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Das Manuskript der Maria Magdalena

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Ich wuchs mit einem Verständnis von Magie auf. Mein Vater stammte aus Mesopotamien und meine Mutter aus Ägypten. Vor meiner Geburt hatte sie Isis angefleht, sie mit einem Kind zu segnen. Ich bin dieses Kind. Man kannte mich als Maria Magdalena.

Im Alter von zwölf Jahren sandte man mich zu einer geheimen Schwesternschaft von Eingeweihten, damit ich unter den Fittichen der Isis ausgebildet würde. Ich wurde in den Geheimnissen Ägyptens unterwiesen, in der Alchemie des Horus und in der Sexualmagie des Isis-Kultes. Als ich dem begegnete, den ihr Jeshua nennt, hatte ich alle meine Initiationen durchlaufen. Ich hatte mich für die Begegnung mit ihm am Brunnen vorbereitet.

Die Evangelien berichten von mir als einer Hure, denn alle Eingeweihten meines Ordens trugen ein goldenes Schlangen-Armband, und man wusste, dass wir uns mit sexueller Magie befassten. In den Augen der Hebräer waren wir damit Huren.

Als ich Jeshua sah und unsere Augen sich trafen, wusste ich, dass wir für einander bestimmt waren.

Was ich euch jetzt erzählen werde, war bislang nur denen bekannt, die mit mir waren. Es gibt viele Legenden über das, was geschah. Für mich ist es eine Geschichte tiefster Liebe. Mich berührt es nicht, dass Jeshua eine Vision für die Welt hatte. Meine Geschichte ist eine Liebesgeschichte.

Viele Menschen folgten Jeshua. Und es gab sehr selten Gelegenheit für uns, allein zu sein.

Es steht nicht in den Evangelien, denn außer denen, die uns am Nächsten standen, wusste niemand davon. Bevor Jeshua in den Garten von Gethsemane ging, empfingen wir ein Kind, und ihr Name sollte Sar’h sein.

Die Geschichte, die ich euch erzählen werde, klingt unglaublich.

Ich erinnere mich an das Schilf in Les-Saintes-Maries-de-la-Mer, obwohl dieser Ort damals natürlich nicht so genannt wurde. Hier ging unser Boot an Land. Sar’h war noch sehr jung. Noch nicht einmal ein Jahr alt. Ich war hin und her gerissen zwischen Kummer und Verwunderung.

Ich war dabei, als Jeshua gekreuzigt wurde. Ich sah ihn im Grab und seine Mutter und ich wickelten ihn in Tücher. Der Geruch von Myrrhe wird mir ewig unvergesslich bleiben. Es war eine der Essenzen, die wir verwendeten.

Jeshua erschien mir in seinem strahlenden Licht. Ich traute meinen Augen nicht und berührte deswegen seine Wunden. Die Jünger waren eifersüchtig, dass er zuerst zu mir gekommen war.

Es war seltsam, dass mein Geliebter in andere Reiche überging, in andere Welten, während ich und unsere Tochter alleine das Mittelmeer überquerten. In Ägypten, wo wir hingegangen waren, war es nicht mehr sicher für uns gewesen.

Als wir die Küste dessen erreichten, was später Frankreich sein würde, war dort nichts als Wildnis. Wir wurden von Priesterinnen des Isis-Kultes empfangen und zogen dann nach Norden unter den Schutz der Druiden, denn Isis hatte zu ihnen gesprochen, und sie hatten die Aufforderung erhalten, ihre Tochter Sar’h zu beschützen. So eilten wir nach Norden und überquerten ein weiteres großes Wasser, um zu dem späteren England zu gelangen.

Dort wurden wir im heiligsten Herzen der Druiden verborgen, am »Tor« und in Glastonbury. Obwohl wir hier sicherer waren als in Israel oder Ägypten, reichte der römische Einfluss auch bis nach England und man versteckte uns.

Wir lebten viele Jahre lang in dieser Gegend, bis Sar’h einen Mann heiratete, von dem dann die Tempelritter abstammen. Ich ging danach Richtung Norden nach Wales und verbrachte den Rest meiner Tage dort, nahe am Meer.

In jenen Jahren, in denen ich allein am Meer lebte, besuchte mich Jeshua oft. Natürlich war es nicht so wie zuvor, da sein Körper mehr Energie als Fleisch war, mehr Licht. Aber es war trotzdem wunderbar, wieder mit ihm zusammen zu sein.

Als ich starb, war er da und führte mich in das, was manche »Himmel« nennen, doch es ist einfach ein Platz in der Seele.

Ich beginne mit meiner Geschichte am Brunnen, denn in mehrfacher Hinsicht begann dort wirklich mein Leben. All die Jahre zuvor waren Vorbereitung dafür gewesen.

An jenem Morgen wusste ich, dass etwas in der Luft lag. Ich spürte eine Art Erregung, ein Zittern in Armen und Beinen, noch bevor ich ihm begegnete. Ich befand mich bereits am Brunnen, als er kam. Ich hatte meinen Krug schon hineingesenkt und er half mir, ihn herauszuheben. Manche der Apostel sahen mein goldenes Schlangen--Armband und nahmen an, dass ich eine Hure sei. Sie waren entsetzt, dass der Meister so einer half.

Doch das berührte mich nicht. Jeshuas Augen hatten mich in eine andere Welt versetzt. Als unsere Blicke sich begegneten, schien ich in die Ewigkeit zu schauen, und ich wusste, dass er der Eine war, für den ich vorbereitet worden war – und er wusste es auch.

Ich hielt mich unter denen, die mit ihm gingen, eher im Hintergrund. Abends entfernten wir uns gemeinsam. Nicht jeden Abend, denn er wurde ständig gebraucht.

Ausgebildet in den alchemistischen Praktiken des Horus und in der Sexualmagie der Isis galt ich bei meinen Lehrerinnen als hoch entwickelt, doch als ich das erste Mal in Jeshuas Armen lag, war ich eine zitternde Frau und ich musste darum ringen, jenen zentralen Weg durch mein Verlangen hindurch zum höchsten Thron zu finden, denn das war meine Aufgabe.

Mit den Techniken, in denen ich unterwiesen war, und mit den Methoden, die er in Ägypten gelernt hatte, vermochten Jeshua und ich sein Ka, seinen Energiekörper, mit mehr Licht und Kraft aufzuladen, damit er leichter mit denen arbeiten konnte, die ihn aufsuchten. Und so war es auch.

Ich finde es immer noch merkwürdig, dass in den Evangelien steht, dass ich am Brunnen war, als Jeshua kam. Doch in jenen vielen Nächten, wenn Jeshua und ich allein waren, kam er zu meinem Brunnen, um aus mir die Kräfte der Isis zu schöpfen, um sich aufzubauen und zu stärken.

Im Rückblick sehe ich all dies wie einen Traum und doch so lebendig und klar. Mein Herz erzittert bei der Erinnerung an diese Geschichte, als wäre es gestern gewesen. Jene erste Nacht mit Jeshua ist meinem Gedächtnis fest eingemeißelt, so klar wie der Himmel über Jerusalem.

Nachdem ich mich durch mein Verlangen als Frau hindurchgearbeitet hatte und den Pfad der spirituellen Alchemie erklomm, in dem ich unterwiesen worden war, konnte ich Jeshuas Geistgestalt erkennen – schon leuchtend, schon vor Licht strahlend.

Eine Taube schwebte über seinem Haupt und Strahlen goldenen Lichts strömten aus ihm hervor. Seine Geistgestalt trug die Siegel des Salomon, der Hathor, der Isis, des Anubis und des Osiris in sich, als Zeichen, dass er diese Initiationen durchlaufen hatte. Es gab auch andere Symbole, die mir unbekannt waren, weil sie aus Kulturen stammten, von denen ich nichts wusste und in denen ich nicht unterwiesen war. Doch aus den mir bekannten ägyptischen Siegeln erkannte ich, dass er auf dem Weg des erhabenen Gottes Horus war.

Doch er hatte seine Todesinitiation noch nicht durchlaufen, und in meinem zitternden Herzen wusste ich, dass ich deswegen zu diesem Zeitpunkt zu ihm geführt worden war – um seine Seele mit den Kräften der Isis und der Kosmischen Mutter zu stärken, so dass er das dunkle Tor durchschreiten und den Horus erlangen konnte.

In jener Nacht, nachdem wir uns geliebt und unsere geistigen Körper vereint und verschmolzen hatten, begann die Alchemie zwischen uns. Jeshua schlief ein. Ich hielt ihn in meinen Armen und war aufgewühlt von dem Verlangen, ihn zu schützen, dem Verlangen, immer bei ihm zu sein und dem Wissen, schneidend wie ein kaltes Messer, dass wir von Kräften, weit größer als mein Verlangen getrennt werden würden.

Die Kirche behauptet, dass ich eine Hure war, doch ich sage euch jetzt, dass die Kirche die Hure ist, denn sie will euch weismachen, dass Frauen verdorben sind und dass die sexuelle Leidenschaft zwischen einem Mann und einer Frau böse ist. Doch genau hier, in der magischen Anziehungskraft der Leidenschaft, entsteht die Grundlage für die Himmelfahrt.

Dieses höchste aller Geheimnisse war allen Eingeweihten der Isis bekannt, doch es war mir nie in den Sinn gekommen, dass ich diejenige sein würde, die es in der Vereinigung mit jemandem wie Jeshua zu seiner höchsten Ausdrucksform bringen würde.

Für mich ist dies eine Reise meines Geistes und Herzens.

Doch für alle, die an der physischen Reise interessiert sind: Nach Jeshuas Kreuzigung machten seine Mutter Maria, Joseph von Arimathäa mit seinem zwölfjährigen Sohn namens Aaron, zwei weitere junge Frauen und ich uns von Nordägypten aus auf den Weg.

Merkwürdigerweise mussten wir zuerst in Richtung Osten, bevor wir uns westwärts wenden konnten. Wir mussten unterwegs Proviant aufnehmen, da unser Schiff sehr klein war. Unser Weg führte uns nach Malta und zu der kleinen Insel Gozo, von da aus nach Sardinien und zu dem heutigen Cinqueterre, bis wir schließlich in Les-Saintes-Maries-de-la-Mer landeten. Von dort aus reisten wir nordwärts durch Rennes-le-Chateau nach Nordfrankreich und über den Kanal in das Land, das jetzt England heißt. Wir ließen uns einige Jahre lang in Glastonbury nieder, bis Sar’h zwölf war.

An ihrem zwölften Geburtstag machten wir uns auf den Weg zu dem Ort im Schilf, an dem wir einst gelandet waren. Hier, so nah an Ägypten wie es uns in Sicherheit möglich war, weihte ich meine Tochter in den Isis-Kult ein und tauchte sie in die Wasser des Mittelmeeres, so wie man mich gelehrt hatte.

