Читать книгу Moderationsmethode und Zukunftswerkstatt - Ulrich Dauscher - Страница 13

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5. Frage- und Antworttechniken

Die Frage- und Antworttechniken sind gewissermaßen standardisierte Verfahren, den Austausch der Gruppe mithilfe der Visualisierung zu ermöglichen. Vorgestellt werden Karten- und Zuruffragen, Mind-Map, Punktabfragen sowie Möglichkeiten der Kleingruppenarbeit.

5.1 Kartenabfragen


Kurzbeschreibung

Bei einer Kartenabfrage wird an einer Pinnwand eine visualisierte Frage gestellt. Die Teilnehmer erhalten oder holen sich Kärtchen (Rechtecke) und schreiben ihre Antworten darauf. Diese werden eingesammelt, sortiert und mit Oberbegriffen versehen, die den Inhalt der entstandenen Rubriken grob kennzeichnen.

Ziele

Diese Form der Abtrage hat aut der Sachebene zum Ziel, informationen (Probleme, Erwartungen, Ideen …) zu erfragen und zu ordnen. Gruppendynamisch gesehen aktiviert sie die Teilnehmer und stellt Transparenz her. Die Gruppenmitglieder sehen, was andere denken, und erfahren möglicherweise, dass es diesen genauso geht wie ihnen selbst. Dadurch kann Vertrauen und gutes Klima für die Zusammenarbeit entstehen.

Anonyme Kartenabfrage

Die Kartenabfrage gibt es in mehreren Varianten. Die vielleicht typischste und am weitesten verbreitete Form ist die anonyme Kartenabfrage. Bei ihrer Durchführung wird darauf geachtet, dass die Schreiber der Kärtchen anonym bleiben. Dies ermöglicht einerseits der Gruppe, Hierarchien zu umgehen, andererseits dem Einzelnen, auch einmal einen Versuchsballon zu starten, ohne Gefahr zu laufen, sich zu blamieren.

1. Ziel klären

Als Erstes erklären die Moderatoren das konkrete Ziel des Moderationsschrittes. Normalerweise wird eine Kartenabfrage durchgeführt, um eine große Menge von Informationen zusammenzutragen, sie zu strukturieren und so eine Grundlage für die weitere Arbeit zu erhalten. Den Teilnehmern muss dieses Ziel bekannt sein und sie müssen ungefähr wissen, wie danach weitergearbeitet wird. Unklarheiten können im späteren Sortieren zu Zeitverlusten führen (s. u.).

2. Frage stellen

Als Zweites wird auf einer Pinnwand eine visualisierte Frage gestellt und erläutert. Die Teilnehmer sollen sie auf Kärtchen beantworten. Falls sie mit der Vorgehensweise noch nicht vertraut sind, geben die Moderatoren drei Regeln vor:


Drei Zeilen passen gerade auf ein Kärtchen (s. S. 25), sieben Worte sind erfahrungsgemäß noch gut lesbar. Pro Kärtchen darf nur ein Gedanke aufgeschrieben werden, da das Sortieren sonst nicht möglich ist. Halbsätze werden verwendet, da sie im Vergleich zu bloßen Stichworten das Verständnis erleichtern; wenn nur „Halbsätze“ auf dem Kärtchen stünde, wäre nicht klar, was damit gemeint ist.

3. Fragen beantworten

Die Teilnehmer schreiben, jeder für sich, ihre Antworten auf. Dazu benötigen sie ca. 10 bis 15 Minuten. Inzwischen stellen die Moderatoren eine weitere Pinnwand auf und hängen auf beide Tafeln durchnummerierte Ovale, unter die später die Antworten gepinnt werden.

4. Sortieren

Wenn die Teilnehmer fertig sind, sammeln die Moderatoren die Karten ein und mischen sie, sodass nicht mehr festzustellen ist, wer welche Stichpunkte geschrieben hat. Die erste Karte wird gezeigt, vorgelesen und unter das erste Oval geheftet. Bei der zweiten wird gefragt, ob sie inhaltlich zur ersten gehöre, bei den folgenden rufen die Teilnehmer den Moderatoren jeweils die Nummer der Kategorie zu, der der Stichpunkt zugeordnet werden soll. Während des Sortierens lernen die Teilnehmer so die Beiträge der anderen kennen.

Die Moderatoren mischen sich nicht in das Strukturieren ein, sondern überlassen es völlig der Gruppe. Sie ordnen nicht unbedingt auf den schnellsten Zuruf zu, sondern lassen den Teilnehmern Zeit, achten auf andere Ansichten und nonverbale Unmutsäußerungen. Zugleich versuchen sie aber, das Sortieren so flüssig wie möglich zu halten.

Ist der Inhalt eines Kärtchens unklar, wird die Frage „Was könnte das bedeuten?“ an alle gestellt. Der Autor muss anonym bleiben können.

Das Kriterium, nach dem sortiert wird, kann je nach Bedarf unterschiedlich gewählt werden. „Inhaltliche Zusammengehörigkeit“ ist unspezifisch. Genauer wäre etwa, welche Punkte gemeinsam behandelt werden könnten, den gleichen Problemhintergrund hätten o.Ä.

5. Oberbegriffe bilden

Schließlich werden Oberbegriffe für die entstandenen Cluster gesucht. Sie werden in Zweiergruppen (Sitznachbarn) formuliert und vom Plenum kurz überprüft. Dafür müssen, je nach der Menge der Kategorien, etwa zehn Minuten eingerechnet werden. Plenumsarbeit wäre zur Begriffsbildung wesentlich langsamer: Die Bezeichnungen müssten nacheinander statt parallel erarbeitet werden und die Großgruppe neigt viel zu sehr zu unnötigen Diskussionen um exakte Formulierungen.

Das Benennen von Oberbegriffen ist meistens unverzichtbar. Da im Sortieren ausgehend von Einzelaspekten (Kärtchen) etwas Übergreifendes (Cluster) entsteht, sind die Kategorien selten vollständig, d. h. sie enthalten wahrscheinlich nicht alle wesentlichen Einzelaspekte. Um die Ergebnisse zu vervollständigen, müsste der Vorgang umgekehrt werden: Nachdem im ersten Schritt aus Einzelheiten ein Ganzes entwickelt wird (induktives Vorgehen), müssten im zweiten Schritt vom Ganzen ausgehend die Einzelheiten ergänzt werden (deduktives Vorgehen). Das muss nicht unbedingt methodisch vollzogen werden, also etwa mit einer zweiten Kartenabfrage zur Ergänzung der Cluster. Die Kategorienbezeichnung muss aber klar sein, sodass die Basis der Weiterarbeit nicht nur aus irgendwie zusammengefügten Stichpunkten besteht. Wenn die Oberbegriffe präsent sind, können die Teilnehmer bei Bedarf jederzeit Ergänzungen vornehmen.

