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6. Kapitel

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Unser gemeinsames Ziel war nicht Tölz, sondern Innsbruck.

Von Baron Falkenstein hatten wir eine ziemlich gute Beschreibung, die uns auf dem Bahnhof der Nebenstrecke die Gewissheit brachte, dass der Flüchtige dort ein Ticket erstanden hatte und nach Innsbruck unterwegs war. Leider hatte er inzwischen einen Vorsprung von gut vierundzwanzig Stunden, und diese Nebenstrecke wurde nur zweimal am Tag bedient.

Sepp, Anton und ich versuchten alles Mögliche, um die Verfolgung rascher aufnehmen zu können, aber selbst mit einer Generalvollmacht des bayerischen Königs, die Sepp dem Stationsvorsteher präsentierte, war nichts zu beschleunigen. Verzweifelt erkundigte sich der Beamte, ob er denn eine Lokomotive per Telegraf anfordern solle und damit einen Sonderzug für uns zusammenstellen könnte, und begeistert stimmten wir dieser Möglichkeit zu.

Doch nach einigen telegrafischen Nachrichten hin und her stellte es sich heraus, dass eine solche Lokomotive nur in München bereitstände und nicht vor Mittag des folgenden Tages eintreffen könnte. Und hier, in Tölz, gab es nur einen alten Personenwagen, den man für uns hier vor Ort ankoppeln konnte. So verzichteten wir schweren Herzens, verbrachten eine schlechte Nacht in der Dienstwohnung des Stationsvorstehers und stiegen dann am nächsten Tag um neun Uhr in den Tageszug nach Innsbruck.

»Himmel, Herrgott, Sakra!«, schimpfte nach einer Stunde mühsamen Dahinzuckelns der Sepp und riss das Abteilfenster auf. Neben dem Rauch der Lokomotive wehte auch ein frischer Wind herein, der uns frösteln ließ. »Da kann man ja während der Fahrt noch Blumen pflücken!«

»Beruhige dich doch, Sepp!«, antwortete ich ihm. »Falkenstein hat zwar einen Vorsprung, aber schneller als wir kam er auch nicht nach Innsbruck!«

»Aber Charly, ich verstehe deine Ruhe gar nicht! Er kann den nächsten Zug nach Triest nehmen, steigt dort auf einen Dampfer und verschwindet auf Nimmerwiedersehen!«

»Macht er nicht, Sepp«, antwortete ich vollkommen gelassen.

»Ach so, du kennst seine Pläne?«, ereiferte sich Sepp, während Anton die ganze Zeit über in seiner Ecke lehnte und aus dem Fenster sah.

»Das zwar nicht, aber ich kenne die Abfahrtzeiten der Dampfer des Österreichischen Lloyds ziemlich genau. Du erinnerst dich? Kurz vor meinem Vortrag in München war ich gerade erst aus dem Orient zurückgekehrt, wo ich mit meinem alten Freund, Sir David Lindsay, ein paar sehr aufregende Abenteuer in Mesopotamien erlebte (vgl. dazu: Mein Orient-Tagebuch – Der Löwe von Assur). Ich habe mir für alle Fälle den neuen Fahrplan mitgenommen und weiß daher, dass die Schiffe nach Konstantinopel in dieser Zeit nur einmal wöchentlich gehen, und zwar am Dienstag.«

Der alte Offizier starrte mich verblüfft an, dann lachte er fröhlich heraus.

»Hört Euch den alten Fuchs an! Wer hätte gedacht, dass ich einmal an der Seite Old Shatterhands / Kara Ben Nemsi in den Orient reisen werde? Und vielleicht treffen wir da auch noch deinen guten Freund Hadschi Halef Omar?«

Jetzt musste auch ich laut herauslachen.

»Mein lieber Sepp, du kommst mir schon fast vor wie Sir David Lindsay! Immer, wenn es in ein neues Abenteuer ging, pflegte er zu sagen: ›Ah, wonderful, Abenteuer, viele Abenteuer! Ich zahle, zahle sehr gut!‹ Aber ich denke mal, wenn unsere Depeschen an die Polizeibehörde in Innsbruck erfolglos bleiben, werde ich allein weiterreisen müssen!«

»Das kommt ja überhaupt nicht infrage!«, empörte sich Sepp, und nun rappelte sich auch Anton aus seiner Ecke auf.

»Will mir mal einer erzählen, was das für Leute sind? Ein Old ... Schätterhand oder Kara Ben ist mir noch nie begegnet, warum sollen die denn auch noch mitkommen?«

Jetzt lachte der Wurzelsepp so herzlich heraus, dass ihm schließlich die Tränen über die Wangen rollten, während unser Bummelzug langsam in den Bahnhof von Innsbruck einlief.

Wir griffen unser Gepäck auf und stiegen aus unserem Abteil, wobei wir einiges Aufsehen erregten, denn wir alle trugen unsere Gewehre über der Schulter. Nun, ich räume ein, dass die zahlreichen Jagdausflügler zu dieser Zeit durchaus in ähnlicher Weise herumliefen – trotzdem war es doch immer ein ungewohnter Anblick, gleich drei Männer mit Gewehren über der Schulter auf dem Bahnsteig zu sehen. Und wir erregten auch gleich die Aufmerksamkeit eines Gendarmen, der uns schon von Weitem beobachtet hatte, dabei unaufhörlich seinen Schnurrbart abwechselnd auf beiden Seiten zwirbelnd. Er setzte sich in Bewegung, und wir blieben stehen, stellten die kleinen Reisetaschen ab und begrüßten den Polizisten mit freundlichen Gesichtern, während er stirnrunzelnd unsere Waffen musterte.

»Jagdausflug, die Herren?«, schnarrte er schließlich mit seltsam metallisch klingender Stimme, und Sepp griff in die Jackentasche, zog seine königliche Legitimation heraus und reichte sie dem Beamten, der einen raschen Blick darauf warf und uns dann zunickte.

»Schon in Ordnung, wenn auch in Bayern und nicht in Österreich ausgestellt. Dann wünsche ich noch eine gute Weiterreise, wohin soll es denn gehen?«

»Wir brauchen die Hilfe der Polizei!«, antwortete Sepp mit geheimnisvoll gesenkter Stimme. »Wo ist denn die nächste Wache?«

»Oh, da begleite ich Sie am besten, meine Herren. Es ist nicht weit von hier aus.«

Mein Blutsbruder: Der Orden der Schwarzen Löwen – Die Jagd auf eine Mörderbande

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