Читать книгу Die Heirath im Omnibus - Уилки Коллинз, Elizabeth Cleghorn - Страница 2

Erster Band
Zweites Kapitel

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Ich bin der zweite Sohn eine englischen Parlamentsmitgliedes und Besitzers eines großen Vermögens. Unsere Familie ist, glaube ich, eine der ältesten dieses Landes. Von väterlicher Seite war sie schon vor der Eroberung Englands durch die Normannen bekannt und angesehen, und von mütterlicher Seite ist der Stammbaum ohne so weit zurückzureichen, doch ein noch vornehmerer.

Außer einem Bruder, der älter ist als ich, habe ich eine Schwester, die jünger ist. Meine Mutter starb kurz darauf, nachdem sie dieses letzte Kind zur Welt geboren.

Umstände, die man bald kennen lernen wird, zwangen mich, dem Namen meines Vaters zu entsagen. Die Ehre legte mir die Verpflichtung auf, darauf zu verzichten. Sie gestattet mir nicht einmal, ihn hier zu erwähnen.

deshalb habe ich an die Spitze dieser Blätter bloß meinen Taufnamen gesetzt und nicht glaubt, daß Etwas darauf ankäme, den anderen erfundenen Namen, den ich mir gegeben, beizufügen, besonders da ich ihn vielleicht sehr bald mit einem andern vertausche.

Es wird deshalb auch weiter nicht sonderbar erscheinen, wenn ich im Laufe dieser Erzählung meinen Bruder und meine Schwester ebenfalls nur mit ihren Vornamen anführe und alle Mal da, wo der Name meines Vaters zum Vorscheine kommen sollte, den Platz leer lasse, damit mein Familienname in dieser Niederschrift eben so verborgen bleibe, wie ich ihn der Welt verborgen halte.

Als meine Mutter starb, war ich noch so klein, daß ich nur eine unklare Erinnerung an sie bewahren konnte. Ich entsinne mich allerdings noch genau einer Dame mit einem schmalen, bleichen, sehr sanften und sehr guten Gesichte, durch dessen Güte aber die Schwermut hindurch schimmerte.

Dieser Charakter ihrer Züge war mir trotz meiner noch so großen Jugend aufgefallen und meine Liebe zu ihr war natürlich mit Ehrerbietung gemischt.

Stundenlang saß ich auf ihren Knieen und schaute neugierig in ihre durchsichtigen, reinen Augen, in welchen sich so große Schwermuth aussprach oder spielte mit ihren mit kostbaren Ringen geschmückten Fingern, während sie mich liebkoste und mir die Zeit zu vertreiben suchte.

Oft fragte ich»mich in diesen wonnevollen Stunden, ob sie wohl jemals eben. so Kind gewesen sei wie ich, oder ob sie nicht vielmehr eine jener liebenswürdigen Damen aus einem Feenmährchen sei, die nur den passenden Augenblick erwartete, um mich mit sich in irgend ein Zausberland hinwegzunehmen, wo ein ewiger Sommer herrschte und die Blumen niemals welkten.

Ich hatte von alten Dienern und Freunden unserer Familie sagen hören, sie sei nicht immer so ruhig und so Herrin ihrer selbst, wie ich sie mir meinen Erinnerungen gemäß vorstelle. Ein schwerer Kummer habe ihre Jugend getrübt und zuweilen verrathe ihr Benehmen die Leiden ihres Herzens. Mein Vater sprach niemals ein Wort über diesen Gegenstand. Und mag das, was ich gehört hatte, wahr oder nicht wahr sein, so ist sie jetzt nicht mehr, und jener schwere Kummer, wenn sie ihn zu ertragen gehabt, ist mit ihr in das Reich des ewigen Trostes eingegangen.

An den Thoren dieser göttlichen Stätte beginnt der ewige Schatten, in welchen jeder Schmerz sich versenkt und vernichtet, während alle Freuden dem Schooße des in ihm strahlenden Lichtes entkeimen.

Die Geschichte meiner Kindheit und meines Knabenalters bietet nichts sehr Interessante oder sehr Neues.

Meine Erziehung« war dieselbe wie die hundert anderer Kinder, welche derselben Stufe der Gesellschaft angehörten wie ich.

Ich ging zuerst in eine öffentliche Schule und dann auf eine Universität, um meine Ausbildung in bester Form zu vollenden.

Mein Universitätsleben hat nicht eine einzige angenehme Erinnerung in mir zurückgelassen Die Schmeichelei schien mir hier im Principe festzustehen. Sie folgte den Söhnen der Lords auf die Straße und errichtete ihnen in dem Speisesaale eine besondere Estrade«.

Man zeigte mir den unterrichtetsten und kenntnißreichsten Studenten meiner Universität. Es ein junger Mann von exemplarischem Lebenswandel und mit wunderbaren Fähigkeiten begabt, als Plebejer aber mußte er am untersten Ende sitzen.

