Читать книгу Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22. - Т.Б. Маколей, Томас Бабингтон Маколей - Страница 29

Einundzwanzigstes Kapitel.
Wilhelm III
Uebergabe der Stadt Namur

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Am 20. Juli bemächtigten sich die Bayern und Brandenburger unter Cohorn’s Leitung nach hartem Kampfe einer Linie von Vertheidigungswerken, welche Vauban in festes Gestein von der Sambre bis zur Maas gehauen hatte. Drei Tage später setzten sich die Engländer und Holländer, Cutts wie gewöhnlich in vorderster Reihe, in der zweiten Contrescarpe fest. Alles war zu einem Hauptsturme bereit, als eine weiße Fahne auf den Wällen erschien. Der Effectivbestand der Besatzung betrug jetzt noch wenig mehr als die Hälfte von dem was er bei Eröffnung der Laufgräben gewesen war. Boufflers fürchtete, daß es unmöglich sein werde, mit achttausend Mann den ganzen Gürtel der Mauern noch viel länger zu vertheidigen; aber er war überzeugt, daß ein solches Truppencorps hinreichen werde, das Kastell auf dem Gipfel des Felsens zu behaupten. Ueber die Kapitulationsbedingungen wurde man bald einig. Ein Thor wurde den Verbündeten preisgegeben. Den Franzosen wurden achtundvierzig Stunden bewilligt, um sich in das Kastell zurückzuziehen, und es wurde ihnen die Versicherung gegeben, daß die Verwundeten, welche sie unten ließen, etwa fünfzehnhundert an der Zahl, gut behandelt werden sollten. Am 6. rückten die Alliirten ein. Der Kampf um den Besitz der Stadt war vorüber, und ein neuer und furchtbarerer Kampf begann um den Besitz der Citadelle.51

Villeroy hatte unterdessen einige kleine Eroberungen gemacht. Dixmuyden, das einigen Widerstand hätte leisten können, hatte ihm nicht ohne dringenden Verdacht der Verrätherei von Seiten des Gouverneurs, seine Thore geöffnet. Deynse, das weniger im Stande war, sich zu vertheidigen, war diesem Beispiele gefolgt. Die Besatzungen der beiden Städte waren in offener Verletzung eines zur Auswechselung der Gefangenen getroffenen Uebereinkommens nach Frankreich geschickt worden. Der Marschall rückte hierauf gegen Brüssel vor, wahrscheinlich in der Hoffnung, durch Bedrohung dieser schönen Hauptstadt die Verbündeten zur Aufhebung der Belagerung des Kastells von Namur zu bestimmen. Sechsunddreißig Stunden lang warf er Bomben und glühende Kugeln in die Stadt. Die Kurfürstin von Bayern, die sich innerhalb der Mauern befand, abortirte vor Schreck. Sechs Klöster wurden zerstört. Fünfzehnhundert Häuser standen zu gleicher Zeit in Flammen. Die ganze untere Stadt würde bis auf den Grund niedergebrannt sein, hätten nicht die Bewohner durch Sprengung zahlreicher Gebäude dem Feuer Schranken gesetzt. Ungeheure Massen der kostbarsten Spitzen und Teppiche wurden vernichtet, denn die Industrie und der Handel, welche Brüssel in der ganzen Welt berühmt gemacht hatten, waren bisher durch den Krieg wenig beeinträchtigt worden. Mehrere von den Prachtgebäuden, welche den Marktplatz umgaben, wurden in Trümmer geschossen. Selbst das Rathhaus, das prächtigste der vielen prächtigen Senatshäuser, welche die Bürger der Niederlande erbaut haben, war in der größten Gefahr. All’ diese Verwüstung bewirkte jedoch weiter nichts, als daß sie viele Privatleute unglücklich machte. Wilhelm ließ sich weder durch Furcht noch durch Herausforderung bewegen, die Hand, mit der er Namur umklammert hielt, zu lockern. Das Feuer, das seine Batterien rings um das Kastell unterhielten, war von der Art, wie man es noch in keinem Kriege gesehen hatte. Die französischen Kanoniere wurden durch den Kugelregen von ihren Geschützen vertrieben und gezwungen, in unterirdischen gewölbten Gallerien Schutz zu suchen. Cohorn wettete jubelnd mit dem Kurfürsten von Bayern um vierhundert Pistolen, daß der Platz bis zum 31. August neuen Styls fallen werde. Der große Ingenieur verlor zwar seine Wette, aber nur um wenige Stunden.52

