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Kapitel 8

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Es war ein kühler und regnerischer Samstag Vormittag Ende Mai 2006.

Seit Wochen gab es für die Schüler der Klassen 9aH und 9cH kein anderes Thema mehr als die anstehende Abschlussfahrt nach Salou in Spanien. Jannik und Julia die mittlerweile ganz offiziell >miteinander gingen< schmiedeten die wildesten Pläne. Vierzehn Tage Spanien, und das ganz ohne nervende Eltern. Diese Vorstellung regte die Fantasie des jugendlichen Pärchens immer wieder aufs Neue an.

Und nun war es endlich so weit, der Tag der Abreise war endlich gekommen. Die beiden standen händchenhaltend im Nieselregen, umgeben von einer kleinen Insel aus Koffern und Taschen von denen bis auf eine Sporttasche, die nur mit dem Nötigsten gefüllt war, alle zu Julia gehörten. Nach und nach trudelten ihre Mitschüler ein.

Die meisten wurden von ihren Eltern bis vor die Schule gefahren. Das Gepäck wurde hastig entladen und jeder schaute, dass er die lästigen Eltern schnellstmöglich los wurde. Da es glücklicherweise an der Bushaltestelle vor der Schule keine Parkplätze gab und ständig neue Fahrzeuge, beladen mit aufgeregten und ausgelassenen Schülern und deren besorgten Eltern, eintrafen, mussten die Autos nach dem Entladen des Gepäcks zur Freude des Nachwuchses schnell wieder den Platz räumen.

Immer, wenn ein Wagen eine neue Ladung Mitschüler ausspuckte, kam es zu großen Begrüßungsszenen mit Umarmungen und Küsschen bei den Mädchen und coolem Abklatschen bei den Jungs. Alle waren bester Laune.

Endlich kam der Reisebus um die Ecke und steuerte auf den wilden Hühnerhaufen der Schüler zu. Die Klassenlehrer, die bisher rauchend und in einem Gespräch vertieft unauffällig an einem Stromverteilerkasten angelehnt gestanden hatten, traten mit lautem „Zurücktreten, alle mal ein paar Meter zurücktreten“ in Aktion. Herr Weiand, der neben Deutsch auch Sport unterrichtete, schob sich mit seinem durchtrainierten Körper durch die Gruppe der Jugendlichen und stellte sich vorne an die Bordsteinkante, wobei er die Arme weit von sich gestreckt hielt als wolle er alle Willkommen heißen. Frau Seligmann, eine durchaus ansehnliche junge Nachwuchskraft lief rüber zu den Mädels und stellte sich zu Ihnen.

Der Busfahrer öffnete, nachdem der Bus endgültig zum stehen gekommen war, die seitlichen Ladeklappen und das Gepäck wurde verstaut. Dann kam es zu den üblichen Tumulten als es darum ging, wer wo sitzen durfte. Letztendlich war die Rückbank besetzt von den größten Rüpeln der beiden Klassen die dort laut feixend und lachend auf die Abfahrt warteten, während die restlichen Schüler sich nach und nach an ihren Plätzen einfanden. Jannik und Julia saßen so ziemlich in der Mitte des Busses auf der Fahrerseite. Julia hatte den Fensterplatz.

Herr Weiand hielt noch eine kurze Ansprache mit den üblichen Hinweisen und Androhungen, die Lehrer an diesem Punkt der Reise gerne vom Stapel lassen, und anschließend setzte der Bus sich endlich Richtung Spanien in Bewegung. Draußen, am Straßenrand standen vereinzelt Eltern, die es doch noch irgendwie geschafft hatten rechtzeitig vom Parken zurück an der Abfahrtstelle einzutreffen, winkend im Nieselregen.

Die Fahrt verlief ohne besondere Zwischenfälle und am nächsten Morgen erreichte die Reisegruppe ziemlich unausgeschlafen das Hotel „Sol del Sur“ in Salou.

Es dauerte ewig bis jeder wusste, in welchem Zimmer er mit wem einchecken musste. Natürlich waren die Zimmer nach Geschlechtern getrennt. Immer zwei Jungs oder zwei Mädchen teilten sich ein Appartement.

Nach dem einchecken und einer kurzen Dusche traf man sich um 9Uhr30 im Speisesaal zum Frühstück. An einem langen Tisch war ein leckeres Buffet mit allem drum und dran aufgebaut und die Jungs schaufelten sich die Teller mit allem möglichen voll, während die Mädels sich eher zierten, ein paar Früchte, ein halbes Brötchen oder ein bisschen Joghurt.