Einige Minuten später zeigte man mir den Sohn des Marquis von ***, der beim letzten Examen durchgefallen war. Er speiste isoliert in seiner Vornehmheit an einem hohen Tische, von welchem aus er die ehrwürdigen Professoren dominirte, die ihn um seiner Nichtigkeit willen erhöhet hatten.

Als ich diese Bemerkungen machte, war ich eben erst in die Universität eingetreten und in dieser »ehrwürdigen Pflanzschule des Wissens und der Religion« willkommen geheißen worden.

Ich erwähne diese Umstände, so geringfügig und alltäglich sie auch sind, weil. sie der hohen Meinung, die ich von dieser Corporatiom zu der ich nun ebenfalls gehörte, hatte, den ersten Schlag versetzen.

Es dauerte nicht lange, so betrachtete ich diese klassischen Studien wie eine nothwendige Wunde, die man zu ertragen wissen müsse. Ich suchte nicht, mich vor meinen Studiengenossen auszuzeichnen, und schloß mich keiner Coterie an. Ich legte mich auf das Studium der Literaturen Frankreichs, Italiens und Deutschlands. Ich suchte nur gerade so viel Kenntnisse zu erwerben als erfordert wurden, um das Examen bestehen und graduirt werden zu können, und als ich die Universität verließ, stand ich hier im Rufe eines phlegmatischem zurückhaltenden Menschen.

In mein väterliches Haus zurückgekehrt, ward ich, da ich der jüngere Sohn war und keins der Familiengüter erben konnte, dafern nicht etwa mein älterer Bruder starb, ohne Kinder zu hinterlassen, aufgefordert, mich einem bestimmten Berufe zu widmen.

Die Fürsprache meines Vaters konnte mir in mancher sehr ehrenwerthen Carriere förderlich sein, denn er stand zu mehreren Mitgliedern der Regierung in guten Beziehungen.

Die Kirche, die Marine, die Armee und als letzte Zuflucht der Juristenstand, standen meiner Wahl offen. Ich entschied mich für letzteren.

Mein Vater schien durch diesen Entschluß ein wenig überrascht zu werden, aber er machte darüber keine Bemerkung, sondern sagte weiter Nichts als daß die Jurisprudenz eine sehr gute Bahn sei, welche in das Parlament führe.

Wie dem aber auch sein mochte, so war mein Ehrgeiz nicht daraus gerichtet, mir einen Namen im Parlamente zu machen, sondern vielmehr darauf, mir einen Ruf in der Literatur zu gründen. Ich hatte diese mühsame, aber ruhmvolle Laufbahn bereits betreten und war entschlossen, darin auszuharren. Der Beruf, der die Ausführung meines Planes am meisten erleichterte, war der, den ich im Voraus entschlossen war, zu ergreifen, und deshalb wählte ich den Juristenstand.

Ich begann das selbstständige Leben unter sehr günstigen Auspizien. Obschon jüngerer Sohn, wußte ich doch, daß mein Vater, abgesehen von seinem Grundbesitz« reich genug war, um mir einen Jahresgehalt auszusetzen, mit dem ich bequem leben konnte.

Ich hatte keine kostspieligen Gewohnheiten, keine Geschmacksrichtungen, die ich nicht sofort hätte befriedigen können, und weder Lasten noch Verantwortlichkeiten irgend welcher Art zu tragen. Es stand mir frei, die Pflichten meines Berufes auszuüben oder nicht, wie es mir eben belieben würde.

Ich widmete mich daher gänzlich und ohne Rückhalt der Literatur, denn ich wußte, daß der Kampf, den ich aushalten mußte, um mir einen Namen zu machen, niemals ein Kampf sein würde, um mein Brot zu verdienen.

Der Morgen meines Lebens kündigte sich daher an gleich einem lachenden Sonnenaufgang.

Hier könnte ich versuchen, meinen eigenen Charakter zu skizzieren, so wie er zu jener Zeit war; aber wo ist der Mann, welcher sagen kann: »Ich will die Tiefe meiner Laster ergründen und den Umfang meiner guten Eigenschaften ermessen«, und der im Stande wäre, sein Versprechen zu halten? Wir können uns weder selbst kennen noch beurtheilen. Andere dagegen urtheilen über uns, kennen und aber nicht. Gott allein kennt und urtheilt richtig.

Mein Charakter möge sich daher ganz allein zeichnen, so weit ein menschlicher Charakter in den Augen der Welt sich vollständig zeichnen kann – durch meine Thaten, wenn ich die verhängnißvolle Krisis auseinandersetzen werde, welche der Hauptgegenstand dieser Erzählung ist.

Vorher muß ich jedoch noch ein wenig mehr über die Mitglieder meiner Familie sprechen. Zwei von ihnen wenigstens spielen eine wichtige Rolle in der Reihe der Thatsachen, welche ich hier dem Papiere überliefere.

Ich maße mir nicht an, ihre Charaktere beurtheilen zu wollen – ich beschreibe sie bloß. – Ob ich sie richtig schildere oder ob ich dabei Fehlgriffe begehe – das weiß ich nicht. Ich male sie so, wie sie meinem Dafürhalten nach sind.

Die Heirath im Omnibus

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