Читать книгу Nakkita - Udo Meeßen - Страница 9
ОглавлениеSchwestern auf getrennten Bahnen
„Hallo, ist hier jemand?!“
„Moment bitte! Bin gleich da… Guten Morg… nee, oder? Charly? Bist Du das wirklich?“
„Oh… Hallo, Nadja. Das ist Deine Werkstatt?“
„Jou. Was treibt Dich zu mir. Was kann ich für Dich oder Dein Auto tun?“
„Seit wann heißt Du Jablonski? Da draußen steht Jablonski KFZ-Service.“
„Das ist der Name vom Vorbesitzer. Ich führe die Firma unter dem Namen weiter, weil sie alt eingesessen ist und ich sonst alle Drucksachen und all den Kram aufwändig ändern müsste.“
„Verstehe.“
„Also, was kann ich für Dein Auto tun?“
„Für mein Auto? Nee, meinem Insignia geht es gut. Ich bin in meiner Eigenschaft als Kriminalkommissarin in einer Mordsache hier.“
„Aua. Wie kann ich Dir helfen?“
„Kennst Du eine gewisse Tanja Sorg?“
„Tanja? Mein Schatz? Sicher kenne ich meinen Schatz.“
„Dein Schatz? Dann kennst Du auch ihr Auto?“
„Klar doch. Nakky steht seit Samstag Mittag auf der Hebebühne. Ich muss erst den Signum raus schaffen… langsam wird die Halle zu klein.“
„Ich muss den Nakkita mal in Augenschein nehmen. Der Herr hier ist übrigens mein Kollege Thomas Berger und seines Zeichens Forensiker.“
„Okay? Na, dann kommt mal mit. Was wollt Ihr wissen?“
„Der Mann, welcher letzten Samstag das Auto von Frau Sorg beschädigt hat, ist tot und wir haben am Tatort Spuren gefunden, welche auf deren Nakkita hinweisen.“
„Auf Tanjas Nakky? Nee, nee. Tanja hat von mir einen Mietwagen, einen blauen Astra, bekommen und ihre Nakky steht seit Samstag hier auf der Bühne. Die wurde seitdem keinen Meter bewegt, weil ich keinen Platz in der Halle hab und die Deppen in der Schlosserei nebenan einen Schrottcontainer in mein Areal im Hof gestellt haben.“
„Dann hast Du ja kein Problem damit, wenn Herr Berger das System des Wagens ausliest, oder?“
„Nö, sicher nicht. Wenn Du auf dem Trip bist, Tanja hätte sich an diesem Kerl gerächt, bist Du auf dem Holzweg. Tanja war das ganze Wochenende mit mir zusammen, wir waren mehrfach essen und just in diesem Augenblick ist sie in ihrer Firma im Personalbüro, weil sie ab nächsten Montag bei mir als Meisterin arbeitet.“
„Ihr zwei seid ein Paar?“
„Ja, totaler Blitzschlag.“
„Und Sorgs Alibi müssen wir nicht großartig überprüfen,“ mischte Berger sich ein, „im Reifenprofil des Wagens steckt keinerlei Dreck vom Acker, am Endtopf sind keine Schleifspuren vom Aufsetzen auf der Scholle und beide Endrohre sind vorhanden. Vor allen die Endrohre haben Beweiskraft.“
„Wie das, Tom?“
„Die werden auf das Endrohr gesteckt und dann verlötet. Und die Lötbahnen an den Hülsen hier an diesem Wagen sind definitiv nicht neu gelötet, sondern schon älter.“
„Also hat Niemand bemerkt, dass eines der Zierstücke verloren ging und ein neues angebracht?“
„Korrekt, Charly. Unser Beweisstück gehört eindeutig nicht zu diesem Auto und ich finde keinerlei Indizien dafür, dass der Wagen durch einen Acker gefahren ist.“
„Und… wann sagtest Du, starb Burgmeister?“
„Laut Nierenthermometer gestern Nacht um drei Uhr.“
„Um drei Uhr. Ich nehme an, da ward Ihr zwei brav im Bett.“
„Öh, nee. Tanja hat mir kurz nach drei eine Nachricht geschickt, dass sie mal wieder nicht schlafen kann, deshalb ein wenig spazieren geht und dann um 8:00 Uhr in der Personalabteilung vorstellig werden will.“
„Also hat sie kein Alibi für die Tatzeit.“
„Tjo. Abgesehen davon, dass Dein Kollege davon ausgeht, dass Burgmeister mit einem in türkis lackierten Nakkita umgebracht wurde und das Auto eines seiner Endrohre dabei verloren hat. Sehe ich das richtig?“
