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II. Interpersonale Rechtsspaltung
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Rechtsordnungen, die nach Bevölkerungsgruppen unterscheiden, finden sich zahlreich in Asien und Afrika. Solche interpersonalen Rechtsspaltungen beziehen sich durchgehend nur auf das Personen-, Familien- und Erbrecht (sog „Personalstatut“, dazu Rn 190 ff). Unterscheidungskriterium ist häufig die Religionszugehörigkeit, im südlichen Afrika die Stammeszugehörigkeit. Die sich hieraus ergebenden Kollisionen werden durch interpersonales Kollisionsrecht gelöst, wobei dessen Prinzipien bei Religions- oder Stammesverschiedenheit häufig auf den Vorrang eines Familienoberhauptes abstellen.
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Interreligiös gespalten ist das Personalstatut in den vorwiegend islamischen Staaten Nordafrikas (zB Marokko, Tunesien, Algerien, Libyen, Ägypten), des Nahen Ostens[4] (Libanon, Jordanien, Syrien, Irak, Saudi-Arabien, Yemen, VAE, Oman) und Asiens (Iran, Pakistan, Bangladesch, Indonesien) sowie in Indien und Israel. Interethnisch gespalten ist das Personen-, Familien- und Erbrecht verbreitet im mittleren südlichen Afrika, zB in Gambia, Kenia, beide Kongo, Mosambik, Botswana, Simbabwe, wobei teilweise trotz staatlicher Gesetze faktisch gewohnheitsrechtliche Spaltung vorherrscht. Interreligiöse und interethnische Spaltung findet sich im Sudan. Häufig ist das gespaltene materielle Recht unkodifiziert; einige Staaten des Islamischen Rechtskreises haben jedoch das auf den muslimischen Bevölkerungsteil anwendbare Recht kodifiziert und sich dabei auf bestimmte konfessionelle Besonderheiten festgelegt (zB Iran, Ägypten, Syrien) oder das religiöse Recht teilweise reformiert (zB Iran, Tunesien). In ehemals kolonialen Staaten mit interpersonaler Rechtsspaltung finden sich noch heute fortgeltende koloniale Rechtssetzungsakte mit spezifischer Geltung für Europäer bzw Christen (zB Pakistan und Indien, wo die britische Kolonialmacht auch für die muslimische Bevölkerung Verfahrensbestimmungen zum Eherecht erlassen hat).
Literatur:
Eingehende Länderberichte in Bergmann/Ferid/Henrich Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht (Loseblatt); kurze Länderberichte in Staudinger/Hausmann (2013) Anhang 1 ff zu Art. 4 EGBGB; Elwan/Menhofer/Otto Gutachten zum ausländischen Familien- und Erbrecht, Naher und Mittlerer Osten, Afrika und Asien (2005).