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ОглавлениеWürde Jesus bei IKEA einkaufen?
Wie hieß noch das Thema eben? Da ging es doch um ..., genau, äh ... »Deine Armut kotzt mich an!« Danke, wusste ich’s doch. Irgendwas mit sozialer Verantwortung von uns Christen und dass es uns in Deutschland eigentlich besser geht, als wir manchmal zugeben wollen. Tja, so ist das: Gehört, kurz betroffen zu Boden geschaut und dann geht der Alltagstrott weiter. Sorry, dass ich dich damit jetzt wieder nerve. Aber das Thema ist zu wichtig, als dass es in Vergessenheit gerät.
Armut und unser Umgang als Christen damit? Berührt mich das überhaupt? Bin ich arm? Wenn ich ehrlich bin, eher nicht! Mir geht’s eigentlich ganz gut, auch wenn wir das manchmal im Konsumrausch unserer postmodernen Optionsgesellschaft vergessen. Wie gesagt: Wenn du Kleider am Leib, eine Wohnung und sogar etwas Geld in deinem Geldbeutel oder auf dem Konto hast, gehörst du zu den acht Prozent Privilegierten dieser Welt. Also: 92 Prozent der Weltbevölkerung geht es schlechter als dir. Das solltest du nicht vergessen, wenn es mal wieder nicht so rund bei dir läuft.
Aber ist das alles? Ist dieses Thema damit abgehakt? Wie bewusst lebe ich überhaupt? Interessiere ich mich nur für meinen Mikrokosmus oder schaffe ich es, einen Blick über den Tellerrand meiner eigenen kleinen Welt zu werfen? Wie gehe ich mit meinem Leben um? Wie verantwortlich bin ich und vor allem, wofür habe ich Verantwortung? Für das, was ich täglich mache? Für mein Geld? Wie ich es ausgebe? Was ich kaufe? Was kaufe ich denn? Ist mir das überhaupt klar? Wen unterstütze ich mit meiner Kaufkraft und wen beute ich dadurch aus?
Ich habe beim Schreiben dieses Abschnitts ein kleines Spiel gemacht, indem ich mich gefragt habe, in welchen Ländern wohl die meisten Gegenstände, Klamotten etc. aus meiner Wohnung hergestellt wurden (das »Made-in-Spiel«). Das Ergebnis war erstaunlich:
Mein IKEA-Regal kommt aus Polen, mein IKEA-Schrank aus China und Tschechien, mein Pullover aus der Türkei, meine Turnschuhe aus Südkorea, das (deutsche) Kinderbuch meiner Tochter aus China, meine Lautsprecherboxen auch aus China, meine IKEA-Deckenlampe auch aus China, meine Glühbirnen wieder aus China, das Quietsche-Entchen meiner Tochter, ja, genau ... China, mein Taschenrechner, schon wieder China, meine JesusHouse-Kappe, tut mir leid: auch China, meine Trinkbecher aus Thailand, mein Werkzeugkoffer aus Israel, mein Monitor aus Thailand, meine Schüsseln aus Malaysia, meine Vorhänge aus Rumänien, mein CD-Player aus Korea, meine Mexx-Jacke aus Hongkong. Und so könnte ich seitenweise fortfahren ...
Mach das kleine Spiel bei dir zu Hause auch mal. Woher kommen deine Klamotten und Einrichtungsgegenstände? Schau doch mal nach!
Es ist schon erstaunlich, was für Länder dabei herauskommen. Darunter sind Länder, in denen die Menschenrechte nicht gerade groß geschrieben werden. Länder, in denen es keinen Mindestlohn und keine Arbeitszeitbegrenzung gibt. Länder, wo selbst Kinder arbeiten müssen. Länder, wo Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Länder, in denen fast wahllos die Todesstrafe verhängt wird. Länder, in denen Menschen verhungern. Länder, in denen Krieg und Elend herrscht. Länder ...
Worauf kommt es mir beim Einkaufen an: »Hauptsache billig«? (Damit ich natürlich noch mehr Geld in die Mission geben kann! Oder doch in den Urlaub fliegen?) Wir haben Verantwortung auch für Menschen, denen wir nie persönlich begegnen. Dessen sollten wir uns bewusst sein. 92 Prozent der Menschen geht es schlechter als mir. Einige von ihnen arbeiten vielleicht, ohne dass ich es überhaupt wahrnehme, für einen Hungerlohn für mich und meinen Wohlstand. Hauptsache billig ist nicht immer das beste Argument. Ich jedenfalls bin über mich und meine Kaufgewohnheiten erschrocken und habe mich gefragt: Würde Jesus bei IKEA einkaufen?
P. S. Da fällt mir ein: War Jesus nicht Zimmermann?
Zum Weiterdenken:
• Garth Lean, Wilberforce – Lehrstück christlicher Sozialreform, Brunnen, Gießen
• Ronald J. Sider, Die Jesus-Strategie, Brendow, Moers