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2. Der offenbar verborgene und verborgen offenbare Gott

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Dreimal bittet Mose Gott, er möge sich ihm und dem Volk neu zuwenden und sich zeigen, und dreimal antwortet Gott ihm. In der dritten Antwort setzt Gott dreimal an:

„19 Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will ausrufen den Namen des HERRN vor dir: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. 20 Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. 21 Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. 22 Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. 23 Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir hersehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen“ (Ex 33,19-23).

Die Antwort ist paradox. Ja, Gott antwortet Mose abermals. Ja, Gott bekräftigt seine bisherigen Zusagen an Mose. Und mehr noch: Gott will und wird sich Mose noch einmal offenbaren. Gott sagt ja, ja und noch einmal ja. Und mittendrin sagt Gott auch einmal: Nein. Ausgerechnet dem zentralen Wunsch Mose, „zeige dich, lass mich deine Herrlichkeit sehen“, verweigert sich Gott: „Mein Angesicht kannst du nicht sehen“ (33,20).

Was bedeutet diese paradoxe Antwort, dieses Ja und Nein? Zunächst einmal dies: Gott weist die Bitte des Mose nicht einfach ab. Er sagt nicht Nein und Basta. Mose darf so fragen. Es gehört zum Wesen des Glaubens, dass dieser nicht ein für alle Mal ein sicherer Besitz ist. Die Erinnerung an den Gott des Exodus ist allein keine Gewähr dafür, dass du mit Gott heil durch die Wüste kommst. Gott wendet sich Mose zu, er verheißt ihm die Erfahrung einer neuen Nähe. Gott kommt Mose denkbar nah. Und doch nicht wie gehofft: Sein Angesicht, seine Herrlichkeit wird Mose nicht sehen. Ja, Gott kommt ihm nah, er will seine Hand über Mose halten. Was für eine Geste der Zuwendung. Und zugleich: Gott umgibt ihn mit seiner Hand, damit Mose nicht sehen kann, wie Gott vorübergeht. Ja, Gott zeigt sich, er macht sich sichtbar. Aber was Mose sehen wird, ist, wie Gott davonzieht. Gott kommt ihm nah, doch sehen wird Mose nur, wie Gott sich wieder entzieht.

Es hat die Bibelausleger viel beschäftigt, wie realistisch die Schilderung gemeint ist. Was soll das denn heißen, dass Mose Gott von hinten sehen kann? Oder was bitte haben die Ältesten gesehen nach dem Bundesschluss am Sinai, wo es heißt: Und sie „sahen den Gott Israels. Unter seinen Füßen war es wie eine Fläche von Saphir und wie der Himmel, wenn es klar ist“ (Ex 24,10). Hat Gott einen Körper, mit Fußsohlen, Hand und Rücken? Heißt es nicht ganz eindeutig, dass man das Angesicht Gottes nicht sehen kann (Ex 33,20; vgl. auch Ri 6,22; 13,22 f.)? Widersprechen sich diese Texte?18

Man kann an dieser Stelle nicht einfach von Widersprüchen reden. Zu plan- und absichtsvoll stehen diese scheinbar gegensätzlichen Linien nebeneinander. Diese Unklarheit ist für die Offenbarung Gottes wesentlich. So offenbart sich Gott: offenbar verborgen und verborgen offenbar.

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