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KAPITEL 6

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»Ts, ts, ts…«

Kate zuckte zusammen. »He Lucy, erschreck mich doch nicht so.«

Lucy beugte sich über ihre Schulter und hatte freien Blick auf Kates Schreibtisch. »So etwas habe ich seit meiner 10. Klasse nicht mehr gemacht.«

Schnell klappte Kate ihr Notizblock zu, indem sie gerade noch viele »Sams« mit zahlreichen Verzierungen gemalt hatte. »Scheinst wohl schwer verliebt zu sein«, stellte Lucy trocken fest und verschränkte die Arme. Kate drehte sich auf ihrem Bürostuhl zu ihr um. »Du musst Sam unbedingt kennenlernen. Er ist großartig. Mit einem solchen Mann hatte ich bisher noch nie ein Date gehabt. Er ist einfach perfekt.« Ihre Stimme sank zu einem Flüstern, »Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.«

»Perfekt!?« Die Asiatin zog ungläubig die Augenbrauen hoch. »Wenn du mich fragst, ist der Typ einfach zu perfekt, nach allem, was du mir heute Morgen von eurem heißen Date erzählt hast. Irgendwo muss da doch ein Haken sein. Ist er verheiratet oder lebt er mit einer anderen Frau zusammen?«

»Er hat zu mir gesagt, dass er Single ist.«

»Warst du schon bei ihm zu Hause?«

»Nein, war ich nicht. Wir hatten bisher auch erst zwei Rendezvous. Anderthalb um ehrlich zu sein.«

»Na, dann würde ich bei ihm aufkreuzen, um sein Single-Dasein zu überprüfen. Weißt du was, google doch mal seinen Namen. Eventuell erfahren wir dann mehr über Mr. Perfect.«

»Ich spioniere Sam doch nicht hinterher.« Mit Schwung stießen sich Kates Füße vom Boden ab, so dass sich ihr Schreibtischstuhl drehte und sie Lucy ihre Rückenansicht zeigte.

»Nun mach schon. Vielleicht ist er bei Facebook registriert und wir könnten sehen, welche Leute er kennt. Unter Umständen ist auch ein Foto von seiner Ex dabei.«

Lucy kicherte. »Los trau dich. Ich denke, er ist Journalist. Dann sind wahrscheinlich Publikationen von ihm im Netz veröffentlicht. Bist du gar nicht neugierig?«

Kate zögerte, murmelte »Was soll’s« und tippte Sam Saveal in die Suchmaschine. Nichts.

»Geh direkt auf Facebook.« Wieder nichts. »Liebe Kate, wenn du mich fragst, stimmt was nicht mit dem Typen. Entweder du fühlst ihm auf den Zahn oder ich mache das.« Ein unterdrücktes Hüsteln ließ die Freundinnen aufblicken. Mrs. Marsh lugte aus ihrem Büro über den Bildschirm ihres PCs und visierte die beiden mit einem giftigen Blick. Lucy beugte sich zu Kate: »Ich geh lieber, sonst rastet Schwabbelbauch noch aus. Aber hör auf meinen Rat, wenn du nicht auf die Nase fliegen willst.« Kate stützte ihre Ellenbogen auf die Schreibtischplatte und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, es war ihr egal, ob Mrs. Marsh sie beobachtete. Sollte sie schon wieder vom Pech verfolgt sein? Allein der Gedanke an Sam beflügelte sie. Aber wie konnte ein so schöner und wahrscheinlich nicht ganz armer Mann Single sein. Sie nahm seine Visitenkarte aus ihrer Handtasche. »Okay Sam, dieses Wochenende bin ich dran mit der Überraschung.«

Er ist nicht da, er ist bestimmt nicht da. Es war eine blödsinnige Idee von mir, einfach hier aufzukreuzen.

Schon allein das Gebäude wirkte einschüchternd auf sie. Es war eines dieser hypermodernen Hochhäuser auf der 5th Avenue, in denen sich Büroetagen sowie Luxusapartments befanden. Sam Saveal wohnte im obersten Stockwerk. Je höher der Lift mit Kate nach oben glitt, desto nervöser wurde sie.

Sie fand sich vor einer schwarz lackierten Tür mit einem imposanten Messingknopf in der Mitte wieder. Ihr Finger drückte zaghaft den Klingelknopf. Hinter der Tür hörte sie ein Geräusch, als ob ein Riegel bei Seite geschoben würde. Die Tür öffnete sich einen Spalt und Sam streckte, mit reichlich zerzaustem Haar, den Kopf heraus. Er hat geschlafen. Ich blöde Kuh habe ihn bestimmt aus seinem wohlverdienten Schlaf gerissen. »Hi«, Kate grinste, hob die Hand und kam sich dabei ziemlich albern vor.

