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1. Kapitel Einleitung: Vom Nutzen einer einheitlichen Darstellung des „Fiskalstrafrechts“ › E. Begriff des Fiskalstrafrechts und Notwendigkeit einer einheitlichen Darstellung

E. Begriff des Fiskalstrafrechts und Notwendigkeit einer einheitlichen Darstellung

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Fasst man diese Bereiche des Wirtschaftsstrafrechts zusammen und bringt die Straftaten, die sich gegen die Staatshaushalte der deutschen Gebietskörperschaften und der Europäischen Union richten, unter einen Begriff, so sind dies die Fiskalstraftaten. Die Annäherung der Betrugs-, Untreue und Subventionsbetrugsdelikte einerseits und der Steuerstraftaten im weiteren Sinne andererseits ist in der Rechtsprechung des BGH bereits angelegt, und der europäische Vergleich – insbesondere mit Ungarn – macht deutlich, dass eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten dieser Delikte gegen den Haushalt besteht.

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Hier soll eine geschlossene Darstellung des Fiskalstrafrechts erfolgen, weil diese einheitliche Darlegung im Überblick als notwendig angesehen werden kann. Bereits der Umstand, dass mittlerweile von Fiskalstrafrecht gesprochen werden kann, wenn das Strafrecht gegen Angriffe auf öffentliche Haushalte gemeint ist, legitimiert eine Gesamtdarstellung wie die vorliegende. Es muss zwar eingeräumt werden, dass, wenn von einer notwendigen einheitlichen Darstellung gesprochen wird, diese mehr als einfach nur sinnvoll sein muss. Doch auch für diese Notwendigkeit im engen Sinne gibt es gute Gründe: Wenn Steuer- und Zollstrafrecht einerseits und Betrugs- bzw. Untreuestrafrecht andererseits sich gegenseitig beeinflussen, so verspricht eine Darstellung, die beide Bereiche in den Blick nimmt, den Mehrwert der Synergie.

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Die Entwicklung des Steuerstrafrechts war bis vor wenigen Jahrzehnten von der des allgemeinen Vermögensstrafrechts weitgehend abgekoppelt, weil das Steuerstrafrecht entweder als Teil des Steuerrechts oder als Verwaltungsstrafrecht wahrgenommen wurde.[1] Zwar hat das Bundesverfassungsgericht diese Sichtweise bereits 1967 eindeutig abgelehnt, indem es die Unvereinbarkeit des Unterwerfungsverfahrens mit Art. 92 GG feststellte, in dem die Steuerverwaltung Kriminalstrafen verhängen konnte.[2] Dennoch dauerte es noch bis zum Beginn der Ära Harms am 5. Strafsenat des BGH bis das Steuerstrafrecht als Strafrecht ernst genommen wurde, eine realistische Verfolgungsgefahr für Steuerstraftäter entstand und eine gemeinsame Entwicklung dieses Bereichs des Strafrechts und damit auch eine Zusammenführung der Entwicklungslinien von Steuerstrafrecht und Vermögensstrafrecht begann.

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Diese Synthese wird sich in den nächsten Jahren zwangsläufig noch weiter verstärken, weil das Steuerstrafrecht mehr mit dem Betrugs- und Untreuestrafrecht gemeinsam hat als mit den Straftaten, die bei der Entwicklung des Strafrechts im 19. Jahrhundert Pate gestanden haben.[3] Man könnte die Gemeinsamkeit letztlich auf einen einfachen Nenner herunterbrechen: Dem Steuerstraftäter geht es ebenso um das Geld der Allgemeinheit wie dem Täter eines Subventionsbetrugs oder einer Haushaltsuntreue. Auch wenn diese Gleichsetzung aller Straftaten gegen das Vermögen vergröbert, so ist sie dennoch dem Grunde nach hinreichend plausibel, um diese Straftaten gemeinsam und unter Bezugnahme aufeinander darzustellen. Dieser innere Zusammenhang dieser Straftaten dürfte einer der Gründe sein, warum auch Tiedemann in seinem Lehrbuch zum Wirtschaftsstrafrecht (5. Aufl. 2017) § 17 das „Strafrecht der öffentlichen Finanzwirtschaft“ in einem einheitlichen Abschnitt darstellt.

