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Wie eine riesige Fackel brannte das Haus. Bernd dachte an Gaby. Ihr Körper musste bereits verkohlt sein. Die lodernden Flammen leckten grell über den tintigen Himmel. Bernd wollte zu seinem Wagen eilen, um Feuerwehr und Polizei zu verständigen. Aber das war nicht mehr nötig. Jemand anders musste sich über Notruf bereits mit ihnen in Verbindung gesetzt haben, und natürlich gehörte auch ein Krankenwagen zu dieser Rettungskolonne.

Die Polizei riegelte den Brandplatz hermetisch ab. Die Feuerwehr spritzte aus allen Schläuchen auf das lodernde Haus. Der armdicke Wasserstrahl zertrümmerte die Fensterscheiben, sofern sie noch nicht aus den brennenden Rahmen gefallen waren. Die beiden Mörder wurden in den Krankenwagen geladen und schnellstens abtransportiert. Und Bernd Schuster musste sich in einen Streifenwagen setzen, um da zu Protokoll zu geben, was sich vorhin ereignet hatte. Ein Polizist notierte seinen Bericht ohne Stenografie mit einer Fingerwertigkeit, die Bernds ganze Bewunderung hervorrief. Dann setzte er seine Unterschrift darunter und durfte gehen.

Horst Südermann hielt sich eine volle Stunde in seinem Büro auf, obwohl er nicht im Dienst war. Seine Ansicht vom Dienst ließ sich in keine klar umrissenen Regeln fassen. Er war dann im Dienst, wenn er gebraucht wurde. Und das wurde er nun. Deshalb war er da. Die Hände in den festen Schoß legen konnte er in einem solchen Fall nicht.

Der übergewichtige Inspektor telefonierte lange Zeit, dann fuhr er hinüber in die Kurfürstenstraße und traf ein, als Franziska in der kleinen Küche gerade etwas zubereitete.

„Horst!“, staunte Bernd Schuster.

„Hallo, Bernd! Oh, bei dir riecht es gut!“

„Franzi!“, rief Bernd über die Schulter ins Haus. „Leg noch ein Gedeck auf. Und sieh zu, dass du noch einen halben Ochsen auftreiben kannst. Horst ist da, und er hat einen Hunger mitgebracht, seinen Magen mit Donnergeräuschen hören lässt.“

Südermann trat brummend ein.

Franziska begrüßte den Inspektor lächelnd und verkündete, dass es allerdings nur Buletten mit Kartoffelsalat gäbe. Bernd war den ganzen Vormittag unterwegs gewesen, und sie konnte nur rasch zum Schlachter um die Ecke laufen und etwas frischen Hackepeter einkaufen, den sie nun zu den Buletten verarbeitete. Der Kartoffelsalat stammte aus einem großen Eimer, den der Schlachter immer vorrätig hatte.

Als sie bei der Verdauungszigarette angelangt waren, rückte Horst mit dem eigentlichen Grund seines Besuches heraus.

„Die beiden Kerle, mit denen du es gestern Abend zu tun gehabt hast, hießen David Schorres und Norbert Eisner. Der, den du erschossen hast, war Schorres. Der, den sie schwerverletzt ins Krankenhaus geschafft haben, war Eisner.“

„Für wen haben sie gearbeitet?“, fragte Bernd.

Horst hob die fleischigen Schultern.

„Keine Ahnung, Bernd. Aber da muss wirklich eine größere Sache ins Laufen kommen, sonst hätten die doch nicht gleich zwei Morde an einem einzigen Abend verübt.“

„Jochen Gerstner nannte es ein Superding“, sagte Bernd.

Horst winkte ab.

„Nun ja. Vielleicht hatte er einen leichten Hang zum Übertreiben.“

„Konntet ihr schon ein bisschen was über die beiden Killer erfahren?“, erkundigte sich Bernd.

„Ja. Und jetzt halt dich mal fest, Bernd!“, erwiderte der Inspektor.

„Ich sitze gut. Mich haut nichts um“, meinte Bernd schmunzelnd.

„David Schorres und Norbert Eisner waren mal Polizisten!“

„Ist nicht wahr!“, rief Bernd aus.