»Kate!« Ein Strahlen erleuchtete sein Gesicht. »Was machst du denn hier?«

»Überraschung!« »Die ist dir gelungen.« Der Blick seiner meerblauen Augen verfing sich forschend in ihren. Wieder schien er direkt in ihre Seele zu schauen. Sein Gesicht wurde ernst. »Komm doch rein«, unterbrach er sanft die Stille, »du brauchst doch nicht im Flur zu stehen.«

Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, zuckte Kate unmerklich zusammen. Sie fühlte, nein sie war sich sicher, dass er ihr Misstrauen wahrnahm. Er gab ihr einen leichten Kuss auf den Mund.

»Dann werde ich uns schnell einen Kaffee kochen. Du hast doch Lust auf Kaffee?« »Natürlich.« »Setz dich schon mal ins Wohnzimmer, ich komme gleich zu dir.« Verhalten betrat Kate den großen Raum und sah sich um. »Wohnzimmer, das hier ist eher ein Saal.« Eine moderne dunkle Couchgarnitur stand vor einer riesigen Fensterfront. Der Ausblick über die Stadt, der sich Kate hier bot, nahm ihr kurz die Luft. Vorsichtig bewegte sie sich durch das Wohnzimmer, betrachtete die abstrakten Gemälde an der Wand gegenüber dem Fenster.

Er weiß es. Ihm ist klar, dass ich ihm nachspioniere. Am besten ich geh gleich wieder.

Sam stand im Türrahmen zur angrenzenden Küche und beobachtete sie durch halbgeschlossene Lider. »Warum machst du es dir nicht auf dem Sofa bequem?« Kate drehte sich erschrocken um und fuhr sich durch die Haare. »Ich habe die tolle Aussicht bewundert. Muss schon sagen, du hast eine super schöne Wohnung.«

»Ja, nicht schlecht«, meinte er achselzuckend und stellte zwei Tassen Kaffee auf den dunklen Couchtisch. Mit einem wohligen Seufzer sank er auf das schwarze Ledersofa. »Möchtest du dich nicht zu mir setzen? Im Stehen lässt sich Kaffee nicht so gut genießen.« Kate platzierte sich an den äußersten Rand der ausladenden Couchgarnitur und begann in ihrer Tasse Kaffee zu rühren.

»Davon habe ich noch nie gehört.«

»Wovon?« Kate unterbrach ihre Rühraktion und blickte ihn an.

»Dass jemand in einer Tasse Kaffee in die Zukunft sehen kann. Es sieht so aus, als wolltest du irgendwelche Geheimnisse an die Oberfläche rühren. Ich dachte das Orakeln ginge nur mit Kaffeesatz.« Kate prustete los und Sam fiel in ihr Lachen ein. »Kate, was bedrückt dich? Du bist heute so anders.«

»Ich? Das meinst du nur.« Wieder ruhte sein Blick auf ihr, Kate konnte nicht die Augen von ihm abwenden.

»Bin ich dir etwa unheimlich? Oder traust du mir nicht?«

Sie senkte die Lider. »Es tut mir leid, aber anscheinend kann ich dir nichts verheimlichen. Ich gebe zu, ich war neugierig. Ich wollte wissen wie du wohnst und auch ob du, ähm…«

»…alleine wohnst«, vollendete er den Satz. »Ich verstehe dich ja...«

»Nein, tust du nicht. So ein Mann wie du, der will normalerweise nichts von einer Frau wie mir. Kein Mann, der so verdammt gut aussieht, einen Luxusschlitten fährt und in so einer Nobelhütte wie dieser hier lebt, will eine feste Bindung mit einer einfachen Angestellten, die bestenfalls drollig aussieht.«

»Drollig?«

»Ja, drollig. Ich weiß, dass ich keine Schönheit bin. Du, du könntest doch jedes Model aus der Stadt abschleppen.«

»Ich will aber nicht jedes Model haben, ich will dich.«, meinte er leise, während er näher ans sie heran rückte. Seine Augen waren jetzt ganz dunkel und ernst. Vorsichtig nahm er ihre linke Hand in seine, führte sie an seine Lippen und küsste sachte jeden ihrer Finger. Kate hielt den Atem an.

»Was soll ich nur anstellen, damit du mir vertraust?« fragte er leise.