Wir kehrten dann nach Glastonbury zurück, bis Jeshuas und meine Tochter, Sar’h, sich im Alter von sechzehn Jahren vermählte. Ihr Mann stammte aus einer angesehenen Familie, deren Nachfahren später zu den Templern werden würden, auch wenn es zu diesem Zeitpunkt noch keine Tempelritter gab.

Durch Sar’h wurde diese Blutsverwandtschaft an die Templer weitergegeben. Als Sar’h verheiratet war und sich in ihrem neuen Leben eingewöhnt hatte, begab ich mich nach Norden und verbrachte den Rest meiner Tage in einem kleinen Steinhaus an der walisischen Küste.

Hinter meiner Hütte gab es einen Fluss, der aus den Hügeln kam und an dem ich viele Tage lang saß. An einer Stelle teilte sich dieser Fluss, und die beiden Wasserläufe flossen erst ein Stück nebeneinander, bis dann der eine nach rechts strebte und der andere nach links. Ich setzte mich zwischen diese beiden und dachte an den Fluss meines Lebens und an den Fluss von Jeshuas Leben – wie unsere Leben eine Zeitlang zusammengeflossen waren und sich dann getrennt hatten.

Das erste Mal, als Jeshua nach seiner Auferstehung dort zu mir kam, wird mir ewig in Erinnerung bleiben.

Es war zunehmender Mond und der Himmel war klar. Über der Heide hing leichter Nebel und das Licht des Mondes und der Sterne tauchte alles in Silber. Ich sah, wie eine Gestalt auf dem gewundenen Pfad, der zu meiner Hütte führte, auf mich zukam.

Es ist ein seltsamer Zufall, dass ich gerade nach draußen gegangen war, um Wasser vom Brunnen zu holen, und da war er. Er sah so aus wie immer, doch ein nicht zu übersehendes Strahlen umgab ihn. Meine Augen füllten sich mit Tränen, und mein Herz zitterte.

Ich lief auf ihn zu und blieb dann abrupt stehen, weil mir seine Worte einfielen, die er mir direkt nach der Auferstehung gesagt hatte.

»Berühre mich nicht«, hatte er damals gesagt, »denn ich bin noch nicht zum Vater aufgestiegen.«

Oh, wie habe ich, eine Eingeweihte der Isis, mich all die Jahre danach gesehnt, diese Überlieferung richtig zu stellen!

Was bedeuteten seine Worte? Die Christen haben nur einen Teil der Wahrheit übernommen. Der größere Teil der Wahrheit liegt in den Mysterien der Großen Mutter verborgen, und weil die Kirche die Frauen und alles Weibliche entrechten wollte, verbarg sie diese Wahrheit.

Die Wahrheit hat mit dem Ka-Körper selbst zu tun, dem, was wir als Eingeweihte das ätherische Doppel oder den spirituellen Zwilling nannten, weil der Ka-Körper, wenn er mit genügend Energie und Vitalität aufgeladen ist, wie der physische Körper aussieht. Im Gegensatz zum physischen Körper besteht der Ka-Körper jedoch nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Energie – Energie und Licht.

Als mir Jeshua nach der Auferstehung also erschien, befand er sich in seinem Ka, doch es war noch nicht stabil, denn er war noch nicht beim Vater gewesen – das heißt, er war noch nicht in dem Großen Geist seiner eigenen Seele gewesen. Bevor er das tun konnte, musste er das Tor des Todes durchschreiten und durch seine eigene Unterwelt reisen.

So wie ich es verstehe, tat er dies aus zwei Gründen. Zum einen war er eine Meisterseele, und solche Dinge zu tun verleiht dem Ka enorm viel Kraft. Zum anderen bahnte er einen Weg durch den Tod, auf dass andere ihm folgen könnten und einfacher durch die dunkle Welt hindurch kämen, indem sie der Spur seines Lichtes folgten.

In jener Nacht, als wir uns das erste Mal wieder vereinten – ich spüre es immer noch lebendig, klar und deutlich – war mein Herz voller Freude darüber, wieder mit ihm zusammen zu sein. Er kam kurz vor Mitternacht und verließ mich vor dem Morgengrauen. In jenen Stunden lagen wir beisammen, unsere Ka-Körper waren vereint, und es gab nichts zu sagen. Wir kommunizierten telepathisch. Und ohne physische Sexualität vereinte sich die Schlangenkraft in ihm mit der Schlangenkraft in mir und kroch die heiligen Pfade entlang unsere Wirbelsäulen hinauf, zum Thron der Krone in unseren Köpfen und versetzte mich in reine Ekstase und Glückseligkeit. So ging es viele Jahre lang. Mehrmals im Jahr besuchte er mich auf diese Weise. Manchmal sprachen wir miteinander. Die meiste Zeit verbrachten wir in der Vereinigung.

Ich fragte ihn, wo er hinginge, wenn er nicht bei mir sei. Er sagte, dass er viele heilige Orte auf der Erde aufgesucht habe und vielen unterschiedlichen Menschen begegnet sei. Er sagte, dass er eine Spur des Lichtes auslegen würde.

Bei einem seiner Besuche bat ich ihn, mir dieses merkwürdige Konzept zu erklären.

Er zeichnete einen Kreis auf den Boden meiner Hütte, und dann zwei einander überschneidende Dreiecke, das Salomonsiegel, was zum Davidsstern wurde. Er sagte, dass es viele Länder gäbe, von denen wir hier, in unserem Teil der Welt, nichts wüssten. In vielen dieser Länder gäbe es Punkte, die mit den Spitzen des Salomonsiegels in Verbindung stünden. Indem er diese Gebiete aufsuchte, stellte er sicher, dass seine Arbeit tiefer in den Erdboden verwurzelt würde.

Von all seinen Besuchen erinnere ich mich am deutlichsten an jenen, als Sar’h gerade bei mir war.

Sie war schwanger geworden und wollte sich von mir segnen lassen. Ich war so glücklich, sie und ihre Reisegefährten zu sehen. Sie hatte mir durch die Druiden ihren Besuch ankündigen lassen, doch die Botschaft hatte mich erst am Tag vor ihrer Ankunft erreicht. Sie blieb drei Tage lang, und in der zweiten Nacht erschien Jeshua.

Ich weiß nicht, ob ihr begreift, wie merkwürdig das war. Sar’h war ihrem Vater nie begegnet und Jeshua nie seiner Tochter. Sie sahen sich hier zum ersten Mal! In seiner Auferstehung war der Körper ihres Vaters in einem Lichtblitz zu den Elementen zurückgekehrt, und er befand sich jetzt in seinem Ka-Körper, der ein einzigartiges Licht ausstrahlte.

Beide waren tief bewegt, Sar’h war zu Tränen gerührt und Jeshua hatte tiefes Mitgefühl. Sie verbrachten eine Stunde gemeinsam, nur sie beide, und gingen draußen spazieren. Ich weiß nicht, worüber sie sprachen, doch während der ganzen Zeit, die sie miteinander verbrachten, war der Himmel voller Sternschnuppen.

Bevor Jeshua, so wie immer, uns kurz vor der Morgendämmerung verließ, legte er seine Hände auf Sar’hs Bauch und segnete das Kind. Als Sar’h am nächsten Tag abreiste, war sie von einem tiefen Gefühl des Friedens erfüllt.

Ich habe euch nun alles, was ich von meinem Leben als Mutter mitteilen wollte, erzählt, so dass ich nun zu meiner Geschichte als Eingeweihte kommen kann, zu den alchemistischen Praktiken des Horus, zu den Geheimnissen der Isis.

Ich wende mich jetzt meiner geliebten Schwester zu, meiner geistigen Schwester, der Mutter von Jeshua, die auch als Maria bekannt ist.

Maria war eine hohe Eingeweihte des Isis-Kultes und in Ägypten ausgebildet. Deswegen flohen sie und Joseph vor dem Zorn des Königs in Israel nach Ägypten, denn sie war dort, bei den Priesterinnen und Priestern der Isis in Sicherheit.

Ihre Ausbildung war anders als meine, doch wir dienten dem Gleichen. Um mein Verständnis von Maria zu erklären, muss ich eines der tiefsten Geheimnisse des Isis-Kultes enthüllen. Man glaubte, und ich halte es für wahr, dass unter bestimmten Bedingungen die Göttin selbst inkarniert, durch eine Geburt oder durch eine spirituelle Einweihung.

Als Maria, die Mutter von Jeshua, noch sehr jung war, erkannten die Hohepriesterinnen der Isis-Tempel sie an der Reinheit ihres Geistes. Sie wurde zur Eingeweihten ausgebildet und erreichte die höchsten Grade. Doch sie wurde nicht zur Priesterin ausgebildet, sondern zu dem, was wir ein »Inkarnat« nennen.

Ein Inkarnat muss eine hoch entwickelte Seele sein und muss sich einer enormen spirituellen Ausbildung und Disziplin unterziehen. In ihrer abschließenden Einweihung wurde Maria zur Hüterin eines direkten Energiestrahls der Isis. In dieser Hinsicht war sie eine Verkörperung der Kosmischen Mutter. Es war so, als ob es zwei gäbe: Maria als Mensch, reinen Geistes und Herzens, und Maria als Inkarnat, die in sich ein direktes Tor zur Großen Mutter hütete, zur Schöpferin aller Materie, aller Zeit und allen Raums.

So war alles vorbereitet, um ein Wesen mit bemerkenswerten Eigenschaften zu empfangen, das ihr Sohn werden würde, Jeshua.

Als Maria das erlebte, was die Kirche die Unbefleckte Empfängnis nennt, war sie Zeugin eines himmlischen und galaktischen Befruchtungsprozesses, bei dem das väterliche Prinzip oder der Geist, wie wir ihn im Isis-Kult kannten, seine Essenz auf Isis übertrug, die Mutter, die den Samen des Vaters empfängt – die Materie empfängt den Impuls des Geistes. Diese hoch entwickelte und mächtige geistige Energie verwurzelte sich in Marias Schoß und gebar Jeshua.

Maria befand sich bei den Aposteln, als sie zu mir an den Brunnen kamen. An dem goldenen Schlangen-Armband und an dem Siegel der Isis, das in meinem Ka-Körper leuchtete, erkannte sie in mir sofort die eingeweihte Schwester, denn Maria war hellsichtig und medial begabt.

Als Erstes begegnete mein Blick den Augen Jeshuas, und wie ich schon sagte, fühlte ich mich von seiner außerordentlichen Präsenz in andere Welten versetzt. Der zweite Mensch, dessen Blick dem meinen begegnete, war seine Mutter. In ihren Augen sah ich, dass sie mich erkannte und meinen Status als Miteingeweihte des Isis-Kultes anerkannte. Obwohl ihre Ausbildung nichts mit Sexualmagie zu tun gehabt hatte, war ihr klar, dass ich für Jeshua vorbereitet worden war.