Boufflers begann jetzt einzusehen, daß seine einzige Hoffnung noch auf Villeroy ruhte. Dieser war von Brüssel nach Enghien gerückt, hatte dort aus den entferntesten Festungen der Niederlande alle entbehrlichen Truppen zusammengezogen und marschirte nun an der Spitze von mehr als achtzigtausend Mann auf Namur. Mittlerweile stieß Vaudemont zu den Belagerern. Wilhelm hielt sich daher für stark genug, Villeroy eine Schlacht anzubieten, ohne die Operationen gegen Boufflers einen Augenblick einzustellen. Dem Kurfürsten von Bayern wurde die unmittelbare Leitung der Belagerung übertragen. Der König von England nahm auf der Westseite der Stadt eine stark verschanzte Stellung ein und erwartete hier die von Enghien heranrückenden Franzosen. Alles schien anzudeuten, daß ein wichtiger Tag bevorstehe. Zwei der zahlreichsten und besten Armeen, welche Europa je gesehen, standen einander gegenüber. Am 15. August erblickten die Vertheidiger des Kastells von ihren Wachtthürmen das mächtige Heer ihrer Landsleute. Zwischen diesem Heere aber und der Citadelle war das nicht minder mächtige Heer Wilhelm’s in Schlachtordnung aufgestellt. Villeroy gab Boufflers durch eine Salve von neunzig Kanonenschüssen das Versprechen eines baldigen Entsatzes, und in der Nacht mahnte Boufflers durch Signalfeuer, welche weithin über die ausgedehnte Ebene der Maas und Sambre zu sehen waren, Villeroy an die schleunige Erfüllung dieses Versprechens. In den Hauptstädten Frankreich’s und England’s war Alles in der ängstlichsten Spannung. Ludwig schloß sich in sein Betzimmer ein, beichtete, genoß das heilige Abendmahl und gab Befehl, daß die Hostie in seiner Kapelle ausgestellt werden solle. Seine Gemahlin hieß alle ihre Nonnen niederknien.53 London wurde durch eine Reihenfolge von Gerüchten, theils von Jakobiten, theils von Börsenspekulanten fabricirt, in einem Zustande heftiger Aufregung erhalten. Eines frühen Morgens wurde mit Bestimmtheit behauptet, es habe eine Schlacht stattgefunden, die Verbündeten seien geschlagen, der König getödtet und die Belagerung aufgehoben worden. Sobald die Börse geöffnet wurde, war sie gedrängt voll Leute, welche hören wollten, ob die Nachricht wahr sei. Die Straßen waren den ganzen Tag mit Gruppen von Schwatzenden und Zuhörenden angefüllt. Am Nachmittag beruhigte die Gazette, welche ungeduldig erwartet worden war und von Tausenden begierig gelesen wurde, die Aufregung, jedoch nicht vollkommen, denn man wußte, daß die Jakobiten durch Kaper und Schmuggler, die bei jedem Wetter in See gingen, früher Nachrichten erhielten als sie dem Staatssekretär in Whitehall auf dem regelmäßigen Wege zukamen. Noch vor dem Abend hatte sich die Aufregung völlig gelegt; aber sie wurde durch einen frechen Betrug plötzlich wieder angefacht. Ein Reiter in der Uniform der Garden sprengte durch die City und meldete, daß der König gefallen sei. Er würde wahrscheinlich einen ernsten Aufruhr veranlaßt haben, hätten ihn nicht einige für die Revolution und den protestantischen Glauben schwärmende junge Handwerker zu Boden geschlagen und nach Newgate transportirt. Der vertraute Correspondent der Generalstaaten berichtete nach dem Haag, daß man trotz aller Geschichten, welche die mißvergnügte Partei erfinde und aussprenge, allgemein der Ueberzeugung sei, daß die Alliirten siegen würden. Der Probierstein der Aufrichtigkeit in England, schrieb er, seien die Wetten. Die Jakobiten seien zwar stets bereit zu beweisen, daß Wilhelm geschlagen werden müsse, oder zu behaupten, daß er schon geschlagen sei; aber sie wollten gleichwohl keine höheren Einsätze wetten als ihre Gegner und seien kaum zu bewegen, überhaupt eine Wette einzugehen. Die Whigs seien hingegen bereit, Tausende von Guineen auf den Ausgang des Kriegs und auf den Glücksstern des Königs zu wetten.54