Schwierigkeiten beim Sortieren

Das Sortieren der Beiträge kann bei dieser Form der Kartenabfrage Zeit raubend sein.

In geübten Gruppen ist es meist problemlos. Man kann pro Kärtchen etwa 20 bis 30 Sekunden für das Ordnen kalkulieren. Nachdem diese Zeit ja nicht nur für das Rubrizieren „verloren geht“, sondern die Teilnehmer zugleich die Beiträge der anderen kennen lernen, ist der Aufwand durchaus akzeptabel.

Anders verhält es sich bei Teilnehmern, die diese Methode das erste Mal erleben. Hier kann das Sortieren sehr zäh werden und das Verfahren wird leicht als ineffizient erlebt. Dafür gibt es mindestens drei Ursachen.

Erstens können sich die Teilnehmer wahrscheinlich nicht genau vorstellen, wie das Verfahren funktioniert und was genau dabei herauskommen soll. Daher versuchen sie, die Beiträge möglichst exakt zu ordnen, um keine Fehler zu machen. Da aber viele sinnvolle Zusammenstellungen möglich sind, da es keine einzige Wahrheit gibt, führt dieser Perfektionismus zu nichts – außer zu Diskussionen.

Zweitens sind viele Menschen eher an ein ableitendes, analytisches Denken gewohnt, an ein Zerlegen von Themen. Hier aber wird induktiv vorgegangen: Kategorien werden nach und nach zusammengesetzt. Es gibt keinen logisch richtigen Weg (s. o.); man muss nach dem Motto „Mal sehen, was herauskommt“ verfahren.

Drittens kann das Sortieren als eine Art Ventil für vorher auferlegte Zurückhaltung dienen. Wenn man normalerweise diskutiert, seine Meinung offensiv vertritt, dann ist das mosaikartige Zusammentragen von Informationen in der Kartenabfrage ungewohnt. Zumindest im Strukturieren kann man sich dann einbringen, kann versuchen, über Zuordnungen zu diskutieren. Das darf keineswegs als Profilierungsbedürfnis abgewertet werden, es ist eine gewohnte Verhaltensweise.

Beschleunigungsmöglichkeiten

Die Moderatoren können einigen Schwierigkeiten vorbeugen, indem sie darauf achten, dass sie die Ziele der Methode in der konkreten Situation möglichst genau erklären: Es geht um eine grobe Ordnung, die eine Gliederung und erste Inhalte für die Weiterarbeit liefert. Außerdem können sie ankündigen, dass in einem zweiten Durchgang wichtige Korrekturen vorgenommen werden können. Schließlich können sie die Anzahl der Karten, die jeder Teilnehmer abgibt, je nach Gruppengröße auf zwei bis vier begrenzen. Wichtige Beiträge können später noch nachgereicht werden.

Um Zuordnungsdiskussionen möglichst knapp zu halten, hat sich ein dreistufiges Vorgehen bewährt. Als Erstes lassen die Moderatoren die Zuordnenden kurz erklären, warum sie den Stichpunkt an diesem oder jenem Ort sehen. Oft klärt das ausreichend. Als zweite Stufe machen sie nochmals darauf aufmerksam, dass das Sortieren keine weltbewegende Festlegung ist, um die relativ untergeordnete Bedeutung des Schrittes zu betonen. Die dritte Möglichkeit ist, dass ein Stichpunkt verdoppelt und mehreren Gruppen zugeordnet wird. Das sollte nicht zu oft geschehen.

Verzögerungen beim Sortieren können allerdings von geübten Moderatoren auch bewusst zugelassen werden. Wenn sie sich klar davon distanzieren, die Verantwortung für ein straffes Vorgehen zu übernehmen, erleben sich die Teilnehmer als selbst für ihre Arbeit und ihren Umgang miteinander verantwortlich. Über die Schwierigkeiten beim langsamen Sortieren kann eine bessere Zusammenarbeit gelernt werden, die die weitere Moderation umso effizienter werden lässt.

Variationen – Zwei Teilfragen

Die „Grundform“ der anonymen Kartenabfrage kann auf verschiedene Arten variiert werden. Beispielsweise können zwei Teilfragen auf einmal gestellt und mit verschiedenen Farben beantwortet werden:


Zwei Durchgänge

Eine weitere Möglichkeit ist, nach dem Sortieren einen zweiten Schreib- und Sammelvorgang durchzuführen. Das erste Ergebnis dient als Anregung für neue Ideen.

Sortieren von der Pinnwand

Zum Strukturieren der Karten können die Moderatoren auch erst einmal alle Antworten durcheinander auf eine leere Pinnwand stecken. So können sich die Teilnehmer die Beiträge in Ruhe ansehen und erst dann, wenn sie sich einen Überblick verschafft haben, mit dem Sortieren beginnen.

– Vorgegebene Oberbegriffe

Schließlich können manchmal Oberbegriffe vor Beginn der Abfrage vorgegeben werden. Damit wird das Strukturieren beschleunigt. Dennoch ist diese Variante nur selten zu empfehlen. Vorgegebene Kategorien wirken einengend und beeinflussen die Antworten ziemlich stark. Die entstandenen Gruppierungen können außerdem für die Weiterarbeit unhandlich sein, da zu viel in eine – vorgegebene – Rubrik gepresst wird. Auf jeden Fall müsste hier eine Kategorie „Sonstiges“ aufgeführt sein, um Antworten aufnehmen zu können, die nicht in das Raster passen.

Kartenabfrage ohne Anonymität – Einzelarbeit

Kartenabfragen müssen nicht unbedingt anonym durchgeführt werden. Wenn auf die Anonymität verzichtet wird, können die Autoren selbst den Moderatoren zurufen, welchem Cluster ihre Karte zugeordnet werden soll. Die Gruppe unterstützt sie dabei. Dadurch wird beim Zuordnen Zeit gespart, allerdings müssen sich die Moderatoren genau überlegen, ob durch den Verzicht auf Anonymität nicht Beiträge verloren gehen. Etwas ungewöhnliche Antworten kommen eher vor, wenn sich die Verfasser bedeckt halten können. Nicht selten unterdrückt die Angst vor Blamage gute Ansätze.

Kleingruppenarbeit

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, die Karten in Zweier- oder Dreiergruppen schreiben zu lassen (ca. 10 bis 15 Minuten). Die Mitglieder der Kleingruppen können anschließend ihre Beiträge selbst vorstellen und zuordnen. Auf diese Art wird eine Teilanonymität gewahrt, die manchmal ausreichend ist. Man muss nicht als Einzelner zu den Antworten stehen, sondern sie sind in einer Gruppe formuliert worden.