Zwischen diesen beiden war mir, als ob ich auf den Schwingen transzendenter Liebe hoch empor gehoben würde. Ich spürte, wie mein Geist in großen Höhen schwebte.

Es war schon merkwürdig, dass mein Blick als nächstes den Augen der Jünger begegnete, die mich als Hure abstempelten, und seitdem haben mich zahllose Generationen als solche betrachtet.

Aber ich sage euch, in den Augen von Jeshua und seiner Mutter war ich keine Hure, sondern ein klares Gefäß für die heilenden und nährenden Kräfte der Isis selbst.

Im Leben eines Mannes, sei er menschlicher oder göttlicher Herkunft, kommt irgendwann der Zeitpunkt, da kann seine Mutter ihm nicht mehr die Essenz dessen geben, was er braucht. Ihre Liebe bleibt bestehen, doch er braucht Unterstützung durch eine andere Frau. Ich war diese Frau.

Maria erkannte mich und meine Stellung, und in jenem Moment am Brunnen übergab sie mir ihren Sohn.

Maria und ich verbrachten viel Zeit miteinander, in der wir über Jeshuas Werk, seine Bedürfnisse und meinen Platz in seinem Leben sprachen. Es war klar, dass ich einer höheren Macht diente. Ich war dafür ausgebildet, doch ich muss euch sagen, dass die Erkenntnis dessen immer noch eine erschütternde Wirkung auf mich hat. Dass er mich erkannte, lässt mich immer noch erzittern.

In den vielen gemeinsamen Tagen und Nächten kümmerten Maria und ich uns um die Bedürfnisse Jeshuas und seiner Jünger, und wir kamen uns dabei sehr nahe, denn ich liebte sie, und ich liebe sie immer noch – wegen ihrer Schönheit, wegen der Reinheit ihres Herzens und ihres Geistes und wegen der Sanftmut, mit der sie handelte.

Aus eigener Erkenntnis kann ich sagen, dass Maria, indem sie das Gefäß darstellte, in dem sich Isis inkarnierte, bereits eine hoch entwickelte Meisterin war, doch durch diesen Dienst wurden ihre Meisterschaft und ihre spirituelle Vollkommenheit einfach herrlich.

Sie existiert in den himmlischen Reichen, ihr Mitgefühl und ihre Liebe fließen ständig zu allen Menschen. Sie steht allen zur Verfügung, unabhängig von deren Glauben. Wer sie anruft, kann sich darauf verlassen, erhört zu werden.

Ich möchte nun meinen geistigen Hintergrund erläutern. Ich möchte über die sexuelle Magie des Isis-Kultes und die Alchemie des Horus sprechen. Ich möchte euch Geheimnisse enthüllen, die keine Eingeweihte je enthüllt hätte, auch nicht unter Todesgefahr. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Wie ihr wisst, wird die Zeit knapp, und die Göttin selbst hat mir erlaubt, ja, sie hat mich sogar gebeten, euch einige der bestgehüteten Geheimnisse aller Zeiten zu enthüllen. Sie werden euch enthüllt in der Hoffnung, dass ihr euch rechtzeitig erhöhen werdet.

Bei der Alchemie des Horus geht es um ein Wissen und um Methoden zur Veränderung des Ka-Körpers. Es heißt dabei, dass, während sich das Ka verkörpert beziehungsweise mehr Energie und Licht aufnimmt, das magnetische Feld einer Person stärker wird, und dass sich dadurch das, was auch immer sich die oder der Eingeweihte wünscht, rascher manifestiert.

Um sich seiner eigenen Himmlischen Seele, oder dem Ba, hinzugeben, wird jedoch jegliches persönliche Verlangen zwar nicht völlig aufgegeben, aber hintangestellt. Statt dessen schaut man sozusagen aufwärts, auf die eigenen höheren Fähigkeiten, die durch das Ba oder die Himmlische Seele sichtbar werden.

Diese Himmlische Seele, das Ba, existiert auf einer viel höheren Schwingungsebene als der physische Körper (Khat) oder als das Ka (der geistige oder ätherische Zwilling des physischen Körpers). Im Ka-Körper gibt es Kanäle, die stimuliert und geöffnet werden können. Die Aktivierung dieser geheimen Pfade in dem Ka verleiht ihm enorme zusätzliche Kraft. Die Alchemie des Horus dient zur Stärkung dieser Kanäle, zur Erweckung der latenten Kräfte und Fähigkeiten des Eingeweihten durch das, was Djed genannt wird, oder die aufsteigenden sieben Siegel, das, was die indischen Yogis und Yoginis als Chakren bezeichnen.

In der Schule, in der ich ausgebildet wurde, übten wir, die Schlangenkraft zu aktivieren, sie entlang bestimmter Kanäle in der Wirbelsäule zu leiten und Verbindungen im Gehirn zu öffnen. Daraus ging das hervor, was der Uräus genannt wird.

Der Uräus ist meist ein blaues Feuer, das sich senkrecht und waagrecht über die Wirbelsäule ausbreitet, bis zum Gehirn, und es schwingt entsprechend den energetischen Veränderungen innerhalb dieser Kanäle. Die Aktivierung des Uräus erhöht das Potential des Gehirns für Intelligenz, für Kreativität und vor allem für Empfänglichkeit, denn die Aufgabe eines Eingeweihten ist es, die Qualität des eigenen Seins zu verwandeln, damit das Ba, die Himmlische Seele, klar und ungehindert empfangen werden kann.

Als ich Jeshua zum ersten Mal begegnete, bei jenem Brunnen, aktivierte einfach die Nähe zu ihm meine inneren alchemistischen Prozesse. Eine Schlangenkraft stieg in meiner Wirbelsäule auf, als hätte ich gerade die Übungen gemacht, die ich gelernt hatte.

In der ersten Nacht, in der wir zusammen allein waren, Arm in Arm nebeneinander liegend, praktizierten wir die Sexualmagie der Isis. Diese spezielle Form der Magie lädt den Ka-Körper durch den physischen Orgasmus mit immenser magnetischer Kraft auf, denn beim Orgasmus wird eine sehr große Menge an magnetischer Energie in den Zellen freigesetzt. Während sich diese Energie ausbreitet, setzt sie ein magnetisches Potential frei, das genutzt werden kann.

Ich möchte das gerne genauer erklären, doch dazu muss ich mehr von dem grundlegenden Wissen über Sexualität und spirituelle Erkenntnis erläutern, denn dieses Geheimnis wurde von der Kirche gestohlen.

Wenn ich als Eingeweihte der Isis mich mit Jeshua vereinte, dann hatte ich ganz bestimmte Kanäle in mir zu öffnen. Zu meinem Erstaunen merkte ich jedoch, dass sich viele dieser Kanäle in seiner Gegenwart spontan öffneten. Ich habe am Anfang dieser Geschichte erwähnt, wie ich als Frau erzitterte, wie ich mit meiner eigenen Leidenschaft und mit meinem Verlangen zu kämpfen hatte. Der Weg der Eingeweihten verwendet nämlich die Energie der Leidenschaft auf höchst spezifische Weise und darf sich davon nicht einfach hinreißen lassen. Für den alchemistischen Prozess muss diese Energie gesammelt werden, damit sie transformiert werden kann.

In sehr kurzer Zeit erreichten Jeshua und ich den Zustand, der »Vier Schlangen« genannt wird. Dieser tritt ein, wenn beide Partner die innere Alchemie des Horus so weit gemeistert haben, dass sie sowohl die solare und als auch die lunare Schlange in ihren Wirbelsäulen aktivieren können.

Hellsichtige können den zentralen Kanal sehen, der durch die Wirbelsäule verläuft. Links davon gibt es einen lunaren Kreislauf und rechts davon einen solaren. Die Yogis nennen sie Ida und Pingala.

Bei den alchemistischen Praktiken des Horus werden diese beide Ströme durch schlangenartige magnetische Felder aktiviert.

Die lunare Schlange auf der linken Seite ist pechschwarz, die Farbe der Leerheit; in der Tat ist sie die Verkörperung der Leerheit und enthält als Schöpferin das Potential aller Dinge.

Die solare Schlange ist golden.

Ein Eingeweihter oder eine Eingeweihte lässt diese beiden Schlangen nach oben aufsteigen, wobei sie sich in den Chakren kreuzen und dabei jeweils die Seite wechseln. Bei den alchemistischen Praktiken des Horus kreuzen sich diese beiden Schlangen im fünften Siegel, dem Kehlchakra, und in allen darunter liegenden Siegeln.

Dann schauen sie sich an, ungefähr im Bereich der Zirbeldrüse, in der Mitte des Kopfes. Hier wird ein Kelch so visualisiert, dass die Zirbeldrüse an seinem Grund liegt.

Diese beiden Schlangen sind lebendig. Sie sind nicht statisch, sondern funkeln und vibrieren vor Energie, und das Schlängeln ihrer Körper im Ka aktiviert einen Zuwachs an magnetischem Potential.

Es gibt bestimmte Übungen, über die ich später sprechen werde, an dieser Stelle möchte ich nur die Praxis der Vier Schlangen erörtern.

Als, wie ihr es nennt, Jeshua und ich uns liebten, brachten wir unsere Schlangen dazu, unsere Wirbelsäulen, unsere Djeds entlang aufzusteigen. Wir taten dies synchron, und in dem Augenblick, als wir gleichzeitig den Orgasmus hatten, wurde die Ladung aus den ersten Siegeln im Beckenbereich nach oben hin zum Thron geschickt, der sich im oberen Bereich des Kopfes befindet, und stimulierte dort die höheren Gehirnzentren.

In diesem Augenblick sexueller Ekstase konzentrierten wir unsere Aufmerksamkeit ganz auf unsere Ka-Körper, denn das Ka wird durch Ekstase gestärkt. Ekstatische Zustände sind nährend und stärkend für den Ka-Körper, und wie ich schon sagte, macht dies das Ka magnetischer und stärkt die Anziehungskraft der Person für alles, was sie begehrt.

Die Sexualmagie der Isis bezieht sich auf die, dem Wesen der Frau innewohnende Fähigkeit, magnetische Energien zur Erschließung tieferer Bewusstseinsebenen zu verwenden, indem sie sich den sexuellen Energien und dem Öffnen der Kanäle hingibt.

Wenn eine Frau, so wie ich von Jeshua, tief geliebt und anerkannt wird, dann entspannt sich etwas in ihrem tiefsten Sein und im Augenblick des Orgasmus kann ein unkontrollierbares Erschaudern stattfinden. Wenn sie sich sicher fühlt und sich diesem Zittern und Zucken ganz überlassen kann, öffnet sich ein riesiger magnetischer Strudel, dessen Mittelpunkt in ihrem Schoß liegt.

Zwei Eingeweihte, die sich der Sexualmagie der Isis widmen, können sich durch die Kraft dieses magnetischen Feldes stärken und ihr Bewusstsein rasch erweitern.