„Doch.“

„Wer hat sie umgepolt?“

„Es wurde ihnen nachgewiesen, dass sie sich bestechen ließen. Daraufhin hat man sie natürlich gefeuert.“

„Ich will ja nichts gegen dich und deine Kollegen sagen“, meinte Bernd. „Aber, wenn man jeden Polizeibeamten in Berlin feuern würde, der schon mal Geld genommen hat, das er nicht hätte nehmen sollen, säßest du vielleicht mit noch drei anderen Männern ziemlich allein und verlassen in der Keithstraße, Horst.“

Südermann zog die Brauen zusammen.

„Wem es nachgewiesen wird, der fliegt.“

„Was machten die beiden nach ihrem unehrenhaften Abgang?“, fragte Bernd.

„Sie bekamen einen Job als Warenhausdetektive.“

Schuster lachte.

„Ausgerechnet die beiden?“

„Schließlich haben sie als Leibwächter gearbeitet“, fuhr Südermann fort.

„Wen haben sie bewacht?“

„Manfred Berger.“

Bernd drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.

„Gut, dass ich ein so gutes Gedächtnis habe, Horst. Deshalb kann ich mich an die Berger-Geschichte noch ganz genau erinnern. Der Mann wurde kaltblütig niedergeschossen, als er aus der Oper kam. Seine Leibwächter waren nicht in der Lage gewesen, diesen Mord zu verhindern. Die beiden waren also Schorres und Eisner?“

Südermann nickte.

„Das waren sie. Und weil sie den Mann, den sie schützen sollten, nicht durchgebracht haben, waren sie wieder mal erwerbslos.“

„Sie brauchten einen neuen Brötchengeber“, meinte Bernd.

„Das ist richtig“, sagte Horst.

„Wer ist es geworden?“

„Ein Unbekannter.“

„Folglich einer, der Dreck am Stecken hat“, stellte Bernd Schuster klar.

Horst antwortete: „Die Durchsuchung ihrer Wohnungen hat nichts ergeben. Kein Hinweis auf ihren Auftraggeber. Kein Anhaltspunkt, was die beiden planten. Der Mercedes, mit dem sie unterwegs waren, war ein Leihwagen, den Eisner sich besorgt hatte ...“

„Wie geht es Eisner?“, erkundigte sich Schuster.

Südermann sah ihn erstaunt an.

„Habe ich das zu erwähnen vergessen?“

„Was?“

„Eisner ist tot.“

„Tot?“, fragte Bernd hastig.

„Er ist heute Morgen seinen schweren Verletzungen erlegen. Die Ärzte haben uns versichert, alles in ihrer Macht Stehende für ihn getan zu haben. Aber leider – zaubern können die auch nicht.“

Bernd erhob sich und holte sich einen Whisky.

„Bitte gib mir auch einen“, verlangte Südermann.

„Franzi?“, erkundigte sich Bernd und hielt die Flasche hoch.

„Danke, nein. Einer muss doch den Überblick behalten!“, antwortete Franziska Jahn lächelnd.

Bernd füllte ein zweites Glas. Sie tranken schweigend.

„Tot“, sagte Bernd nachdenklich. „Alle beide. Das habe ich nicht gewollt, Horst.“

„Das weiß ich, Bernd. Wir kennen einander lange genug. Du bist kein Mörder. Und du bist auch kein schießwütiger Idiot. Es war Pech. Du musstest blitzschnell entscheiden. Entweder die oder du. Kein Mensch kann dir deshalb einen Vorwurf machen, dass du dich für dich entschieden hast.“

„Ich wollte sie bloß kampfunfähig schießen“, sagte Bernd. „Denn tot nützen sie keinem mehr.“

„Norbert Eisner hat noch etwas gesagt, bevor er starb“, erzählte nun Südermann.

Schuster hob interessiert den Kopf. „Was, Horst?“

„Er wollte anscheinend sein Gewissen erleichtern, die Seele reinwaschen. als er merkte, dass es mit ihm zu Ende ging. Es war wahrscheinlich ein Versuch, unbelastet nach drüben zu gehen.“

„Was hat er gesagt, Horst? Was?“, fiel Bernd dem Inspektor ungeduldig ins Wort.