»Sam, ich hab dich wirklich gern, ja vielleicht sogar mehr als das. Es wäre mein größter Wunsch, wenn das mit uns funktionieren würde, aber ich habe Angst. Sei bitte einfach nur ehrlich zu mir.«

Kurz flackerte Unsicherheit in seinen Augen. »Was meine Gefühle für dich angeht, da sage ich dir die Wahrheit. Kate, ich liebe es, mit dir zusammen zu sein, ich liebe es wirklich sehr. Auch mein größter Wunsch ist es, das aus unserer Beziehung mehr wird. Und nichts liegt mir ferner, als dich zu verletzen.« Er hielt ihre beiden Hände, doch dann ließ er sie los und blickte zu Boden. »Ich glaube es wäre besser, wenn du jetzt gehst. Wir können uns gerne ein anderes Mal treffen und über alles reden. Nur, bitte geh jetzt.«

Kates Magen zog sich krampfhaft zusammen. Sie schluckte und erhob sich langsam. Mit unsicheren Schritten ging sie aus dem Wohnzimmer, er folgte ihr. Sanft schob er sie mit einer Hand zur Tür und fasste mit der anderen nach dem Türgriff. Kate drehte sich um, stemmte sich gegen die schwarze Tür und hob trotzig ihr Kinn. »Du willst mich loswerden?«

»So habe ich das nicht gemeint. Ich finde heute ist irgendwie ein schlechter Zeitpunkt. Ich muss noch arbeiten und ...«

»Was du eben gesagt hast, von wegen Wahrhaftigkeit deiner Gefühle mir gegenüber, das stimmt wirklich?« Offen sah er sie an. »Ja!«

»Aber irgendetwas verheimlichst du mir. Ist es so?«

Er schloss kurz die Augen. »Ja, du hast recht.«

Kate nahm einen tiefen Atemzug. »Solange du nicht mit meinen Gefühlen spielst, will ich dir vertrauen, egal was du sonst für dunkle Flecken in deinem Leben hast. Ich weiß, dass ich mich total unvernünftig verhalte, aber du bist sicher das Beste, was mir bisher in meinem Leben begegnet ist und ich wäre verrückt, wenn ich dich wieder gehen ließe.« Erleichtert atmete sie aus. »So, das musste ich loswerden.«

Sam begann leise zu lachen. »Du bist einmalig.« Er zog sie in seine Arme. Kate schmiegte sich an ihn, seine Wärme hüllte sie ein. Er küsste zärtlich ihren Scheitel. Kate schloss die Augen. Dann nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und zog es zu ihrem hinab. Ihre Lippen berührten sich, ein Kuss, so leicht wie der Schlag eines Schmetterlingsflügels. Ein lustvoller Schauer rieselte über ihren Rücken. Sein Kuss wurde leidenschaftlicher und fordernder. Kate erwiderte ihn mit der gleichen Intensität. Seine Lippen, ihren Namen flüsternd, wanderten ihren Hals hinab. Das Prickeln breitete sich auf ihren Bauch, dann auf ihren gesamten Körper aus. Ihre Finger fanden den obersten Knopf seines Hemdes und öffneten ihn. Sam erstarrte. »Kate, ich finde wir sollten warten.«

»Nein, bitte stoße mich jetzt nicht weg. Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.« Er zögerte kurz, dann zog er sie noch näher an sich heran, fuhr durch ihr Haar, hob sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer.

Kate hatte das Gefühl, von einer Welle weggespült zu werden. Die Berührung seines Körpers, weckte in ihr noch nie gefühlte Empfindungen. Es war, als würde sich jede Pore ihrer Haut öffnen, um ihn aufzunehmen. Ja, es war fast so, als würde die hauchdünne Schicht ihrer Haut sich auflösen und sie mit seinem Körper eins würde. Sie fühlte, was er fühlte und sie wusste, dass er dasselbe spürte wie sie. Sein Mund an ihrem Ohr. Er hauchte ihr drei Worte ins Ohr, Worte deren Bedeutung sie nicht verstand. Aber das war bedeutungslos, sie waren eins.

Ihre Hand griff ins Leere. Sie strich über ein Satinkissen und öffnete die Augen. Die Seite im Bett neben ihr war leer, nur die zerknüllten schwarzen Satinkissen zeugten von seiner flüchtigen Anwesenheit. Verführerischer Kaffeeduft drang in ihre Nase. Kurz darauf kam Sam lächelnd ins Schlafzimmer, ein Tablett mit Frühstück balancierend. »Guten Morgen, meine Schöne. Ich dachte mir, du könntest hungrig sein.«

»Wie spät ist es?« Kate gähnte und streckte sich genüsslich.

