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DER MENSCH

UND SEINE PROBLEME

IM ALL

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Ist der Weltraum ein Problem für den

menschlichen Körper? Es gibt da kleine und

größere und ein ganz dickes Problem.

Wenn man bedenkt, dass sich die Lebewesen über Jahrmilliarden Jahre an irdische Lebensverhältnisse angepasst haben, dann wäre es schon ein Wunder, wenn es gar keine Probleme bei den doch so ziemlich anderen Verhältnissen dort draußen geben würde. Die größten Probleme entstehen durch veränderten Umgebungsdruck und -temperatur, Strahlung und Gravitation. Die Atmosphäre, die es dort draußen nicht gibt, ist auf der Erde entscheidend für die ersten drei Größen. Gravitation gibt es im Weltraum, aber sie wird in jedem Punkt unseres Körpers durch Trägheitskräfte ausgeglichen (siehe voriges Kapitel »Warum ist man im All schwerelos?«), was nicht ganz korrekt als Schwerelosigkeit bezeichnet wird.

SCHWERELOSIGKEIT IST EINFACH ZUM KOTZEN

Schwerelosigkeit ist für den menschlichen Körper übel – im wahrsten Sinne des Wortes. Die sogenannte Makula in unserem Gleichgewichtsorgan, dem Ort an dem die Schwere Nervenimpulse auslöst, wird dadurch außer Kraft gesetzt. Das Signal, wo ist oben und wo unten, fehlt. Das Gehirn glaubt, der Grund sei ein Gift, aufgenommen über die Nahrung, und übergibt sich. Dasselbe passiert, wenn man zu viel Alkohol trinkt. Auch Alkohol beeinträchtigt bekanntlich das Gleichgewichtsorgan, und der Körper versucht, ihn per Erbrechen möglichst schnell wieder loszuwerden.

In der Schwerelosigkeit passiert das relativ schnell, schon innerhalb weniger Minuten benutzen anfällige Raumfahrer die dafür vorgesehenen Plastiktüten. Etwa 70–80% aller Raumfahrer leiden unter dieser sogenannten Weltraumkrankheit. Nach spätestens 36 Stunden ist dem Körper allerdings klar, dass das Problem nicht am Essen liegt und er stellt die Übelkeitssymptome ein. Es bleiben manchmal jedoch Kopfschmerzen, weil schwerelosigkeitsbedingt die Verschiebung der Körperflüssigkeiten in den Oberkörper den Wasserdruck im Kopf ansteigen lässt und Rückenschmerzen, weil sich die Wirbelsäule in der Schwerelosigkeit ausdehnt und etwas anders krümmt. Diese Dauerdehnung finden die Rückenmuskeln gar nicht gut, aber nach einigen Tagen hat sich der Körper auch daran gewöhnt.

ACHTUNG STRAHLUNG

Strahlung ist ein größeres Problem, denn da draußen gibt es verdammt unangenehme Strahlungen, die die Atmosphäre für uns zurückhält, einerseits von der Sonne und andererseits die sogenannten HZE-Ionen aus den Tiefen des Alls. Beides sind Teilchenstrahlungen, mit denen nicht zu spaßen ist. Die Sonne sendet konstant einen Sonnenwind aus, bestehend aus geladenen Protonen. Bei starken koronalen Massenauswürfen der Sonne und außerhalb des die Erde umgebenden Strahlungsgürtels (Van-Allen-Gürtel) wird dieser Sonnenwind so stark, dass Astronauten ohne Schutz innerhalb etwa einer Woche sterben. Ein kleiner Schutzraum mit Wänden aus Wasser hilft dagegen. Die Apollo-Astronauten von damals hatten wegen Gewichtsproblemen so einen Schutz nicht. Damals gab es aber auch keine koronalen Massenauswürfe. Glück gehabt.