In den fortgeschrittenen Übungen der Sexualmagie der Isis bringt der Mann seine beiden Schlangen dazu, durch den Ka-Körper der Frau aufzusteigen und die Frau bringt ihre beiden Schlangen dazu, durch den Ka-Körper des Mannes aufzusteigen. Die Explosionskraft dieser Übung gleicht der, die von einer Atombombe freigesetzt wird. Die magnetischen Flutwellen können das Ka auf unvorstellbare Weise stärken – oder es zerstören, wenn die Übung nicht richtig praktiziert wird.

Jeshua führte diese fortgeschrittene Praxis in jener Nacht durch, bevor er in den Garten von Gethsemane ging. Der immense Zuwachs an magnetischem Potential in seinem Ka stärkte ihn für die schweren Aufgaben, die ihm in seiner abschließenden Initiation durch das Tor des Todes bevorstanden. Als sein physischer Körper sich in seine Elemente auflöste, konnte dies somit in einem Aufleuchten von Licht und Hitze geschehen – die Kirche nannte dies dann Auferstehung. Es war jedoch einfach die Auswirkung eines Prozesses, der viel tiefer in ihm stattfand und der durch den Magnetismus seines Ka-Körpers ausgelöst wurde, denn es war sein aufgeladenes Ka, mit dem er durch seine Unterwelt, durch den Tod selbst wanderte.

Während Jeshua und ich die Sexualmagie der Isis ausübten, wussten wir beide, dass es diesem Zweck diente.

Für ihn war jede Vereinigung mit mir ein Mittel, sein Ka zu stärken. Deswegen habe ich gesagt, er kam an meinen Brunnen, denn der Brunnen, den eine Eingeweihte einem Mann anbietet, ist ein nie versiegender Brunnen magnetischen Potentials. Er öffnet sich jedoch nur, wenn sich die Frau sicher und geliebt fühlt. Nur dann wirken die Übungen. Ohne den nährenden Urgrund der Liebe sind die Übungen einfach Techniken, die nicht zu dem benötigten oder erwünschten Ergebnis führen werden.

Ich war dabei sowohl Frau als auch Eingeweihte. Ich war jahrelang ausgebildet worden und kannte mich mit den Kanälen und Pfaden aus, doch zu meiner Überraschung fühlte ich mich als Frau völlig ergriffen.

Ich bemerkte, wie ich einen Blick oder eine Berührung von ihm kaum erwarten konnte. Die Zeiten, in denen wir allein waren, waren das Wertvollste, das ich je erlebt hatte. Seine Berührung, sein Blick, einfach wie er sich anfühlte, brachte etwas in mir dazu, sich zu öffnen, und ich musste manchmal über mich selber lachen.

Ich, die ich in den geheimsten Praktiken der Isis ausgebildet war – meine Lehrerinnen waren der Ansicht, ich sei weit fortgeschritten – diese Eingeweihte stellte fest, dass sie als Frau eine Anfängerin war.

Denn ich sage euch jetzt, dass im Herzen, im Verstand und in der Körperweisheit des Weiblichen einige der größten Geheimnisse und Kräfte ruhen, die darauf warten entdeckt zu werden.

Und sie offenbaren sich alle durch die gegenseitige Berührung!

Wenn ich von Jeshua spreche, werde ich jedes Mal wieder von meiner Liebe und meinen Gefühlen überwältigt, die ich durch alle Zeiten für ihn empfinde.

Die Sexualmagie der Isis beruht auf der Erkenntnis, dass das weibliche Prinzip von seinem Wesen her, besonders als sexuelles Wesen, einen alchemistischen Schlüssel enthält. Dieser Schlüssel offenbart sich durch das, was ihr geschlechtliche Liebe nennt. Wird er stark genug aktiviert, dann treten die alchemistischen Prozesse des Horus spontan hervor.

In meiner Ausbildung ging man davon aus, dass es, alchemistisch gesprochen, zwei Wege zu demselben Ziel gibt.

Die Alchemie des Horus war die Grundlage bei beiden alchemistischen Wegen oder Übungswegen, da die gleichen Pfade als Basis dienten. Wer sich nicht auf eine Partnerschaft einlassen wollte, dem boten die alchemistischen Übungen des Horus eine Möglichkeit, den Ka-Körper zu stärken und zu aktivieren, um die Ebenen für hohe Einweihungen zu erreichen.

Denjenigen, die sich in einer Partnerschaft befanden, bot die sexuelle Magie der Isis die Flügel, auf denen sie sich den Djed hinauf zum Thron des höchsten Bewusstseins schwingen konnten.

Aus meiner jetzigen Sicht finde ich es äußerst tragisch, dass die Geheimnisse und die Heiligkeit unserer Sexualität von der Kirche, von den Kirchenvätern, als böse verteufelt wurden. Fast zweitausend Jahre lang wurde einer der kraftvollsten und schnellsten Wege zur Gotteserkenntnis als falsch hingestellt.

Und ich finde es wirklich eine Ironie, dass die Kirche eine Sünde daraus gemacht hat – zum Schrecken all jener, die vielleicht zufällig darauf gekommen sind.

Viele halten Jeshuas Wunder für etwas sehr Außergewöhnliches, doch aus der Sicht eines Eingeweihten sind sie einfach der Ausdruck – der natürliche Ausdruck – der Fähigkeiten des Bewusstseins. Sie sind ein Zeichen. Es gibt Gründe für Wunder, und ich möchte sie aus der Sicht des Wissens der Eingeweihten, über das Jeshua und ich verfügten, darlegen.

Als ich Jeshua begegnete, zeigte er bereits die Zeichen. Die Ebene seiner Schöpfungskraft war sehr hoch.

Meine Aufgabe bestand darin, ihm zu helfen, seinen Ka-Körper für seine abschließende Initiation durch das Tor des Todes zum erhabenen Gott Horus zu stärken. Wie gesagt, geschah dies durch die Sexualmagie der Isis und die alchemistischen Praktiken des Horus.

Von all den Wundern Jeshuas, deren Zeugin ich war, ist mir das mit dem Brot und den Fischen das liebste.

Es war an einem langen, heißen Tag. Die Jünger, Maria und ich waren dem Meister wie immer gefolgt. Eine große Menschenmenge hatte sich versammelt und lauschte auf jedes Wort, das der Meister sprach. Wir alle waren von seiner Vision und Ausdrucksstärke hingerissen.

Es schien mehrere Stunden lang so, als ob wir in den Himmel gehoben würden, und ich bemerkte, dass Jeshuas Ka sich derart erweitert hatte, dass es alle umfasste – ein weiteres Zeichen.

Als er seine Rede beendete, war es bereits später Nachmittag, und in seinem Mitgefühl bat er, man solle Essen sammeln und verteilen, denn er wusste, dass der Heimweg für manche mehrere Tage dauern würde.

Die Jünger, Maria und ich sowie ein paar andere aus der Menge begannen, das an Lebensmitteln einzusammeln, was da war.

Doch es kam nicht mehr zusammen als ein paar Fische und ein paar Laibe Brot. Längst nicht genug.

So wurde ich Zeugin eines außergewöhnlichen Ereignisses. Jeshua ging nach Innen und schloss seine Augen. Ich konnte die Absicht seines Gebetes spüren, auch wenn ich seine Worte nicht hörte. Mit hellsichtigem Blick sah ich, wie ein Licht den Djed seiner Wirbelsäule entlang aufstieg, aus seinem Kronen-Chakra hervorbrach und weiter stieg zu seinem Ba, seiner Himmlischen Seele. Dann floss eine Energie herab, wie als Antwort auf seine Bitte. Er legte seine Hände über die zwei kleinen Körbe und begann, Brot und Fisch zu verteilen. Er brach sie in Stücke, die er persönlich an alle verteilte.

Es war höchst bemerkenswert: Mehr als tausend Menschen wurden verköstigt und weder Brot noch Fisch gingen zur Neige. Als er die Menge gespeist hatte, gab Jeshua den Jüngern, Maria und mir noch davon, und das Brot hatte den süßesten Geschmack und die Fische ein so köstliches Aroma, wie ich es nie wieder schmeckte.

Solche Wunder waren für einen Meister von Jeshuas Format nur natürlich, und aus der Sicht der Eingeweihten liegen solche Wunder für jeden, der das dazu Notwendige übt, im Bereich des Möglichen.

Jeshua verwendete oft den Satz: »Ich und der Vater sind eins.« Dies hat zu großen Fehlinterpretationen geführt. Aus der Sicht eines Eingeweihten ist »Vater« einfach ein anderes Wort für »Geist«. Jeshua wies mit diesen Worten also darauf hin, dass er mit seinem Geist eins sei, und dass das die Grundlage der Wunder sei.

So wechselte er zwischen zwei Vorstellungen hin und her, über die die Evangelien in ihrer eigenen eingeschränkten Art berichten.

Einerseits sagte Jeshua manchmal: »Ich und der Vater sind eins«, und zu anderen Zeiten sagte er: »Ohne meinen Vater vermag ich nichts«. Das sind die beiden Pole, die sich durch den Einweihungsprozess ergeben. Der Eingeweihte pendelt hin und her zwischen der Kraft und Überzeugung seiner Verbindung zur Geist-Quelle einerseits und dem Geisteszustand andererseits, in dem er erkennt, dass er nichts ist und ohne den Geist nichts vermag.

Der eine Geisteszustand fühlt sich allmächtig an, der andere ohnmächtig. Der Eingeweihte muss sich zwischen diesen beiden hindurch bewegen. Als Miteingeweihte erkannte ich an diesen Worten Jeshuas, dass er sich mitten in diesem Paradox befand.

Er lebte im Bewusstsein dieses Paradoxes bis zu dem Abend im Garten Gethsemane. Denn vor seiner Zeit im Garten, von der die Evangelisten erzählen, war er zu mir gekommen, und wir praktizierten zum letzten Mal die Vier Schlangen. Unser Zusammensein war von großer Intensität, denn wir wussten beide, dass die Zeit nahte.

Jeshuas Ka-Körper funkelte vor Energie und Überzeugungskraft durch die explosiven Kräfte, die bei der Praktik freigesetzt worden waren. So gestärkt ging er in die letzten Stunden seines Lebens und trat seine Reise durch den Tod an. Die Male zuvor verbrachten wir jedoch oft – wie soll ich sagen – in einer Art Selbstbefragung.

Jeshuas Nachfolger, die, die sich Christen nennen, stellen sich gerne vor, dass er sich seiner Sache immer sicher war, im klaren Bewusstsein seiner Mission, und dass er nie wankte. Doch ich, die ich die Nächte mit ihm verbrachte, weiß es besser.

Nur weil jemand eine gewisse Meisterschaft erlangt hat, ist er doch vor Unsicherheit nicht gefeit.

Jeshua spürte den Druck seiner Himmlischen Seele, doch ein Eingeweihter zu sein ist eine merkwürdige Sache. Denn man ist Mensch, mit allem, was dazu gehört – und man ist seiner Himmlischen Seele zunehmend verbunden und Teil von ihr.