Ein Vorteil dieser Variante ist, dass die Mitglieder der Kleingruppe über ihre Beiträge diskutieren. Dadurch wird einerseits die Kommunikation unter den Teilnehmern gefördert, andererseits können auf diese Art auch schwierigere Fragen beantwortet werden, die einen Einzelnen vielleicht überfordern würden. Diese Diskussionen haben aber auch einen Nachteil: Die Antworten sind evtl. nicht so breit gestreut wie in der Einzelarbeit. In der Auseinandersetzung mit anderen wird eine Vorauslese getroffen. Ungewöhnliche Ideen, die vielleicht sehr interessant wären, können dadurch unterdrückt werden.

Weiterbearbeitung

Die Kartenabfrage wird meistens weiterbearbeitet. Dazu werden normalerweise zunächst Schwerpunkte gebildet, indem die Cluster gewichtet werden (s. S. 63). Ein anderer vertiefender Zwischenschritt besteht darin, Aussage- oder Fragesätze zu formulieren und diese in eine Liste zu übertragen (s. S. 63). Der Sinn dieser Umformulierung liegt darin, dass eine präzise Aussage bzw. Frage für größere Klarheit im Denken sorgt und jederzeit einen schnellen Überblick ermöglicht. Die Bandbreite der vorherigen Sammlung wird dabei nicht übermäßig eingeschränkt, da die Kärtchen ja erhalten bleiben, nur räumlich von der zusammenfassenden Liste getrennt sind.

5.2 Zuruffragen


Kurzbeschreibung

Die Zuruffrage ähnelt der Kartenabfrage. Im Unterschied zu dieser werden jedoch die Antworten auf die visualisierte Frage nicht auf Kärtchen notiert, sondern laut den Moderatoren zugerufen, die sie mitschreiben. Dieses Verfahren dauert etwa zehn bis zwanzig Minuten.

Ziele

Das Ziel der Zuruffrage deckt sich weit gehend, jedoch nicht ganz mit dem der Kartenabfrage. Sie dient ebenfalls auf der Inhaltsebene dazu, Informationen zu erfassen, insbesondere Themen und Ideen. Gruppendynamisch gesehen werden die Teilnehmer aktiviert, jedoch evtl. nicht so umfassend wie bei der Kartenabfrage, bei der jeder etwas schreibt. Durch die fehlende Anonymität kann die Zuruffrage nicht immer dafür verwendet werden, Transparenz herzustellen.

Zuruf- und Kartenabfrage

Es gibt, abgesehen vom Zeitverbrauch und den Strukturierungsmöglichkeiten, zwei grundlegende Unterschiede zwischen der Zuruf- und der Kartenabfrage.

Offene Plenums- statt anonymer Einzelarbeit

Erstens wird die Zuruffrage im Plenum durchgeführt, während bei der Beantwortung der Kartenabfrage jeder für sich allein arbeitet. Dadurch werden u. U. in der Zuruffrage zurückhaltende Teilnehmer in geringerem Maße in den Austausch einbezogen.

Da die Beiträge nicht anonym sind, ergibt sich daraus auch eine thematische Einschränkung der Zuruffrage. Sie ist z. B. weniger geeignet für die Suche nach Fehlern oder deren Ursachen. Möglicherweise wird bei der Zuruffrage Kritik zurückgehalten, um andere nicht zu verletzen und sich selbst nicht bloßzustellen; umgekehrt kann laut geäußerte Kritik verletzender formuliert werden als Stichpunkte auf Kärtchen. Allgemein ausgedrückt ist die Zuruffrage problematisch, wenn die Teilnehmer Hemmungen haben könnten, bestimmte Beiträge zu äußern. Diese Hemmungen können in Verbindung mit dem Thema stehen, können aber auch in der Zusammensetzung der Gruppe begründet sein, etwa wenn Hierarchien bestehen.

Das laute Äußern der Beiträge führt ferner dazu, dass sich die Teilnehmer gegenseitig beeinflussen bzw. anregen. So wird einerseits die Bandbreite der Antworten gegenüber der Einzelarbeit in der Kartenabfrage eingeschränkt, andererseits können Gedanken anderer aufgegriffen und weiterentwickelt werden.

Wenig Zeit zum Nachdenken

Der zweite wichtige Unterschied besteht darin, dass die Zuruffrage dem Einzelnen kaum Zeit zum Nachdenken gewährt. Während in der Kartenabfrage in Ruhe überlegt werden kann, stören in der Zuruffrage die Beiträge der anderen Teilnehmer. Sie kann also vor allem dann eingesetzt werden, wenn das Nachdenken unnötig oder auch unerwünscht ist.

Anwendung

Aus diesen Unterschieden können zwei Anwendungsschwerpunkte für die Zuruffrage abgeleitet werden.

Bekanntes

Sie kann einerseits verwendet werden zum schnellen Zusammentragen von Aspekten, die für die Teilnehmer schon weit gehend klar sind. Vor allem wenn die Gruppe auch außerhalb der Moderation zusammenarbeitet, können auf diese Weise Themen für die Veranstaltung („Was sollte heute besprochen werden?“) oder schon ausdiskutierte Gesichtspunkte zusammengetragen werden. Die geringe Zeit zum Nachdenken fällt dann nicht ins Gewicht, Mehrfachnennungen werden vermieden, insgesamt wird gegenüber der Kartenabfrage Zeit gespart.

In diesem Einsatzbereich wird die Zuruffrage meist mit einem vorbereiteten Plakat durchgeführt (s. Bild). Die durchnummerierten Felder schaffen ein wenig Ordnung und ermöglichen so einen besseren Überblick als beim Mitschreiben auf einem ungegliederten Plakat. Sie erleichtern außerdem ein späteres Sortieren der Antworten, die Teilnehmer können den Moderatoren die Nummern der zusammengehörenden Punkte zurufen.

Die Felder lassen sich sehr schnell erstellen, indem man ein leeres Plakat viermal hintereinander in der Mitte faltet. So entstehen 16 Zeilen, die bei Bedarf durch einen Strich geteilt werden können.

Sollen Themen gesammelt werden, können sie direkt in einen Themenspeicher (Bilder S. 63, 96) geschrieben werden.

Neues

Der andere Anwendungsschwerpunkt ist merkwürdigerweise dem Zusammentragen von Bekanntem genau entgegengesetzt: das kreative Entwickeln von Ideen. Wird die Zuruffrage in der Art eines Brainstormings (s. S. 85) durchgeführt, so ist die Anregung der Teilnehmer durch die Beiträge der anderen und die geringe Zeit zum Nachdenken erwünscht. Im ersten Einsatzbereich ist es nicht nötig, die eigenen Antworten zu überdenken, im Brainstorming soll die „Schere im Kopf“ ausgeschaltet werden, die originelle Gedanken möglicherweise zensiert.