Die ISS liegt innerhalb der Van-Allen-Gürtel, weshalb Astronauten hier nicht viel zu befürchten haben. Die Strahlungsdosis ist dort oben im sogenannten erdnahem Raum im Mittel etwa 20-mal höher als auf der Erde. Nach einem halben Jahr dort oben hat man die für beruflich strahlenexponierte Personen – und dazu zählen Astronauten – zulässige Strahlendosis pro Jahr erreicht, was der Grund ist, warum Astronauten typischerweise sechs Monate dort oben bleiben.

DER BARBECUE-MODE

Wie warm ist es im Weltraum? Auf diese mir gerade von Jugendlichen gestellte Frage könnte man antworten: Ohne Atmosphäre keine Raumtemperatur. Das würde einiges erklären, aber auch ohne Atmosphäre nehmen Körperoberflächen ein sogenanntes Strahlungsgleichgewicht ein. Die Gleichgewichtstemperatur hängt davon ab, ob der Körper von der Sonne beschienen wird oder nicht. Bin ich mit einem Raumanzug auf einem Raumspaziergang und bewege mich nicht, dann wird nach etwa 30 Minuten die sonnenbeschienene Seite ca. 100 °C heiß und die sonnenabgewandte Seite −100 °C. Gut, dass es gut isolierte Raumanzüge gibt!

Es gibt einen Trick, die Temperaturunterschiede nicht zu groß werden zu lassen. Man geht in den Barbecue-Mode (so nennt man den bei der NASA wirklich), bei dem man sich langsam in der Sonne dreht. Das war zum Beispiel beim Shuttle sehr wichtig. Kurz vor der Rückkehr zur Erde wurde das Shuttle wie beim Grillen langsam gedreht, wodurch seine Aluminium-Struktur gleichmäßig warm wurde. Machte man keinen Barbecue-Mode, dann verzog sich das Shuttle wegen der großen Temperaturunterschiede und die Ladebuchtluken ließen sich manchmal nicht schließen.

NUR KLEINE PROBLEMCHEN AUF DER ISS

Die Verhältnisse im Innern der ISS sind exakt so wie auf der Erde, also Standardatmosphäre mit 1 bar Luftdruck und etwa 24 °C Raumtemperatur (in der Schwerelosigkeit ist einem eher leicht kühler). Die Astronauten auf der ISS tragen daher Kleidung wie beim Training auf der Erde.


Das Luftwiederaufbereitungssystem (Air Revitalization System) der NASA auf der ISS. (Bild: NASA)

Wegen der fehlenden Schwerkraft gibt es keine natürliche Luftzirkulation. Die Luft wird über eine Zwangszirkulation in Bewegung gehalten, weniger wegen Schimmelbildung, sondern weil sich sonst CO2-Blasen von ausgeatmeter Luft bilden können. Das wäre besonders beim Schlafen sehr unangenehm, weil Astronauten dann ersticken könnten.

Die zirkulierende Luft wird über Kohlefilter im Luftwiederaufbereitungssystem von organischen Stoffen gereinigt und das überschüssige CO2 wird mithilfe aufwendiger Verfahren beseitigt. Danach wird wieder entsprechend O2 aus Sauerstofftanks und/oder Wasserelektrolyse zugegeben. Der Stickstoffanteil bleibt dabei immer konstant.

Und noch ein Problem: Nicht alle Geruchsstoffe lassen sich vollständig beseitigen, dadurch bleibt immer ein geringer Restduft, den man aber auf die Dauer nicht wahrnimmt. Erst wenn man wieder auf die Erde zurückkommt und frische Luft schnuppert, merkt man den Unterschied. Nach vielen Jahren kann die Luft aber etwas modrig riechen, weil sich auf schwitzigen und unzugänglichen Metalloberflächen ein Biofilm mit Pilzen bildet, ein echtes Problem auf Raumstationen.

… UND DANN IST DA NOCH DAS DICKE PROBLEM

Die wohl meistgestellte Frage und das wirklich dicke, dafür extrem seltene Problem »Wie lange kann der ungeschütze menschliche Körper im All unbeschadet überleben?« kläre ich im nächsten Kapitel.

Höllenritt durch Raum und Zeit

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