Читать книгу Flammenreiter - Thomas Riedel - Страница 6

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Kapitel 3

E

dward Cavanaugh hatte Motorengeräusche gehört. »Da kommt ein Auto.« Er erhob sich vom Esstisch, trat an das Küchenfenster und schob die Gardine ein kleines Stück zur Seite. Als er den schwarzen Wagen erkannte, verfinsterte sich schlagartig sein Gesicht. »Es ist Graham Hamilton, Elliot Abercrombies willfährige rechte Hand.«

Kaum waren die Namen Hamilton und Abercrombie gefallen hielt es auch Callum nicht mehr auf seinem Stuhl. Er trat neben seinen Vater und sah hinaus.

»Was will der Typ hier?« Callums Stimme hatte einen düsteren Klang angenommen. »Will Abercrombie sich jetzt auch Laoghaire einverleiben?«

Laoghaire war der gälische Name der Farm, auf der die Cavanaughs lebten. Callums Großvater hatte ihm als kleinen Jungen einmal die Bedeutung des Namens erklärt. Laoghaire war der Name eines mythischen, von Legenden umrankten irischen Herrschers aus dem 5. Jahrhundert. Laoghaire bedeutete so viel wie: der Schäfer. Die Engländer hatten Probleme mit der korrekten gälischen Aussprache. Für sie wurde daraus einfach: King Lear. Aber ob sie damit wirklich Laoghaire meinten, war bis heute nicht zweifelsfrei zu belegen. Schließlich konnte sich Lear auch von Llyr herleiten, einem Gott des Meeres in der keltischen Mythologie. Hätte William Shakespeare ihn in seinem Theaterstück nicht unsterblich gemacht, vermutlich wäre der Name längst in Vergessenheit geraten. Es gehörte auch in das Reich der Spekulation, ob sich die ersten Cavanaughs mit der Schafzucht auseinandergesetzt hatten und das weite Stück Land daher von anderen so bezeichnet worden war.

Edward Cavanaugh und sein Sohn Callum traten hinaus auf die Veranda des Farmhauses. Als Hollie ebenfalls durch die Tür treten wollte, schob der alte Mann sie liebevoll, aber bestimmt, wieder in den Flur zurück.

Die teure Limousine, aus Stuttgart-Zuffenhausen in Deutschland, rollte wenige Meter vor den Stufen zum überdachten Vorbau aus.

Einen Augenblick später öffnete sich die Fahrertür und ein extrem großer und sehr hagerer Mann mit hängenden Schultern stieg aus. Graham Hamilton hatte ein unangenehmes Gesicht. Cavanaugh erinnerte die Visage an einen aggressiven Raubvogel, dessen fest verankertes Verhaltensmuster jederzeit der Verteidigung und Gewinnung seiner Vorteile diente. Seine schmalen Lippen waren kaum zu sehen. Ständig presste er verkniffen den Mund zusammen, gerade so, als würde er laufend unter starken Schmerzen leiden. Zum vogelartigen Ausdruck passten auch seine kleinen, schwarzen Knopfaugen, die immerwährend umherwanderten und auf keinem Gesprächspartner länger als wenige Sekunden ruhten. Hamilton konnte keinem Menschen direkt in die Augen sehen. Damit erweckte er permanent den Eindruck als sei er mit etwas Anderem beschäftigt. Doch wenn man die Augen als Fenster zur Seele betrachtete, dann schien es, als wolle Hamilton diesen Zugang versperren.

»Hallo, Mister Cavanaugh! Wünsche einen wunderschönen guten Abend!«, rief er mit völlig übertriebener Freundlichkeit. Sein Lächeln wollte nicht dazu passen. Als er Cavanaughs Frau im Türrahmen sah, fügte er hinzu: »Meine Verehrung, Madam! Wie geht es Ihnen?«

»Habe ich Sie eingeladen?«, herrschte Edward Cavanaugh ihn kalt an. »Was wollen Sie, Hamilton? Machen Sie den Mund auf, und dann sehen Sie zu, dass Sie schnellstens wieder Leine ziehen!«

Immer noch klebte dem großen Mann das unpassende Lächeln im Gesicht.