Nach dem alle sich gestärkt hatten setzte Herr Weiand zu einer kleinen Rede an. „Also alle mal her hören. Zunächst möchte ich euch bitten in euren Zimmern Ordnung zu halten. Wir möchten keine Beschwerden von Seiten der Hotelleitung hören. Gleich nach dem Frühstück habt ihr alle 15 Minuten Zeit, eure Badesachen aus den Zimmern zu holen. Um halb elf ist Abmarsch hier am Hotel. Der Strand ist nur 5 Minuten Fußweg vom Hotel entfernt, ihr werdet das also alle locker schaffen. Nach der anstrengenden Fahrt heute Nacht werden wir uns heute einen gemütlichen Tag am Strand genehmigen. Ich hoffe ihr seit damit einverstanden“. Frenetischer Beifall und Jubelrufe setzten ein. Die Schüler sprangen von ihren Stühlen auf und verließen fluchtartig den Speisesaal.

Eine Stunde später lagen ihre Körper, weiß wie Fischbäuche am Strand des Mittelmeeres. Am Abend wurde nach dem Essen eine kleine Party organisiert.

Laura aus der 9cR feierte ihren 16. Geburtstag. Tagsüber hatten einige Mädchen in einem Supermarkt heimlich Wodka und Orangensaft besorgt und die Getränke in den Tiefen ihren riesigen Strandtaschen unter Badetüchern versteckt ins Hotel geschmuggelt.

Nachdem so gegen Elf Herr Weiand und Frau Seligmann noch mal nach dem Rechten geschaut hatten und sich dann mit einem „macht keinen Blödsinn“ von der Truppe in Richtung Hotelbar verabschiedet hatten, konnte es endlich losgehen.

Zwei von den Jungs hatten ein bisschen Gras mitgebracht und schnell gingen die ersten Tüten rund. Die Schüler gingen angetörnt, mit einem Zahnputzbecher Wodka-Orangensaft in der Hand von Zimmer zu Zimmer und schon bald fanden sich die ersten Pärchen die wild knutschend und heftig fummelnd auf den Betten lagen.

Jannik und Julia zogen sich auf das Zimmer von Julia zurück die schon im Vorfeld mit ihrer Mitbewohnerin Lena klar gemacht hatte, dass sie dort mal mit Jannik für ein Stündchen alleine sein wollte. Beide waren ziemlich angetrunken und fielen förmlich übereinander her. Sie rissen sich gegenseitig die Kleider vom Leib und warfen sich aufs Bett. Jannik war so geil, dass er am liebsten schon in der Luft damit angefangen hätte, Julia zu vögeln.

Nachdem die beiden ihre erste gemeinsame Nummer in Spanien geschoben und tief befriedigt sowie stark angetrunken bei der Zigarette danach im Bett nebeneinander lagen, fiel ihnen erst auf das sie dieses mal kein Kondom benutzt hatten.

„Was machen wir denn wenn ich schwanger werde, Jannik?“

Julia schaute Jannik mit ernstem Blick an während sie den Rauch der Zigarette ausatmete. „Man wird doch nicht gleich schwanger Julia, nur, weil man einmal vergessen hat, so eine scheiß Lümmeltüte überzuziehen“ sagte Jannik.

Er hatte jetzt gar keinen Bock auf solch ein Gespräch. Am liebsten hätte er sich angezogen und wäre mit Julia

rüber zu den anderen gegangen um weiter zu feiern.

„Natürlich kann man von einmal schwanger werden, was laberst du denn für einen Scheiß ?“

Julia nahm einen Schluck von ihrem Wodka-Orangensaft. „Lass uns doch erst mal abwarten, bringt ja nichts wenn wir uns jetzt hier streiten. Aber Du bist bestimmt nicht schwanger“. Jannik lächelte Julia an.

„Hahaha“ sagte Julia, „du hast leicht reden“. Jannik nahm Julia bei der Hand und küsste sie zärtlich. „Komm, wir ziehen uns an und feiern noch ein bisschen mit den anderen damit wir auf andere Gedanken kommen“. Julia schmiegte sich nah an Jannik heran, „Arsch“ sagte sie leise und gab ihm einen Kuss.

Nachdem die beiden sich angezogen hatten verließen sie das Zimmer und begaben sich wieder zurück zur Party. Aber irgendwie war dort mittlerweile die Luft raus.

Im ersten Zimmer in das sie kamen stand einsam der Ghettoblaster und dudelte „No No Never“ von Texas Lightning. Auf dem Sessel am Fußende des Bettes lag Dennis aus der 9cR sturzbesoffen und schlief seinen Rausch aus. Im nächsten Zimmer wälzten sich zwei Pärchen wild im Doppelbett, dasselbe Bild bot sich den beiden im Zimmer darauf.

„Komm Jannik, das bringt es hier nicht mehr. Lass uns zurück auf mein Zimmer gehen. Du kannst heute Nacht bei mir pennen und, wenn Lena kommen sollte, dann müssen wir eben ein bisschen zusammenrücken“.

Jannik nickte und bevor die beiden gingen, füllten sie noch einmal ihre Zahnputzbecher mit einer frischen Mischung Woddi-O. Julia nahm Jannik bei der Hand und zog ihn durch den Flur zurück in ihr Zimmer. Der erste Tag in Spanien war geschafft, so könnte es weitergehen.