Es ist das Ba, die Himmlische Seele, die die Stimme Gottes ist. Der hohe Eingeweihte handelt wie ein Reflex auf die Stimme Gottes, doch nur weil für die Himmlische Seele alles klar ist, braucht das der Mensch nicht auch so zu empfinden.

Jeshua sah in anderen das Potential für Gotteserkenntnis, und er sprach mehrmals darüber. In den Evangelien wird einmal davon erzählt, dass er sagte: »Ihr werdet größere Dinge tun als ich«. Ihm war klar, dass Wunder ein natürlicher Ausdruck des Bewusstseins sind, und dass, indem sich das Bewusstsein der Menschheit erweitern würde, auch Wunder immer häufiger werden würden.

Gleichzeitig war er sich der Begrenzungen derer, die ihn umgaben, sehr bewusst – ihrer Anhaftung an Hass, Ignoranz und Frömmelei – und es bekümmerte ihn zutiefst. Wir sprachen viele Abende lang darüber. Bis ein paar Tage vor Gethsemane war er sich nicht sicher, ob er das erreichen würde, was notwendig war, um die abschließende Initiation durchführen zu können.

Ich weiß nicht, warum sich etwas in ihm veränderte, doch wenige Tage vor Gethsemane und unserem letzten gemeinsamen Akt der Einweihung durch die Vier Schlangen, kam ein Gefühl tiefen Friedens über ihn, und er war sich auf eine Weise sicher, die ich noch nicht an ihm gesehen hatte.

Jetzt stehe ich in der Zeit fast zweitausend Jahre nach Jeshuas Kreuzigung und immer noch erschüttert mich der Gedanke daran. Es war sehr seltsam, gleichzeitig Eingeweihte und Frau zu sein.

Als Eingeweihte stand ich bei Jeshua während der Kreuzigung und hielt mein Ka in inbrünstigem Gebet, das heißt, ich hielt unerschütterlich an meiner Absicht fest, für ihn da zu sein, wenn er in den Tod hinüber ging. Dies war eine Einweihungshandlung, und sie erforderte einen gewissen inneren Abstand.

Für eine gut ausgebildete Eingeweihte ist das nicht schwer, doch als die Frau, die Jeshua, den Mann, liebte, zerriss es mir das Herz. Da stand ich also auf Golgatha, hin- und herschwankend zwischen der Kraft der Eingeweihten und dem Kummer der liebenden Frau, deren Liebster leidet.

In jenem Augenblick war mir die Einweihung egal. Es war mir egal, dass Jeshua einen Lichtpfad durch das Reich des Todes hinterlassen würde, auf dem andere ihm nachfolgen konnten.

Ich schrie sogar Isis an.

»Wie kannst du nur«, rief ich!

Im Augenblick meiner größten Qual streckte Maria ihre Hand zu mir herüber. Ich war mit meinem Kummer allein gewesen und hatte den ihren gar nicht bemerkt. Unsere Blicke begegneten sich, mit Tränen in den Augen, und wir lagen uns schluchzend in den Armen. Sie weinte um ihren Sohn, ich um meinen Geliebten.

In den Evangelien wird berichtet, dass die Erde erbebte, als Jeshua verschied, und ich sage euch: Das ist wahr. Es schien, als würde die ganze Natur leiden und als ob sich die Erde vor Wut und Zorn darüber schütteln würde, dass solch ein Meister, solch ein Wesen, durch die Hand seiner Mitmenschen leiden musste.

Doch das Leben auf der Erde ist paradox.

Auch ein Gewittersturm zog über die Stadt mit Böen, wie ich sie noch nicht erlebt hatte. Der Himmel verdunkelte sich mit Wolken, Blitze zuckten, und das Donnerkrachen ließ alles erzittern. Diese Schrecken schienen sich ewig hinzuziehen, doch ich nehme an, es dauerte nur etwa eine Stunde.

An der Grabstätte wuschen Maria und ich seinen Körper entsprechend den jüdischen Bräuchen und Traditionen, wir wickelten ihn in Tücher und verließen die Gruft. Wir taten dies schweigend. Das einzige Geräusch war unser unterdrücktes Schluchzen.

Ich fand es merkwürdig, dass er Lazarus von den Toten auferwecken konnte, doch sich selbst nicht zu helfen wusste.

Ich verstand nicht, was er tat.

Nach seiner Auferstehung aber, als ich ihn in seinem Ka-Körper sah, so strahlend und schön wie immer, da verstand ich.

Zum erhabenen Gott Horus zu werden bedeutet aus der Sicht der Eingeweihten, dass jemand das höchste Bewusstseinspotential aktiviert hat, was in der menschlichen Form möglich ist. Traditionellerweise tat man das nur für sich selbst. Jeshua tat es für die gesamte Menschheit. Das ist sein Vermächtnis.

Doch ich sage euch: Das hat nichts mit Religion zu tun! Es hat mit Physik und Alchemie zu tun.

Jeshuas einfache Lehre war, dass wir alle Gott sind, dass wir alle in uns die Kraft haben, zu lieben und zu heilen, und er hat das, so gut er konnte, gezeigt.

In den frühen Tagen der Kirche – damit meine ich die Gemeinschaften, die sich um Jeshuas Lehren herum bildeten – entstand ein wunderschöner Brauch.

Diejenigen, die weiter in seiner Energie oder Präsenz bleiben wollten, teilten Brot und Wein miteinander. Manchmal führten Männer das Ritual durch und manchmal Frauen. Dieses einfache Miteinanderteilen war ganz in Jeshuas Sinn, doch im Laufe der Jahre ging die Schlichtheit verloren, und nur die von der Kirche Ordinierten konnten Kommunion erteilen, was Jeshua abscheulich gefunden hätte. (So gut, wie ich ihn kannte, kann ich das durchaus behaupten.)

Die Wahrheit und die Kraft von Jeshuas Lehren wurden von der Kirche verdreht.

Die Geheimnisse der Erhöhung des Bewusstseins durch heilige Sexualität, so wie Jeshua und ich sie praktizierten, wurden von der Kirche unterschlagen.

Mir ist klar, dass nur eine Handvoll von Menschen meine Geschichte verstehen wird, doch das genügt.

Ich möchte jetzt einige der Geheimnisse der Sexualmagie der Isis enthüllen.

Wie bereits gesagt, ist es möglich, allein die Höhen des Bewusstseins zu erklimmen, ohne Partnerschaft, und die alchemistischen Praktiken des Horus dienten dazu, die Eingeweihten dabei zu unterstützen.

Doch für diejenigen, die sich in Partnerschaften befanden, heiligen Beziehungen, wurde die Sexualmagie der Isis enthüllt. Ich möchte verschiedene Aspekte davon hier erläutern.

Als Erstes möchte ich klarstellen, dass in dem Augenblick des Orgasmus magnetische Felder entstehen. Eigentlich entstehen diese Felder durch das, was ihr Vorspiel nennt: Die Stimulation der Sinne durch Berührung. Diese Stimulation der Sinne setzt den Prozess des Aufbaues der magnetischen Felder in Gang und ist für die alchemistische Sexualmagie von entscheidender Bedeutung.

Den Eingeweihten stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, und ich werde einige davon erklären. Von grundlegender Bedeutung ist aber das Wissen um die Wechselwirkung der beiden alchemistischen Elemente im Mann und in der Frau.

Auf der gewöhnlichen Ebene enthält der Samen des Mannes die Information seiner genetischen Abstammungslinie, die er an das Kind weitergibt. Wenn das Sperma in seinem Samen sich mit der Eizelle der Frau verbindet, entsteht Leben, und Leben ist eine komplexe Verbindung magnetischer Felder. Das Kind, das in der Gebärmutter entsteht, entwickelt Organe und Systeme, doch auf der magnetischen Ebene können diese als ineinander greifende komplexe Schwingungs- und Magnetfelder betrachtet werden. So erschafft der sexuelle Akt auf der gewöhnlichen Ebene also neue Magnetfeldmuster.

Eingeweihte der Alchemie verwenden auch sexuelle Energie, um komplexe magnetische Felder zu erschaffen, doch aus diesen Feldern entsteht kein Kind, sondern sie werden den Ka-Körpern der beiden Eingeweihten einverleibt, um sie zu stärken und ihre Schwingung anzuheben. Dies gilt es als Erstes zu verstehen. Darum dreht sich alles.

In dem System, in welchem Jeshua und ich ausgebildet waren, ist es die Aufgabe der Eingeweihten, den Ka-Körper über die Begrenzungen des physischen Körpers (Khat) hinaus zu stärken.

Beim nächsten Punkt, den es zu verstehen gilt, geht es um die emotionale Einstimmung der weiblichen Eingeweihten, denn ihre Empfänglichkeit hängt von ihrem emotionalen Zustand ab. Das ist Teil ihres Wesens und darf nicht übergangen werden, wenn die Techniken funktionieren sollen.

Für die Eingeweihte ist das authentische Gefühl von Sicherheit und Liebe, oder zumindest von Würdigung, von essentieller Bedeutung. Ist das gegeben, kann etwas in ihrem Wesen loslassen, und die Alchemie kann sich ereignen.

Die Alchemie entsteht durch die Vereinigung vom Ka des Mannes und dem der Frau. Wenn sie sich lieben, verbinden sich ihre Ka-Körper, und dies bringt die Frau dazu, ihren Magnetischen Boden zu öffnen. Dies ist ein merkwürdiger Ausdruck. Er stammt aus der Sprache, die in den Tempeln der Isis verwendet wurde.

Der Boden ist die Grundlage, auf der man steht. Wenn wir etwas sicher abstellen wollen, legen wir es auf den Boden. In den Tempeln bezeichneten wir somit etwas Grundlegendes als »Boden«. Wenn ich also von dem Magnetischen Boden der Frau spreche, dann meine ich, dass dies das Grundlegende ist, was sich ereignen muss.

Wenn die zwei Eingeweihten sich weiter lieben und die Leidenschaftlichkeit ihrer Verbindung sich steigert, werden starke chemische Substanzen in ihren Gehirnen und ihren Körpern freigesetzt, die sie in einen veränderten Zustand versetzen. Dies öffnet die magnetischen Felder noch mehr und verstärkt sie.

Für den männlichen Partner gibt es im Augenblick des Orgasmus zwei Möglichkeiten. Er kann ejakulieren oder seinen Samen zurückhalten. Wenn er ejakuliert und die übrigen Bedingungen stimmen, entsteht in der Gebärmutter der Frau eine unmittelbare Reaktion. Wenn die energetische Essenz des Spermas die Wände ihres Allerheiligsten berührt, entsteht eine Explosion magnetischer Energie – Welten in Welten, alles dreht sich. In dem Maße, wie der Mann einen ebenso hohen Bewusstseinsstand erreicht hat wie die Frau, können die durch den Kontakt der Sexualsekrete freigesetzten Magnetkräfte enorm sein. Man muss unbedingt wissen, dass dies komplexe Magnetfelder erschafft, die beide Partner in ihre Körper ziehen können.