Die Ereignisse rechtfertigten das Vertrauen der Whigs und die Zurückhaltung der Jakobiten. Am 16., 17. und 18. August standen die Armeen Villeroy’s und Wilhelm’s einander gegenüber. Man erwartete mit Bestimmtheit, daß der 19. der entscheidende Tag sein werde. Die Alliirten waren schon vor Tagesanbruch kampffertig. Um vier Uhr stieg Wilhelm zu Pferde und ritt bis acht Uhr Abends von Posten zu Posten, seine Truppen vertheilend und die Bewegungen des Feindes beobachtend. Der Feind näherte sich seinen Verschanzungen an mehreren Stellen hinreichend um zu sehen, daß es nicht leicht sein würde, ihn daraus zu vertreiben; aber es kam zu keinem Gefecht. Er legte sich zur Ruhe nieder und erwartete mit Sonnenaufgang angegriffen zu werden. Aber als die Sonne aufging, sah er, daß die Franzosen sich einige Meilen zurückgezogen hatten. Er schickte sofort einen Boten an den Kurfürsten von Bayern und ersuchte ihn, unverzüglich das Kastell zu erstürmen. Während man die nöthigen Vorbereitungen dazu traf, wurde Portland abgeschickt, um die Besatzung zum letzten Male zur Uebergabe aufzufordern. Es sei klar, sagte er zu Boufflers, daß Villeroy alle Hoffnung aufgegeben habe, die Belagerung aufheben zu können. Es würde daher eine nutzlose Vergeudung von Menschenleben sein, wenn er den Kampf noch länger fortsetze. Boufflers war jedoch der Meinung, daß zur Wahrung der französischen Waffenehre noch ein Tag des Gemetzels erforderlich sei, und Portland kehrte zurück, ohne etwas ausgerichtet zu haben.55

