Читать книгу Moderationsmethode und Zukunftswerkstatt - Ulrich Dauscher - Страница 11

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3. Die Visualisierung

Die Visualisierung ist, wie schon angeführt, der erste Pfeiler, auf dem die Moderationsmethode ruht. Sie ist auch ihr Markenzeichen: die zur Visualisierung verwendeten Materialien sind weithin bekannt und werden auch außerhalb von Moderationen eingesetzt.

3.1 Verhältnis von Sprache und Visualisierung

Verhältnis Sprache — Auge

Die optische Darstellung soll die Sprache nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Die Visualisierung in einer Moderation ähnelt der in diesem Buch. Durch die Gliederung, durch Überschriften, wird das Thema strukturiert. Innerhalb der Abschnitte werden die Inhalte teilweise stichpunktartig in Randbemerkungen zusammengefasst, z. B. bei den Vorteilen der Visualisierung (s. u.). Die detaillierte Darstellung findet im Text statt. In der Moderationsmethode geben Plakatüberschriften oder auch Plakatgruppen die Struktur einer Diskussion wieder, in den Plakaten selbst werden stichpunktartig die Inhalte festgehalten. Die genaue Bearbeitung ist der Sprache vorbehalten.

Vorteile der Visualisierung – Informationen präsent

Die optische Ergänzung der Sprache hat gegenüber der rein verbalen Verständigung mehrere Vorteile.

Zunächst bleiben die Informationen stichwortartig ständig präsent: Beschriebene Plakate sollen, soweit sie nicht zu Zusammenfassungen weiterverarbeitet worden sind, sichtbar sein. Dadurch steigen Aufnahmebereitschaft und -kapazität der Gruppe an. Missverständnisse, die sonst durch Vergessen oder Überhören einzelner Informationen entstehen, nehmen dagegen ab.

Struktur sichtbar

Da man die Struktur und die groben Inhalte der Diskussion vor Augen hat, sind Querverbindungen und Irrwege sichtbar (evtl. gekennzeichnet durch Linien oder Blitze). Der rote Faden ist für jeden Teilnehmer offensichtlich. Auch Außenstehende, z. B. Experten, sind schnell in den Diskussionsstand eingeführt.

Konsens erleichtert

Der Einigungsprozess der Gruppe wird erleichtert, da die ganze Meinungsvielfalt sichtbar ist und damit die eigenen Beiträge in Bezug zum Ganzen gesetzt und relativiert werden. Insofern ist auch förderlich, dass schriftliche Stichpunkte nur schwer als Angriffe gegen andere formuliert werden können: Beziehungs- und Sachebene können sich nicht so leicht vermischen wie in einer mündlichen Diskussion. Die Ausartung in eine „Keilerei“ mit dem eigentlichen Problem als Vehikel ist unwahrscheinlicher.

Selektion des Wichtigen

Ebenfalls förderlich für eine konstruktive Zusammenarbeit ist der Zwang, wichtige und unwichtige Dinge zu trennen. Man kann zwar ganz gut fünf Minuten lang ausholen, um eine banale Aussage zu machen, dasselbe ist aber ziemlich schwierig, wenn man einige Stichpunkte auf ein Kärtchen schreiben soll.

Stärkere Einbeziehung der Teilnehmer

Da die Teilnehmer Zugang zu Schreibmaterial und -fläche haben, besteht kein Zwang zur Einhaltung einer bestimmten Rednerfolge: Während einer redet, können die anderen ihre eigenen Ideen auf Kärtchen festhalten und später der Gruppe präsentieren. Der Gedankenfluss wird also weniger gehemmt, die Spontaneität der Äußerungen steigt. Beiträge, die im Moment nicht in das Gespräch passen, können aufgeschrieben, in einem gesonderten Plakat gesammelt und im passenden Moment diskutiert werden. Alles in allem steigt die Interaktionsdichte gegenüber einer mündlichen Diskussion ebenso an wie die Aktivität der Teilnehmer, was wiederum zu einer stärkeren Identifikation mit dem Ergebnis führt.

