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1. Grundsatz Art. 4 Abs. 1 S. 1 Hs. 1
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a) Eine Verweisung auf das Recht eines anderen Staates führt nach dem Grundsatz des Art. 4 Abs. 1 S. 1 nicht unmittelbar in das materielle Recht, sondern auch auf das IPR dieses Staates; deutsche Kollisionsnormen verweisen also normalerweise auf das gesamte Recht eines anderen Staates (Gesamtverweisung). Es ist also zunächst das IPR des verwiesenen Rechts anzuwenden; maßgeblich ist immer das gegenwärtig geltende IPR; ob intertemporal früheres IPR anzuwenden ist, entscheidet die Rechtsordnung des verwiesenen Staates, nicht der deutsche Anknüpfungszeitpunkt.[60]
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b) Diese schon vor dem 1.9.1986 bestehende Regel verfolgt den Zweck, internationalen Entscheidungseinklang zu erreichen. Auch ein Gericht des Staates, in den unsere Kollisionsnorm verweist, würde ja zunächst das eigene IPR anwenden. Sie erreicht diesen Zweck allerdings nicht vollständig: Folgen beide Staaten dem Grundsatz der Gesamtverweisung und erklären die beiden Kollisionsrechte das Recht des jeweils anderen Staates für anwendbar, so muss dieses Hin und Her der Verweisung irgendwo beendet werden, was letztlich zur Bevorzugung des eigenen Rechts führt.
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c) Der Gegenbegriff zur Gesamtverweisung ist die Sachnormverweisung. Spricht eine deutsche Kollisionsnorm – ausnahmsweise – eine Verweisung auf „Sachvorschriften“ aus, so bezieht sie sich auf die (materiellen) Rechtsnormen der maßgebenden Rechtsordnung unter Ausschluss des IPR (Art. 3a Abs. 1).