Zu einem Brainstorming sollte das Plakat nicht vorstrukturiert werden. Durch die Einteilung in Felder haben die Teilnehmer ständig eine Ordnung vor Augen, also etwas, das sie in ihrem Denken gerade vermeiden sollen.

Die Zuruffrage kann natürlich nicht nur in diesen beiden Bereichen eingesetzt werden. Sie stellen nur besondere Schwerpunkte dar. Weitere Anwendungsmöglichkeiten können je nach Situation anhand der herausgearbeiteten Charakteristika überprüft werden.

5.3 Mind-Maps


Kurzbeschreibung

Die Mind-Map ist keine typische Methode der Moderation. Sie wurde ursprünglich von Tony Buzan entwickelt, um Gedanken aufschreiben zu können, ohne sich dabei an eine bestimmte Reihenfolge halten zu müssen. In der Gestaltung ähnelt sie sehr stark dem Netz (S. 32). Durchgeführt wird sie als eine Art Zuruffrage. Die Teilnehmer rufen den Moderatoren Stichpunkte zu, die diese in bereits klar gegliederter Darstellung aufschreiben.

Ziele

Die Ziele der Mind-Map ähneln denen der Karten- und Zuruffrage. Inhaltlich dient sie zum schnellen und strukturierten Zusammentragen von Informationen, gruppendynamisch gesehen werden die Teilnehmer aktiviert. In den Anwendungsmöglichkeiten und Wirkungen steht sie zwischen Karten- und Zuruffrage. Darüber hinaus kann sie aber auch zum Mitskizzieren mündlicher Diskussionen verwendet werden.

Mind-Map auf Zuruf

Die Mind-Map beginnt in der Mitte des Plakats. Die Frage oder das Thema wird groß ins Zentrum geschrieben und eingerahmt. Die Moderatoren erklären das Vorgehen und lassen sich zunächst zwei oder drei Hauptaspekte zurufen, die sie auf dicke Äste schreiben, die von der Mitte ausgehen. Anschließend nennen die Teilnehmer in beliebiger Reihenfolge weitere Hauptaspekte und Einzelpunkte; bei den Einzelpunkten sagen sie jeweils dazu, welchem Ast (Hauptaspekt) der Zweig hinzugefügt werden soll. Bei ihren Antworten verwenden sie Stichworte; im Gegensatz zur Kartenabfrage sind diese hier gut interpretierbar, da sie in ihren Zusammenhängen sichtbar werden.




Während des Sammelns sorgen die Moderatoren dafür, dass die Gedanken möglichst ungehindert und schnell fließen können. Sie achten weder auf Klarheit der zugerufenen Begriffe noch auf Konsens bei der Zuordnung von Gedanken, sondern sie schreiben sofort mit. Dabei lassen sie nur zwei Zuordnungsebenen zu, Äste und Zweige. Weitere Verzweigungen sind bei dieser Form der Mind-Map problematisch, da dadurch zu viel Aufmerksamkeit auf die Struktur gelenkt würde. Verästelungen führen hier entweder zu Unübersichtlichkeit und Durcheinander oder sie drosseln das Tempo, da immer wieder darauf geachtet werden müsste, wo Beiträge genau zugeordnet werden müssten.

Sind an einem Ast keine Zweige mehr unterzubringen, wird ein zweiter mit der gleichen Bezeichnung an einer anderen Stelle des Plakats eingefügt.

Wenn die Zurufe der Teilnehmer nachlassen, fragen die Moderatoren nach, ob weitere Hauptaspekte übersehen wurden, was durch die gegenseitige Beeinflussung der Teilnehmer leicht passieren kann. Auch die aufgeschriebenen Begriffe werden überprüft: sind sie auch nach einigen Tagen noch klar und eindeutig verständlich? Anschließend können Zusammenhänge zwischen einzelnen Punkten durch Pfeile oder Linien verdeutlicht werden. Die Weiterbearbeitung kann, wie in der Kartenabfrage, über Bewertungen oder Ausformulierungen eingeleitet werden.

Mind-Map und Zuruffrage

Die Mind-Map nutzt die gegenseitige Anregung der Teilnehmer aus, ist aber zugleich übersichtlicher und klarer strukturiert als eine Zuruffrage. Diese Übersichtlichkeit ermöglicht eine gewisse Distanzierung vom Vorhandenen: Es beeinflusst zwar die eigenen Gedanken, man kann aber auch gezielt nach fehlenden Beiträgen suchen. Insofern kann mit einer Mind-Map ein Thema bei Weitem umfassender abgedeckt werden als mit einer Zuruffrage. Zugleich sind aber ungewöhnliche, aus dem Rahmen fallende Ideen unwahrscheinlicher. Die klare Gliederung unterstützt logisches Denken und gibt durchaus auch Anhaltspunkte für das Entwickeln neuer Ideen, strukturiert aber die Gedankengänge zu stark, um „verrückte“ Einfälle zu fördern.

Mind-Map und Kartenabfrage

Im Vergleich zur Kartenabfrage ist eine Mind-Map mit einem Zeitbedarf von ca. 15 bis 25 Minuten wesentlich schneller. Da die Beiträge sofort sichtbar und zugleich klar strukturiert sind, kann das Thema gründlicher bearbeitet werden. Die Vollständigkeit einer Mind-Map erreicht eine Kartenabfrage auch mit zwei Schreib- und Ordnungsphasen wahrscheinlich nicht. Andererseits fehlt der Mind-Map die Möglichkeit der Anonymität, sodass die gleichen Einschränkungen wie bei der Zuruffrage gelten (s. S. 52).

Ein weiterer Unterschied kann je nach der konkreten Situation Bedeutung erhalten. Die Kartenabfrage bietet beim Aufschreiben der Antworten eine gewisse Ruhephase. Man hat Zeit, sich in die Frage einzudenken und setzt sich intensiv damit auseinander, noch bevor man sich mit anderen darüber verständigt. Daraus entsteht für die Teilnehmer ein anderes Erlebnis als beim gemeinsamen Erarbeiten eines Themas. Auch wird jeder Einzelne aktiviert, während sich bei einer Mind-Map die Teilnehmer in unterschiedlichem Ausmaß beteiligen.

