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FALLGESCHICHTE
Nicht vergeblich eingesetzt
ОглавлениеEines Tages hielt Martin die Kündigung seiner Mietwohnung in den Händen. Sein Vermieter machte darin Eigenbedarf geltend und wollte in absehbarer Zeit wieder selbst in der Wohnung leben. Auszug? Für Martin ein ganz unvorstellbarer Gedanke. Es begann ein monatelanges Ringen um die sich abzeichnende Veränderung seiner Wohnsituation. Martin wehrte sich, protestierte, klagte vor Gott, schrieb Briefe und stand schließlich auch einen Gerichtsprozess durch, den er allerdings verlor. Am Ende musste er sich eine neue Wohnung suchen. Eine einschneidende Lebensveränderung, die er sich nicht ausgesucht hatte und nun doch akzeptieren musste. Überraschenderweise fiel ihm dies nun nicht mehr schwer. Als ein Freund ihn fragte, wie das sein könne, antwortete er: »Weißt du, als die Kündigung kam, konnte ich es wirklich nicht glauben. Aber ich denke, gerade weil ich alles versucht habe, was ich konnte, um den Umzug zu verhindern, kann ich jetzt akzeptieren, dass es so ist.«
Aber auch dann wird man die erzielten Kompromisse akzeptieren müssen, um mit ihnen ihren Frieden machen zu können. Viele Veränderungen, die wir in unserem Leben durchmachen, fragen nicht, ob wir sie wollen und ob sie uns willkommen sind. Sie geschehen einfach – etwa das Älterwerden. Suchen wir es uns aus, dass unser Körper diese unglaubliche Veränderung durchmacht? Als Kinder dachten wir, dass doch nur unsere Großeltern alt sind. Doch eines Tages bemerken wir, dass unser eigener Körper von Jahr zu Jahr altert. Im Zeitlupentempo verwandelt er sich. Auch manche Krankheiten kommen daher, ohne dass man mit ihnen gerechnet hat. Sie schleichen sich ein oder überfallen uns regelrecht und verändern unser Leben in einschneidender Weise – vorübergehend oder dauerhaft. Wir wählen das alles nicht so aus, und wir sind auch nicht »schuld« daran.
Gerade diese ungebetenen Lebensveränderungen stellen uns vor das Rätsel, wie wir diese Entwicklungen akzeptieren und eine versöhnliche innere Haltung dazu entwickeln können. Dabei ist wichtig, sich vor Augen zu führen: In Veränderungsprozessen sind wir nicht nur Spielball machtvoller Kräfte, sondern können auch selbst mitgestalten. Wenn wir einen Weg finden, die neue Situation anzunehmen, liegt darin immer auch eine Chance auf Weiterentwicklung. Denn Krisenzeiten können zum Motor für wichtige Entscheidungen werden.