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Feiern - Kapitel 2
ОглавлениеAls ich erwachte, schien die Sonne und ich war glücklich. Einfach so, glücklich.
Wir saßen in der Küche, tranken Espresso. „Wer ist dieser Typ?“, fragte ich. „Wer?“ „Na, der Typ von gestern. Der an der Garderobe arbeitet.“ „Der Starrer“, sagte Karen. „Das ist doch der Bruder von Wladi“, sagte Milosch. „Echt, der hat ‘n Bruder?“ „Ja, der ist schon anders als Wladi, viel ruhiger. Komischer Typ.“ „Wieso komisch?“, fragte ich. „Naja, man weiß nie, was er denkt. Arbeitet an der Garderobe vom Palace und fährt Taxi, nur so Nebenjobs in diesem Alter.“ „Wie alt ist er denn?“ „Keine Ahnung, älter als wir auf jeden Fall. Warum willste das wissen?“ „Weil er sie den ganzen Abend angestarrt hat.“
„Ja ist doch gut. Kannst du doch so stehenlassen.“
„Komisch, ich muss den doch kennen“, sinnierte Karen.
„Ich kenn alle.“
„Na, wer mit der irren Margit abhängt...“
„Echt jetzt?“
„Wer ist die irre Margit?“, fragte ich.
„Ach“, Karen winkte ab. „Ich muss dir mal in Ruhe die ganze Belegschaft vorstellen. Jetzt ist erstmal Kreuzberg dran.“
„Wieso? Soll ich ihr jetzt Wladis Adresse geben, oder was?“
„Und wer ist Wladi?“
Milosch holte Zettel und Stift, schrieb was auf.
„Also, das ist Wladis Adresse. Er ist Nikos Bruder und wohnt in Kreuzberg.“
„Und Niko ist...“
„Genau. Der Starrer.“
Walter Goretzki, Oranienstraße 32 stand da, kaum leserlich auf eine alte Rechnung gekritzelt. Kippen und Redbull.
„Warum nennt ihr den Wladi?“
„Sein Vater war Russe.
Hör mal Renalein, willste das wirklich machen?
Du kennst dich doch gar nicht aus in Kreuzberg.“
„Ist es da so gefährlich?“
„Ja schon.“
„Keine Ahnung. Ist irgendwie wichtig“.
„Ich bring dich noch zur Bahn.“
Er ging traurig neben mir, eine Zigarette nach der anderen rauchend. Was war nur mit dem mutigen Milosch passiert? Ist das der Kater? Machte er sich wirklich Sorgen? Dunkel ahnte ich etwas. Dass es nicht so leicht werden würde, wie ich es mir vorstellte, dass wieder mal der Film in meinem Kopf nichts mit dem Film in seinem Kopf zu tun haben würde. Jetzt kommt etwas auf mich zu, dass ich nicht vorausahnen, vorausfühlen kann. Vielleicht ist es zu viel, doch ich wusste auch, wenn ich jetzt umkehren, der Angst nachgeben würde, könnte ich nie mehr zurück. Milosch sah mir nach, an seiner Camel ziehend. Und wieder wurde ein Mensch kleiner.
Ich lernte, Berlin besteht aus vielen Welten. Und diese Welten sollten nie aufeinandertreffen.