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Warum ich als Christ nicht für schönes Wetter beten darf

Ein großes Jugendtreffen, viele Jugendliche stehen unter einer großen Brücke, denn es regnet, nein, es schüttet wie aus Kübeln. Etwa 200 Meter weiter befindet sich die Veranstaltungshalle. Die Jugendlichen überlegen kurz und beginnen dann mit einer Gebetsgemeinschaft, die nur aus einer Bitte besteht: den Regen zu stoppen, damit sie trockenen Fußes zur Halle kommen. Die Gebete verändern sich nach einigen Minuten, da ein besonders frommer Jugendlicher die anderen dafür aufmerksam macht, dass wahrer Glaube die Taten Gottes erglaubt. Und so beginnt eine Lobpreisrunde für den Regen, der gleich aufhören wird ...

Nächste Szene: Eine Familie bleibt mit ihrem Auto stehen, Panne. Auch hier schüttet es wie aus Kübeln, der Mann macht sich auf den Weg zum nächsten Dorf und betet inständig, dass es doch endlich aufhören solle, zu regnen.

Letzte Szene: Der alljährliche Open-Air-Gottesdienst findet statt, die Stühle stehen, die Verstärkeranlage ist aufgebaut, die ersten Gäste kommen, da fängt es an zu regnen. Die Regenschirme gehen auf und die Veranstalter treffen sich spontan zum Gebet für schöneres Wetter.

Darf ich als Christ solche Gebete sprechen? Ist es legitim, meine subjektive Situation und mein Empfinden so in den Mittelpunkt zu stellen, als wenn Gott nichts anderes zu tun hätte, als sich um mich zu kümmern? – Hat Jesus etwa nicht gesagt, dass wir ihn um alles bitten können, also auch ums Wetter?

Wir sollten aufpassen, dass wir nicht nur den »Tanz ums eigene Ich« betreiben, auch und gerade in unseren Gebeten. Wir beten für schönes Wetter, als gäbe es kein Morgen, nur weil wir vielleicht etwas nass werden. Na und? Warum beten wir nicht für Regen im Sudan oder in Tansania, wo es seit Jahren nicht mehr geregnet hat und Tausende Menschen hungern oder sogar verhungern? Warum sollte Gott ausgerechnet bei uns den Regen anhalten und anderswo Menschen leiden lassen? Was für eine Vorstellung von Gott steht dahinter? Wer ist Gott für uns? Der Gott, der meine Bedürfnisse zu befriedigen hat? Ist das tatsächlich seine Aufgabe? Ist Gott ein liebender Vater, der uns hinterher rennt und schaut, ob es uns auch ja gut geht?

Gott lässt sich von uns nicht zum persönlichen Wetterfrosch degradieren. Nein, er ist souverän und heilig, genauso, wie er gnädig und liebevoll ist. Ohne Frage kann er den Regen anhalten. Die Frage ist, ob ich ihn darum bitten will. Oder sollte ich meine Gebetszeit nicht vielleicht auch mal für die Geschwister nutzen, die wirklich unter den klimatischen Bedingungen ihrer Region leiden? Sind wir schon so borniert, dass wir nur noch uns selbst, unsere Jugend und unsere Gemeinde sehen?

Ich merke, wie egoistisch meine Gebete geworden sind, und das nicht nur beim Wetter. Im letzten Herbst wurde ich wieder neu herausgefordert, meinen Kopf über die aktuelle »Gutwetterlage« zu heben und die Menschen nicht zu vergessen, die verfolgt werden um Christi willen, die hungern und dürsten. Gleichzeitig werde ich dankbar für den Segen, den ich von Gott in Deutschland empfange, mit so vielen Gemeinden und Christen, mit so viel materiellem Reichtum, so guten Strukturen und schier unendlichen Ressourcen. Wenn ich daran denke, ist es mir plötzlich egal, ob ich nass werde oder nicht.

Zum Weiterdenken:

• Shane Claiborne, Ich muss verrückt sein, so zu leben – Kompromisslose Experimente in Sachen Nächstenliebe, Brunnen, Gießen

• Mutter Teresa/Frére Roger, Gebet – Quelle der Liebe, Herder, Freiburg

Würde Jesus bei IKEA einkaufen?

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