„Und wo warst Du?“
„Ich? Ich war im Bett und hab friedlich geschlummert. Tanja und ich haben einiges nachzuholen und… na ja… ich war richtig platt. Und wenn Du das nicht glaubst… Ich hab eine biometrische Sicherung im Schließsystem meiner Wohnung. Das kannst Du gerne auslesen lassen.“
„Nee, schon gut. Ich war wohl auf dem Holzweg. Sag… Ich bin nicht wirklich zufrieden mit meiner Vertragswerkstatt. Du bist Werkstattpartner von Opel und darfst Inspektionen durchführen?“
„Du fährst einen Insignia?“
„Ja. Einen 2040er Insignia GTD.“
„Dann mach ich Dir den Mädchentarif. Ich hab das im Landschulheim damals nicht vergessen.“
„Ich auch nicht. Und wenn ich damals gewusst hätte…“
„Du hast Dich nach der Klassenfahrt auf Julius eingelassen, hm? Was ist da draus geworden?“
„Fünf Jahre Ehe für die Katz und meine Sissy. Die ist inzwischen zwanzig und studiert jetzt in München Medizin.“
„Und jetzt bist Du solo?“
„Nee. Seit einem Jahr bin ich quasi in festen Händen. Zwischenzeitlich hab ich… ich mag nicht drüber reden.“
„Du hast mir damals mal ein Foto von Deiner Sissy geschickt und geschrieben, Du wärest die glücklichste Mama der Welt. Da war sie fünf oder sechs Jahre alt. Warum… warum hab ich meine Nichte noch nie im Arm gehalten und warum hast Du meine Anika noch nie geknuddelt? Was ist passiert?“
„Du hast mich damals vor Julius gewarnt und ich hab es nicht glauben wollen. Das ist passiert, Schwesterchen. Und nachdem das mit Julius vorbei war, hab ich meine Arbeit bei der Kripo geheiratet. Das ist passiert.“
„Dann… dann lass uns bitte wieder Schwestern sein. Ich war Dir nie böse. Du hast Dich wegen Julius abgewendet und ich hab Dir damals schon gesagt, dass ich Dich ewig liebe.“
„Du bist mir nicht böse?“
„Nee. Ich war immer nur traurig und als Du mir das Foto Deiner Sissy geschickt hast, hab ich geweint. Du hast meine Anika nie gesehen… Ich hab Dir ein Foto von Anny geschickt, aber der Brief kam als unzustellbar zurück, weil Du wohl umgezogen bist. Das ist Kacke. Du bist MEINE Schwester. Wie lange ist das jetzt her?“
„Fast zwanzig Jahre… Ich geb Dir meine Visitenkarte und dann… kommst Du am Mittwoch zum Essen?“
„Hm… Tanja muss diese Woche noch arbeiten… Dann komm ich halt ohne sie. Aber wenn wir uns dann das nächste Mal sehen, ist Tanja dabei.“
„Das ist in Ordnung. Du hast Deine Tanja und ich hab meine Denise. Ich sehe da keine Probleme, oder?“
„Nein. Da gibt es kein Problem.“
„Dann sehen wir uns Mittwoch Abend?“
„Ja. Und glaub mir, das macht mich glücklich. Ich hab Dich all die Jahre vermisst, Schwesterchen.“
„Ich Dich auch,“ sagte Charlotte mit Tränen in den Augen, umarmte Nadja lange, wandte sich schließlich ab und signalisierte Berger er könne gehen.
„Frau Sorg hat Burgmeister nicht umgebracht. Und meine Schwester… die hätte zwar ein Motiv, weil sie offenbar ein Nakkita-Freak ist, den ganzen Hof voll mit Autos dieser Art stehen und ein Verhältnis zur Sorg hat, aber Sorgs Nakky war nicht auf dem Acker und hier sehe ich keinen anderen Nakkita der türkis lackiert ist.“
„Da stimme ich zu Charly. Und deswegen mag ich nicht in Deiner Haut stecken. Ich weiß, wie Frau Kriminalkommissarin tickt und sich in ihren Fällen verbeißt.“
„Lass gut sein, Tom. Irgendwann finde ich den Mörder. Das habe ich immer und werde es auch.“
„Schon klar, Charly. Wenn Du mich brauchst, weißt Du, wo Du mich findest.“
„O.k.“