Anwendungsbeispiele

Die Anwendungsbereiche der drei Methoden sollen an einem Beispiel erläutert werden. Wenn Dozenten einer Hochschule Probleme im Verhältnis zu den Studenten zusammentragen wollen, dann bietet sich dafür die anonyme Kartenabfrage an. Selbstkritik wird möglich – ohne sich vor den anderen bloßzustellen, können Schwierigkeiten angesprochen werden. Geht es dagegen um die Suche nach neuen Wegen im Umgang miteinander, empfiehlt sich eine Zuruffrage als Brainstorming, um ausgetretene Pfade zu verlassen und originelle Möglichkeiten zu finden. Wird dabei u. a. gefordert, dass die Studenten ihre Ressourcen stärker einbringen können sollten, so kann über eine Mind-Map nach Einsatzmöglichkeiten der Moderationsmethode im Hochschulalltag gesucht werden. Die Dozenten wären mit dieser Frage als einzelne Teilnehmer möglicherweise überfordert, im Plenum können sie aber gegenseitig ihre Vorschläge aufgreifen, weiterentwickeln und ergänzen. Durch die übersichtliche Gestaltung der Mind-Map wird wahrscheinlich eine sehr umfassende und zugleich detaillierte Aufstellung entwickelt.

Mind-Map in Diskussionen

Im Rahmen der Moderationsmethode kann die Mind-Map auch dazu benutzt werden, mündliche Diskussionsabschnitte vorzustrukturieren und mitzuschreiben. Dazu werden zunächst die Themenbereiche, die besprochen werden sollen, als Hauptäste aufgezeichnet, evtl. ergänzt durch einen „Ergebnis“-Ast. Sie können mit Zeitvorgaben versehen und in ihrer Reihenfolge nummeriert werden. in der folgenden Diskussion ist allein durch diese optische Vorgabe schon ein roter Faden sichtbar, der eine strukturierte Auseinandersetzung fördert.

Jeweils nachdem ein Aspekt diskutiert wurde, lassen die Moderatoren die Teilnehmer die Inhalte für die Mind-Map zusammenfassen und schreiben sie mit. im Unterschied zur vorher beschriebenen Variante sind hier mehrere Gliederungsebenen möglich, da konzentriert ein bestimmter Aspekt bearbeitet wird. Außerdem können durch einfache Zeichnungen oder farbiges Unterlegen wichtige Punkte oder Schlüsselstellen hervorgehoben werden, um die Übersichtlichkeit noch weiter zu steigern.

Die Mind-Map ist eine sehr vielseitige Methode, die auch außerhalb der Moderation eingesetzt werden kann, etwa für Präsentationen oder um eigene Gedanken schnell und strukturiert zusammenzutragen.

5.4 Einpunktfragen


Ziele

Mit dieser Frageform können bei geringem Zeitaufwand (5 bis 15 Minuten) Meinungen, Stimmungen oder Erwartungen sichtbar gemacht werden. Die Vielfalt der Gruppenmeinung wird transparent, während bei mündlichen Nachfragen oftmals die Meinungsführer dominieren. So kann eine Bestandsaufnahme des gegenwärtigen Zustands erreicht und Orientierung für das weitere Vorgehen gewonnen werden.

Durchführung

Die Moderatoren stellen auf einem Plakat eine klar formulierte Frage und erklären die Absicht, die sie mit diesem Moderationsschritt verfolgen. Jeder Teilnehmer bekommt einen Klebepunkt, mit dem er seine Antwort geben kann. Die Moderatoren erläutern das Vorgehen und lassen die Gruppenmitglieder ihre Punkte platzieren.

Interpretation

Die Deutung des entstehenden Bildes ist der entscheidende Schritt dieser Methode. Ohne die Interpretation besitzt die Punktverteilung keine besondere Aussagekraft; es bleibt verborgen, aus welchen Gründen die Antworten gegeben wurden. Andererseits bietet die Punktverteilung die Vorbedingung für Offenheit. So können etwa Gründe für Unzufriedenheit leichter ausgesprochen werden, wenn man vorher sieht, dass andere ähnlich empfinden.

Vor allem für ungeübte Teilnehmer erscheint die Punktverteilung oft entweder als offensichtlich oder als nichts sagend. Die Moderatoren müssen daher – schon bevor sie die Frage stellen – deutlich erklären, was genau sie damit erreichen wollen, sodass eine klare Orientierung für die Gruppe gegeben ist: „Uns geht es darum, eine Rückmeldung von Ihnen über den Nachmittag zu erhalten. Für uns ist wichtig zu erfahren, was gut bzw. schlecht lief, damit wir uns im weiteren Verlauf darauf einstellen können.“

Für die Interpretation selbst wird das Bild meistens in Bereiche zerlegt. Hier könnte also z. B. gefragt werden, welche Ursachen es dafür geben könnte, wenn die Stimmung deutlich gefallen ist, welche Meinungen hinter den Punkten im Mittelbereich stehen könnten und was der Hintergrund für die gestiegene Stimmung sein könnte. Dabei geht es nicht darum, Meinungen auszudiskutieren oder auch nur vollständig zu sammeln; es soll lediglich ein grober Überblick hergestellt werden.

Im Allgemeinen fangen die Moderatoren mit dem Nachfragen bei „Ausreißerpunkten“ an, also bei Markierungen, die deutlich vom Gros der Gruppe abweichen. Damit soll vermieden werden, dass unter Gruppendruck abweichende Meinungen zurückgehalten werden. Im Beispielplakat beginnen sie allerdings bei der stärksten Kritik, die hier auch den Schwerpunkt bildet. Hier scheint ein massiver „Leidensdruck“ der Teilnehmer zu bestehen; angesichts des Ergebnisses würde es wohl befremdlich wirken, wenn mit eher positiven Aspekten angefangen würde.

Besonders zu berücksichtigen sind „unsinnig“ platzierte Punkte, also diejenigen, die nicht in das vorgegebene Schema zu passen scheinen. Sie dürfen nicht einfach vernachlässigt werden, sondern werden, wie alle anderen Äußerungen auch, von der Gruppe interpretiert (im Beispielplakat rechts oben).

Auch bei der Einpunktfrage wird darauf geachtet, dass Anonymität weit gehend gewahrt wird. Fragen der Moderatoren lauten also z. B. „Wie könnte man das interpretieren?“, und nicht „Wer hat denn diesen Punkt geklebt? Was bedeutet er?“.

Varianten

Einpunktfragen gibt es in verschiedenen Formen. Am häufigsten werden Skalen und Koordinatenfelder verwendet. Oft werden Skalen auch gerastert, also nicht stufenlos, sondern z. B. in den Kategorien „sehr groß“, „groß“, „mittel“, „klein“, „sehr klein“ angeboten. Das kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn das Punkten anonym geschehen soll (z. B. bei der Frage „Wie offen können wir hier miteinander reden?“). Jedes Gruppenmitglied kann so auf ein Kärtchen schreiben, in welchem Feld es seinen Punkt haben möchte. Die Moderatoren sammeln diese Angaben ein und kleben dann stellvertretend für die Teilnehmer.