„Er sagte: ‚Giacomo Cortez, 8.30 Uhr, Dienstag Tempelhof‘. “

„Ist das alles?“, fragte Bernd Schuster enttäuscht.

„Leider ja.“

„Und? Ihr habt doch sicherlich schon eure Suchmöglichkeiten ausprobiert. Was ist dabei herausgekommen?“

„Nichts. Auch eine Anfrage bei Interpol ergab nichts“, erwiderte Horst Südermann seufzend. „Gib mir noch eine Zigarette, Bernd.“

Schuster schob ihm die ganze Roth-Händle-Packung zu.

„Kannst sie behalten. Hast sowieso niemals was zu rauchen, wenn ich nicht in deiner Nähe bin.“

Horst bediente sich, während er den Rauch der neuen Zigarette zur Decke blies, meinte er sinnierend: „Wenn ein Killer in seiner Sterbestunde so etwas von sich gibt, muss sich das doch anhören, als hätte er den Auftrag gehabt, einen gewissen Giacomo Cortez am Dienstag um 8.30 Uhr auf dem Flughafen zu ermorden. Also morgen. Einen Mann, der entweder abfliegt oder ankommt. Ich war bereits auf dem Airport. Morgen, 8.30 Uhr, fliegt eine Maschine nach Paris. Der Flug ist bis auf den letzten Sitz ausgebucht. Auf der Passagierliste steht aber kein Cortez. Zur selben Zeit kommt ein Flieger aus Rom an.“

Bernds Blick hellte sich auf.

„Eine Maschine aus Rom – ein italienischer Name, Horst.“

Südermann nickte.

„Das würde passen.“

Plötzlich hatte Bernd Schuster eine Blitzidee.

„Hör mal, Horst, was sagst du dazu?“

„Wozu?“

„Könnte es nicht sein, dass dieser Giacomo Cortez ein Kollege von Norbert Eisner ist, der morgen hier in Berlin, aus Rom kommend, eintrifft?“

Südermann schluckte den Rauch vor Schreck und hustete brüllend.

„Du meinst, ein Killer könnte morgen ankommen?“, fragte er mit knallrotem Kopf, zwischendurch immer noch ein kleines Hüsteln von sich gebend.

„Man darf auch das nicht außer Acht lassen!“, riet Bernd Schuster dem Freund.

„Eine ausgezeichnete Idee, Bernd. Wirklich prima. Ich glaube, ich muss meine Meinung über dich mal gründlich revidieren ...“

„Wieso? Hast du bisher geglaubt, ich wäre bloß halb so clever wie du?“

„Ich werde mich sofort noch einmal mit Interpol in Verbindung setzen“, kündigte Südermann eifrig an.

Bernd grinste.

„Sag was, mein Guter, was würdest du wohl ohne mich machen?“

„Spiel dich bloß nicht auf!“, knurrte der Inspektor. „Wenn ich nicht deine Buletten gegessen hätte, wenn ich nicht deine Zigaretten geraucht hätte und wenn ich nicht deinen Whisky getrunken hätte, würde ich dir jetzt gründlich übers Maul fahren!“

„Kennst du das Sprichwort: Eine Hand wäscht die andere?“

„Und beide das Gesicht! Ein alter Hut.“

„Ich will eine Erlaubnis von dir haben.“

„Tu doch nicht so, als würdest du dich jemals darum scheren, ob ich ja oder nein zu etwas sage.“

„Diesmal schere ich mich eben mal darum.“

„Was liegt denn an?“, fragte Horst misstrauisch.

„Ich möchte, dass du mir gestattest, die Wohnung von Schorres und die von Eisner noch mal in Augenschein zu nehmen.“

Horst schaute seinen Freund schief an.

„Was versprichst du dir davon? Ich sagte dir doch, meine Männer waren da. Sie haben nichts gefunden.“

Bernd Schuster hob grinsend die Achseln.

„Womit sonst sollte ich die Zeit bis morgen, 8.30 Uhr, totschlagen?“

Unser Mann aus Italien Berlin 1968 Kriminalroman Band 38

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