In den ersten Nachmittagsstunden wurde der Sturm durch vier Divisionen des verbündeten Heeres an vier Stellen zu gleicher Zeit unternommen. Ein Punkt war den Brandenburgern, ein andrer den Holländern, ein dritter den Bayern und der vierte den Engländern angewiesen. Die Engländer waren zuerst minder glücklich, als sie seither gewesen. Dies kam daher, weil die meisten diensterfahrenen Regimenter mit Wilhelm gegen Villeroy marschirt waren. Sobald als das Zeichen durch Sprengen zweier Pulverfässer gegeben war, rückte Cutts zuerst an der Spitze einer kleinen Schaar Grenadiere unter Trommelwirbel und mit fliegenden Fahnen aus den Laufgräben vor. Dieses tapfere Corps sollte durch vier Bataillone unterstützt werden, welche noch nie im Feuer gewesen waren und die, obgleich vom muthigsten Geiste beseelt, noch der Festigkeit entbehrten, die ein so gefährlicher Dienst erforderte. Die Offiziere fielen rasch hintereinander. Jeder Oberst und jeder Oberstleutnant wurde getödtet oder schwer verwundet, Cutts erhielt eine Kugel in den Kopf, die ihn für einige Zeit kampfunfähig machte. Die unerfahrenen Rekruten, so fast ohne alte Führung, drangen mit Ungestüm vorwärts, bis sie in Unordnung und außer Athem unter einem mörderischen Feuer und einem fast ebenso mörderischen Hagel von Fels- und Mauerstücken, vor einem Abgrunde ankamen. Sie verloren den Muth und wichen in Verwirrung zurück, bis es Cutts, dessen Wunde inzwischen verbunden worden war, gelang, sie wieder zu sammeln. Er führte sie nun nicht dahin von wo sie zurückgetrieben worden waren, sondern auf einen andren Punkt, wo ein furchtbarer Kampf wüthete. Die Bayern hatten tapfer, aber erfolglos ihren Sturmangriff gemacht; ihr General war gefallen und sie begannen schon zu wanken, als die Ankunft des Salamanders und seiner Leute das Schicksal des Tages änderte. Zweihundert englische Freiwillige, welche die Unehre ihres vorherigen Zurückweichens um jeden Preis wieder gut machen wollten, waren die Ersten, die sich mit dem Säbel in der Faust einen Weg durch die Palissaden bahnten, eine Batterie erstürmten, die unter den Bayern arg aufgeräumt hatte, und die Kanonen gegen die Besatzung richteten. Unterdessen hatten die vortrefflich disciplinirten und vortrefflich commandirten Brandenburger ohne großen Verlust die ihnen zuertheilte Aufgabe gelöst. Die Holländer waren ebenso glücklich gewesen. Als der Abend hereinbrach, hatten die Verbündeten die Außenwerke des Kastells auf eine Meile im Umfang im Besitz. Dieser Vortheil War mit dem Verluste von zweitausend Mann erkauft worden.56

Jetzt endlich glaubte Boufflers Alles gethan zu haben, was seine Pflicht erheischte. Am andren Morgen bat er um einen achtundvierzigstündigen Waffenstillstand, um die Hunderte von Leichen, welche die Gräben füllten und welche bald unter den Belagerern wie unter den Belagerten Krankheiten erzeugt haben würden, wegräumen und beerdigen zu lassen. Sein Ansuchen wurde bewilligt, und noch vor Ablauf der festgesetzten Zeit ließ er sagen, daß er geneigt sei zu kapituliren. Er wolle, sagte er, das Schloß binnen zehn Tagen übergeben, wenn er bis dahin nicht entsetzt würde. Es wurde ihm darauf erwiedert, daß die Verbündeten auf solche Bedingungen nicht mit ihm unterhandeln könnten und daß er sich entweder zu einer sofortigen Uebergabe verstehen oder auf einen unverzüglichen Sturm gefaßt machen müsse. Er gab nach und man kam überein, daß ihm und seinen Leuten freier Abzug gestattet werden, und daß er die Citadelle, die Artillerie und die Vorräthe den Siegern überlassen solle. Drei Salven aus sämmtlichen Feuerschlünden der verbündeten Armee verkündeten Villeroy den Fall der Festung, der er vergebens Unterstützung zu bringen versucht hatte. Er zog sich augenblicklich auf Mons zurück und ließ Wilhelm im ungestörten Genusse eines Triumphes, welcher durch die Erinnerung an vieles Mißgeschick noch erhöht wurde.

51

London Gazette vom 1. und 5. August 1695; Monthly Mercury vom August 1695, enthaltend die Briefe Wilhelm’s und Dykvelt’s an die Generalstaaten.

52

Monthly Mercury vom August 1695; Stepney an Lord Lexington, 16. (26.) August.

53

Monthly Mercury, August 1695; Brief aus Paris vom 26. Aug. (5. Sept.) 1695 unter den Lexington Papers.

54

L’Hermitage, 13. (23.) Aug. 1695.

55

London Gazette vom 26. Aug. 1695; Monthly Mercury; Stepney an Lexington, 20. (30.) August.

56

Boyer’s History of King William III., 1703; London Gazette vom 29. Aug. 1695; Stepney an Lexington, 20. (30.) Aug.; Blathwayt an Lexington, 2. Sept.

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