5.5 Mehrpunktfragen

Die Mehrpunktfrage gibt es einerseits in Verbindung mit Polaritäten und Skalen, also gewissermaßen als vervielfachte Einpunktfrage, andererseits kann sie zur Festlegung von Prioritäten verwendet werden.

Mehrere Einpunktfragen


Ziele

In diesem Beispiel sind mehrere Einpunktfragen auf einem Plakat zusammengefasst. Dadurch ergibt sich einerseits, wie in der Einpunktfrage, ein Meinungsbild der Gruppe, andererseits auch schon eine Gegenüberstellung einzelner Interessen. Das Problemfeld der Gruppe wird transparent.

Durchführung

Für diese Art der Mehrpunktfrage sind etwa zehn bis fünfzehn Minuten, abhängig von der Anzahl der Kriterien, zu rechnen. Es sollten nicht zu viele Zeilen verwendet werden, da sonst leicht der Überblick verloren geht.

Die Teilnehmer erhalten einen Punkt pro Zeile. Die Zeilensumme wird errechnet, indem die Spaltenziffern mit der Anzahl der geklebten Punkte multipliziert und die Produkte zusammengezählt werden. Damit die Ablehnung eines Kriteriums gezeigt werden kann, beginnt die Nummerierung der Spalten mit Null.

„Eigentliche“ Mehrpunktfrage Ziel

Die andere Art der Mehrpunktfrage, die zur Festlegung von Prioritäten verwendet wird, hat mit der Einpunktfrage kaum mehr etwas zu tun. Sie dient meistens zur Schwerpunktbildung nach einer sortierten Kartenabfrage (s. S. 45) oder in einem „Speicher“, einem Plakat, in dem Themen, Fragen oder Ideen aufgelistet sind, die z. B. aus einer Kartenabfrage entstehen. Sie dauert ca. fünf bis zehn Minuten.


Durchführung

Der Ideenspeicher im Beispiel ist in vier Spalten aufgeteilt, sodass Felder für die Ideen, die Punkte, die Punktsumme und die Rangfolge vorhanden sind.

Jedes Gruppenmitglied erhält eine bestimmte Menge von Punkten, die es frei verteilen kann, d. h. dass auch alle Punkte hinter eine einzige Idee geklebt werden können. Die Anzahl der Punkte, die ein Teilnehmer erhält, richtet sich nach der Menge der zu gewichtenden Kriterien und nach der Gruppengröße. Als Faustregel kann benutzt werden:

Anzahl der Punkte ≤ Anzahl der Themen / 2, d. h. dass im Beispiel bei sechs Ideen drei Punkte pro Teilnehmer ausgegeben werden. Dadurch soll eine annähernde Normalverteilung erhalten werden. Werden zu viele bzw. zu wenige Punkte ausgegeben, so kann das Ergebnis nichts sagend werden.

Die Menge wird bei vielen Themen und / oder vielen Teilnehmern reduziert.

Auswertung

Die Auswertung des Ergebnisses wird, wie immer, von der Gruppe übernommen. Die Moderatoren achten darauf, dass die Mehrpunktfrage nicht als Abstimmungsverfahren missbraucht wird: Sie soll ein Bild der Gruppenmeinung liefern, auf dessen Basis die Gruppe dann weiterarbeiten kann.

Um das Konsensprinzip zu achten, stellen die Moderatoren, wenn Entscheidungen über das weitere Vorgehen getroffen werden, die Frage, ob damit wichtige Interessen eines Einzelnen vernachlässigt würden.

Frageformulierung beachten

Das Beispiel zeigt auch sehr schön die Wichtigkeit der Frageformulierung. Die Frage „Welche Ideen sind am besten zur Lösung des Problems geeignet?“ führt nicht zu einem Ergebnis, aus dem abgelesen werden kann, auf welche Maßnahmen die Gruppe im Augenblick Wert legt. Bei der Frage „Welche Ideen wollen wir durchsetzen?“ hätte z. B. die Abmarkierung der Kreuzungen, die verhältnismäßig leicht zu erreichen ist, vielleicht eine ganz andere Bewertung bekommen.

5.6 Kleingruppenarbeit

Ziele

Da die Kommunikation in der Großgruppe „Plenum“ eher schwerfällig ist, ist es sinnvoll, die vertiefte Be- und Erarbeitung von Problemen, Ideen und Lösungsansätzen Kleingruppen zu überlassen. Dabei können unterschiedliche Bereiche vertieft werden, es können aber auch mehrere Kleingruppen am selben Thema arbeiten, sodass es unter unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird.

Aufteilung

Die Aufteilung findet oft nach der Sammlung und Bewertung von Stichpunkten im Plenum statt (z. B. nach einer Karten- und Mehrpunktfrage). Die Gesamtgruppe bildet mehrere Untergruppen zu drei bis fünf, in Ausnahmefällen bis zu neun Personen, die nach Zufall, Themeninteresse, Sympathie oder den Funktionen der Teilnehmer zusammengesetzt sein können. Dabei sollte in einer längeren Moderation darauf geachtet werden, dass nicht immer die gleichen Menschen miteinander arbeiten, sodass neue Anregungen möglich werden.

Die optimale Gruppengröße richtet sich nach der Bereitschaft der Teilnehmer, dem Thema und dem Ziel, das mit der Kleingruppenarbeit erreicht werden soll. Einerseits ist in einer Gruppe umso mehr Kompetenz versammelt, je größer sie ist. Andererseits sinkt zugleich die Beteiligung der Mitglieder und Einzelne beginnen zu dominieren, sodass mehr Leute meist nicht mehr, sondern weniger Leistung bieten. Als Anhaltspunkt kann von einer Gruppengröße von vier bis fünf Teilnehmern ausgegangen werden. Bei Kreativitätsproblemen kann manchmal die Zahl erhöht, bei relativ klarer Sachlage, die vor allem der logischen Weiterentwicklung und Ausarbeitung bedarf, gesenkt werden (s. auch S. 85, 88).

Die Kleingruppen halten sich, soweit dies möglich ist, im gleichen Raum, nur durch die Stellwände abgegrenzt, auf. Dadurch ist einerseits die Möglichkeit gegeben, dass kurzfristig Kontakt mit anderen Gruppen aufgenommen werden kann, andererseits bildet sich auf diese Weise ein gemeinsames Arbeitstempo heraus. Die zur Verfügung stehende Zeit beträgt etwa 20 bis 60 Minuten, je nach Erfahrung der Teilnehmer und Problemstellung.

Die Kleingruppe stellt als Ergebnis ein Interaktionsszenario, eine Präsentation oder eine Mischung aus beiden her.

