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FRAGE 6

Kann man Glück lernen?

Ich fuhr in einem ICE von Nürnberg nach Kassel und las eine Wochenzeitung. Ich saß am Gang. Das große Format der Zeitung zwang mich, das aufgefaltete Blatt nach links in den Gang zu halten. Die große Überschrift eines Artikels lautete: »Kann man Glück lernen?« Ich las voller Neugier, als hinter mir im Gang eine energische Stimme erscholl: »Nein. Hat man oder hat man nicht.« Ich fuhr herum und blickte in das Gesicht einer entschlossen den Kopf schüttelnden älteren Dame. Also nichts mit Lernen?

Der Zeitungsartikel berichtete von einem Lehrer, der an seiner Schule das Fach »Glück« eingeführt hatte. Ich erinnere mich, dass diese Idee Kreise gezogen hat. Die Schüler hatten sicher nichts dagegen. Ich meine auch, inzwischen etwas über vergleichende Studien gelesen zu haben. Schüler, die nicht mit diesem Schulfach beglückt wurden, seien auch nicht unglücklicher.

»Glück gehabt.« Das sagten Arbeitskollegen zu mir. Als Student arbeitete ich als Hilfsarbeiter auf dem Bau. An einem Vormittag hörte ich Schreie. Ich richtete mich von meiner Arbeit am Boden auf und drehte mich um. Hinter mir stand kerzengerade ein großer Holzbalken. Er fiel langsam um. Er war von hoch oben aus der Baukonstruktion herabgestürzt und direkt hinter mir aufgeschlagen. Einige Arbeitskollegen hatten beobachtet, dass der Balken direkt auf mich zusteuerte. Darum die Schreie, die ich nicht verstand. Das Geschoss verfehlte mich nur knapp. »Glück gehabt«, sagten die Kollegen.

Erst langsam wurde mir klar, was passiert war. Der Schrecken kroch mir nachträglich in die Glieder. Ich merkte, wie ich zitterte. Gott sei Dank! Seine Bewahrung war mein Glück.

Solche Glückserfahrungen wünscht man sich allerdings nicht wieder.

Damit wird deutlich, wie unterschiedlich wir von Glück reden. Wenn man Glück hat, löst das in der Regel Glücksgefühle aus. Gefühle aber sind nicht von Dauer. Der Psychotherapeut Viktor Frankl hat beschrieben, dass Glücksgefühle länger anhalten, wenn sie durch langwierige Mühen erworben wurden. Das Glücksgefühl auf dem Berggipfel nach stundenlanger anstrengender Bergwanderung ist andauernder als das Glücksgefühl, das der Verzehr eines Stücks Schokolade auslöst. Aber ob länger oder kürzer – Gefühle sind nie von unbegrenzter Dauer.

Die Deutsche Post stellt nicht nur Briefe und Pakete zu, sie erstellt seit einigen Jahren auch den sogenannten Glücksatlas. Sie titelte am Tage, an dem ich diese Zeilen schrieb, auf ihrer Internetseite: »Deutschland so zufrieden wie noch nie«.2

Dann las ich: »Noch nie war die Lebenszufriedenheit der Deutschen so hoch wie 2019. Sie liegt aktuell bei 7,14 Punkten auf einer Skala von 0 bis 10. Damit wird das Ergebnis von 7,05 Punkten aus dem Vorjahr um 0,09 Punkte verbessert. Das ostdeutsche Glücksniveau stieg sogar um 0,11 Punkte auf das Allzeithoch von 7,0 Punkten, der höchste Wert, der jemals seit dem Mauerfall vor 30 Jahren gemessen wurde. Der Glücksabstand zwischen West- und Ostdeutschland verringerte sich weiter auf aktuell 0,17 Punkte. An der Spitze des regionalen ›Glücksrankings‹ steht unangefochten Schleswig-Holstein, das Schlusslicht bildet erneut Brandenburg.«

Glück wird hier als Lebenszufriedenheit verstanden. Diese wird unter verschiedenen Gesichtspunkten bei den Menschen abgefragt: Wohnung, Arbeit, Familie, Einkommen, Gesundheitsfürsorge und anderes.

Die statistischen Durchschnittswerte sagen leider nichts darüber aus, dass Menschen auch in den glücklichsten Landesteilen so unglücklich sein können, dass sie sich das Leben nehmen. Und ob unglückliche Menschen durch einen Umzug von Brandenburg nach Schleswig-Holstein glücklicher werden, wage ich auch anzuzweifeln.

Doch wenden wir uns nun der Frage zu, ob der christliche Glaube glücklich macht.

Ich halte die Frage schon deshalb für berechtigt, weil Jesus die Bergpredigt mit der Serie von Seligpreisungen beginnt. »Selig sind …« lesen wir in der Übersetzung Martin Luthers. Die Sätze beginnen im griechischen Urtext des Neuen Testamentes mit dem Wort makárioi.

Glücklich sind, glücklich zu preisen sind, Gratulation denen … So müssen wir das verstehen.

Lesen wir Matthäus 5,1-12 und wir werden sehen, dass Jesus merkwürdige Vorstellungen vom Glück hat:

Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg

und setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm.

Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:

Selig sind, die da geistlich arm sind;

denn ihrer ist das Himmelreich.

Selig sind, die da Leid tragen;

denn sie sollen getröstet werden.

Selig sind die Sanftmütigen;

denn sie werden das Erdreich besitzen.

Selig sind, die da hungert und dürstet

nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.

Selig sind die Barmherzigen;

denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

Selig sind, die reinen Herzens sind;

denn sie werden Gott schauen.

Selig sind, die Frieden stiften;

denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.