Dieses zweite Phänomen geschieht, während die weibliche Eingeweihte beginnt, unkontrollierbar zu schütteln. Dabei ist die Gebärmutter in der Regel der Mittelpunkt, von dem Schauer ausgehen, die das Becken in eine wellenartige Bewegung versetzen. Dadurch entstehen ebenfalls komplexe Magnetfelder, die beide Partner wiederum in ihre Ka-Körper ziehen können. Das ist das grundlegende Wissen.

Mehr darf ich darüber nicht sagen, weil die Anwendung dieser Übung einen erheblichen Kraft- und Machtzuwachs mit sich bringen kann. Ich überlasse es denen, die dies lesen, zwischen den Zeilen zu lesen. Wer bereit ist für diese Übung, wird wissen, wie sie geht.

Sowohl in der Ausbildung der Sexualmagie der Isis als auch in den alchemistischen Praktiken des Horus wurden die Eingeweihten in den Grundübungen der Zwei Schlangen unterwiesen.

In dieser Übung erschafft der (oder die) Eingeweihte allein Energie durch die Kraft von Ra, dem inneren Feuer, um eine Anhebung des Gewahrseins zu erreichen – um komplexe Magnetfelder in seinem (oder ihrem) Körper zu erzeugen – und diese dann dem Ka einzuverleiben.

Ich möchte diese Methode gerne mitteilen. Sie ist grundlegend sowohl für die, die diese Arbeit alleine durchführen möchten als auch für jene, die es in einer Partnerschaft tun.

Für die Grundübung ist es notwendig, dass die Person aufrecht sitzt und rhythmisch und ruhig atmet.

Dann wird sie sich des unteren Endes ihrer Wirbelsäule bewusst und zieht mit dem Atem die Schwarze Schlange von der linken Seite die Wirbelsäule hoch und die Goldene Schlange von der rechten.

In jedem Chakra kreuzen sich die zwei Schlangen und bewegen sich so in Richtung Kronen-Chakra. Doch in dieser Übung werden die zwei Schlangen in die Mitte des Kopfes gebracht, in die Nähe der Zirbeldrüse.

Mit der Kraft des Atems sendet der Eingeweihte dann die Energie des Einatmens in die Schlangen, und mit dem Ausatmen schickt er diese Energie noch tiefer in die Schlangenkörper, wodurch sie sozusagen »lebendig« werden. Durch die Kraft des Atems und die Absicht des Eingeweihten kommt es dann nach einer Weile dazu, dass sie anfangen, sich zu schlängeln, sich zu bewegen.

An diesem Punkt stellt man sich dann im Kopf einen Kelch vor, an dessen Rand die beiden Schlangenköpfe einander unverwandt anstarren und an dessen Grund die Zirbeldrüse ruht.

Im nächsten Schritt wird die Energie von Ra hochgezogen. Der Übende stellt sich einen lebendigen Feuerball an seinem Solarplexus vor, wie die Sonne, und mit jedem Ausatmen wiederholt er leise oder laut tönend den Klang »Ra«. Dies aktiviert das Licht, das Feuer des inneren Ra, und es beginnt, spontan aufzusteigen.

Beim Aufsteigen bewegt sich dieses Licht und diese Hitze durch den Mittelpunkt des Kelches zwischen den zwei Schlangen hindurch und zur Krone des Kopfes. Hier ereignet sich dann ein äußerst bemerkenswertes Phänomen.

Von der linken Seite der Krone fließt eine Energie herab, die fast wie eine Flüssigkeit wirkt. Diese Flüssigkeit wird »Roter Schlangentropfen« genannt. Von der rechten Seite fließt eine andere, quasiflüssige Energie herab in den Kelch, die »Weißer Schlangentropfen« genannt wird. Durch die Hitze und das Licht des inneren Ra sondert die Krone diese Substanzen ab.

Die Roten Schlangentropfen stehen in Verbindung zur biologischen Mutter des Eingeweihten, die Weißen Schlangentropfen zum biologischen Vater. Wenn die beiden sich vermischen, können verschiedene Dinge geschehen. Es kann sich ein süßer Geschmack im hinteren Gaumenbereich einstellen – die Yogis nennen das »Amrita« – doch wir vom Isis-Kult nennen dies die Quellwasser, denn sie scheinen von einer Quelle im Kopf zu stammen.

So zeigt es sich manchmal zuerst, und wenn der oder die Eingeweihte sich auf die Empfindung der Quellwasser konzentriert, entsteht eine Art Ekstase. Manche Eingeweihte empfinden ein Licht in ihrem Kopf. Auch hier: Wenn sie sich auf diese Wahrnehmung konzentrieren, entsteht Ekstase.

Manchmal entsteht bei der Vermischung der Roten und der Weißen Schlangentropfen spontane Ekstase. Wie auch immer sie hervorgerufen wird: Die Ekstase ist unerlässlich für diese Art der Alchemie, denn Ekstase ist Nahrung für das Ka.

Es besteht die Tendenz, dass die Ekstase in den höheren Zentren bleibt, denn da wurde sie bei dieser Praxis ja hervorgerufen. Doch bei dieser Übung muss der Eingeweihte beim ersten Auftreten der Ekstase seine Aufmerksamkeit auf den ganzen Ka-Körper lenken. Dadurch verteilt sich die Ekstase über den gesamten physischen Khat-Körper und wird dann vom Ka absorbiert. Dies stärkt und belebt das Ka. Das ist die grundlegende Übung.

Bei denjenigen, die in einer Partnerschaft sind und die Sexualmagie der Isis praktizieren, entsteht der ekstatische Zustand auf natürliche Art. Diejenigen, die alleine üben, müssen die Ekstase selbst hervorbringen.

Auf jeden Fall ist es jedoch notwendig, dass die Eingeweihten sich im Moment der Ekstase ihres Ka bewusst werden, so dass der Ka-Körper an den reichhaltigen Magnetfeldern, die durch solche Wonnen hervorgerufen werden, teilhaben kann.

In einem sehr realen Sinn ist der männliche Eingeweihte in der Sexualmagie der Isis am meisten gefordert, denn er muss sich scheinbar gegen seine Natur verhalten. Das Männliche ist aus alchemistischer Sicht vom Wesen her elektrisch, während das Weibliche magnetisch ist.

Elektrizität will sich bewegen, agieren, während Magnetismus sich einbetten will, sich einhüllen.

In der Praxis konzentrieren wir uns darauf, den Ka-Körper zu stärken, indem wir die, durch den sexuellen Akt freigesetzten Magnetfelder in ihn aufnehmen. Direkt nach dem Orgasmus fahren die von der Frau erschaffenen Magnetfelder damit fort, sich aufzuwickeln und zu kreisen. Dies ist eine Zeit, um zu ruhen und dem Magnetismus nachzuspüren, doch ihrer Natur nach neigen die Männer dazu, dann aufzustehen und etwas zu tun oder einzuschlafen.

Der männliche Eingeweihte muss also üben, sich einzunisten, den erzeugten Magnetfeldern zu erlauben, sich in sein Ka und in seinen Körper hineinzudrehen.

Das ist von dem, was normalerweise geschieht, verschieden, denn im Mann beschränkt sich der Orgasmus auf den Beckenbereich und breitet sich manchmal aus. Doch in der Frau, vor allem in einer, die sich in die Erfahrung hinein fallen lassen kann, breitet sich der Orgasmus durch den gesamten Körper aus und kann sich in unterschiedlicher Intensität über mehrere Stunden hinziehen.

Manche Männer mögen befürchten, dass sie, wenn sie sich verändern und sich einnisten, weniger männlich würden, doch ich versichere euch, das Gegenteil ist der Fall.

In Wahrheit wird der Ka-Körper des Eingeweihten stärker, wenn er sich in die Magnetfelder einnistet, und seine sexuelle Energie wird potenter. Eine der Aufgaben des männlichen Eingeweihten ist es, sich für neue Ebenen der Empfindsamkeit zu öffnen, damit er die, durch den Sex freigesetzten Magnetfelder in seinen Körper und in sein Ka aufnehmen kann.

Das Sich-Einnisten bedeutet nicht notwendigerweise, dass das Glied des Mannes in der Frau bleibt. Es bedeutet, dass der Mann der Frau nahe ist, sie berührend, streichelnd, ganz bei den Körperempfindungen und Emotionen bleibend, die dem Orgasmus folgen. Durch das Sich-Einnisten kann der Mann Zugang zu den weiblichen Schöpfungsmysterien finden.

Ein weiterer Aspekt, dessen sich der männliche Eingeweihte bewusst werden muss, wird die »Verehrung der Geliebten« genannt.

Wenn die Alchemie der Sexualmagie stärker wird, so treten bestimmte Zeichen auf. Eines davon ist die Verehrung oder Bewunderung der oder des Geliebten.

Dies geschieht sowohl dem männlichen als auch der weiblichen Eingeweihten. Wenn die Verehrung des/der Geliebten beidseitig ist, wird die Alchemie der Sexualmagie um ein Vielfaches verstärkt, denn die Harmonien und magnetischen Kräfte, die durch solches Empfinden hervorgerufen werden, unterstützen die Magie sehr.

Ich möchte an dieser Stelle über den Begriff der »Magie« sprechen.

Wir verwenden diesen Begriff, weil er sich auf die Transformation des einzelnen Menschen in einen Gott bezieht. Das ist in der Tat magisch. Das Symbol dafür ist der Gott Horus, der halb Mensch, halb Falke ist, und der durch die alchemistischen Praktiken zu dem erhabenen Gott Horus wird, was bedeutet, dass er den allerhöchsten Bewusstseinszustand erreicht hat.

Die Sexualmagie der Isis ist also genau genommen eine Methode zur Anhebung des Bewusstseins, was eigentlich auch Magie ist, und sie verwendet die Energien und die Ekstase, die beim sexuellen Akt erschaffen werden.

Ein weiterer Grund, weshalb der Begriff der Magie verwendet wird, liegt in den Methoden, die man anwenden kann, wenn der Ka-Körper gestärkt ist, um die eigene Realität auf so direkte Weise zu beeinflussen, dass es magisch erscheint. Wenn wir zum Beispiel die grundlegenden Übungen der alchemistischen Praktiken des Horus betrachten – das Aufsteigen der Schwarzen und der Goldenen Schlange entlang der Wirbelsäule, die Erschaffung des Kelches, die Aktivierung des inneren Ra-Feuers, das Vermischen der Roten und der Weißen Schlangentropfen – dann sind das alles magische Handlungen, in denen Absicht und sowohl persönlicher als auch spiritueller Wille zusammenkommen. Deswegen nennen wir es Magie.