Interaktionsszenario

Ein Interaktionsszenario ist eine eigene kleine Moderation, die die Kleingruppe mit dem Ziel entwirft, das Plenum zu einer bestimmten Problemlösung zu befähigen. Es könnte etwa aus einer Einpunktfrage, einer Mind-Map mit nachfolgendem Gewichten und dem Erstellen eines Tätigkeitskataloges bestehen. Natürlich setzt ein Interaktionsszenario bei der Gruppe Fähigkeiten in der Moderation voraus.

Präsentation

Eine Präsentation stellt die Kleingruppenergebnisse für das Plenum dar. Das Ziel ist dabei nicht eine vollständige Abhandlung des Themas, sondern das Schaffen einer Grundlage, die vom Plenum weiterbearbeitet werden kann; evtl. diskutiert nach der Rücksprache mit dem Plenum die Kleingruppe noch weiter.

Die Erstellung einer Präsentation hat zwei Funktionen:

• Didaktisch gesehen wird ein Teilaspekt so aufbereitet, dass er der Gesamtgruppe unter einem bestimmten Gesichtspunkt vorgestellt werden kann. Es werden also z. B. Ursachen oder Folgen eines Problems im Zusammenhang gezeigt.

• Heuristisch gesehen ermöglicht der Versuch, etwas optisch darzustellen, den Ausbruch aus festgefahrenen Denkstrukturen und erschließt neue Erkenntnisse für die Mitglieder der Kleingruppe und dadurch auch für das Plenum.

Ergebnisvorstellung

Die Ergebnisse werden jeweils von zwei Mitgliedern der Gruppe vorgestellt. Diese können sich vor dem Plenum gegenseitig unterstützen; es entsteht nicht der Eindruck, die Präsentation stelle die Ansicht eines einzigen Gruppenmitglieds dar. Unterdessen können die Plenumsteilnehmer ihre Gedanken auf Kärtchen (Ovale) schreiben, die nach dem Vortrag auf die Freifläche gepinnt werden, sodass sich Kleingruppe und Plenum gegenseitig anregen.

Moderatoren

Während der Gruppenarbeit halten sich die Moderatoren so weit wie möglich heraus. Sie helfen lediglich methodisch, wenn eine Gruppe in eine Sackgasse gerät.

Ihre Rolle bei der Vorbereitung der Gruppenarbeit richtet sich nach der Erfahrung der Teilnehmer.

Bei ungeübten Teilnehmern, hierarchisch gegliederten oder relativ großen Gruppen geben sie präzise, visualisierte Arbeitsanweisungen. Diese beziehen sich auf die Art der Ergebnisse und auf die Vorgehensweise, selbstverständlich nicht auf den Inhalt. Vorgegeben werden können Spielregeln, die Form, in der die Gruppe dem Plenum ihre Arbeit vorstellt (z. B. Netz oder Mehr-Felder-Tafel), oder die Perspektive, aus der sie das Problem betrachten soll, z. B. die „Kirchturmperspektive“ (ein Gesamtüberblick), die „Wandererperspektive“ (wichtige Gesichtspunkte im Zusammenhang) oder die „Lupenperspektive“ (detaillierte Darstellung, Vorschläge nach Schnelle-Cölln 1983, S. 55).

Die Vorgaben engen zwar die Gruppe ein, geben ihr aber in gewisser Weise erst die Möglichkeit, das Thema umfassend zu behandeln. Diese Paradoxie wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass die Gruppenteilnehmer ja normalerweise an ein Diskussionsschema gewöhnt sind, das es Vielrednern erlaubt, den Gesprächsgegenstand zu bestimmen. Durch die Vorgabe von Regeln wird verhindert, dass sich die Diskussion an einzelnen Punkten festfährt.

Je besser die Teilnehmer sich in der Moderationsmethode auskennen, desto weniger müssen die Moderatoren vorgeben. Vorschläge oder Anregungen können durchaus genügen.

5.7 Frageformulierung

Bedeutung

Fragen stellen ist eine der wesentlichen Tätigkeiten der Moderatoren. Visualisierte Fragen spiegeln den Weg der Meinungsbildung, die Struktur der Moderation wider, verbale sorgen für Ergänzungen, Präzisierungen usw.

Die Art der Fragestellung kann den Unterschied zwischen Manipulation und Hilfe zur Selbststeuerung für die Gruppe bedeuten. Fragen können die Problemlösung ermöglichen, sie können aber ebenso gut (und viel leichter) dazu verwendet werden, Menschen in bestimmte Richtungen zu führen oder drängen, in die sie selbst nicht gehen möchten.

Genaue Zieldefinition

Bevor eine Frage gestellt wird, muss das Ziel, das mit dieser Frage erreicht werden soll, genau geklärt sein. Das betrifft den Zweck der Frage sowohl in diesem konkreten Moderationsschritt als auch in der gesamten Veranstaltung. Es können ebenso alle Punkte zu einem Thema gesammelt werden, wie ein Aspekt vertieft werden kann. Es kann darum gehen, Beziehungen zu klären, Interessenlagen, Bedürfnisse und Vorwissen transparent zu machen, Ziele gemeinsam zu definieren oder neue Ideen zu einer Problemlösung zu entwickeln.

Eine einmal visualisierte Frage kann kaum mehr mündlich berichtigt werden. Erklärungen werden leicht überhört oder vergessen, während die missverständliche oder falsch gestellte Frage nach wie vor sichtbar ist.

Angemessener Schwierigkeitsgrad

Fragen sind Schritte auf dem Weg zu einem Ziel.

Eine Moderation beginnt z. B. mit dem Wissen aller Beteiligten, dass der Ausschuss in der Produktion zu hoch liegt. Wenn man jetzt einfach fragt: „Was sollten wir tun?“, dann könnte man sich die Moderation im Grunde sparen – ein einziger Schritt und die Lösung ist da.

Die Lösung ist aber normalerweise nicht in einem Schritt zu erreichen, sondern über einen Prozess. Zuerst muss festgestellt werden, wo eigentlich genau die Probleme liegen, dann Möglichkeiten zum Beheben gesucht, schließlich Maßnahmen entwickelt, abgewogen und beschlossen werden.

Jeder dieser Teilschritte ist wieder untergliedert in Fragen und bei jedem Schritt ist zu bedenken, wie groß er sinnvoll gestaltet werden kann.

Zur Analyse der Ausgangssituation:

• „Woran liegt der hohe Ausschuss genau?“ umfasst mit einer Frage die gesamte Problembeschreibung. Können das diese Teilnehmer mit ihrem Vorwissen leisten?

• „Wann tritt der hohe Ausschuss auf?“ wäre ein Teil des Abgrenzens des Problems und eine Vorbereitung auf die Ursachensuche. Ist das für diese Teilnehmer mit diesem Vorwissen in der gegebenen Situation nötig?

