschinen. Ihre Software bildet die reale Welt mit Hilfe von Algorithmen und Programmiersprache in Modellen ab. Je genauer diese Modelle Zustand und Wirkzusammenhänge der realen Welt simulieren, desto hilfreicher können Computer und IT-Systeme uns als Entscheidungshilfen dienen. In einigen Fällen und Kontexten werden wir Menschen künftig gut beraten sein, die Überblicks- oder Metaentscheidung zu treffen, unsere Entscheidungen grundsätzlich an Maschinen zu delegieren. Warum wird das möglich?

Augmented Intelligence. Wie wir mit Daten und KI besser entscheiden

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