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3.6.2.2 Beanspruchbarkeiten
Оглавление(1) Die Bemessungsregeln in 3.6.2.2(2) bis 3.6.2.2(6) gelten für Injektionsschrauben der Festigkeitsklassen 8.8 oder 10.9. Schraubengruppen sollten den Anforderungen in Bezugsnormengruppe 4 in 1.2.4 genügen, bei Vorspannung der Schrauben siehe jedoch auch 3.6.2.2(3).
(2) Der Bemessungswert der einwirkenden Abscherkraft einer Schraube der Kategorie A im Grenzzustand der Tragfähigkeit darf in der Regel weder den Bemessungswert der Schertragfähigkeit der Schraube oder einer Schraubengruppe nach 3.6 und 3.7, noch der Lochleibungstragfähigkeit des Injektionsharzes nach 3.6.2.2(5) überschreiten.
(3) Für Verbindungen der Kategorie B und C sind in der Regel vorgespannte Injektionsschrauben einzusetzen; dabei sind Schraubengarnituren nach 3.1.2(1) zu verwenden.
(4) Die Bemessungswerte der einwirkenden Scherkraft in Verbindungen der Kategorie B im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit und der einwirkenden Scherkraft in Verbindungen der Kategorie C im Grenzzustand der Tragfähigkeit dürfen in der Regel die Bemessungswerte des Gleitwiderstandes der Verbindung nach 3.9 sowie der Lochleibungstragfähigkeit des Injektionsharzes nach 3.6.2.2(5), die für die jeweiligen Grenzzustände gelten, nicht überschreiten. Zusätzlich darf, als wäre keine Injektion vorhanden, in der Regel der Bemessungswert der einwirkenden Scherkraft in Verbindungen der Kategorie B und C im Grenzzustand der Tragfähigkeit weder den Bemessungswert der Schertragfähigkeit der Schraube nach 3.6 noch den Bemessungswert der Lochleibungstragfähigkeit der Stahlbleche nach 3.6 und 3.7 überschreiten.
(5) Die Lochleibungstragfähigkeit des Injektionsharzes, Fb,Rd,resin, kann wie folgt ermittelt werden :
(3.4)
Dabei ist
F b,Rd,resin | der Bemessungswert der Lochleibungstragfähigkeit des Injektionsharzes; |
β | der Beiwert abhängig vom Verhältnis der Blechdicken der verbundenen Bleche, siehe Tabelle 3.5 und Bild 3.5; |
f b,resin | die Festigkeit des Injektionsharzes bei Lochleibungsbeanspruchung, ermittelt nach Bezugsnormengruppe 7 in 1.2.7; |
t b,resin | die effektive Lochleibungsdicke bei Injektionsschrauben entsprechend Tabelle 3.5; |
k t | 1,0 im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (lange Einwirkungsdauer); 1,2 im Grenzzustand der Tragfähigkeit; |
k s | 1,0 bei Löchern mit normalem Lochspiel oder (1,0 – 0,1 m) bei übergroßen Löchern; |
m | die Differenz, in mm, zwischen normalem Lochspiel und übergroßem Lochspiel. Bei kurzen Langlöchern nach Bezugsnormengruppe 7 in 1.2.7, m = 0,5 x (Differenz, in mm, zwischen Lochlänge und Lochweite). |
(6) Bei Schrauben mit einer größeren Klemmlänge als 3d sollte die effektive Lochleibungsdicke tb,resin der Injektionsschrauben den Wert 3d nicht überschreiten, siehe Bild 3.6.
Zu 3.6.2
Injektionsschrauben sind insbesondere bei der Instandsetzung von Stahltragwerken als kosteneffiziente Alternative zu Niet- oder Passverbindungen einsetzbar, vgl. [K18] und [K36]. Allerdings sind Injektionsschrauben nach DIN EN 1090-2, Absatz 5.6.12 als besondere, d. h. nicht durch internationale oder europäische Normen geregelte Verbindungsmittel einzustufen und ihr Einsatz erfordert einen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis z. B. durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung durch das DIBt (vgl. auch NDP zu Absatz 2.2(2)).