Der Schwierigkeitsgrad von Fragen orientiert sich an zwei Kriterien:

• dem Prozess der sachlichen Bearbeitung. Im einen Fall macht es Sinn, intensiv und phantasievoll nach Lösungen zu suchen, im anderen Fall müssen nur vorhandene Ideen abgerufen werden.

• dem Schwierigkeitsgrad bzw. der „Größe“ des zu gehenden Schrittes. Fragen dürfen weder unter- noch überfordern. Sie müssen die Teilnehmer fordern.

Niemals Handlungsspielräume vortäuschen

Als weiterer Grundsatz für die Fragestellung gilt, dass niemals Handlungsspielräume oder Möglichkeiten vorgetäuscht werden dürfen, die nicht bestehen. Das ergibt sich einerseits aus dem Menschenbild des selbstständigen, verantwortungsfähigen Menschen, dem offen gegenübergetreten werden kann und muss, andererseits daraus, dass die Moderationsmethode auf der Aktivität der Teilnehmer aufbaut, diese also nicht getäuscht und damit gelähmt werden dürfen (wenn sie es merken).

Als Beispiel: Wenn ein Seminarleiter mit einem weit gehend festgelegten Konzept in einer Gruppe arbeiten will, muss er dieser, bevor er Moderationselemente einsetzt, genau erklären, in welchem Bereich sie Wahlfreiheit besitzt. Er darf also nicht die Gruppe mithilfe einer Kartenabfrage entscheiden lassen, was sie gerne in diesem Seminar lernen möchte, und dann den Teilnehmern erklären, dass sich das Ergebnis nicht mit seinem Konzept decke, an das er sich halten werde. Dieses Verhalten würde zu Frustration, Rückzug oder Auflehnung und in jedem Fall Vertrauensverlust führen.

Schlechte Fragen

Schlechte Fragen können in vier Kategorien eingeteilt werden, die sich teilweise überschneiden.

Uninteressant

Die erste Gruppe bilden die uninteressanten Fragen. Diese sind zu leicht, das Ergebnis ist selbstverständlich.

Sinnlos

Die zweite Frageart führt zu keinem sinnvollen Ergebnis. Dazu zählen Fragen, bei denen die Zielsetzung vorher nicht genau abgeklärt wurde, sowie unverständlich formulierte oder zu schwere Fragen, die zerlegt werden müssten, um die Gruppe nicht zu überfordern. Hierzu gehören oft auch Ja- / Nein-Fragen, die den Spielraum der Antwort unnötig einschränken.

Stimmung verschlechternd

Die dritte Fragekategorie verschlechtert die Gruppenatmosphäre. Darunter fallen vorgetäuschte Handlungsspielräume (s. o.), „Lehrerfragen“, die ein vorher schon bekanntes richtiges oder falsches Ergebnis haben, rhetorische Fragen, deren Antworten offensichtlich sind und die nur benutzt werden, um jemanden in eine gewünschte Richtung zu drängen oder in Argumentationsschwierigkeiten zu bringen, Fangfragen, mit denen Fallen gestellt werden, Beweisforderungen („Beweisen Sie doch mal Ihre Behauptung!“), inquisitorische („Wer ist schuld?“) und peinliche, bloßstellende Fragen („Glauben Sie nicht, dass sich dahinter persönliche Probleme von Ihnen verbergen?“).

Manipulativ

Schließlich können Fragen auch so gestellt werden, dass sie die Antwort vorherbestimmen, also z. B. Suggestivfragen („Warum ist Straßenausbau die einzige Möglichkeit?“). Hierher gehören aber auch viele andere Arten, den Gefragten in eine bestimmte Richtung zu drängen, wie etwa Frageformulierung, Betonung, Körperhaltung usw.

Gute Fragen

Gute Fragen entstehen leider nicht schon dadurch, dass sie nicht schlecht sind. Dies ist nur der erste Schritt.

Gute Fragen

• sind verständlich, d. h. kurz, klar und exakt in der Sprache der Teilnehmer formuliert.

„Wie kann das Straßenbild verschönert werden? “ ist in einer Moderation der Anwohner ebendieser Straße angebrachter als: „Welche Möglichkeiten der Verbesserung des Erscheinungsbildes stehen zu unserer Disposition?“

• sind offen, engen den Spielraum möglicher Antworten nicht unnötig ein und zeigen, dass hinter ihnen das echte Interesse an Informationen und Austausch steht. Zugleich muss jedoch immer die Zielorientierung, der Zweck der Frage in der Moderation mitgedacht werden. „Welche Möglichkeiten gibt es bezüglich der Kinder? “ ist zu allgemein und sehr unklar gehalten. Deutlicher formuliert ist: „ Wie können Spielmöglichkeiten geschaffen werden? “ Zu eng dagegen ist: „Können Parkplätze in Spielplätze umgewandelt werden?“ Abgesehen davon, dass sie mit einem schlichten „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden könnte, werden mit dieser Frage sowohl andere Möglichkeiten (z. B. Nutzung der Hinterhöfe) ausgegrenzt als auch anwesende Autofahrer verprellt.

• sind interessant, d. h. sie setzen an den Erfahrungen und dem Wissensstand der Gefragten an und wecken Neugier auf die Antworten. Sie sprechen nicht nur kognitive, sondern auch affektive Seiten an, vermeiden dabei Pessimismus.

„ Wie kann mit der Parkplatznot umgegangen werden? “ beinhaltet schon fast die Unmöglichkeit einer Lösung. Besser ist: „Parkmöglichkeiten: Was kann getan werden? “ „Welche versicherungsrechtlichen Konsequenzen hätte die Öffnung des Siemensparkplatzes? “ ist eine Frage für Spezialisten und hat in einer Moderation mit Anwohnern nichts zu suchen.

• richten sich bei entsprechender Zielsetzung direkt an die Beteiligten.

„ Wie kann das Straßenbild verschönert werden? “fordert persönlich weniger als „ Wie können Sie das Straßenbild verschönern?“ oder „Was können Sie für ein schöneres Straßenbild tun?“

• sind manchmal gar keine Fragen, sondern visualisierte Satzanfänge.

„ Wir sind ein XY-Team, wenn …“ spricht direkter an als „ Wie sieht es aus, wenn Sie ein Team sind? “

• können u. U. von den Moderierten selbst formuliert werden, insbesondere wenn in einer Moderation improvisiert werden muss.

5.8 Übersicht über die Eignung der Frageinstrumente


1) Die Anwendungsbereiche unterscheiden sich (vgl. S. 52f. und S. 57f.).

Moderationsmethode und Zukunftswerkstatt

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