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Bernd Schuster tupfte auf die Bremse. Die Tachometernadel fiel sofort zurück. Als sie auf null stand, stieß Bernd Schuster den Wagenschlag auf und sprang aus seinem Mercedes. Er hastete auf das jämmerliche Haus zu, klopfte an die Tür, sie schwang nach innen weg, das machte den Privatdetektiv sofort stutzig. Türen, die nicht geschlossen waren, gaben meistens den Weg zu schlimmen Überraschungen frei. Bernd kannte Gaby Wolters. Sie konnte noch so blau sein, die Tür zu schließen vergaß sie niemals. Obwohl in diesem Haus nichts zu holen war, lebte Gaby in permanenter Angst vor Dieben und Einbrechern.

Bernd trat schnell ein.

Er rief Gabys Namen.

Als er ins Wohnzimmer kam, erkannte er, weshalb sie ihm nicht antworten konnte.

Bernd krampfte es das Herz zusammen. Gaby hing schräg im Sessel. Der Kopf war weit zurückgefallen und lag auf der Lehne. Am angespannten Hals waren Würgemale zu erkennen.

Mit wenigen hastigen Schritten war Bernd Schuster bei dem Mädchen. Er legte seine Finger an ihre Halsschlagader.

Ein sanftes Pochen war noch da. Bernd fiel ein Stein vom Herzen. Sie lebte noch. Er wandte sich aufgeregt um.

Es war ihm ein Bedürfnis, Gaby so schnell wie möglich aus ihrer Ohnmacht zurückzuholen. Mit Wasser und einem nassen Tuch würde es am schnellsten gehen. Und dann musste ihm Gaby minuziös erzählen, was passiert war.

Bernd eilte in die Küche. Geschirr von etlichen Tagen stand im Spülbecken. Mit der Sauberkeit hatte es Gaby noch nie sehr genau genommen. Zumeist reinigte sie einen Teller erst dann, wenn sie ihn benötigte. Über dem Herd prangten dicke glänzende Fettspritzer.

Bernd fand ein dreckiges Geschirrtuch. Er nahm es an sich und drehte den Wasserhahn auf. Gurgelnd schoss das Wasser heraus. Doch das war bei weitem nicht alles, was in diesem Moment passierte. Bernd schien mit dem Drehen des Wasserhahns eine mittlere Katastrophe ausgelöst zu haben.

Ein brüllender Knall erschütterte das Gebäude bis in seine morschen Grundfesten. Die ganze Bude zitterte und drohte Schuster auf den Kopf zu fallen. Ein fürchterliches Dröhnen raste durch die Räume. Die Fenster klirrten. Fliesen sprangen von der Wand und zerschellten auf dem steinernen Boden. Das Geschirr rasselte im Spülbecken, Mörtel prasselte von der fleckigen Decke, und aus dem Wohnzimmer fauchte Bernd eine glühende Hitzewelle entgegen.

Und gleichzeitig war das gierige Prasseln riesiger hungriger Flammen zu hören.

Bernd warf das Geschirrtuch weg.

Er rannte aus der Küche.

Es war ihm, als geriete er geradewegs ins Vorzimmer der Hölle. Flammen, wohin er schaute. Grell leuchtend. Eine sengende Hitze verbreitend. Bis zur Decke hinaufleckend.

Der Boden brannte lichterloh. Auch die Möbel und die Vorhänge. Und mittendrin in diesem flammenden Inferno lag Gaby Wolters. Der Sessel, auf dem sie saß, brannte selbstverständlich ebenfalls. Und auch das Kleid, das sie trug und ihre Haare waren bereits vom Feuer erfasst.

Ein stickiger, beißender Qualm warf sich Bernd entgegen. Jeder Atemzug zwang ihn, bellend zu husten. Die brennenden Augen begannen sofort zu tränen. Die Hitze brachte Bernds Lunge zum Kochen. Er biss die Zähne zusammen, riss sein Taschentuch heraus, drückte es sich auf Mund und Nase, hastete zu Gaby.

Überall knisterte es gefährlich. Die Decke begann sich zu senken. Sie würde in den nächsten Minuten herunterkrachen und alles unter sich begraben.

Das Feuer schlug mit seinen brennenden Armen nach Bernd, der ihm die brennende Frau entreißen wollte. Auch Gabys Schnaps brannte.

Keuchend fasste Bernd nach ihr. Da leckte eine Feuerzunge über seinen Rücken. Sein Jackett brannte im selben Augenblick. Er riss es sich von den Schultern, knüllte es zusammen, wodurch die Flammen erstickten.

Mehr und mehr Rauch bildete sich. Die Hitze war kaum noch zu ertragen. Bernd kämpfte trotzdem verbissen um das Leben von Gaby Wolters. Sie versank in einem dicken Qualmschleier, Bernd fühlte, dass er es nur noch wenige Sekunden in dieser siedend heißen Hölle aushalten konnte.

Ein letzter Versuch.

Er beugte sich vor, griff nach dem heißen Arm des Mädchens, zerrte daran. Plötzlich ein Knirschen über ihm. Warnend. Laut. Beängstigend lang.

Bernd schaute nach oben.

