Читать книгу Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften - Ulrich Wackerbarth - Страница 41
2. Die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages
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Will man die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages bestimmen, so ist zu berücksichtigen, dass die Vertragschließenden
– | sich einerseits zur Erbringung bestimmter Leistungen verpflichten, also eine Gläubiger- und Schuldnerstellung schaffen, |
– | andererseits aber auch eine Gemeinschaft errichten wollen, deren Mitglieder sie werden möchten. |
Daraus folgt: Der Gesellschaftsvertrag, durch den die BGB-Gesellschaft begründet wird, ist sowohl ein Schuldvertrag als auch ein organisationsrechtlicher Vertrag, der auf die Gründung einer Personenvereinigung abzielt[8]. Der Gesellschaftsvertrag ist demnach ein schuldrechtlicher Vertrag, der einerseits die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter – wie z. B. die Beitragspflicht – regelt, andererseits aber auch Bestimmungen über die Organisation der Gesellschaft enthält.
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Soweit der Gesellschaftsvertrag ein schuldrechtlicher Vertrag ist, finden auf ihn nicht nur die allgemeinen Normen des BGB über Rechtsgeschäfte (1. Buch des BGB, Allgemeiner Teil), sondern auch die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts (2. Buch des BGB) grundsätzlich Anwendung. In Fällen, in denen ein Gesellschafter mit der Erfüllung von Mitgliedspflichten aus einem Leistungsverhältnis gegenüber der Gesellschaft in Verzug gerät, können Ansprüche aus §§ 280, 286 BGB entstehen.
Beispiel:
Mit einem Gesellschaftsvertrag i. S. d. § 705 BGB haben sich mehrere Gesellschafter zur Herstellung und Vervielfältigung eines mehrbändigen Nachschlagewerkes zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Im Gesellschaftsvertrag hat ein Gesellschafter die Vertriebspflicht als eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Leistung von Diensten i. S. v. § 706 Abs. 3 BGB übernommen, der er nur unzureichend nachgekommen ist. Es handelt sich um eine Pflichtverletzung, die bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 280 BGB zum Entstehen eines Schadensersatzanspruchs der Gesellschaft gegen den Gesellschafter führen kann, der seiner Verpflichtung nicht oder nur schlecht nachgekommen ist.
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Bei der Anbahnung von Verhandlungen zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages kommt dadurch, dass sich die Verhandelnden Vertrauen entgegenbringen, ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit den daraus erwachsenden Verpflichtungen zustande (§ 311 Abs. 2 BGB). Schuldhafte Verletzungen vorvertraglicher Verhaltenspflichten können zur Entstehung eines Anspruches aus culpa in contrahendo (§§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) auf Ersatz des Vertrauensschadens führen[9]. Der Gesellschaftsvertrag ist allerdings kein Austauschvertrag, weil die Gesellschafter sich zusammenschließen, um durch ihr Zusammenwirken einen gemeinsamen Zweck zu erreichen, nicht aber, um Leistungen auszutauschen. Es fehlt auch die synallagmatische Verknüpfung von Leistungspflichten. Wenn aber die Verpflichtung zur Förderung des gemeinsamen Zweckes im Vordergrund steht, so ist damit im Grundsatz unvereinbar, dass ein Gesellschafter gem. §§ 320 ff. BGB die eigene Einlageleistung von dem Erbringen der anderen Beiträge abhängig macht.
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Daraus ergibt sich auch, dass die Anwendung der §§ 323 bis 326 BGB ausgeschlossen ist. Das bedeutet, dass ein Rücktritt vom Vertrage nicht möglich ist. Es kommen in der Regel nur die Kündigung (§ 723 BGB) oder die Auflösung der Gesellschaft statt des Rücktritts vom Vertrage mit Wirkung für die Zukunft als Möglichkeiten der Beendigung der Gesellschaft in Betracht; diese entsprechen den Besonderheiten einer Personengesellschaft[10].