Читать книгу Politkarikaturen, Kommentare und Satiren - Udo Geißler - Страница 7
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ch freue mich sehr, dass Sie dieses Buch in der Hand halten und sich entschlossen haben, darin zu stöbern. Meinen besonderen Dank möchte ich den hilfsbereiten Mitarbeitern vom Verlag Tredi-tion, dem Cover-Designer Christian und Anna Graba aussprechen. Ihre großartige Kunst hat unserem polnisch-deutschen Projekt „Politkari-katur.de“ Leben eingehaucht, es auf Platz 1 bei den entsprechenden Google-Suchergebnissen katapultiert und das Erscheinen dieses Karika-turenbandes überhaupt erst möglich gemacht. Dabei haben uns einige Freunde gewarnt, das Thema „Politik“ aufzugreifen.
Nach einer Allensbach-Umfrage passen fast zwei Drittel der Deutschen im öffentlichen Raum mittlerweile ganz genau auf, was sie äußern, weil sie sich vor gesellschaftlichen Sanktionen fürchten. Oliver Gorus, um ein weiteres Beispiel zu geben, berät und unterstützt seit vielen Jah-ren Menschen, die ein Publikum haben. Er rät ihnen, „wenn das, was sie zu sagen haben, Poli-tik und Gesellschaft inhaltlich berührt“, zur Vor-sicht und warnt ohne Umschweife:
„Seine Meinung zu sagen kann immer dann, wenn sie interessant wird, nämlich dann, wenn sie vom Mainstream abweicht, zunehmend schwerwiegende materielle Konsequenzen haben.“ Warum veröffentlichen wir – in einer Zeit, in der das Denunziantentum wieder fröhli-che Urständ feiert und deswegen Schweigen weitaus klüger wäre – also trotzdem dieses Buch, obwohl wir ahnen, dass sich zudem Reichweite und Wirksamkeit in überschaubaren Grenzen halten werden?
Es gibt Schlüsselmomente, die unser ganzes Leben verändern können. Von diesem Tag - ja von dieser Sekunde an - ist nichts mehr, wie es vorher war. Eine Krankheit, ein schwerer Ver-lust, ein Vertrauensbruch, das plötzliche Gefühl absoluter Hilf- und Ausweglosigkeit; aber auch ein unerwartetes Glücksgefühl, eine einmalige Gelegenheit, eine tiefe Befriedigung oder eine plötzliche Erkenntnis: Dieser Augenblick, der
alles auf den Kopf stellt und unserem Dasein eine andere Wendung gibt, kann völlig unerwar-tet kommen; meistens ist er jedoch der Kulmina-tionspunkt einer Entwicklung, die sich – viel-leicht bisher nur im Verborgenen – schon länger angedeutet hatte.
Während die Schlüsselmomente häufig unser privates oder berufliches Leben betreffen, und wir diese Bereiche leicht überblicken, verhält es sich auf der politischen Ebene vollkommen an-ders. Meistens sehen wir hier nur einen kleinen Ausschnitt und müssen große Anstrengungen unternehmen, um die Verknüpfung dieses Teil-aspekts in einem größeren Kontext vorzuneh-men.
Einflussreiche Lobbyisten und Politiker wis-sen das: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert“, so ermunterte der ehemalige Kom-missionspräsident Jean-Claude Juncker die Staats- und Regierungschefs der EU in Fragen der Europapolitik. „Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“
Es ist diese stärker werdende Übergriffigkeit der Nomenklatura und ihrer Einflüsterer gegenüber den Lebensweisen und natürlichen Interessen der Völker, die sich einige wenige nicht mehr ohne weiteres gefallen lassen.
Wenn Eliten sämtlicher Couleur in ihrem un-gehemmten Machtrausch den Bogen seit Jahren überspannen, Verträge brechen und den Nach-folgegenerationen schier unlösbare Probleme aufbürden, wenn sie das Recht verletzen, Kriege anzetteln und gleichzeitig voller Pathos von Hu-manität, Solidarität und Menschenrechten schwadronieren, dann merken selbst diejenigen, die sich bis dato wenig mit Politik beschäftigt haben, dass etwas grundlegend nicht mehr stimmt.
Liebe Leserinnen und Leser!
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