Bild 3.5. Beiwert β in Abhängigkeit vom Verhältnis der Blechdicken
Tabelle 3.5. Werte für β und tb,resin
t1/t2 | β | t b,resin |
≥ 2,0 | 1,0 | 2 t2 ≤ 1,5 d |
1,0 < t1/t2 < 2,0 | 1,66 – 0,33 (t1/t2) | t1 ≤ 1,5 d |
≤ 1,0 | 1,33 | t1 ≤ 1,5 d |
Bild 3.6. Begrenzung der effektiven Länge von langen Injektionsschrauben
Zu 3.7
Für schubbeanspruchte Verbindungen, bei denen die jeweilige Abschertragfähigkeit Fv,Rd größer ist als die Lochleibungstragfähigkeit Fb,Rd, darf nach DIN EN 1993-1-8 im Grenzzustand der Tragfähigkeit von einer plastischen Schraubenkraftverteilung ausgegangen werden, wenn nur Verbindungsmittel der gleichen Größe und Klassifizierung verwendet werden (siehe auch 3.12 (3)). Hierfür ist ein ausreichendes Verformungsvermögen im Anschluss erforderlich, das bei üblichen Baustählen mit Streckgrenzen bis 355 N/mm2 durch die Ovalisierung der Löcher infolge der Lochleibungspressungen sowie durch Scherversätze der Schrauben bereitgestellt wird.
Voraussetzung ist die Verwendung von Verbindungsmitteln gleicher Steifigkeit im Anschluss, ansonsten ist die gesamte Beanspruchung von dem Verbindungsmittel mit der höchsten Steifigkeit abzutragen.
Für hochfeste Baustähle mit Streckgrenzen bis 700 N/mm2 gibt DIN EN 1993-1-12 hierzu keine zusätzlichen Regeln an und erlaubt ebenfalls den Ansatz einer plastischen Schraubenkraftverteilung, obwohl hochfeste Baustähle im Vergleich zu herkömmlichen Baustählen in der Regel eine geringere Duktilität aufweisen.
Für Anschlüsse mit drei Schrauben in Kraftrichtung hintereinander konnte in [K41] gezeigt werden, dass auch bei Verwendung hochfester Baustähle (S690) und hochfester Schrauben (10.9/12.9) ein ausreichendes Verformungsvermögen gegeben ist und eine plastische Schraubenkraftverteilung im Grenzzustand der Tragfähigkeit erreicht wird. Es zeigte sich in [K41] des Weiteren, dass die Bemessungsregeln der DIN EN 1993-1-8 zur Ermittlung der Lochleibungstragfähigkeit gerade bei kleinen Rand- und Lochabständen konservativ sind. Dies wurde auch schon bei schubbeanspruchten Verbindungen mit nur einer Schraube in [K3] beobachtet. In beiden Arbeiten sind auf Basis der durchgeführten Untersuchungen modifizierte Ansätze für die Lochleibungsbeiwerte entwickelt worden, mit denen unter Beibehaltung des gleichen Sicherheitsniveaus die Tragfähigkeiten hochfester Baustähle mit Streckgrenzen bis 700 N/mm2 ausgenutzt werden können.
In [K41] wurde neben der Lochleibungstragfähigkeit auch die Abschertragfähigkeit sowie in Einzelversuchen die Nettoquerschnittstragfähigkeit von Schraubverbindungen mit hochfestem Baustahl untersucht. Auch hier zeigte sich, dass trotz der geringeren Duktilität der hochfesten Baustähle eine plastische Schraubenkraftverteilung im Grenzzustand der Tragfähigkeit erreicht wird und auch die Nettoquerschnittstragfähigkeit in guter Übereinstimmung nach DIN EN 1993-1-12 ermittelt werden kann. Bei den Versuchen zur Abschertragfähigkeit zeigte sich, dass das erforderliche Verformungsvermögen der Anschlüsse im Wesentlichen nur durch die Scherversätze der hochfesten Schrauben (10.9/12.9) bereitgestellt wurde.
Nach Auffassung der Autoren können die Regeln für Gruppen von Verbindungsmitteln auch auf hochfeste Baustähle übertragen werden, sofern die Anzahl der Schrauben in Kraftrichtung hintereinander auf drei beschränkt wird. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn „unausgewogene“ Schraubenbilder z. B. mit kleinen Randabständen e1 und großen Lochabständen p1 geplant werden. Hier besteht die Gefahr, dass die Schraube mit der geringsten Lochleibungstragfähigkeit versagt, ohne dass im Grenzzustand der Tragfähigkeit eine plastische Schraubenkraftverteilung erreicht wird. Die Anschlusstragfähigkeit würde überschätzt.