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Оглавление»Deine Armut kotzt mich an!«
Manchmal fällt es mir schwer, mich an die Gebote unseres Herrn zu halten, vor allem, wenn es um Nächstenliebe oder sogar Feindesliebe geht. Natürlich bin ich ein friedliebender Christ. Aber es gibt Situationen, da wünschte ich mir eher den Inhalt eines Rachepsalms als die Seligpreisungen. So erging es mir, als ich kürzlich auf einem superedlen BMW 850 Coupé den Aufkleber: »Deine Armut kotzt mich an!« sah. Alles, was an Gerechtigkeitswahn in mir vorhanden war, bäumte sich auf und ich hatte den unbändigen Wunsch, den Besitzer dieses Wagens um genau diesen ärmer zu machen. Meine Gedanken blitzten sündig in mir auf und ich überlegte für den Bruchteil einer Sekunde, ob es verdient wäre, mit meinem Schlüssel neben seinen Aufkleber: »... und mich kotzt deine geistige Armut an!« in den Lack zu ritzen. Oder wenigstens die Reifen aufzuschlitzen. Zum Glück wurden meine autonomen Aussetzer schnell von meinem frommen Verstand besiegt und ich begann, für den Besitzer des Autos zu beten.
Nein, das hätte ich vielleicht machen sollen, habe ich aber nicht geschafft. Ich bin, um ehrlich zu sein, einfach wütend weggestapft und in meinem Hirn tanzten die verschiedensten Gedanken durcheinander. Nach einer Weile regte ich mich ab und es blieb die unangenehme Frage nach meiner sozialen Verantwortung, nach unserer Verantwortung als Christen gegenüber den Ärmsten der Armen. Klar, sie kotzen uns nicht an. Im Gegenteil, sie wecken unser Mitleid und, wenn es gut läuft, öffnen sie sogar unseren Geldbeutel. Aber ist es damit getan? Geht das Leben nicht so schnell weiter, dass wir uns um das normale Elend gar nicht kümmern können? Weiter bis zum nächsten Missionsvortrag, in dem einen die dickbäuchigen Kinder mit ihren fliegenverklebten Augen so notvoll anschauen, dass wir wieder unseren Geldbeutel öffnen, unser Gewissen beruhigen und ...
... und was sagt Jesus? Bitte, kein frommes Ende, kein moralischer Schluss; ist das Leben nicht hart genug? Ja, weil wir uns oft nur um uns selber drehen und die Augen verschließen vor denen, die Gott liebt. Wir kreisen um unsere Alltagsprobleme, sind dabei chronisch unzufrieden und versinken in Selbstmitleid. Dabei vergessen wir, dass wir unseren Glauben ohne Angst ausüben können, ohne bedroht, gefoltert oder getötet zu werden – im Gegensatz zu drei Milliarden Menschen auf der Erde. Wir vergessen, dass wir Essen im Kühlschrank, Kleider am Leib, ein Dach über dem Kopf und einen Platz zum Schlafen haben und somit reicher als 75 Prozent der Menschen dieser Erde sind. Dass – wenn wir Geld auf der Bank und in unseren Portemonnaies haben – wir zu den privilegierten acht Prozent dieser Welt gehören. Schon wieder vergessen?
Gott stellte sich sowohl im Alten als auch im Neuen Testament auf die Seite der Armen, der Ausgestoßenen, der Vertriebenen. Gott ist ein Gott der Gerechtigkeit, auch der sozialen Gerechtigkeit. Gott freut sich nicht am Elend dieser Welt, sondern er hat uns den Auftrag gegeben, etwas dagegen zu tun! Wir haben Verantwortung, nicht nur für unser eigenes geistliches Süppchen, sondern auch für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Jesus identifiziert sich mit den Armen (den Asylbewerbern, den Alleinerziehenden, den Obdachlosen, den Einsamen, den Enttäuschten ...) und wird dich später mal fragen, ob du ihnen zu essen gegeben hast. Zu trinken? Kleider? Besucht? (Matthäus 25,31–46)?
Äh, nur mal so vorneweg: Hast du?
Zum Weiterdenken:
• Leonardo Boff, Dass ich liebe, wo man hasst – Das Friedensgebet von Assisi, Patmos, Düsseldorf
• Tobias Faix/Stephan Volke (Hrsg.), WELTBLICK — Was Christen über Armut denken ... Die Compassion-Studie, Neufeld, Schwarzenfeld
• René Padilla, Anstiftung – Evangelium für die armen Reichen, Brendow, Moers