Zurück zu dem Paradox, dem sich der männliche Eingeweihte gegenüber sieht, dass nämlich diese Praktiken, besonders die Sexualmagie, in gewisser Weise seiner Natur zuwider laufen. Denn wenn sein Ka gestärkt ist, will er naturgemäß aktiv werden, er will etwas tun. Doch wenn er sich beherrschen kann, es übt, bei seiner Geliebten zu bleiben, kann er sich in die reichhaltigen Magnetkräfte einnisten, die durch ihrer beider Sexualität und Liebe hervorgerufen wurden und sein Ka noch umfassender nähren.

Der männliche Eingeweihte muss sich in diesem Prozess einem weiteren Aspekt stellen, den wir in den Tempeln »Flughindernisse« nannten, doch in eurer Sprache würdet ihr das wohl eher »psychologische Probleme« nennen. Der Ausdruck »Flughindernisse« bezieht sich auf Behinderungen bei der Entfaltung der eigenen Horus-Natur, insbesondere den Anteil von ihr, der sich zu erhöhten Bewusstseinzuständen aufschwingen kann.

Es gibt Haltungen, Überzeugungen und emotionale Gewohnheiten, die den »Flug«, also die Anhebung des Bewusstseins, behindern. Das meinen wir, wenn wir von »Flughindernissen« sprechen. Dies ist eine der verzwicktesten Passagen für den männlichen Eingeweihten, und sie erfordert hoch entwickelte Fähigkeiten.

Als Kind wurde der Mann im Leib seiner Mutter getragen und danach von ihr geschützt und genährt, bis er autonom genug war, eigenständig zu handeln. Dann schiebt der Junge die Mutter sozusagen beiseite, um sich der Welt zu stellen.

Es kann vorkommen, dass er sich an dieser Stelle seiner Entwicklung von der Mutter eingeengt fühlt oder begrenzt, und dass es zu Auseinandersetzungen kommt. Als Mann trägt er möglicherweise immer noch diese emotionalen Gewohnheiten mit sich herum. In dem Fall wird es schwer für ihn sein, sich entspannt in die Magnetfelder einzunisten, da er es auf der psychologischen Ebene als eine Hingabe an das Weibliche empfindet.

Wenn der Mann Probleme mit der Mutter seiner Kindheit hat, lebt er diese möglicherweise bewusst oder unbewusst mit seiner Partnerin aus.

Es ist wichtig, dass sich beide Partner, die sich der Sexualmagie der Isis widmen, darüber klar sind, dass sie auf eine lange Reise gehen, und dass es dabei letztendlich um einen alchemistischen Prozess geht. Alchemie dient dazu, eine Substanz in eine andere zu transformieren. Das geschieht, indem die Schlacken oder das Negative der Substanz verbrannt wird, so dass die reine Substanz übrig bleibt oder erzeugt wird.

In der Sexualmagie der Isis handelt es sich bei den Substanzen, die transformiert werden, um Sexualsekrete, Hormone, Neurotransmitter und andere Substanzen, die eure Wissenschaften noch nicht entdeckt haben. Doch auch die Transformation der eigenen Psyche gehört dazu.

Die Sexualmagie der Isis heizt den alchemistischen Prozess sozusagen an, so dass die Schlacken geklärt werden und das, was gereinigt werden muss, schmerzhaft ins Bewusstsein tritt.

Wer das nicht als einen Nebeneffekt der Alchemie begreift, der wird vielleicht durch das Auftauchen psychologischer Probleme verstört sein. Es ist jedoch tatsächlich eines der Ergebnisse, denn der innere Druck, den die intensive Alchemie der Sexualmagie der Isis auslöst, zwingt den Ka-Körper, alle Unreinheiten »auszuschwitzen« und sich von allen »Flughindernissen« zu befreien.

Bei den alleine, ohne Partner Praktizierenden, erzeugen die alchemistischen Praktiken des Horus diesen inneren Druck um Unreinheiten auszustoßen. Die Aufgabe ist jedoch schwieriger, da die Energie, die benötigt wird, von der Person allein erzeugt werden muss, und sie nicht den Vorteil hat, von einem anderen gespiegelt zu werden. Doch es ist möglich.

Dies sind die grundlegenden Kenntnisse, die für die Sexualmagie der Isis notwendig sind. Auf den vorangegangenen Seiten habe ich euch die Geheimnisse der Jahrhunderte, eines der bestgehüteten Geheimnisse aus den Tempeln der Isis enthüllt.

Nur die Fortgeschrittensten wurden in diesen Übungen unterwiesen.

Ob man nun den einsamen Pfad der alchemistischen Praktiken des Horus geht oder den Pfad der heiligen Beziehungen durch die Sexualmagie der Isis, in jedem Fall beschreitet man den Weg zur Göttlichkeit.

Der zentrale Schlüssel auf dieser Reise ist die Stärkung des Ka durch ekstatische Bewusstseinszustände. Ob diese selbst hervorgerufen werden oder durch Sex ist eigentlich nicht wichtig. Das Ka wird durch ekstatische Zustände genährt und gestärkt, was auch immer sie ausgelöst hat.

Im Gegensatz dazu ist Scham Gift für den Ka-Körper. Scham baut seine Vitalität und Kraft ab.

Als Eingeweihte der Isis finde ich es äußerst tragisch, dass die Kirche die Sexualität von Männern und Frauen mit so viel Scham beladen hat und damit einen der direktesten Wege zu Gott verschloss. Was auch immer ihr auf diesem Weg tut, ich rate euch: Befreit euch von aller Scham.

Begebt euch in die Katakomben eures Verstandes und eures Herzens, findet die dunklen Ecken in euch, in denen die Scham lebt und entfernt sie.

Nutzt jede Gelegenheit, um Ekstase zu erzeugen, denn das stärkt euch und nährt euer Ka.

Mögen der Hindernisse auf eurem Flug wenige sein und der Segnungen auf eurer Reise viele.

Ich möchte jetzt noch ein paar Anmerkungen zu den Übungen der Alchemie des Horus und der Sexualmagie der Isis machen.

Die männlichen Eingeweihten müssen verstehen, dass die Magnetfelder zuerst durch das Berühren und Streicheln der Geliebten hervorgerufen werden, und dass daraus Wellen von Magnetfeldern entstehen, die sich bis zum Orgasmus hin aufbauen.

Es ist wichtig, dass der Mann übt, sich in die Magnetfelder einzunisten.

Es ist außerordentlich wichtig, dass beide Partner sich während der ekstatischen Bewusstseinszustände auf den Ka-Körper konzentrieren, denn dies stärkt den Ka-Körper, und das ist bei dieser Art von Alchemie, wie sie von Jeshua und mir praktiziert wurde, entscheidend.

Im Augenblick des Orgasmus besteht entweder die Tendenz, dass der magnetische Spannungsstoß hochsteigt, durch das Schädeldach, oder dass er nach unten durch die Füße geht – in beiden Fällen aber verlässt das magnetische Feld den Körper und löst sich auf. Es ist wichtig, im Augenblick des Orgasmus dieses magnetische Feld oder die Spannung zu halten. Idealerweise konzentriert sich der oder die Eingeweihte auf das Kronen-Chakra oder die höheren Hirnzentren. Dadurch steigt die Spannung des Orgasmus in den Kopf auf und seine Energie fließt ins Gehirn und in den Ka-Körper.

Manchmal möchte der Eingeweihte vielleicht seinen Samen zurückhalten. In der Sexualmagie der Isis wurde den Männern eine Übung beigebracht, die »das Anhalten des unteren Nils« genannt wurde.

Für die Eingeweihten des alten Ägypten gab es den Nil sowohl im Außen als auch in ihrem Inneren, wobei der äußere Nil der Fluss war und der innere Nil dem Djed entsprach, der durch die sieben Siegel oder Chakren fließt. Im Augenblick des körperlichen Orgasmus, wenn der Mann ejakuliert, werden die schöpferischen Kräfte vom oberen Nil in den unteren Nil freigesetzt.

Dieser Samen enthält ein großes Potential zur Erschaffung von Magnetfeldern, sei es in Form von neuem Leben oder als alchemistische Reaktion in der Gebärmutter der Frau, wie wir es schon besprochen haben.

Es kommt jedoch vor, dass der Mann seinen Samen zurückhalten möchte, hauptsächlich weil, abhängig vom Zustand seiner Vitalität, die Ejakulation tatsächlich seine Energie verringern kann, und dafür wurde die Technik des Anhaltens des unteren Nils entwickelt.

Der Mann legt dabei einen Finger auf die Prostata, direkt davor, so dass in dem Augenblick der Ejakulation der Samen zurückfließt statt vorwärts, und die Magnetfelder seiner sexuellen Essenz durch seinen eigenen Körper und sein Ka kreisen. Doch selbst dann ruft sein Ka Magnetfelder hervor, die auf das Ka der Frau wirken, und beide können sich in diese Wechselwirkungen einnisten.

Ich möchte jetzt eine seltenere Form der Partnerschaft ansprechen, die jedoch auch unter den Eingeweihten der Isis vorkam. Ich meine gleichgeschlechtliche Partnerschaften.

Der Aufbau der Magnetfelder und das Einnisten in diese sowie das Erzeugen ekstatischer Zustände kann auch mit gleichgeschlechtlichen Partnern erfolgen, die Wechselwirkung zwischen Samen und Gebärmutter fällt jedoch weg. Dieser Aspekt der Alchemie findet dann nicht statt, alle anderen Aspekte der Alchemie und der Sexualmagie besitzen jedoch auch hier Gültigkeit.

Zuletzt möchte ich mich dem Begriff des Eingeweihten zuwenden, denn ich habe dieses Wort jetzt sehr häufig verwendet. Es bezieht sich auf jemanden, der sich entschieden hat, sein Leben der Erhöhung seines Bewusstseins zu widmen, der sich entschieden hat, das gewöhnliche Leben hinter sich zu lassen und sich in ein Abenteuer des Bewusstseins zu stürzen.

Im Allgemeinen wird der Übergang vom gewöhnlichen Leben zum spirituellen Leben durch ein Einweihungsritual markiert. In der alten Zeit wurde diese Einweihung von einem Priester oder einer Priesterin durchgeführt, die auf den Kandidaten die relative Kraft ihrer jeweiligen Tradition übertrugen.

Bei bestimmten Übergängen ist es notwendig, von einer anderen Person eingeweiht zu werden. Doch für die Anfangsphase ist es möglich, dass sich ein Mensch selbst einweiht, denn die wahre Essenz der Initiation ist, dass sie eine Schwelle markiert: Den Übergang vom gewöhnlichen zum spirituellen Leben.

Wer sich von den Übungen der Alchemie des Horus angezogen fühlt und für seine innere Hingabe und Verpflichtung zu einem spirituellen Leben ein Zeichen setzen möchte, dem empfehle ich dieses einfache Ritual. Ich tue dies, weil es so wenige qualifizierte Personen gibt, die Einweihungen in die alte Tradition Ägyptens durchführen können.