»Aber, aber ... , Mister Cavanaugh! Wer wird denn gleich ...«

»Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Sie widerliches Schwein!« Callum Cavanaugh hatte ihn unterbrochen, das Wort ergriffen und war ein paar Schritte vorgetreten. »Es ist klar in wessen Auftrag Sie hier sind! Sagen Sie Abercrombie, dass die Cavanaughs nicht verkaufen werden! Nicht für alles Geld der Welt! Laoghaire ist und bleibt Familienbesitz! Wir bleiben!«

Der Mann mit dem Raubvogelgesicht verzog seine dünnen Lippen zu einem grausamen Lächeln.

»Und da seid ihr euch so sicher?«, fragte er gedehnt. »Okay!« Seine Stimme bekam einen scharfen Unterton. »Aber dann solltet ihr sehr auf der Hut sein und gut aufpassen!« Er warf einen Blick in den Himmel. »Diese Nacht soll äußerst stürmisch werden!«

Jetzt war es der alte Edward Cavanaugh, der kaum noch an sich halten konnte, und mit geballten Fäusten die Veranda verließ und auf Hamilton zuging.

»Sie wagen es? Sie wagen es mir zu drohen?«, schrie er verärgert. »Und das wagen Sie auf meinem eigenen Grund und Boden, Sie Dreckskerl?« Er hatte den riesigen Vorschlaghammer in die Hand genommen, den er vor wenigen Stunden noch für Ausbesserungsarbeiten am Weidezaun gebraucht hatte, und schwang ihn in die Luft. »Wenn Sie nicht auf der Stelle verschwinden ... !«

Graham Hamilton wartete gar nicht erst bis Cavanaugh den Satz zu Ende gebracht hatte. Er wusste genau, dass mit ihm nicht zu spaßen war. Und zudem war nun auch dessen Sohn in seiner Richtung unterwegs. Callum Cavanaugh gehörte auch nicht gerade zu denen, mit denen sich Hamilton auf eine Schlägerei einlassen wollte.

Und überhaupt, ein Mann wie er, der schlug sich nicht, und wenn er es überhaupt tat, weil unvermeidbar, dann mit seinesgleichen, keinesfalls aber mit Bauernpack wie den Cavanaughs. Ein Mann wie er, der hatte andere Optionen. Die waren unauffälliger, subtiler, einfach unverdächtiger!

Hamilton hatte es gerade auf den Fahrersitz und hinter das Lenkrad seiner Luxuskarosse geschafft, da schlug der Vorschlaghammer Cavanaughs in die Motorhaube des Porsche Cayenne ein. Mit zitternder Hand startete er den Wagen. Er wollte gerade den Rückwärtsgang einlegen als ein weiterer Schlag die Scheibe in der Tür des Beifahrers durchschlug.

Cavanaugh war außer sich vor Wut!

Ein dritter Hieb traf die Heckpartie, während Hamilton eiligst zu wenden versuchte. Dann hatte er es geschafft und raste, eine riesige Staubwolke aufwirbelnd vom Grundstück.

»Das werden Sie büßen!«, murmelte er vor sich hin. »Der ist ja völlig durchgeknallt! Dafür wirst du bezahlen, Cavanaugh!« Ein hartes und entschlossenes Lächeln umspielte seine zynischen Mundwinkel.

Er legte einen höheren Gang ein und trat auf das Gaspedal.

»Kannst Du sie am Himmel reiten seh’n ...« Er lachte laut auf. » ... mit ihren Feuerfackeln, wie sie weh’n?« Vor Freude schlug er mit einer Hand auf das Lenkrad. »Das könnt ihr haben! Ich werde sie euch schicken, die Flammenreiter! Sie werden kommen, verlasst euch darauf!«, flüsterte er. »Nicht diese Nacht, da haben sie etwas Anderes zu erledigen, aber es kommen weitere Nächte, in denen man sterben kann!«

Zufrieden trat er das Gaspedal jetzt bis zum Bodenblech durch. Der Porsche machte einen Satz nach vorn und beschleunigte derart, dass es ihn in den Sitz drückte.

Sie sollten seine nächsten Opfer sein!

Graham Hamilton war fest entschlossen.

Doch jetzt war erst einmal eine andere Familie an der Reihe!

Der Sturm hatte sich verstärkt. Nicht mehr lange und er würde Orkanstärke erreichen. Bedrohlich hallte es von den dunklen Hügeln zu ihm herüber. Und hoch in den Lüften erhob sich ein unheimliches Singen und Pfeifen, vermischt mit dem Klang wild galoppierender Pferde.

Die Flammenreiter kamen …


Flammenreiter

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