Читать книгу Stahlbau-Kalender 2021 - Ulrike Kuhlmann - Страница 92
5.1.2 Elastische Tragwerksberechnung
Оглавление(1) Bei linear-elastischen Berechnungsverfahren sind die Anschlüsse in der Regel nach ihrer Rotationssteifigkeit zu klassifizieren, siehe 5.2.2.
Tabelle 5.1. Anschlussmodelle
Berechnungsverfahren | Klassifizierung des Anschlusses | ||
---|---|---|---|
Elastisch | gelenkig | biegesteif | nachgiebig |
Starr-Plastisch | gelenkig | volltragfähig | teiltragfähig |
Elastisch-Plastisch | gelenkig | biegesteif und volltragfähig | nachgiebig und teiltragfähignachgiebig und volltragfähigbiegesteif und teiltragfähig |
Anschlussmodell | gelenkig | biegesteif | nachgiebig |
Bild 5.1. Rotationssteifigkeit für linear-elastische Tragwerksberechnungen
Zu 5.1.1(1) und (2)
Im klassischen Stahlbau werden Anschlüsse entweder gelenkig oder biegesteif betrachtet und entsprechend konstruiert. Mit der Einführung der Komponentenmethode, die in Abschnitt 6 der DIN EN 1993-1-8 geregelt ist, können nun auch verformbare Anschlüsse konzipiert werden. Verformbar heißt in diesem Zusammenhang, der Anschluss besitzt eine signifikante, aber unter der der angeschlossenen Bauteile liegende Momententragfähigkeit und kann daher nicht als gelenkig klassifiziert werden. Gleichzeitig sind die Rotationen im Anschluss infolge der Momentenbeanspruchung so groß, dass der Anschluss nicht als starr eingestuft werden kann. Die Rotationssteifigkeit des Anschlusses beeinflusst die Verteilung der Schnittgrößen im System und muss bei der Stabwerksberechnung zum Beispiel über eine Drehfeder berücksichtigt werden. Dies bedingt, dass der planende Ingenieur schon zu Beginn eines Projektes die wesentlichen Anschlüsse konzipieren und festlegen muss. Damit ist ein deutlich erhöhter Planungsaufwand verbunden, jedoch lassen sich auf diesem Weg die Gesamtkosten einer Stahlkonstruktion optimieren, wie Weynand et al. in [K51] und [K52] gezeigt haben.
Die Klassifizierung eines Anschlusses erfolgt anhand der charakteristischen Kenngrößen :
Momententragfähigkeit | M j ,Rd |
Rotationssteifigkeit | Sj,ini ; Sj |
Rotationskapazität | ϕ cd |
die aus der Momenten-Rotationscharakteristik eines Anschlusses abgeleitet werden, vgl. Bild 6.1.
Die Ermittlung der charakteristischen Kenngrößen ist in Abschnitt 6 der DIN EN 1993-1-8 geregelt. Näherungsfunktionen können aber auch [K19] und [K34] entnommen werden.
Zu 5.1.2(1)
Bei einer elastischen Tragwerksberechnung ist die Verteilung der Schnittgrößen nur von der Steifigkeit der Bauteile und Anschlüsse abhängig. Je nach Rotationssteifigkeit des Anschlusses ist entweder ein Gelenk, ein biegesteifer Anschluss oder bei einem verformbaren Anschluss eine Drehfeder im statischen System anzusetzen. Da keine plastischen Systemreserven ausgenutzt werden, müssen Anschlüsse nur die auf sie einwirkenden Schnittgrößen übertragen können. Anforderungen hinsichtlich der Rotationskapazität bestehen nicht, so dass Anschlüsse bei einer elastischen Tragwerksberechnung nur über die Rotationssteifigkeit klassifiziert werden.
Zu 5.1.2(3) und (4)
Für Biegemomente Mj,Ed > 2/3 Mj,Rd muss die Rotationssteifigkeit aufgrund der nichtlinearen Momenten-Rotationscharakteristik abgemindert werden. In Abhängigkeit von dem einwirkenden Biegemoment und der Anschlusskonstruktion kann die Anschlusssteifigkeit nach Abschnitt 6.3.1 bestimmt werden. Aufgrund der Verknüpfung von einwirkendem Biegemoment und Anschlusssteifigkeit ist eine iterative Tragwerksberechnung erforderlich, wenn nicht das vereinfachte Verfahren nach 5.1.2 (4) mit dem Anpassungsbeiwert η = 2,0 angewendet wird. Für Anschlüsse mit einwirkenden Biegemomenten Mj,Ed nahe der Anschlusstragfähigkeit Mj,Rd kann das vereinfachte Verfahren mit dem Anpassungsbeiwert η zu nichtkonservativen Bemessungen führen. Daher sollte bei einwirkenden Biegemomenten von Mj,Ed > 0,90 Mj,Rd auf das genauere Verfahren nach 5.1.2 (3) zurückgegriffen werden.
Tabelle 5.2. Anpassungsbeiwert η für die Steifigkeit
Anschlussausbildung | Träger-Stützen-Anschlüsse | Andere Anschlüsse (Träger-Träger-Anschlüsse, Trägerstöße, Stützenfußanschlüsse) |
---|---|---|
Geschweißt | 2 | 3 |
Geschraubtes Stirnblech | 2 | 3 |
Geschraubter Flanschwinkel | 2 | 3,5 |
Fußplatte | – | 3 |
(2) Die Anschlüsse müssen in der Regel ausreichende Tragfähigkeiten haben, um die in den Anschlüssen berechneten Schnittgrößen übertragen zu können.
(3) Bei verformbaren Anschlüssen ist für die Berechnungen in der Regel die Rotationssteifigkeit Sj anzusetzen, die zu dem Biegemoment Mj,Ed gehört. Ist Mj,Ed kleiner als 2/3 Mj,Rd, so darf für die Tragwerksberechnung die Anfangssteifigkeit Sj,ini benutzt werden, siehe Bild 5.1(a).
(4) Als Vereinfachung für 5.1.2(3) darf die Rotationssteifigkeit in den Berechnungen für alle einwirkenden Momente Mj,Ed mit Sj,ini/η angesetzt werden, siehe Bild 5.1(b), wobei der Anpassungsbeiwert η für die Steifigkeit der Tabelle 5.2 zu entnehmen ist.
(5) Für Anschlüsse von H- oder I-Profilen wird Sj in 6.3.1 angegeben.