Dokumentation

Schließlich wird noch die Dokumentation der Diskussion erleichtert: Im Grunde ist ja schon alles notiert, es geht nur noch darum, zusammen mit den Teilnehmern die wichtigen Teile zu bestimmen, abzuschreiben oder zu fotografieren und zu vervielfältigen. Dabei ist die Manipulationsmöglichkeit, im Vergleich zum Protokoll einer mündlichen Diskussion, relativ gering.

3.2 Elemente der Visualisierung

Vorüberlegungen

Zur Visualisierung werden einfache Hilfsmittel verwendet, die universell einsetzbar sind. Der Umgang damit ist leicht zu erlernen, sodass Diskussionsteilnehmer problemlos und flüssig damit arbeiten können – sie sollen ja selbst mitvisualisieren. Die wesentlichen Elemente sind:


Die Elemente sind in der Darstellung gegenüber der Pinnwand leicht vergrößert (als Anhaltspunkt: das Rechteck misst ca. 21 x 10 cm). Sie bestehen aus dünnem Karton, der mit Filzstift beschrieben und an die Arbeitswand gepinnt, später evtl. zur Sicherung der Ergebnisse auf das Packpapier geklebt werden kann.

Der jeweils angegebene Verwendungszweck wird später verständlicher, wenn komplett gestaltete Tafeln vorgestellt werden. Er ist auch lediglich als Orientierung zu verstehen – dem Moderator steht im Prinzip frei, wie er das Material verwendet. Eine durchgängig gleiche Anwendung in verschiedenen Moderationen ist jedoch sinnvoll, da sich die Teilnehmer sonst immer wieder umstellen müssen.

Farben

Jede Kärtchenform wird in unterschiedlichen Farben angeboten. Verwendet werden z. B. weiß, gelb, hellblau, hellgrün und orange. Die Farben sind ansprechend, zugleich aber so dezent, dass sie nicht die darauf geschriebene Botschaft optisch übertönen. Sie sind sowohl auf die Hintergrundfarbe des Packpapiers (beige-braun), als auch auf die Farben der verwendeten Filzstifte (schwarz, blau und rot) abgestimmt.

Farbe /Form als Bedeutungsträger

Farben und Formen sind Bedeutungsträger:


In diesem Plakat wurden Stichpunkte zum Verhältnis von Sprache und Schrift in Moderationen gesammelt. Die dazu verwendeten Rechtecke wurden nach Zusammengehörigkeit sortiert und mit Oberbegriffen versehen, die sowohl eine andere Farbe als auch eine andere Form als die Stichpunkte haben. Sie sind damit deutlich von diesen zu unterscheiden.

Durch die Verwendung von Farben und Formen werden also Zusammenhänge innerhalb eines oder zwischen mehreren Plakaten herausgestellt. Wichtig ist dabei, dass ein übersichtliches Bild entsteht. Man sollte mit Farb- und Formwechseln sparsam umgehen, z. B. maximal drei Farben pro Plakat verwenden.

Schrift

Das dritte Element der Visualisierung, neben Form und Farbe, ist die Schrift. Auf sie muss besonderer Wert gelegt werden, da sie, etwa bei einer Gruppe mit 20 Teilnehmern, auch noch aus einer Entfernung von ca. acht Metern gut zu lesen sein muss.

Grundsätzlich werden Druckbuchstaben verwendet. Die Schriftgröße beträgt für Überschriften ca. 5 cm, für Kartentext ca. 2,5 cm.


