Читать книгу Nach dem Leben ist vor dem Leben - Tina Baumgartner - Страница 8
ОглавлениеSeelenflug
Maris Herz wird leicht, rundum wohl und geborgen fühlt sie sich, und im Traum erhebt sich ihre Seele, löst sich leicht und mühelos vom Körper, nur noch gehalten von der silbernen Schnur, die viele Hellsichtige als Verbindung zwischen dem physischen und dem ätherischen Leib wahrnehmen können.
Solange diese Verbindung noch existiert, ist der Mensch in unserem irdischen Sinne „am Leben“, löst sie sich eines Tages, geht er heim in die Geistige Welt. Maris Silberschnur ist noch stabil, obgleich sie allmählich beginnt, sich zu lockern und sich die Verbindung in absehbarer Zeit lösen wird.
In ihren Träumen und Meditationen gelingt ihr die Reise nach drüben immer häufiger. Die andere Welt, unser aller Heimat, ist nur vermeintlich so weit entfernt und unerreichbar. Für den Suchenden gibt es durchaus Wege dorthin, übt er nur ausdauernd genug und vertraut den eigenen Wahrnehmungen.
Seit ihrer Kindheit beschäftigt Mari die Frage: „Warum bin ich hier? Was ist der Sinn des Daseins? Gibt es den endgültigen Tod und Abschied wirklich? Und was geschieht mit uns nach dem Tod?“
Mit Fragen wie diesen hatte die kleine Mari schon ihre Mutter geplagt, war damit in unzähligen Seminaren, auf spirituellen Reisen im Inneren und im Äußeren unterwegs gewesen, hatte Bücher gelesen, bis ihre Augen brannten, und kam doch kaum voran in ihrem Wissensdurst. Immer blieb da der Zweifel, der „gesunde Menschenverstand“, der ihr sagte, dass all das menschliches Wunschdenken und Einbildung sei.
Als Kind war das innere sichere Wissen um die geistige Dimension noch unverrückbar da gewesen, sie war fest davon überzeugt, niemals sterben zu können. Damals, als die Großmutter starb, fragte das kleine Mädchen seine Mutter nach dem Tod. „Was ist das denn, Sterben?“
Als die Mutter erklärte, dass das jedem Menschen so gehe, dass jeder sterben muss, dass man dann nicht mehr da sei, der Körper im Grab liegt und man nie mehr zurückkommt, weigerte sie sich, das zu glauben, widersprach ihrer Mutter im Brustton tiefster Empörung. Ihre Seele war sich ihrer unendlichen zeitlosen Existenz absolut gewahr. Doch die Erwachsenen wussten es selbstverständlich besser und redeten von kindlichen Allmachtsfantasien, belächelten die kleine Dumme, die nicht an den Tod glauben wollte. So verlor Mari nach und nach ihr inneres Wissen. Die Logiker um sie herum, die ihr eine übergroße Fantasie bescheinigten und nur das anerkannten, was dem wissenschaftlichen Standard entsprach, hatten ganze Arbeit geleistet. So wurde Mari über die Jahre hinweg immer desillusionierter, resignierter, trauriger und vor allem hoffnungsloser.
„Glauben heißt, nichts zu wissen!“, hieß es, alles Spirituelle oder Übersinnliche wurde belächelt und als dumm abgetan. Mari fand keinen Ausweg aus diesem Labyrinth. Was zählte schon das eigene Gefühl, das innerste Empfinden gegen das Wissen der Welt?
Es stellten sich Ängste, Depression und Verzweiflung ein, und allerlei körperliche Beschwerden kamen im Laufe der Jahre hinzu.
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