»Noch früh. Es ist erst halb sieben.«

»Oh, nein, ich muss gleich auf die Arbeit. Aber erst muss ich mir zu Hause noch etwas anderes anziehen. Der Bürodrache wird bestimmt misstrauisch, wenn sie mich in diesen Klamotten sieht.« Sie nickte in Richtung ihres achtlos auf den Boden geworfenen schwarzen Kleides und der hochhackigen Schuhe. Sam grinste und stellte das liebevoll arrangierte Tablett vor ihr ab. »Schon möglich, bei dem Anblick den du gestern geboten hast, da kann man schon auf zweideutige Gedanken kommen.« Der heiße Kaffee rann wohltuend ihre Kehle hinunter. Sie biss herzhaft in das warme Croissant. »Isst du denn nichts?«, nuschelte sie zwischen zwei Bissen.

»Im Gegensatz zu dir, mein verschlafenes Murmeltier, bin ich schon seit gut einer Stunde auf den Beinen. Und da ich an diesem wundervollen Morgen nicht eines qualvollen Hungertodes sterben wollte, habe ich mir bereits Spiegelei mit Toast zubereitet. Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich dich alleine frühstücken lasse.« Sein übertriebener Hundeblick reizte sie zum Lachen. »Och, es gibt Schlimmeres«, Kate wischte sich ein paar Krümel vom Kinn. »Leider muss ich los, sonst komme ich zu spät.«

An der Tür drückte Sam sie so fest, als ob er sie nie mehr loslassen wollte. Zärtlich küsste er ihren Mund. »Ruf mich heute Abend an, wenn du wieder zu Hause bist. Ich komme dann zu dir.« Kates Herz schlug heftiger. »Das mache ich, bis heute Abend.«

Vorwurfsvolles Maunzen begrüßte sie, als sie die Wohnung betrat. Bangla und Desh verzehrten hastig das von Kate bereitete Fressen, zogen sich aber dann beleidigt zurück. Kate duschte, zog sich Jeans und T-Shirt an und wollte wieder hinausgehen, als ihr Blick auf den wild blinkenden Anrufbeantworter fiel. Ungeduldig drückte sie die Taste. Die Stimme ihrer Mutter ertönte, weinend und verzweifelt aus dem Apparat. »Kate, wo steckst du? Bitte melde dich doch, wenn du wieder da bist.«

Pause.

»Es ist etwas Schlimmes passiert. Dein Vater hatte einen schweren Autounfall. Er ist im Krankenhaus. Der Arzt sagt, es wäre ernst. Ruf mich bitte an.«

Tränen schossen Kate in die Augen. Sie riss den Telefonhörer an sich, tippte mit zitternden Fingern die Nummer ihres Elternhauses, doch es meldete sich nur die mechanische Stimme des Anrufbeantworters. Bestimmt sind sie alle im Krankenhaus. Sie wählte Sams Nummer. Kaum vernahm sie seine Stimme, konnte sie das unterdrückte Schluchzen nicht länger zurückhalten.

»Kate, beruhige dich bitte. Was ist passiert?« »Es ist furchtbar. Mein Vater liegt schwer verletzt im Hospital. Er hatte einen Unfall und es steht nicht gut um ihn, das habe ich gleich am Tonfall meiner Mutter erkannt. Ich muss sofort zu ihm. Ich werde mir Urlaub nehmen, meine Nachbarin bitten auf meine beiden Katzen aufzupassen und nach Auburn fahren.«

»Das tut mir so leid. Kann ich irgendetwas für dich tun?«

»Lieb, dass du fragst. Wir werden uns wohl eine Weile nicht sehen können.«

»Da kann man nichts machen, deine Familie geht vor. Ich werde auf dich warten.« Kate beruhigte sich etwas.

»Du wirst sehen, alles wird gut werden. Ich werde an dich und deinen Vater denken.«

»Danke«, sie legte auf. Eine seltsame Ruhe überkam sie, das innerliche Zittern ließ nach. Allein schon seine Stimme hatte eine solch beruhigende Wirkung auf sie. Noch nie war ihr ein Mensch wie Sam begegnet. Ob alle Engländer so waren? Sie musste an seine Penthouse-Wohnung denken. Irgendetwas hatte sie die ganze Zeit an dieser Wohnung irritiert. Nun wusste sie auch, was es war. Die kühle, dunkle Einrichtung passte so gar nicht zu Sam. Sie schob den Gedanken beiseite, sie brauchte ihre gesamte Konzentration für die Planung ihrer Heimreise.

Gottessöhne

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