Dabei werden besondere Stifte verwendet (z. B. edding 800 und edding Nr. 1), die keine runde, sondern eine rechteckige Spitze besitzen. Sie werden so gehalten, dass bei Abstrichen auf dem Papier ein breiter Strich entsteht, und dann beim Schreiben nicht mehr gedreht. Beim edding Nr. 1 wird mit der Breitseite geschrieben, der Giebel zeigt zum Daumen; beim edding 800 wird der Giebel benutzt.


Um Platz zu sparen, werden die Ober- und Unterlängen (das sind l, g usw.) im Verhältnis zu den Mittellängen (a, o) sehr klein geschrieben. Bei einer Zeilenhöhe von 5 (Überschriften) bzw. 2,5 cm (Text) beträgt der Anteil der Mittellängen 3 bzw. 1,5 cm. Die Buchstaben werden innerhalb der Wörter eng zusammen geschrieben. Um optisch besser zu gliedern, verwendet man Groß- und Kleinbuchstaben. EIN TEXT, DER AUSSCHLIESSLICH AUS GROSSBUCHSTABEN BESTEHT, IST VERHÄLTNISMÄSSIG SCHLECHT ZU LESEN.

3.3 Die optische Gestaltung von Plakaten

Visualisierung ist zielorientiert

Bei der Zusammenstellung der Plakate ist darauf zu achten, dass die Darstellung eine bestimmte Wirkung auf den Betrachter hat. So ist aus einer reinen Stichpunktsammlung noch keine Gliederung zu erkennen, eine geordnete Darstellung zeigt nicht unbedingt Zusammenhänge, eine perfekt bis ins kleinste Eckchen gestaltete und gefüllte Pinnwand stellt keine Aufforderung zur Ergänzung derselben dar. Visualisierung wird zielorientiert vorgenommen und birgt immer die Gefahr der Manipulation in sich.

Grundregeln

Die Kunst der Darstellung liegt im Weglassen. Plakate sind einfach zu gestalten, sodass die Übersicht nicht verloren geht. In ihnen soll jeweils nur ein Gedanke bearbeitet werden, allerdings müssen alle wesentlichen Plakate sichtbar sein. Die Freifläche ist eines der wichtigsten Elemente, sie schafft Platz für Ergänzungen und regt zum Weiterdenken und Beteiligen an.

Neben der Selbstbeschränkung sind noch die Lesegewohnheiten zu beachten: Man liest von links nach rechts, dann von oben nach unten:


Schließlich wird eine Darstellung noch nach ihrer inneren Ordnung strukturiert: Überschriften oder Oberbegriffe werden durch Farbe, Form und / oder Schriftgröße betont.

Kompositionsregeln

Die Visualisierungen werden unter Beachtung von acht Kompositionsregeln gestaltet, die je nach Bedarf angewendet werden (nach Schnelle-Cölln 1988, S. 24 ff.).



3.4 Instrumente

Den Abschluss des Abschnitts über Visualisierung bilden einige Darstellungsarten („Instrumente“), die wegen ihrer Einfachheit und Übersichtlichkeit häufig benutzt werden. Sie können z. B. verwendet werden, wenn Aspekte eines Themas in Kleingruppen weiterbearbeitet und anschließend im Plenum zur Diskussion gestellt werden sollen.

Wichtige Instrumente sind die Liste, die Mehr-Felder-Tafel, das Netz und die Tabelle. Sie werden auf den nächsten Seiten in Verbindung mit einer schon geordneten Stichpunktsammlung zum Thema „Was gehört zur Visualisierung?“ vorgestellt.


3.4.1 Liste


Zugriff auf Informationen

Wenn eine Liste, wie hier, zur Weiterbearbeitung von vorher gesammelten Stichpunkten verwendet wird, können darin ausformulierte Aussagen oder weiterführende Fragen aufgereiht werden. Sie erleichtert dann den Zugriff auf die Informationen, stellt diese ausführlicher dar und gibt einen Überblick über den Gesamtumfang.

