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I. Methoden der Anknüpfung
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1. Intertemporale Kollisionen (Rn 16 ff) können an jeder Stelle der Verweisung auftreten. Die Ablösung von altem durch neues Recht kann im deutschen und im ausländischen IPR sowie in der schließlich anwendbaren materiellen Rechtsordnung zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem Beginn des Sachverhalts, betrachtet als natürlicher Lebensvorgang, erfolgt sein.
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2. Für die intertemporale Frage (ist altes oder neues Recht anzuwenden?) kommt Art. 4 Abs. 3 nicht unmittelbar zur Anwendung, da mit „Teilrechtsordnung“ nicht aufeinanderfolgende, in einem einheitlichen Rechtsgebiet geltende Regelungen gemeint sind. Das Grundprinzip zur Lösung ähnelt jedoch der Idee des Art. 4 Abs. 3: Es entscheidet die Rechtsordnung, in der die Reform des Rechts stattgefunden hat, welche Sachverhalte von der Reform erfasst sind.
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3. Theoretisch führt dieses Prinzip immer zum Ziel, denn jede Rechtsordnung muss wissen, ob sie auf einen bestimmten Sachverhalt noch das alte oder schon das neue Recht anwendet. Die Schwierigkeit intertemporaler Fälle liegt im Tatsächlichen: Viele Gesetzgeber sehen keine ausdrücklichen intertemporalen Regelungen vor oder begnügen sich mit der Kodifikation des Grundsatzes, dass Gesetze nicht zurückwirken. Nicht-Rückwirkung ist aber die Kehrseite von Abgeschlossenheit: Ist ein Fall abgeschlossen, so wäre die Anwendung neuen Rechts Rückwirkung. Das intertemporale Problem wird also durch das Rückwirkungsverbot nur umformuliert.
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Im deutschen Recht herrscht der Grundsatz, dass ein Erbfall abgeschlossen ist mit seinem Eintritt durch den Tod des Erblassers (vgl Art. 220 Abs. 1, Art. 235 § 1). Im russischen Recht galt anlässlich einiger Reformen im 20. Jahrhundert ein Erbfall dagegen erst als abgeschlossen, wenn die gerichtliche Nachlassabwicklung stattgefunden hat.
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Die Vielfalt möglicher intertemporaler Gestaltungen lässt sich an den Übergangsbestimmungen zu zwei umfangreichen deutschen Rechtsreformen, dem Gesetz zur Neuregelung des IPR von 1986 und der Überleitung des Bundesrechts auf das Beitrittsgebiet im Einigungsvertrag von 1990, betrachten (Rn 420 ff, 428 ff).
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Ebenfalls intertemporale Fragen wirft das Inkrafttreten von Normen des EuIPR auf, da diese nationale Kollisionsregeln ablösen. Bisher enthalten die jeweiligen Verordnungen hierzu Bestimmungen, wobei zu unterscheiden ist zwischen dem Inkrafttreten, der Geltung und der intertemporalen Anwendbarkeit. Das Inkrafttreten bezieht sich auf die Wirksamkeit als Norm; soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist (zB in Art. 29 S. 1 Rom I-VO), tritt eine Verordnung am Tag nach der Veröffentlichung im ABl. EU in Kraft. Die Geltung ist regelmäßig in einer Schlussbestimmung hinausgeschoben, insbesondere um den Mitgliedstaaten Zeit für Durchführungsbestimmungen und/oder die Schaffung notwendiger behördlicher Strukturen zu geben (Art. 29 S. 2 Rom I-VO, Art. 32 Rom II-VO, Art. 21 S. 2 Rom III-VO; Art. 76 EG-UntVO; Art. 84 Abs. 2 EU-ErbVO; Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 EU-EheGüterVO; Art. 70 Abs. 2 UAbs. 2 EU-ELPGüterVO). Die intertemporale Frage regeln hingegen Bestimmungen, die als „Übergangsbestimmungen“ oder „Zeitliche Anwendbarkeit“ überschrieben sind. Die Rom I-VO gilt nur für Verträge, die seit dem 17.12.2009 geschlossen wurden (Art. 28 Rom I-VO); die Rom II-VO gilt für „schadensbegrün-dende“[83] Ereignisse, die seit dem 11.1.2009 eintreten (ungenau Art. 31, 32 Rom II-VO). Die EU-ErbVO gilt für Erbfälle, die seit dem 17.8.2015 eintreten (Art. 83 EU-ErbVO). Art. 75 Abs. 1 EG-UntVO (ab 18.6.2010) und Art. 18 Abs. 1 Rom III-VO (ab 21.6.2012) stellen grundsätzlich auf die Verfahrenseinleitung ab, so dass in am Stichtag anhängigen Fällen altes IPR anwendbar bleibt. Die EU-EheGüterVO und die EU-ELPGüterVO gelten mit Ausnahme einer Rechtswahl nur für Ehen bzw ELPen, die ab[84] dem 29.1.2019 (Art. 69 Abs. 3 EU-EheGüterVO/EU-ELPGüterVO) geschlossen wurden.
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Deutsche Ehegatten schließen in 2011 einen Ehevertrag, in dem sie deutsches Recht als Scheidungsstatut vereinbaren. Anfang 2012 nehmen sie gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Wird Scheidungsantrag vor dem 21.6.2012 bei Gericht eingereicht, so ist diese Rechtswahlvereinbarung vor den zuständigen (Art. 3 Abs. 1 lit. a Str. 1 Brüssel IIa-VO) Gerichten des neuen Aufenthaltsstaates nur gültig, wenn das bisherige dortige IPR die Rechtswahl erlaubt; der ungenau formulierte Art. 18 Abs. 2 Rom III-VO gilt nicht für eine Rechtswahl in Altverfahren. Wurde der Scheidungsantrag ab dem 21.6.2012 anhängig, so erstarkt die bereits vorher geschlossene Rechtswahlvereinbarung, da sie Art. 7 Abs. 1 Rom III-VO (Schriftform) sowie zusätzlich der im deutschen Recht (Art. 7 Abs. 2 Rom III-VO) bestimmten Form des Ehevertrages (Art. 46d Abs. 1) genügt und Art. 18 Abs. 2 Rom III-VO insoweit eine Ausnahme vom Grundsatz der Geltung ab Verfahrenseinleitung macht.