Selig seid ihr, wenn euch die Menschen

um meinetwillen schmähen und verfolgen

und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen. Seid

fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich

belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt

die Propheten, die vor euch gewesen sind.

Beschenkte sind glücklich

Die erste Seligpreisung ist der Schlüssel zu allen anderen. Geistlich arm bedeutet nicht unbedingt geistig arm. Gemeint sind Menschen, die vor Gott arm wie Bettler dastehen. Warum kann man denen gratulieren? Jede Art von Armut ist doch durch beklagenswerten Mangel gekennzeichnet, oder? Ja, aber wer sich seiner Armut vor Gott wie ein Bettler bewusst ist, der lässt sich von Gott beschenken.

Jesus sagt, dass den geistlich Armen das Himmelreich gehört. Die Königsherrschaft der Himmel – so steht es genau im griechischen Text – ist die Königsherrschaft Gottes. Aus Ehrfurcht vor Gott und aus Sorge, die Bezeichnung »Gott« zu missbrauchen, sprachen fromme Juden von den Himmeln, wenn sie Gott meinten.

Die Königsherrschaft Gottes können wir nur geschenkt bekommen. Wir können sie nicht erarbeiten oder kaufen. Mit diesem ersten Satz der Bergpredigt setzt Jesus das entscheidende Vorzeichen vor alle weiteren Aussagen.

Gott wird in Jesus Mensch. Er kommt in unsere Welt, um uns mit Gott zu versöhnen. Durch Jesus dürfen wir Gott kennen, die Vergebung der Sünden empfangen, in der Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, leben, die Kraft des Geistes Gottes erfahren, die Wegweisungen Gottes für ein gelingendes Leben kennenlernen, in der Gemeinschaft mit allen Kindern Gottes leben. Wir leben schon jetzt und hier durch Jesus in Gottes Königsherrschaft und wir werden in der zukünftigen Herrlichkeit Gottes Herrschaft ohne Leid, Krankheit und Sterben genießen.

Dieses Geschenk ist für alle Menschen da. Schlecht dran sind nur die Hochmütigen, die sich nichts schenken lassen. Das Geschenk Gottes ist nicht wie ein Hauptgewinn im Lotto, den nur einer oder wenige bekommen, während die meisten leer ausgehen. Das Geschenk ist für jeden. Darum gratuliert Jesus denen, die leere Hände aufhalten.

Glück trotz aller Schmerzen?

Ich hoffe, die erste Seligpreisung leuchtet ein, auch wenn sie unser Leistungsdenken gegen den Strich bürstet. Was aber soll man zu den nachfolgenden Gratulationen sagen? Wir erwarten doch wenigstens weniger Probleme und Schwierigkeiten, um glücklich zu leben, wenn wir schon nicht erwarten können, dass unser Leben ganz frei von Problemen und Schwierigkeiten ist.

Jesus aber gratuliert ausgerechnet denen, die Leid tragen, die Sehnsucht nach Gerechtigkeit haben, weil es daran mangelt. Die Sanftmütigen werden garantiert von den Gewalttätigen misshandelt. Wer Frieden stiften will, muss Lösungen für kriegerische Auseinandersetzungen finden. Das ist kein Spaziergang. Reinheit des Herzens bedeutet Kampf gegen Lüge und Sexgier. Kein leichter Weg und schon gar nicht populär.

Das Gegenteil von Lebenszufriedenheit scheint erreicht zu sein, wenn Menschen um der Gerechtigkeit willen oder wegen ihres Bekenntnisses zu Jesus verfolgt werden. Das schließt Mobbing und Schikane, Spott, Verlust des Arbeitsplatzes, Gefängnis, Folter und Vertreibung ein. Viele Tausend Christen müssen das heute erleben. Jesus preist sie glücklich. Wie das?

Eins muss man zugeben: Wenn Glück heißt, dass es im Leben keine Schmerzen und Belastungen gibt, dann ist es wohl bei Jesus nicht zu haben. Im Gegenteil. Wer die Liebe Gottes durch Jesus empfängt, wird zum Werkzeug der Liebe und des Friedens Gottes in dieser Welt. Er wird zum Lastenträger. Die Regel im Leben mit Jesus lautet:

Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Galater 6,2

Flach, oberflächlich ist das Leben nicht, wenn es von Jesus bestimmt wird. Es hat Tiefe und Weite. Es hat Format und Perspektive. Und es gibt eine Freude, die nicht zu zerstören ist. Der Apostel Paulus saß im Gefängnis. Der Ausgang seines Prozesses war höchst ungewiss. Korruption und Beugung des Rechts waren normal. Und aus dieser Lage kann Paulus schreiben:

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!

Philipper 4,4

Damit bestätigt Paulus, was Jesus den Verfolgten sagt: Seid fröhlich und getrost!

Kann man Glück lernen? Eins kann man lernen: Wer Glück zum Hauptziel seines Lebens macht, wird es garantiert verfehlen. Glück ist eine Zugabe und Nebenwirkung. Seit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung gehört das Streben nach Glück zwar zu den unveräußerlichen Grundrechten des Menschen – neben Leben und Freiheit. Trotzdem sind wir nicht gut beraten, wenn wir das Streben nach Glück zum Hauptziel unseres Lebens machen. Klüger ist es, der Aufforderung zu folgen, die Jesus in der Bergpredigt so formuliert:

Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.

Matthäus 6,33

Gott wird uns alles, was wir für unsere Lebenszufriedenheit brauchen, geben, wenn wir seinem Einfluss in unserem Leben Vorrang vor allen konkurrierenden Ansprüchen geben. Wie sieht das praktisch aus? Zum Beispiel beim Thema Gesundheit.

Jesus vertrauen - aus gutem Grund

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