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Für das gesamte (Wirtschafts-)Strafrecht gelten die gleichen Regeln des Verfassungsrechts, der Allgemeine Teil des Strafgesetzbuchs und die allgemeinen Lehren des Strafrechts.[4] Jedoch wirft das hier als Fiskalstrafrecht bezeichnete Sanktionsrecht spezifische Probleme auf, die sich daraus ergeben, dass die maßgeblichen Tatbestände stark normativ geprägt sind (Steuerhinterziehung, Untreue etc.) oder Blankettverweisungen (§§ 379 ff. AO) enthalten.[5] Insbesondere diese Normativierungen bringen bei der Anwendung des Allgemeinen Teils grundlegende Schwierigkeiten mit sich. So ist die Reichweite von Art. 103 Abs. 2 GG bei diesen Tatbeständen nicht abschließend geklärt, und insofern stellen sich im Steuer- und Zollstrafrecht und bei Untreue und Betrugsstraftaten sehr ähnliche Probleme.[6] Heftig umstritten ist nach wie vor die Behandlung von Rechtsirrtümern (u.a. Kap. 8 Rn. 64; Kap. 22 Rn. 68) oder die Bestimmung von Garantenstellungen (u.a. Kap. 7 Rn. 58 ff.; Kap. 11 Rn. 58). Hier ergibt sich aus der parallelen Aufarbeitung in einem Band die Möglichkeit des Verweises, um sowohl die Probleme als auch die Lösungsansätze zu verdeutlichen. Diese gilt auch für Fragen, die unmittelbar die Straftatbestände des Besonderen Teils betreffen, wie z.B. die Bestimmung des Schadens, insbesondere seiner Normativierung.

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Natürlich hätten in diesen Kontext weitere Bereiche des Wirtschaftsstrafrechts in die Betrachtungen eingebunden werden können, dies gilt etwa für die eng mit den Fiskalstraftaten verbundenen Korruptionsdelikte oder die Geldwäsche. Diese Straftaten gehören zu den Schnittstellendelikten, die in vielen Fällen von Fiskalkriminalität bei Gelegenheit und zwangsläufig mitbegangen werden; eine gewerbsmäßige Untreue im Unternehmenskontext ist ohne Geldwäschebezug eher die Ausnahme als die Regel.[7] Dennoch wurden diese Delikte nicht in dieses Buch aufgenommen. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass sich auf diesen Schnittstellengebieten zumindest partiell andere Probleme ergeben als im Fiskalstrafrecht: Die Geldwäsche wirft eine Vielzahl von Fragen über die Vortat und die Herkunft von Geldwäschetatobjekten auf.[8] Auch die Problemstellungen bei den Korruptionsdelikten sind vielfach anderer Natur. Das ergibt sich u.a. daraus, dass die betroffenen Rechtsgüter sowohl bei der Geldwäsche,[9] als auch bei den bereits als solchen kaum einheitlich systematisierbaren Korruptionsdelikten[10] diffuser und vielschichtiger sind, während das Rechtsgut der Fiskalstraftaten leicht umschrieben werden kann: die Integrität der öffentlichen Haushalte.

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Auch die tatsächlichen Verbindungen zwischen den hier dargestellten Fiskalstraftaten sind vielfältig. Dies wird bei der Schwarzarbeit besonders deutlich: Hier werden typischerweise, vielleicht sogar zwangsläufig, gleichzeitig Lohnsteuerhinterziehungen und Straftaten nach § 266a StGB begangen. Die verdeckte Gewinnausschüttung geht oftmals mit Steuerhinterziehungen und Untreuetaten einher. Auch wegen dieses tatsächlichen Zusammenhangs bietet sich eine Gesamtdarstellung des Fiskalstrafrechts an. Das gilt zwar für Geldwäsche und Korruption ebenfalls, jedoch sind die Zusammenhänge insofern regelmäßig weniger systematischer als mehr rein phänomenologischer Natur. Das rechtfertigt die Entscheidung, sich in diesem Band auf das Fiskalstrafrecht im engeren Sinne zu beschränken.

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