Da kam die Decke herab. Er schnellte mit einem wilden Satz zurück. Ziegel und Balken streiften ihn, versuchten ihn umzureißen, aber er stand fest auf den Beinen. Die Trümmer krachten auf den Boden, die hochwirbelnde Staubwolke vermengte sich mit den wallenden Rauchschwaden.

Gaby Wolters war nicht mehr zu retten.

Sie starb, ohne das Bewusstsein noch mal wiedererlangt zu haben.

Für Bernd Schuster war alles klar. Der oder die Mörder von Jochen Gerstner waren gleich nach dem Mord hierhergekommen, um auch Gabys Lebenslicht – für alle Fälle – auszublasen. Auf dem leeren Flugplatz hatten sie es mit ihren Pistolen getan. Hier hatten sie es mit einer Brandbombe gemacht. Damit konnten sie nicht nur Gaby Wolters vernichten, sondern auch etwaige Aufzeichnungen von Jochen Gerstner, die er irgendwo in diesem Haus versteckt haben konnte.

‚Verdammt gründliche Burschen sind das!‘, dachte Bernd wütend.

Dann trieb ihn das Feuer aus dem Haus.

Und bereits da erlebte er die nächste schlimme Überraschung.

Die Mörder waren noch da. Sie lagen in der schützenden Dunkelheit auf der Lauer. Sobald Bernd Schuster aus dem brennenden Haus kam, eröffneten sie das Feuer auf ihn. Er bot ein gutes Ziel. Seine Konturen waren vom grellen Feuerschein scharf aus der Dunkelheit herausgerissen.

Die Geschosse flogen Bernd sehr knapp um die Ohren.

Schuster reagierte augenblicklich. Er ließ sich wie ein gefällter Baum fallen. Und während der Boden noch auf ihn zuraste, zog er bereits mit einer unglaublich fließenden Bewegung die Pistole aus dem Halfter.

Gekrümmt lag er auf dem Boden. Mit dem Gesicht auf der schmutzigen Erde. Dreck knirschte zwischen seinen Zähnen. Er blieb reglos liegen. Die Mörder sollten annehmen, sie hätten ihn erwischt. Hinter ihm knisterte und knackte das brennende Haus. Sein Herz schlug hoch oben im Hals. Auf seiner Stirn hatten sich dicke Schweißperlen gebildet. Er wartete mit vibrierenden Nerven auf seine Chance.

Stimmen.

Bernd spannte die Muskeln. Er war bereit, aufzuspringen und loszuschlagen. Doch noch wartete er.

Schritte.

Zaghaft gesetzt. Dann wieder Stimmen. Das Feuer brummte dicht hinter Bernd. Es griff mehr und mehr um sich. Das Gebäude fiel allmählich in sich zusammen. Das alles war von einem lauten Krachen begleitet. Immer wieder bebte die Erde unter Bernd Schusters Bauch.

Er wartete ungeduldig.

Mit einem Auge schielte er nach vorn. Dort tauchten die beiden Männer aus der Dunkelheit auf. Bernd beobachtete jede Bewegung, die sie machten. Geduckt kamen sie heran. Der zuckende Schein des brennenden Hauses machte aus ihren Gesichtern nervöse Teufelsfratzen, rötlich leuchtend.

Als sie auf acht Meter herangekommen waren, federte Bernd Schuster hoch. Sie erstarrten. Ihr Mund klappte auf. Sie waren so perplex, dass sie nicht daran dachten, von ihren Waffen, die sie in der Hand hielten, Gebrauch zu machen.

„Pistolen weg!“, brüllte Bernd Schuster. Er ließ keinen Zweifel darüber offen, dass er schießen würde, um seine Haut zu retten, wenn einer der beiden auf die verrückte Idee kommen sollte, zu schießen.

David Schorres nahm die Sache nicht ernst genug. Er versuchte es. Und er bezahlte diesen Wahnsinn mit dem Leben.

Er riss blitzartig seine Waffe hoch. Doch ehe er den Stecher durchziehen konnte, spie bereits Schusters Pistole eine grellgelbe Feuerlanze aus. Schorres warf sich nach links. Bernds Kugel riss ihm ein Loch in den Brustkorb.

Seine Arme flogen nach oben. Sein Gesicht wurde fahl. Eine unsichtbare Faust packte ihn und schleuderte ihn herum. Die Pistole entfiel seiner Hand. Er schlug lang hin und blieb liegen.

Dies alles spielte sich in einer einzigen Sekunde ab.

Diese Sekunde nützte Norbert Eisner für sich. Als er seinen Freund fallen sah, schnellte er urplötzlich in die Hocke. Mit zusammengepressten Kiefern und schmalen Augen richtete er seine Waffe auf Bernd Schuster. Er hätte es vielleicht geschafft, wenn Bernd nicht so ungemein schnell zu reagieren imstande gewesen wäre. Eisner schoss einmal. Und die Kugel saß nicht. Bernd schoss in der gleichen Zeit zweimal. Und beide Geschosse fanden ihr Ziel. Mit einem wütenden Schrei brach Norbert Eisner zusammen. Er fiel neben Schorres auf den Boden. Und er hatte Glück im Unglück, denn während Schorres neben ihm das Leben verlor, wurde er nur bewusstlos.

Unser Mann aus Italien Berlin 1968 Kriminalroman Band 38

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