Читать книгу Fiskalstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 13

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1. Kapitel Einleitung: Vom Nutzen einer einheitlichen Darstellung des „Fiskalstrafrechts“ › B. Die Verschärfung des Steuerstrafrechts durch Gesetzgeber, BGH und Steuerverwaltung

B. Die Verschärfung des Steuerstrafrechts durch Gesetzgeber, BGH und Steuerverwaltung

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Schünemann hat in einem Gutachten (2011) die Entwicklung der Verfolgung der Steuerstraftaten in den letzten 30 Jahren betrachtet und dabei festgestellt, dass in der Zeit zwischen 1995 und 2011 die Steuerhinterziehung deutlich strenger verfolgt worden ist. Es lohnt sich diesen „historischen Teil“ des Gutachtens (S. 7 ff.) hier kurz zu paraphrasieren, weil Schünemann die einzelnen Säulen aufzeigt, auf denen die Gesamtverschärfung des Steuerstrafrechts ruht.

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Der auf den Steuerpflichtigen lastende Sanktionsdruck habe sich potenziert.[1] Das lasse sich zunächst an der Verfolgung von Steuerhinterziehungen im Zusammenhang mit „ausländischem Schwarzgeld“ deutlich ablesen; die Verschärfung sei durch eine entsprechende Rechtsprechung vorbereitet und von eine[r] extreme[n] Verschärfung in der Verfolgungspraxis begleitet worden. Während von der Seite des Tatbestandes der Steuerhinterziehung Ausweitungen durch neue Regelbeispiele und die Erstreckung der Strafverfolgung auf Auslandstaten gegen Unionssteuern erfolgt seien,[2] habe der Gesetzgeber – inspiriert durch die BGH-Entscheidung vom 20.5.2010 – die Selbstanzeige drastisch eingeschränkt. Hier wird auf die Ausweitung der Sperrgründe einerseits und die Beschränkung der strafbefreienden Selbstanzeige auf (zunächst) 50.000 € durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz vom 28.4.2011[3] eingegangen. Bekanntlich hatte diese Entwicklung im Jahr 2011 nur eine Zwischenetappe und zum 1.1.2015 mit einer Vielzahl weiterer Änderungen ihren wohl nur vorläufigen Höhepunkt erreicht.[4] Mit dem Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014[5] wurden die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige ein weiteres Mal geändert. Insbesondere wurde der Grenzbetrag, bei dessen Überschreitung die Strafbefreiung ausscheidet und nur noch ein Verfolgungsverbot herbeigeführt werden kann, von 50.000 auf 25.000 € gesenkt sowie der Berichtigungszeitraum auf zehn Jahre verlängert.[6] Als Reaktion auf die Enthüllungen durch die Panama-Papers wurde zudem ein neues Regelbeispiel in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 6 AO eingeführt. Danach liegt nunmehr ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor, wenn der Täter eine Drittstaat-Gesellschaft (§ 138 Abs. 3 AO) zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.[7]

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Ferner skizziert das Gutachten, wie die Rechtsprechung des BGH das Steuerstrafrecht bis zum Jahr 2011 verschärft hat.[8] Bereits in der Entscheidung des BGH vom 2.12.2008 wird die Richtung deutlich, die eine künftige Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht nehmen könnte: Steuerstraftaten werden ernster genommen. An der Bestimmung des „großen Ausmaßes“ in § 370 Abs. 3 AO zeigt sich dies besonders deutlich. Durch die Streichung des Merkmals „grober Eigennutz“ aus § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO und die Festsetzung der Wertgrenze für die Steuerhinterziehung „großen Ausmaßes“ auf 50.000 bzw. 100.000 € wurde der Strafrahmen für Steuerhinterziehungen in der Praxis massiv angehoben.[9] Zu § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO a.F. war noch davon die Rede gewesen, unterhalb eines siebenstelligen Betrages könne man nicht von einem besonders schweren Fall ausgehen.[10] Ein weiterer, wenn auch kleinerer, Schritt zu einer Verschärfung des Steuerstrafrechts findet sich in der Entscheidung des BGH vom 17.3.2010 zu § 153 AO,[11] nach der auch die eventual vorsätzlich unrichtige Abgabe in einer Steuererklärung berichtigt werden müsse, um der Strafdrohung des § 370 Abs. 1 AO zu entgehen. Diese Judikatur übt in der Praxis einen erheblichen Druck auf mögliche Berichtigungspflichtige aus. Der bedeutendste Schritt auf dem Weg zu einer Verschärfung des Steuerstrafrechts durch die Rechtsprechung war sicherlich der sog. Selbstanzeigebeschluss des BGH vom 20.5.2010.[12] Hier hat der 1. Strafsenat insbesondere der Möglichkeit der Teilselbstanzeige widersprochen und angeregt, die Selbstanzeige grundsätzlich zu überdenken. Auch wenn diese Entscheidung insbesondere deswegen in Frage gestellt worden ist, weil sie das Prinzip der Rechtssicherheit und den Vertrauensschutz verletzte, ist an der Tatsache nichts mehr zu ändern, dass der BGH den Gesetzgeber auf den Weg zur Verschärfung des Steuerstrafrechts gestoßen hat. In diesem Zusammenhang sind weitere Entscheidungen des BGH zu nennen, die den Weg zu einem schärferen Steuerstrafrecht öffnen, so z.B. der Beschluss zur Strafbarkeit wegen Umsatzsteuerhinterziehung bei Mitwirkung an ausländischen Hinterziehungsstrukturen vom 8.11.2008[13] oder die Entscheidung zum Eintritt der Steuerverkürzung durch gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 10.12.2008.[14] Gefährlich drohte diese Entwicklung zu werden, weil der BGH die Steueranspruchstheorie unter Bezugnahme auf Kommentarliteratur aus Justizkreisen in Frage gestellt hatte. Diese Gefahr dürfte jedoch durch die Entscheidung des BGH vom 24.1.2018[15] zum Vorsatz bei § 266a StGB vorerst gebannt sein (vgl. Kap. 8 Rn. 73 ff.).

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Auch in der Verwaltung sieht Schünemann eine Entwicklung, wonach zur Verfolgung von Steuerstraftaten verstärkt in ihrer Zulässigkeit umstrittene Mittel wie der Ankauf von Steuerdaten genutzt werden.[16]

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