Platz lassen

Die hier dargestellte Liste ist für eine Moderation nicht optimal gestaltet. Zwar ist in den einzelnen Zeilen Platz für Ergänzungen zu den jeweiligen Aussagen reserviert, neue Regeln können aber nicht mehr hinzugefügt werden. Je nach Situation wäre daher zu überlegen, ob noch ein Leerplakat dazugestellt werden sollte.

3.4.2 Mehr-Felder-Tafel


Klare Struktur für Diskussion

Die Vier-Felder-Tafel (hier als Beispiel der Mehr-Felder-Tafel) gibt, besonders auch in der Kleingruppenarbeit, der Diskussion eine klare Struktur, schränkt sie allerdings auch auf die angeführten drei (evtl. vier, wenn das Feld für Ergänzungen durch das Plenum weggelassen wird) Aspekte ein. Die Überschriften für die einzelnen Felder sind themenneutral formuliert, sodass die Freiheit der Bearbeiter nicht noch mehr beschnitten wird.

Verschiedene Aspekte eines Themas

Die Vier-Felder-Tafel eignet sich besonders, um verschiedene Aspekte eines Themas zu beleuchten, Konflikte und evtl. Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen (das Feld „Plenum“ wird oft durch „Lösungsmöglichkeiten“ ersetzt).

Im Beispiel werden im Ist- und Soll-Feld die Möglichkeiten des „Rhythmus“ (s. S. 27) genutzt, um die zusammengehörigen Kärtchen einander zuzuordnen. Würden sie direkt untereinander gehängt, wären Übersicht und Lesbarkeit eingeschränkt („Figur und Grund“).

3.4.3 Netz


Aspekte übersichtlich darstellen

Ein Netz stellt eine gegliederte Gesamtübersicht her. Es ist übersichtlich, erleichtert Kategorisierungen und das Herstellen von Beziehungen zwischen Unterpunkten. Die verschiedenen Aspekte eines Themas, auch widersprüchliche, werden deutlich.

Gelesen wird es von innen nach außen. Das Thema steht in der Mitte, daneben die Unterthemen, dann wieder die Unterpunkte usw. Im Beispiel wäre es über die Fragen „Welche Vorteile bietet die Visualisierung von Diskussionen?“, „Was bewirkt die optische Präsenz von Informationen?“ usw. entstanden.

Weglassen

„Weglassen“ ist eine der wichtigsten Regeln beim Erstellen eines Netzes. Wenn das Plakat zu sehr ausgefüllt wird, wird es unübersichtlich, wie hier schon ansatzweise zu erkennen ist. Unterschiedliche Farben für die verschiedenen Äste können die Gliederung verbessern.

Baum

Sollen statt der Aspekte eines Sachverhaltes Hierarchien dargestellt werden, so kann das Thema oben angepinnt werden, die Unterpunkte darunter usw. (auch die Anordnung von links nach rechts ist möglich). Auf diese Weise entsteht ein Baum, mit dem z. B. Organisationsstrukturen übersichtlicher aufgezeigt werden können als mit einem Netz.

3.4.4 Tabelle


Überblick über Beziehungen

Die Tabelle ist oft das beste Instrument, um einen schnellen Überblick über Beziehungen zwischen Elementen aus zwei verschiedenen Kategorien (Instrumente / Anwendungsmöglichkeiten) zu geben. Dabei sollten nur die wichtigen Schnittfelder gekennzeichnet werden (Übersichtlichkeit), in diesen kann mit Betonungen gearbeitet werden. Im Beispiel sind die Anwendungsmöglichkeiten, für die die Instrumente ausgezeichnet geeignet sind, mit einem großen Kuller markiert, der kleine Kuller symbolisiert „gut geeignet“.

Nicht zu umfangreich

Eine Tabelle sollte maximal sechs Zeilen und fünf Spalten besitzen. So bleibt sie leicht zu erfassen und bietet noch Freiraum für Ergänzungen.

Moderationsmethode und Zukunftswerkstatt

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