Irgendwann mitten in der Nacht gab es plötzlich ein riesen Tohuwabohu. Die Tür zum Zimmer wurde aufgerissen und

Frau Seligmann kam aufgeregt ins Zimmer geplatzt und weckte Jannik und Julia.

„Aufstehen ihr beiden, etwas Schreckliches ist passiert.“ Frau Seligmann rüttelte Julia an der Schulter und es dauerte einen Moment bis sie die Augen aufschlug.

„Ach du Scheiße“ dachte sie, „jetzt gibt es einen Anschiss, der sich gewaschen hat.“ Jannik drehte sich zur Seite und murmelte schlaftrunken „was ist denn los, ich will schlafen.“ Frau Seligmann rüttelte weiter und schrie Julia ins Gesicht: „Marco ist tot ! Er wurde eben tot in seinem Bett aufgefunden. Habt ihr gehört ? Marco ist tot !“ wiederholte Frau Seligmann unter starkem Schluchzen.

Julia und Jannik saßen in Sekundenschnelle kerzengerade im Bett. „Wir haben Marko doch eben noch auf der Party gesehen, das kann nicht sein Frau Seligmann, Marko war vorhin noch mit uns zusammen am Feiern.“ sagte Julia. Frau Seligmann hatte mittlerweile hemmungslos angefangen zu weinen.

Unter Tränen erzählte sie, dass Markos Zimmernachbar Fabian mitten in der Nacht aufs Klo gegangen wäre. Im Zimmer brannte noch Licht, weil beide zu besoffen gewesen wären und keiner daran gedacht hätte, das Licht vor dem zu Bett gehen zu löschen, blieb es halt an. Als Fabian vom Klo zurückgekommen war bemerkte er das Marko ins Bett, genauer gesagt auf das Kopfkissen gekotzt hatte. Zuerst fand Fabian das noch lustig und lachte, weil Marko mit dem Gesicht in seiner eigenen Kotze lag. Fabian hat dann, als er genug gelacht hatte, versucht Marko zu wecken, er hat ihn gerüttelt und geschüttelt, aber Marko reagierte nicht. Dann hat Fabian Marko auf den Rücken gedreht und gesehen das der ganze Mund voll Kotze war, auch die Nase und das ganze Gesicht waren mit Erbrochenem beschmiert.

„Ist das nicht furchtbar ? So ein junger Kerl und dann so was“. Eine neue Welle von tiefen Schluchzern überkam Frau Seligmann. Julia nahm die Lehrerin in den Arm und begann ebenfalls zu weinen. „Hätten wir doch bloß nicht diese bescheuerte Party gefeiert, dann würde Marko noch leben“ jammerte Julia.

„Ach Quatsch, wir wussten doch, dass ihr heute Abend ein bisschen feiern wolltet, wo doch Laura Geburtstag hat, aber so was …“ ein erneuter Weinkrampf überfiel die Lehrerin. Einen Moment herrschte absolute Stille im Zimmer.

Dann sagte Frau Seligmann: „Ich muss noch die anderen wecken, ihr wart die ersten, weil ihr das Zimmer ganz vorne im Flur habt. Der Notarzt war eben schon da und konnte nur den Tod von Marko feststellen. Jetzt warten wir auf die Polizei.

Macht euch fertig und zieht euch an, wir sammeln uns unten im Speisesaal. Die Polizei wird sicher jede Menge Fragen haben.“

Frau Seligmann verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Jannik und Julia nahmen sich in die Arme und Julia weinte hemmungslos.

Es herrschte Totenstille im Speisesaal. Nach einem Moment ergriff Herr Weiand das Wort:

„Liebe Schüler, etwas Schreckliches ist passiert. Wie ihr alle wisst, ist euer Mitschüler Marko heute Nacht auf tragische Art und Weise ums Leben gekommen. Wir machen niemandem von euch einen Vorwurf. Ihr habt den Geburtstag von Laura gefeiert. Vielleicht hat der eine oder andere von euch dabei zu tief ins Glas geschaut, mag sein, aber niemand konnte mit solch einem tragischen Unfall rechnen. Nachdem die Polizei ihre Fragen gestellt hat, gibt es für uns keinen Grund hier noch länger zu bleiben. Die Klassenfahrt wird hiermit abgebrochen.

Eure Eltern sind bereits über alles informiert und unser Bus wird in einer Stunde, das heißt so gegen halb acht losfahren. Packt also jetzt eure Klamotten und seht zu, dass ihr in ca. einer halben Stunde wieder hier unten im Speisesaal seid.

Das Hotel hat ein kleines Frühstück bereitet und, wer Appetit hat, kann sich vor der Fahrt noch einmal stärken. Es wird auch Lunchpakete für unterwegs geben. Also, seht zu, dass ihr pünktlich seit.“

Herr Weiand hielt für einen Moment inne, dann fügte er mit vibrierender Stimme hinzu: „Es tut mir so leid ...“.

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