Ihr braucht dazu eine Kerze und zwei Gläser oder Becher.

Das eine Glas ist mit Wasser gefüllt, das andere ist leer. Ihr könnt das Ritual mit Blumen und Räucherwerk ausschmücken, doch letztendlich geht es bei der Selbstinitiation um Absicht und um persönlichen und spirituellen Willen.

Das Ritual ist einfach eine äußere Spiegelung von etwas, das sich tief im Inneren vollzieht. Und in der Tat kann diese innere Entscheidung ohne äußeres Ritual vollzogen werden, denn ein Ritual ohne innere Entscheidung ist wertlos.

Ihr zündet dann die Kerze an und sprecht folgende Worte:

»Geist allen Lebens, sei mein Zeuge hier.

Um meiner eigenen Höherentwicklung

und um der Höherentwicklung allen Lebens willen,

werde ich danach streben,

weder mir selbst noch anderen Leid zuzufügen.«

Dann haltet das Glas mit dem Wasser in der rechten Hand, gießt das Wasser in das Glas in eurer linken und besiegelt diese Handlung mit folgenden Worten :

»Indem ich das Wasser gieße, tue ich kund,

dass die heiligen Wässer meines Lebens

vom Gewöhnlichen zum Heiligen transferiert wurden.

Geist allen Lebens, sei mein Zeuge hier.

Amen. Amen. Amen.«

Ich möchte meine Geschichte mit Gedanken über meinen Geliebten Jeshua beenden. Als Eingeweihte der Isis war ich auf den Augenblick der Begegnung mit ihm vorbereitet. Als sich unsere Blicke begegneten, wurde ich in andere Welten versetzt.

Ich begriff die Lehren, die mir zuvor unverständlich waren. Ich verstand die tiefsten Geheimnisse der Isis, und sie enthüllte sie mir nicht durch die heiligen Schriften, sondern durch die lebendige Gegenwart meiner Liebe für Jeshua.

Als sich die Alchemie zwischen uns zunehmend intensivierte, verehrte ich ihn und er mich. Es fiel ihm sehr schwer, mich zu verlassen.

Manches in ihm wollte lieber bei mir bleiben als sich der Todesinitiation des Horus auszusetzen, doch als Meisterseele war er gekommen, um einen Lichtpfad durch die dunklen Reiche des Todes zu legen. Er tat dies um seiner selbst willen und um der ganzen Menschheit willen.

Viele haben missverstanden, was er tat und warum er es tat.

Manche meinen, sie bräuchten nur an ihn zu glauben und sich selbst nicht zu bemühen. Das war nie sein Verständnis oder seine Überzeugung. Er kam als Lichtfülle, als Strahl der Liebe zu einer Zeit, als die Welt noch im Schatten eines eifersüchtigen Gottes lebte. Jeshua, die Meisterseele, demonstrierte enormen Mut und Stärke, dass er in solch einer Zeit Liebe lehrte.

Da ich gleichzeitig die Eingeweihte und die ihn liebende Frau war, war es ausgesprochen seltsam für mich, ihm meiner Aufgabe gemäß zu helfen, sein Ka aufzubauen, damit er dem Reich des Todes mit größerer Kraft gegenübertreten konnte.

Als Eingeweihte war ich mir meiner Aufgabe bewusst, und ich verstand in gewisser Weise Jeshuas Vision. Doch als liebende Frau überschwemmten mich meine Gefühle für meinen Geliebten.

So hinterlässt der Rückblick auf unsere gemeinsame Zeit einen bittersüßen Geschmack in mir.

Die Süße seiner Gegenwart wird mich auf ewig erfüllen und erhalten, doch die Bitternis unserer Trennung wird auch immer da sein.

Als mein Leben zu Ende ging, kam Jeshua wieder in seinem Ka-Körper zu mir, so wie er es viele Jahre lang getan hatte. Er war bei mir, als ich meinen letzten Atemzug tat und führte mein Ka durch das Reich des Todes, auf jenem Lichtpfad, den er durch die Macht seiner Absicht gelegt hatte, und er führte mich in das, was ihr Himmel nennen würdet, doch es ist ein Ort in der Seele.

Dort ruhe ich in seiner Gegenwart durch Zeit und Raum.

Ich war zufrieden hier zu bleiben, mit seiner Essenz, die ich in meinem Herzen und meinem Geist trage, doch Isis selbst kam zu mir und sagte, dass ich jetzt meine Geschichte erzählen müsse; dass die Lügen der letzten zweitausend Jahre jetzt ein Ende haben müssten; dass das Weibliche zu einem Gleichgewicht mit dem Männlichen zurückfindet; dass die Kosmische Mutter sich am Anfang des Endes der Zeiten selbst enthüllt.

So kommt es, dass ich eines der verlorenen Geheimnisse der alten Zeit aufdecke – dass der Geist, das männliche Prinzip, die Unterstützung des weiblichen Prinzips, der Intelligenz der Materie, braucht, um durch seine Reise durch die Materie zu sich selbst zurückzukehren.

Doch aus der, von Sonnenlicht durchfluteten Perspektive des männlichen Prinzips, trägt das weibliche Prinzip einen dunklen, feuchten, gefährlichen Abgrund in sich. Das solare Prinzip fühlt sich von der Dunkelheit des lunaren Prinzips bedroht. Doch durch die Vereinigung von Sonne und Mond, durch die Vereinigung des maskulinen und des femininen Prinzips, im Gleichgewicht und energetisch ausgeglichen, kann wahre Erleuchtung erreicht werden.

Als Jeshua sich mit mir auf das vorbereitete, was ihm im Garten Gethsemane bevorstand, war ich die Verkörperung der Isis. Ich war sie. Es gab keinen Unterschied zwischen ihr und mir. Ich war in den dazu notwendigen Übungen unterwiesen worden. So vereinte sich Jeshua als die Sonne, das solare Prinzip, das sich im Bereich der Materie manifestiert hat, mit mir, der Mondin; und er war mit Isis selbst vereinigt und sein Aufstieg hätte ohne sie nicht stattfinden können. Sie ist die Kosmische Mutter. Andere Kulturen kennen sie unter anderen Namen, doch sie ist dieselbe.

In dem Maße, in dem sich der männliche Eingeweihte in die magnetischen Felder seiner Geliebten einnisten kann und die Schwingungsenergien dieser Magnetkräfte in sich aufnehmen kann – in diesem Maße steht er in Kontakt mit Isis selbst, der Kosmischen Mutter, der Schöpferin von Zeit und Raum.

In dem Maße, in dem die weibliche Eingeweihte sich den Magnetkräften hingeben und sich in ihr eigenes Wesen hinein entspannen kann, wird sie zu Isis selbst. Wenn diese beiden Ereignisse auf kosmischer Ebene stattfinden, stimmt sich der männliche Eingeweihte energetisch auf Osiris ein und die weibliche Eingeweihte auf Isis. Aus der Vereinigung ihrer Magnetfelder wird Horus geboren, nur dass Horus in diesem Fall nicht die Form eines Kindes annimmt. In den Ka-Körpern der Eingeweihten selbst nimmt Horus Form an und fliegt. Sie werden auf sehr reale Weise erhoben. Sie können sich in die himmlischen Reiche ihres eigenen Seins aufschwingen.

In Wahrheit kann sich Osiris nicht ohne Isis erheben und Isis nicht ohne Osiris. Der erhabene Gott Horus wird aus den Magnetkräften ihrer Vereinigung geboren.

Der männliche Eingeweihte mit seiner elektrischen Natur meint, er könnte es allein vollbringen, doch er kann es nicht.

Isis wartet darauf, dass er das erkennt, doch er erkennt es nicht.

Jahrhundertelang hat sie gewartet, und jetzt stehen wir am Anfang vom Ende der Zeit und der Druck ist stark. Dies ist einer der Gründe, weshalb ich erschienen bin.

Ihr männlichen Eingeweihten, die ihr den Weg in euch selbst gefunden habt, euch den Isiskräften im Wesen eurer Geliebten hinzugeben, oder die ihr den Weg in eurem eigenen Wesen gefunden habt, wenn ihr den Weg alleine geht: Wisst, dass ihr es nicht nur um euer selbst willen tut, sondern für die ganze Menschheit.

Wer sich mit der Sexualmagie der Isis befasst, kann dies unmöglich nur um seiner selbst willen tun, denn die Übungen erheben den Eingeweihten schnell auf die Ebene des lebendigen Mythos, denn, wie bereits gesagt, wird auf der höchsten Ausdrucksebene der männliche Eingeweihte selbst zu Osiris und die weibliche Eingeweihte zu Isis – und der Horus wird aus ihren Magnetkräften geboren.

Diejenigen, die den Weg der Alchemie alleine gehen, erreichen dies durch die Magnetkräfte des lunaren und des solaren Kreislaufes. Wenn die zuvor erwähnte Grundübung gemeistert wurde, erbebt die Schwarze Schlange der Mondin, die die Essenz der Leere enthält, und lässt den Ka-Körper des Eingeweihten erzittern, ähnlich dem Zittern und Beben der weiblichen Eingeweihten in den Armen des Mannes, wenn sie die Sexualmagie praktizieren.

In dem Eingeweihten, der den Weg alleine geht, begegnet die Goldene Schlange der Sonne der Schwarzen Schlange der Mondin mitten im Kopf, und die aus ihrer Verbindung hervorgehenden Magnetfelder und die energetischen Reaktionen, die sich aus ihrem Sich-Kreuzen in den Siegeln oder Chakren ergeben, erschaffen den Horus.

Letztlich kommt es also nicht darauf an, ob es alleine oder mit einem Partner durchgeführt wird: Es muss das Gleiche geschehen. Die Sonne und die Mondin müssen im Gleichgewicht sein, dann kann die Erleuchtung, die wir Horus nennen, stattfinden.

Ich habe euch meine Geschichte und die mir anvertrauten Lehren in der tiefsten Hoffnung gegeben, dass ihr einen Weg zu eurer eigenen Größe finden mögt, denn das braucht diese Welt jetzt mehr denn je.

Ich hoffe, dass meine Erkenntnisse euch bereichern, und dass ihr euch, so wie ich, von dem wunderbaren Wesen inspirieren lasst, den ihr Jeshua nennt, und den ich meinen Geliebten nenne.

Meinen Segen spende ich denen, die den Mut haben, die alchemistischen Praktiken des Horus auszuüben und denen, die sich dafür entscheiden, eine heilige Beziehung zu leben, egal ob gleichgeschlechtlich oder mit dem anderen Geschlecht.

Möge der Segen der Kosmischen Mutter euch auf eurer Reise zu euch selbst begleiten. Möge der Pfad zwischen der Sonne und der Mondin offenbar werden.

Geist allen Lebens, sei mein Zeuge. Amen


Maria Magdalena

Das Manuskript der Magdalena

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